12.12.2012 Aufrufe

Wem gehört das Internet? - Journalistenakademie

Wem gehört das Internet? - Journalistenakademie

Wem gehört das Internet? - Journalistenakademie

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

www.wem-gehoert-<strong>das</strong>-internet.de<br />

Wolfgang Schindler:<br />

Wer lesen kann, ist klar im Vorteil?<br />

Wozu Computermedienpädagogik nötig ist.<br />

„Wer lesen kann, ist klar im Vorteil“ – aber auch Analphabeten<br />

können sich in unserer Informationsgesellschaft lange durchmogeln.<br />

Mit Medienkompetenz ist es ähnlich. Trotzdem ist Medienkompetenz<br />

kein Ziel an sich, sondern ein notwendiges Mittel für<br />

Bildungsprozesse.<br />

Wirken digitale Medien in den Bildungsinstitutionen tatsächlich wie<br />

<strong>das</strong> trojanische Pferd? Ernst Mandl, oft als „eLearning-Papst“ tituliert,<br />

hat diese Metapher benutzt, als Bild für einen Verwandlungsprozess,<br />

der sich durch <strong>das</strong> Eindringen digitaler Medien1 dort quasi<br />

automatisch vollziehen werde – ähnlich wie die Krieger aus dem<br />

Bauch des trojanischen Pferdes krabbelten und von innen die Stadttore<br />

öffneten und dadurch eine neue Kultur eindringen konnte. Zumindest<br />

für mein Arbeitsfeld, die Jugendarbeit, kann ich solch eine<br />

Automatik ausschließen. Internationale Forschungen haben gezeigt,<br />

<strong>das</strong>s die „digitale Kluft“ durch die bloße Verfügbarkeit digitaler Medien<br />

nicht zu schließen ist, <strong>das</strong>s Benachteiligte vielmehr erst durch<br />

mediendidaktisch kompetente PädagogInnen eine echte Chance<br />

bekommen, durch diese Bildungstechnologien nicht noch mehr ins<br />

Abseits zu geraten. Diese Kompetenz ist noch immer dünn gesät. In<br />

Josefstal bieten wir daher seit 1991 ein zweijähriges berufsbegleitendes<br />

Weiterbildungsprogramm mit Zertifikat an.<br />

Denn Aneignungsprozesse professioneller computermedienpädagogischer<br />

Kompetenz müssen mehr als bloßer Erwerb kognitiven<br />

Wissens sein, um in der sogenannten „Wissensgesellschaft“ handlungsfähig<br />

zu machen. Es geht vielmehr um <strong>das</strong> Aneignen einer neuen<br />

Kulturtechnik, eine Herausforderung, die nicht an andere delegierbar<br />

ist, so wie „selber Lesen“ nicht durch Bekanntschaft mit einem,<br />

der lesen kann, ersetzbar ist.<br />

Panel Partizipation & Politik<br />

Der Veränderungsprozess, den die Beteiligten an diesem Weiterbildungsprogramm<br />

Computermedienpädagogik durchlaufen, hat immer<br />

wieder Parallelen zum Märchen vom gestiefelten Kater und dem<br />

Müllersburschen, der erst seine alten Kleider ablegen und baden gehen<br />

musste, bevor er Graf wurde: Es geht um eine innere Veränderung,<br />

die beginnt, als sich die Lebensverhältnisse einschneidend ändern, im<br />

Märchen wie in der Lebenswelt, die bald ohne „Web 2.0“ nicht mehr<br />

ausreichend zu beschreiben ist. Nicht nur Müllersburschen wehren<br />

sich gegen solche eine Zumutung!<br />

Viele Menschen verstehen und nutzen die neuen Technologien<br />

sehr reduziert, begreifen sie mit alten Metaphern, PCs etwa als „bessere<br />

Schreibmaschine“ und <strong>das</strong> <strong>Internet</strong> als drohende „Informationsflut“.<br />

Mit „user-generated content“ oder einer „Blogosphäre“ können<br />

erst wenige PädagogInnen etwas anfangen, pädagogisch noch weniger.<br />

Die Hoffnung, ohne neue (mentale) Kleider bis zur Rente „durchzukommen“,<br />

verspricht zumindest für ihre Zielgruppen nichts Gutes.<br />

Digitale Medien sind zunächst „nur“ Werkzeuge. Aber wie alle Werkzeuge<br />

verändern sie die Menschen und die Gesellschaft durch ihre<br />

Existenz und Anwendung, ganz anders als prognostiziert. Umso mehr,<br />

wenn dieses „Werkzeug“ eine Querschnittstechnologie ist.<br />

Mit PC-„Schulung“ ist es da nicht getan, wenn nur technisches<br />

Detailwissen „vermittelt“ (statt erarbeitet) wird, <strong>das</strong> zudem durch die<br />

rasante Entwicklung kontinuierlich entwertet wird. Nötig ist eine<br />

neue Lernkultur. Hier liegt die eigentliche Chance digitaler Medien:<br />

Selbstgesteuerte, intrinsisch motivierte Lernprozesse von Einzelnen<br />

und Gruppen und Lern- und Veränderungsprozesse von Institutionen.<br />

In der aktuellen psychologischen Lernforschung ist dieser Aspekt<br />

als Gegenkultur zum etablierten Bildungssystem ausformuliert<br />

worden, dem die Produktion trägen Wissens vorgeworfen wird. Computergestützte<br />

Lernumgebungen, „cognitive tools“ spielen dabei eine<br />

1Sammelbegriff für die Anwendungsebene der Querschnittstechnologie Computer:<br />

Bürokommunikations-Software, klassische und multimediale Lernumgebungen, am<br />

lokalen Arbeitsplatz und im Netz, Infotainment<br />

86 87

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!