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Juli 2017 - coolibri Düsseldorf und Wuppertal

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INTERVIEW<br />

Callejon, dieMetalcore-Helden ausder Landeshauptstadt, haben einneues Album aufdem Markt.<br />

„Fandigo“heißt es <strong>und</strong>erscheint im <strong>Juli</strong>.TossiaCormantrafGründungsmitglied <strong>und</strong> GitarristBernhard<br />

Horn <strong>und</strong> sprach mitihm über Musikgeschmäcker,Songwriting <strong>und</strong>Menschenfleisch.<br />

D Ü S S L D O R F<br />

Zuallerest: Wer seid ihr?<br />

WirsindCallejon,gegründetin2002<strong>Düsseldorf</strong>. Basti(derSänger) <strong>und</strong><br />

ichsindzusammen zurSchulegegangen. Wirhaben Musikals etwasentdeckt,<br />

waswir coolfinden, waswir machenwollten.OhneAusbildungoder<br />

sonstwas,wir hatten beidenochnie einInstrumentinder Hand,sondern<br />

wir haben einfachlosgelegt.Ich an derGitarre,Basti am Gesang.Wir habenaberschnell<br />

eine Ernsthaftigkeitdarin gesehen<strong>und</strong> dieganze Sache<br />

zielstrebigverfolgt. Mitder Zeit istdie Band dann immer größergeworden,<br />

vonden Gründungsmitgliedernsindnur noch Basti<strong>und</strong> ichamStart.Für<br />

unsist damitunser Traum, Musiker zu sein <strong>und</strong>ein Stückweitauch davon<br />

zu leben, in Erfüllunggegangen.<br />

Warder Wegdorthin steinig? Habt ihrdie gute,alte„Ochsentour“hinter<br />

euch?<br />

In derletzten Zeit,wennwir zurückblicken,merken wir –esist eigentlich<br />

ganz schönkrass:Wennduheute als Band anfängst, bist du sofort in diesemSocialMedia-Hype,<br />

du musst direkt mitziehen.Auch eine relativ gut<br />

klingendeProduktionist einfachzumachen. Diemeisten fangen so rum<br />

an:erstmal MusikamStart haben,vielleichtnachbestimmten Bedürfnissenschon<br />

vonAnfangangemacht.Inzwischen sind wir sehr dankbar,<br />

dass wir viel Zeit hatten,uns so zu entwickelnals Band.Wir haben erst<br />

malGigsgespielt, dann einDemoaufgenommen, dasdann wieder livepräsentiert,dann<br />

dieerste EP.Alles hattevielmehrZeitzureifen.Wir konnten<br />

unsmusikalisch finden. Alsoja, dieOchsentourwar aufjeden Fall angesagt.Die<br />

klassische Bandentwicklung, wasauch für unsals Gruppe sehr<br />

ges<strong>und</strong> war.<br />

Wie seid ihr auf Callejon als Name gekommen? Was heißt das?<br />

Wirsaßen damals beiunserem Drummer im Keller, hatten zwei,dreiBier,<br />

wasjaindem Altermeist schonausreicht,umein bisschen angetrunken<br />

zu sein,<strong>und</strong> haben rumphilosophiertüberdas Leben. Unddassman ja immerirgendwie<br />

in Sackgassen landet.Dann standdadas Spanisch-Wörterbuch,irgendjemandist<br />

aufdie Idee gekommen,zuschauen,was Sackgasse<br />

aufSpanisch heißt- voilá! Istauf jedenFall einbesondererName.<br />

Nochmal zu euremmusikalischen Backgro<strong>und</strong>:Hörtihr selber auch die<br />

düstere Musik, von der man glaubt, dass ihr sie hört?<br />

Natürlichhaben wir,zumindestfrüher,sehrvielPop-Punk, BlackMetal<br />

<strong>und</strong>Hardcoregehört<strong>und</strong> dasganze Emo-Zeug. Aber manentwickeltsich<br />

ja weiter <strong>und</strong>inzwischen sind unsere Musikgeschmäcker sehr weit gefächert.<br />

Wenn es gut gemacht ist, höre ichesgerne,eigentlich ganz einfach.<br />

Undwennman aufsoeinem Metal-Festivalist <strong>und</strong>den ganzen Tagnur Geballer<br />

aufden Ohrenhat,braucht mandas nichtauch noch zuhause. Die<br />

anderenEinflüssehörtman bestimmt auchdemneuenAlbum an.Wir habenuns<br />

relativ viel mit80’s<br />

–So<strong>und</strong>-Ästhetiken beschäftigt,<br />

wieThe Smiths, Morrissey, The<br />

Clash. Diehaben wir nichtzitiert,<br />

aber derkrasseMetal-Flowfehlt<br />

vielleicht einbisschen, dafür<br />

gibtesandereSo<strong>und</strong>s.<br />

22<br />

VÖ: 28.7.,People LikeYou Records<br />

Foto: Matthias Möller<br />

Wiesehrnehmt ihreuchKritiker<br />

zu Herzen,die euch vorwerfen,<br />

dass sich eure Musik verändert hat?<br />

Es gibtimmer Leute, dieirgendwas doof finden. Das kann aber nichtdas<br />

Kriterium füruns sein,was für Musikwir machen. Wirsindsehrdankbar<br />

für dieUnterstützungunserer Fans,abereskann nichtimmer jedemalles<br />

gefallen.Was dasangeht, istFandigo auch eintotal wichtigesAlbum:Nach<br />

demVorgänger„WirsindAngst“wollten wir wieder loslegen, Songsschreibenfür<br />

einneuesAlbum.Wir haben losgelegt, fanden aber alles nichtgut,<br />

wir warengelangweilt vonuns selbst.Wir haben gemerkt,dasswir in eine<br />

andere Richtung gehenmüssen, damitwir weiter Bock haben,Musik zu<br />

machen. Das isterstmal wichtig. Wenn dasdann jemandem nichtgefällt,<br />

kann dasnicht derMaßstab sein füruns,sichzuverbiegen. Füruns ist<br />

daseineextrempersönlicheSache,Musik istnicht nurein Produkt.Die<br />

einzigeRegelwar:Esgibtkeine Regeln! Wirmachennur,wowir Lust drauf<br />

haben!Das war für unseinetotaleBefreiung. Wirstanden sozusagenin<br />

einerSackgasse,haben aber wieder rausgef<strong>und</strong>en!<br />

Inwiefern klingt „Fandigo“ anders?<br />

Es istein völligunironisches Album,was für Callejon ungewöhnlich ist.<br />

DerVorgänger, „Wir sind Angst“, warsehrwütend, sehr aufgeladen mitden<br />

Stimmungen, diezur Produktionszeit in derLuft schwebten, politische<br />

Strömungen, gesellschaftlicheEntwicklungen. Alles musstenachdraußen,<br />

dieganze Angst, derZorn. Auch musikalisch,alles laut, heftig.„Fandigo“ist<br />

dielogischeKonsequenzdaraus:Alles,was wir befürchtethatten,<br />

istwahr geworden–der Brexit,Trump istPräsident, dieAfD wird immer<br />

stärker.Unser Album hatdakeinenUnterschied gemacht.Alsogehtes<br />

jetztdarum,zureflektieren, wiegeheich mitder Sacheum? Waskommt<br />

aufmichzu? Auch eine Flucht aus derRealität,eineFokussierungauf Persönliches.Callejon<br />

bewegt sich ja auch immer zwischen Reflexion<strong>und</strong> Betäubung.Für<br />

Ironie <strong>und</strong>Partysongsist da keinPlatz.<br />

Was bedeutet „Fandigo“ eigentlich?<br />

Das Wort gibteseigentlich garnicht,das isteineEigenkreation. Es setzt<br />

sich zusammen aus Wendigo, derNameeiner Sagengestalt deramerikanischenUreinwohner,<strong>und</strong><br />

demWortFan.Der Wendigoist süchtignachMenschenfleisch.<br />

Einbisschenwie einWerwolf,wer voneinem Wendigogebissenwird,<br />

wirdselbereiner.Und er hatein Herzaus Eis. Underist besessen,<br />

obsessiv.Was ja beiFansauch manchmal passiert.Deshalb passte<br />

dasWortspiel ganz gut.<br />

Behandelt ihr das Thema auch inhaltlich auf dem Album?<br />

Generell hatdas Album keine klareStringenz,aberesgehtvielumZwanghaftigkeit,<br />

Obsessionenüberein ges<strong>und</strong>es Maßhinaus.Zum Beispiel im<br />

Song „Fandigo Umami“:Ein Mensch liebteinen anderensosehr, dass er<br />

ihn aufessen muss. Nichtaus Hass,sondern weil er diesen anderenso<br />

sehr braucht, dass er keinenanderen Wegsieht,als ihn sich einzuverleiben.<br />

Undwennman sich so sehr miteiner Materiebeschäftigtwie wir mit<br />

derMusik, kann manschon verstehen, dass Menschen besessen <strong>und</strong>verrückt<br />

werden.Ein bisschen istMusikmachenauch so:dieserZwang, das,<br />

wasman in sich hat, rauszulassen.<br />

Teil zwei desInterviewsauf <strong>coolibri</strong>.de<br />

Release-Club-Gig:28.7.,The Tube,<strong>Düsseldorf</strong><br />

callejon.de

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