DoBo_13-17
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4. Juli 20<strong>17</strong> Seite 31<br />
eroberung Kelheims durch bayerische<br />
Aufständische am <strong>13</strong>.<br />
Dezember <strong>17</strong>05: „End=Urtheil,<br />
so den 20. December, <strong>17</strong>05.<br />
abgefasst worden, für die Rebellische<br />
zusamben gerottete<br />
Bauern=Bursch, welche bey<br />
Uberfallung der Stadt Kellheimb,<br />
Mit= und beygewest, Hand angelegt,<br />
zur Garnison eingezogen,<br />
und anjetzo bey wider Eroberung<br />
gefangen worden; nichtweniger<br />
für die dasige rebellische<br />
Burger, so sich zu obbesagter<br />
rebellischen Bauern-Bursch gesellet,<br />
und sich gegen die kayserlichen<br />
Truppen Feindlich<br />
auffgeführt.“ Die aufständischen<br />
Bauern und auch einige Bürger<br />
konnten Kelheim für kurze Zeit<br />
zurückerobern. Schlussendlich<br />
viel die Stadt wieder an die Österreicher.<br />
Die Überlebenden wurden<br />
in Folge hart bestraft. Die<br />
bayerischen Untertanen haben<br />
die „kayserliche Majestät und<br />
allerhöchste Person, die ihnen<br />
von Gott dem Allmächtigen als<br />
Ober=Haupt und Landes=Herrn<br />
vorgesetzt“ wurde, beleidigt.<br />
„Also haben Wir für diese Ubelthätter<br />
folgendes End=Urtheil<br />
abfassen lassen; Beselchen hiermit<br />
allergnädigst solches ihnen<br />
Delinquenten [Angeklagten] zu<br />
wohlverdienter Straff, andern<br />
aber zum greulichen Exempel<br />
und Abscheuhen nach dem<br />
buchstablichen Innhalt ohne<br />
weithern Anstand zu exequiren<br />
[auszuführen]“. Den Gefangenen<br />
wurde der Tod durch den Strang<br />
angekündigt. „Gnädiger Weise“<br />
wurde jedoch nur jeder Fünfzehnte<br />
der Bauern hingerichtet.<br />
Von den beteiligten Bürgern<br />
„doch nicht der 15te sondern der<br />
10te oder, wann deren nicht so<br />
viel, der 5te aufzuhencken“ ist.<br />
Man spielte mit den Verurteilten<br />
„15 zu 15, mithin jener, auff<br />
deme das wenigste Loß fallet,<br />
mit dem Strang, im Angesicht<br />
der andern, hingerichtet“ werde.<br />
Die Anführer der Rebellen<br />
sowie ehemalige bayerische und<br />
desertierende Soldaten des österreichischen<br />
Heeres wurden<br />
hingegen ausnahmslos erhängt.<br />
Die Übriggebliebenen wurden<br />
untersucht und „auß selben die<br />
jenige, so zu Kriegs-Diensten<br />
tauglich, herauszunehmen und<br />
bis auff weithere Verordnung<br />
in gefänglichen Verhafft nach<br />
Ingollstadt zu überliffern“. Sie<br />
wurden später in die österreichische<br />
Armee zwangsrekrutiert<br />
und waren so unter Umständen<br />
gezwungen, gegen ihre eigenen<br />
Landsleute zu kämpfen. Einem<br />
der bayerischen Anführer wurde<br />
eine makabre Sonderbehandlung<br />
zu Teil: „Der Metzger<br />
Krauß, der Haupt-Rädlsführer,<br />
welcher denen Rechten gemäß<br />
auch in schwäre Straff verfallen.<br />
Diser aber dermahlen nicht zu<br />
verhafft kommen [konnte nicht<br />
verhaftet werden], und nicht<br />
wissend ist, ob nicht selber bey<br />
Occupirung der Stadt massacrirt<br />
worden oder in der Flucht in der<br />
Altmühl ertruncken. Also wollen<br />
Wir, falls sein Cörper gefunden<br />
werde, daß selber in Loco [vor<br />
Ort] geviertheilt und in allen 4<br />
Rend-Aembtern ein Theil davon<br />
an denen gewöhnlichen Orthen<br />
durch den Schaffrichter auffgehenckt“<br />
werde. Falls Krauß nicht<br />
gefunden werden kann, soll sein<br />
Haus und Hof niedergerissen,<br />
dem Erdboden gleichgemacht<br />
und darauf ein Galgen errichtet<br />
werden. Tatsächlich wurde<br />
Matthias Kraus (geb. 1671) bereits<br />
drei Tage nach der Rückeroberung<br />
Kelheims durch die<br />
Österreicher am 21. Dezember<br />
<strong>17</strong>05 verhaftet. Von der Hinrichtung<br />
berichtet der „Monatliche<br />
Staatsspiegel“ vom März <strong>17</strong>06:<br />
Kraus wurde geköpft, dann gevierteilt<br />
und die Viertel an den<br />
Stadttoren aufgehängt, der Kopf<br />
aber auf einer Stange am Stadtplatz<br />
aufgestellt.<br />
Sendlinger<br />
Mordweihnacht<br />
Ein entscheidendes Ereignis waren<br />
die Auseinandersetzungen<br />
der sog. „Sendlinger Mordweihnacht“<br />
am 25. Dezember <strong>17</strong>05<br />
bei München. Das Diarium vom<br />
30. Dezember <strong>17</strong>05 schildert hier<br />
sehr ausführlich das grausame<br />
Niedermetzeln der Landesverteidiger,<br />
die überwiegend mit „Sensen,<br />
Gabeln, Prügeln und solcherley<br />
Bauern-Gewöhr bewaffnet“<br />
waren. Als Rechtfertigung<br />
für das bestialische Morden<br />
durch die österreichische Soldateska<br />
wird angeführt, dass „der<br />
in diesen Winters=Zeiten wegen<br />
dieses Auffstands hart strappazirte<br />
und deswegen über das<br />
Bauern=Volck sehr ergrimmte<br />
Soldat fast nicht abzuhalten war,<br />
alles nidergemacht [hat] biß auf<br />
400 meistens elendig Verwundete.<br />
So als Gefangene in hiesige<br />
Stadt [München] gebracht und<br />
zum abscheulichen Exempel<br />
der Untreu vor Augen gestellet<br />
worden. Die Zahl der Todten,<br />
Verwundt und Gefangenen [werden]<br />
gegen vierdthalb Tausend<br />
gerechnet.“<br />
Belagerung von Vilshofen<br />
Am 28. Dezember <strong>17</strong>05 verlegte<br />
Oberst Baron d‘Arnan 1400<br />
Mann eines Grenadier-Bataillons<br />
und die Besatzungskräfte von<br />
Straubing zur Burg Hilgartsberg,<br />
die von den Österreichern<br />
besetzt war. Hier setzten die<br />
Truppen „eine Viertel-Stund<br />
oberhalb der Stadt“ Vilshofen<br />
über die Donau und formierten<br />
sich dort zur Schlachtordnung.<br />
„Da dann gleich die ausgeschickte<br />
Husaren einen Bauern-Knecht<br />
gefangen eingebracht, welcher<br />
ebenmässig die vorerwehnte<br />
Stärke von 400 rebellische<br />
Bauern der Besatzung halber<br />
bekräfftiget, nebst der Versicherung,<br />
daß auch noch in der<br />
Stadt keine Wissenschafft von<br />
diesen kayserlichen Truppen<br />
wäre. Worauff der Herr Obrist<br />
mit einem Theil von Grenadiers<br />
und Fussliers [mit einem Gewehr<br />
bewaffnete Infanteristen] ohnweit<br />
des Capuciner-Closter und<br />
etwann einen Flinten-Schuß<br />
weit von dem“ barrikadierten<br />
Stadttor entfernt Posten bezogen<br />
hatten. Der Oberst „habe<br />
den Pater Guardian sambt noch<br />
einen Capuciner in die Stadt geschickt,<br />
mit der Bedeutung, falls<br />
sie dieselbe gutwillig übergeben<br />
wollten, sie von ihme einen guten<br />
Accord [Behandlung] würden zu<br />
hoffen haben. Da aber der Geistliche<br />
nicht wider zurückkommen,<br />
habe der Herr Obrist 40<br />
Grenadiers gegen die Pallisaden<br />
[Barrikaden] anlauffen lassen,<br />
auff welche zwar die rebellische<br />
Bauern Feuer gegeben. Als jene<br />
aber einige Grenaden über die<br />
Pallisaden geworffen, hätten sie<br />
sich zurück in die Stadt retirirt<br />
und die Fall-Brücke hinter sich<br />
aufflanffen lassen. Worauf dann<br />
die Grenadiers über die Pallisaden,<br />
Schlag-Baum und Gattern<br />
eingedrungen. Und da sie die<br />
Fall-Brücken entzwey zu hauen<br />
angefangen, hätten sich die Rebellen<br />
zum Viltzer [Vils]-Thor hinauß<br />
gemacht, mithin die Flucht<br />
genommen. Als nun diese auß<br />
der Stadt durchgegangen, hätten<br />
die Burger Appell geschlagen<br />
und wären nebst dem Burger-<br />
Meister und Rath an das Thor<br />
gekommen, umb Verschonung<br />
zu bitten, da sie gut Kayserlich<br />
seyen.“ Oberst Arnan entsprach<br />
der Bitte nach Verschonung der<br />
Stadt. Die Vilshofener öffneten<br />
die Tore, woraufhin 200 österreichische<br />
Grenadiere den Ort<br />
besetzten. Das restliche Heer<br />
lagerte in der Oberen Vorstadt.<br />
Geistlichkeit sollte Bürger<br />
von Rebellion abhalten<br />
Bericht vom 3. Januar <strong>17</strong>06:<br />
„Von dem Donau-Strohm vom<br />
3. Jenner. Daß die Bayrische<br />
Land-Stände den kayserlichen<br />
Principal-Commissarium zu Regenspurg,<br />
Ihro hochfürstliche<br />
Eminenz Herrn Cardinal von<br />
Lamberg, durch ein Schreiben<br />
gebührend ersuchet, erstlich der<br />
in Bayern unter ihr Bistumb gehörigen<br />
Geistlichkeit zu befehlen,<br />
daß selbige die Unterthanen<br />
von der Rebellion abmahnen<br />
möchte. Andertens, daß die Güte<br />
nochmahlen versuchet, und<br />
fernerem Blut-Vergiessen vorgekommen<br />
würde. Drittens und<br />
letztens, daß der bayrische Adel<br />
sich gern in dasige Stadt und<br />
nachher nach Passau retiriren<br />
möchte, umb bey Anruckung deren<br />
aliirten Truppen sicher seyn.“<br />
Psychologische Kriegsführung<br />
durch Österreich<br />
Dieser kurze Bericht macht deutlich,<br />
wie Österreich nicht nur<br />
am Schlachtfeld sondern auch<br />
im Bereich der psychologischen<br />
Kriegsführung weit überlegen<br />
war. Die Habsburger verstanden<br />
es, die bayerische Gesellschaft zu<br />
spalten. In der Landbevölkerung<br />
wurden Sympathisanten, Spitzel<br />
und Überläufer belohnt. Den<br />
Adel bevorzugte man und bot<br />
ihm zudem Zuflucht in der freien<br />
Reichsstadt Regensburg, die direkt<br />
dem Kaiser unterstand, und<br />
in der Habsburg-freundlichen<br />
Passauer Bischofsstadt an. Der<br />
gebürtige Österreicher Kardinal<br />
Johann Philipp von Lamberg<br />
war zu dieser Zeit Fürstbischof<br />
von Passau und zugleich kaiserlicher<br />
Prinzipalkommissar am<br />
Immerwährenden Reichstag zu<br />
Regensburg. Lamberg wurde<br />
angehalten, die Priester im bayerischen<br />
Teil seiner Diözese „auf<br />
kaiserliche Linie“ zu bringen. Die<br />
Pfarrer wiederum sollten dafür<br />
sorgen, dass ihre Pfarrangehörigen<br />
der Verschwörung gegen<br />
den Kaiser absagten. Aber auch<br />
der Klerus war tief gespalten. So<br />
lassen sich in den Sterbebüchern<br />
von Aidenbach und Beutelsbach<br />
zwei völlig konträre Haltungen<br />
der Ortsgeistlichen erkennen:<br />
Der Aidenbacher Pfarrer, ein Augustinerchorherr<br />
aus dem bayerischen<br />
Kloster St. Nikola, ehrt<br />
die Gefallenen des Gemetzels bei<br />
Aidenbach als heldenhafte Landesverteidiger.<br />
Der gebürtige<br />
Passauer Alfons Schönbucher<br />
(1673-<strong>17</strong><strong>17</strong>), Pfarrer von Beutelsbach<br />
und Zisterziensermönch<br />
von Fürstenzell, charakterisiert<br />
die Aufständischen folgendermaßen:<br />
„Nach dem sich daß Landvolkh<br />
auch andere abgedankhte<br />
Soldaten, Schreiber, auch von<br />
unterschidlichen Stödten, haußgesessene<br />
Burger, absonderlich<br />
aber die Bauern bey 7000 Mann<br />
zwischen Aidenbach, Tödtling,<br />
und Peitlspach zusammen gerothet<br />
und sich für Landbeschützer<br />
außgeben; welches aber irger<br />
mit Blindern, Rauben und Stehlen,<br />
alß der Feinden selbsten gehauset.<br />
Forderist die Gschlösßer<br />
[Schlösser], Herrschafften, Pfarrhöff<br />
und Clöster gwalthättiger<br />
Weiß angegriffen, welche alle<br />
Nahrungsmittln haben schaffen<br />
müessen, in Wüllens die Statt<br />
Vilßhoven zu behaupten. Aber<br />
ihr plumppes Vornehmen ist<br />
zu Wasser worden.“ Wenn man<br />
bedenkt, dass die bayerischen<br />
Diözesen und Klöster umfangreiche<br />
und gewinnbringende Besitzungen<br />
in Österreich hatten,<br />
die sie nicht verlieren wollten,<br />
kann man die devote Haltung<br />
vieler Geistlicher gegenüber den<br />
Habsburgern verstehen. Mehr<br />
über die Schlacht bei Aidenbach<br />
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