KB_Berlin_Sommerausgabe
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dem Thema Kuss nach, das bis heute eine<br />
große Anziehungskraft auf Künstlerinnen<br />
und Künstler ausübt.<br />
Als Auguste Rodin 1886 seine Skulptur<br />
„Le baiser“ (Der Kuss) der P ariser Öffentlichkeit<br />
präsentierte, wurde die naturalistische<br />
Ausführung des Motivs als anstößig empfunden.<br />
Heutzutage gehört Rodins „Kuss“<br />
zu den populärsten Darstellungen sinnlicher<br />
Liebe in der bildenden Kunst. Die Kunst um<br />
1900 beschäftigte sich geradezu obsessiv<br />
mit dem Kuss. So entdeckte der Jugendstil<br />
die ornamentalen Qualitäten des Motivs<br />
und brachte vor allem im Bereich der<br />
Druckgrafik ikonische W erke hervor . Auch<br />
in den morbiden, todessehnsüchtigen Bildfindungen<br />
von Décadence und Symbolismus<br />
spielte der Kuss eine zentrale Rolle. Die todbringenden<br />
Küsse von Sphinx, V ampir und<br />
Co. sind Ausdruck einer Faszination des<br />
Fin de Siècle für die V erbindung von Eros<br />
und Tod, die sich auch in zeitgenössischen<br />
Geschlechterkämpfen widerspiegelt. In<br />
den 1890er Jahren begann der Film seinen<br />
Siegeszug als neues Massenmedium und<br />
machte sogleich von der Attraktion des Kusses<br />
Gebrauch. Es entwickelte sich eine Ikonografie<br />
des Küssens, die dem Motiv zu bisher<br />
ungekannter P opularität verhalf. Nach<br />
dem Ersten W eltkrieg blieb die Faszi nation<br />
der Kunst für den Kuss lebendig und erreichte<br />
Auguste Rodin Der Kuss 1904 Bronze 60,2 x 36,8 x 47 cm<br />
Musée Rodin, Paris<br />
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