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Falstaff Spezial Gut Purbach

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völlig in Vergessenheit geratener Küchenklassiker,<br />

der vor mehr als hundert Jahren<br />

als begehrte Delikatesse galt (siehe Rezept<br />

auf Seite 25). Dazu wird der Darm der<br />

Tiere samt Inhalt verarbeitet. Und genau<br />

das erweckt gemischte Assoziationen. Zwar<br />

sind Schnepfen bei ihrer Nahrungsaufnahme<br />

besonders wählerisch – sie ernähren sich<br />

ausschließlich von Grünzeug –, dennoch<br />

ist dieses Gericht nichts für Zartbesaitete:<br />

Der Ge danke, man würde dabei Gedärme<br />

ver zehren, setzt schon eine etwas robustere<br />

Natur voraus. Weil in der Regel nur wenige<br />

Schlingen vorhanden sind, wird Schnepfendreck<br />

häufig mit etwas Gänseleber verlängert,<br />

zusammen mit Speck und einigen Gewürzen<br />

fein gehackt, mit Eigelb vermischt und auf<br />

kleinen gerösteten Brotscheiben im Ofen<br />

sanft gratiniert.<br />

TABU UND TRADITION<br />

Fotos: Moritz Schell<br />

Innereien sind tierische Produkte in einem<br />

paradoxen Grenzgebiet zwischen Ekel und<br />

fanatischer Begeisterung. In den Kochshows<br />

der beliebten Fernsehköche kommen sie<br />

praktisch nie vor. Das Risiko, die Zuseher<br />

könnten sich angewidert abwenden, scheint<br />

zu groß. Auch Kochbücher mit Innereienrezepten<br />

sind auf dem boomenden Markt ausgesprochen<br />

rar. Zu den wenigen gehört das<br />

»Kochbuch der verpönten Küche« des im<br />

Vorjahr verstorbenen Wolfram Siebeck,<br />

jahrzehntelang das kulinarische Gewissen<br />

des Hamburger Wochenblatts »Die Zeit«.<br />

Fast entschuldigend schrieb er im Vorwort:<br />

»Selten sind ein Autor und sein Verlag so<br />

nachdrücklich davor gewarnt worden, ein<br />

solches Buch zu veröffentlichen.«<br />

Innereien, einst auch in Österreich und<br />

Deutschland fester Bestandteil der Volksküche,<br />

fielen dem drastischen Wandel der<br />

Esskultur nach dem Zweiten Weltkrieg zum<br />

Opfer. Gerichte wie Beuschel, Bruckfleisch<br />

oder Kuttelfleck verfügen eigentlich über<br />

eine uralte Tradition, in den vergangenen<br />

50 Jahren wurden derlei Gaumenfreuden<br />

aber zunehmend mit einem irrationalen<br />

Nahrungstabu belegt. »Ein wesentliches<br />

Merkmal des Tabus«, so die deutsche Soziologin<br />

Monika Setzwein, »ist seine emotionale<br />

Besetzung und sein häufig ambivalenter<br />

Charakter, in dem sich Ehrfurcht und<br />

Abscheu vereint finden.«<br />

Wohl am deutlichsten zeigt sich das am<br />

Beispiel der Kutteln. »Das Böse in unseren<br />

Küchen hat einen Namen: Es heißt<br />

><br />

Max Stiegl in der Küche:<br />

kompromisslose<br />

Innereienmenüs für<br />

Hartgesottene.<br />

falstaff<br />

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