KulturFenster Nr. 01|2017 - Februar 2017
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Vorweg<br />
Chorwesen<br />
Damit man nicht vor leeren<br />
Stühlen singt<br />
Impulse für die Organisation von Festen<br />
„Wenn ihr etwas macht, dann macht es<br />
ordentlich!“, sagt der Journalist und diplomierte<br />
Projektmanager Alex Ploner. Am 21.<br />
Jänner sprach er bei der Vollversammlung<br />
des Bezirks Bozen im Kulturhaus von Kaltern<br />
zum Thema „Chöre vermitteln Kultur –<br />
beim Singen und beim Feiern!“<br />
Alex Ploner hat sein Leben mit Veranstaltungen<br />
verbracht, er kennt sie „in- und<br />
auswendig“, die ganzen Konzerte, Sommer-<br />
und Zeltfeste: „Mir geht es darum,<br />
Bewusstsein für die Mechanismen bei Veranstaltungen<br />
zu schaffen, auf die Trends<br />
hinzuweisen und auf alle Themen, mit denen<br />
Organisatoren in Berührung kommen.“<br />
An die Wand hat er Demokrits Worte „Ein<br />
Leben ohne Feste ist wie ein Weg ohne<br />
Einkehr“ projiziert. „Ihr seid als Chöre Kulturträger<br />
in Verbindung mit der Festkultur<br />
und deshalb auch dafür mitverantwortlich,<br />
wie diese Festkultur gestaltet wird.“ Ploner<br />
ist offensichtlich mit der Festkultur im<br />
Lande nicht so zufrieden: Oft würden wir<br />
den Weg der Kultur verlassen.<br />
Das Publikum will Gefühle<br />
und Glück<br />
Er erinnert daran, dass jede Veranstaltung<br />
drei Dinge gemeinsam habe – ob<br />
es das Rennen in Kitzbühel, der Biathlon<br />
in Antholz oder die Vollversammlung<br />
des Bezirks Bozen ist: Es geht bei jeder<br />
Veranstaltung um menschliche Begegnungen,<br />
um Probleme der Organisation<br />
und um den Wunsch nach Erfolg. Diese<br />
drei Punkte machen eine Veranstaltung,<br />
ob Konzert oder Versammlung, aus. Dabei<br />
sei Erfolg relativ: Für den Chor sei es<br />
ein Erfolg, wenn applaudiert wird. Plane<br />
man ein Konzert zum Beispiel, müsse man<br />
sich bewusst sein, dass es bei einer Veranstaltung,<br />
einem Fest um Gefühle geht:<br />
„Wir brauchen Feste, um uns auszutauschen<br />
und um Glück zu empfinden! Erinnern<br />
wir uns daran, wann wir das letzte<br />
Mal bei einem Fest richtig glücklich waren!“<br />
Dann könne man sich auch in die<br />
Besucher der eigenen Veranstaltung hineinversetzen:<br />
„Die zentrale Frage ist für<br />
euch als Veranstalter: Wo haben eure Gäste<br />
Glücksmomente?“ Ploner erzählt, dass<br />
die Musik seit der Kindheit sein Leben sei,<br />
dass er den Rausch der Musik genieße,<br />
ob bei Konzerten oder mit seinen eigenen<br />
Bands. Südtirol sei ein Eventland,<br />
2012 habe es im Land 13.825 Veranstaltungen<br />
gegeben. Was Ploner damit sagen<br />
will, ist wohl, dass die Konkurrenz groß ist<br />
und dass man sich bemühen muss, wenn<br />
man nicht vor „leeren Stühlen“ singen will.<br />
Jeder Veranstalter – und das gilt wohl für<br />
einen Chor in besonderem Maße - sollte<br />
sich eingehend mit dem Charakter des potentiellen<br />
Publikums und dessen Musikgeschmack<br />
beschäftigen: „Musik bedeutet<br />
Gefühle und vor allem Erinnerungen.“<br />
Für das Chorkonzert könnte man daraus<br />
ableiten, dass das Programm sich am Publikum<br />
ausrichten muss, dass man sich<br />
für eine Zielgruppe interessiert und nicht<br />
einfach auf den Besuch von Verwandten<br />
und Freunden setzt – dass man etwas Besonderes<br />
sucht, um die Menschen „glücklich“<br />
zu machen.<br />
Eine Marke schaffen<br />
Für Ploner geht es neben dem Glück,<br />
das man in einer Veranstaltung – und so<br />
auch in einem Chorkonzert oder einem<br />
Vereinsfest - vermitteln muss, auch um<br />
die Frage der Organisation: Sie muss mit<br />
Liebe gemacht werden. Der Projektmanager<br />
zeigt allbekannte Beispiele negativer<br />
Festkultur und der phantasielosen Bewerbung<br />
dieser Feste, die meistens „Zeltfest“,<br />
„Großes Zeltfest“ oder „Sommerzeltfest“<br />
heißen, wie er ironisch feststellt. Statt<br />
dessen müsse man eine Marke kreieren:<br />
Er erwähnt den „Jergina Kirschta oder die<br />
„Tschötscher Heide“, die sich als Marken<br />
etabliert hätten. Übertragen auf die Chöre<br />
könnte man daraus ableiten: Auch sie und<br />
Alex Ploner<br />
ihre Konzerte und Veranstaltungen müssen<br />
heutzutage eine „Marke“ werden, für etwas<br />
Besonderes stehen, dann werden sie<br />
attraktiv für neue Zuhörer und Mitglieder.<br />
Ess- und Trinkkultur<br />
Ein wichtiger Punkt bei einem Fest sind<br />
natürlich Essen und Trinken. Ploners Kritik<br />
an der Festkultur ist freilich nichts Neues:<br />
Er kritisiert die „Sauferei“ auf den Festen<br />
und betont, dass die Veranstalter verantwortlich<br />
sind, dass eine gepflegte Trinkkultur<br />
gelebt wird. Die „Sauferei“ bei einem<br />
Fest in Sexten habe ihn bewogen „Veranstaltungskultivist“<br />
zu werden. Und Ploner<br />
zeigt an Beispielen auf, was alles zu kultivieren<br />
ist: lieblose Tische, lieblose Bühnen,<br />
kalt wirkende Zelte und Festräume und vor<br />
allem nicht abgeräumte und verschmutzte<br />
Tische. Es gehe um Kleinigkeiten, es gehe<br />
um Aufmerksamkeit, etwa dass man auch<br />
die Italienischsprachigen Zuhörer begrüßt.<br />
Ploner gibt den Sängern und Sängerinnen<br />
noch viele Tipps mit, etwa, dass ihre Veranstaltungen<br />
Generationen zusammenführen<br />
sollen, das Kinder und Alte nicht ausgegrenzt<br />
werden sollen – für alle muss es<br />
ein Angebot geben. Essen muss heute regional<br />
sein: Hausgemachte Krapfen, Ku-<br />
<strong>Nr</strong>. 01 | Febuar <strong>2017</strong> 3