KulturFenster Nr. 04/2015 - August 2015
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Chorwesen<br />
Auf Spurensuche in den deutschen Sprachinseln<br />
Heimatpfl egeverein und Kirchenchor Untermais<br />
Die Kulturfahrt des Kirchenchors und der<br />
Heimatpfleger von Untermais führte am 30.<br />
Mai – unter der Leitung von Georg Hörwarter<br />
- durch das Puster- und Drautal nach<br />
Friaul und Belluno. Erster Programmpunkt<br />
im Drautal war die Besichtung der Rundkirche<br />
von Berg und ihrer sehr gut erhaltenen<br />
Fresken. Vor dem Kirchlein St. Athanasius<br />
stärkten sich die Teilnehmer und stimmten<br />
ein Weinlied an, bevor es weiter Richtung<br />
Villach zum Schloss Wernberg ging.<br />
Ein Marienlied in der Kirche stimmte ein<br />
auf den Aufenthalt in diesem Kloster. Beeindruckend<br />
war der Blick auf die Drau,<br />
die sich in einer großen Schleife um das<br />
Schloss windet. Als Dank für die gute Bewirtung<br />
erklangen für Schwester Monika,<br />
einer Südtirol-Liebhaberin, ein paar Tiroler<br />
Weisen.<br />
In Tarvis wurde die Gruppe von einem Vertreter<br />
des Kanaltaler Kulturvereines über<br />
die Situation einst und heute informiert. Bei<br />
der Option waren in diesem strukturschwachen<br />
Gebiet 90 Prozent der deutschsprachigen<br />
Bevölkerung abgewandert und nicht<br />
mehr zurückgekehrt. Heute gehören etwa<br />
10 Prozent der Bevölkerung des Kanaltales<br />
der deutschen Sprachgruppe an, die nur<br />
mehr als Haussprache gepfl egt wird. Die<br />
Nähe zu Kärnten ist dabei für den Fortbestand<br />
der Minderheitensprache die wichtigste<br />
Grundlage. Am Weißenfelser See im<br />
Dreiländereck Slowenien – Österreich – Italien<br />
erfreuten sich die Reisenden an der unberührten<br />
Landschaft. Ein eher tristes Bild<br />
bot sich in Tarvis, wo leer stehende Häuser,<br />
Bauten aus der Zeit des Faschismus<br />
und Hotelbauten ein wenig harmonisches<br />
Bild ergeben. Die Fahrt durch das Kanaltal<br />
wurde in Pontebba/Pontafel, der ehemaligen<br />
Grenze zwischen Österreich und<br />
Italien, unterbrochen. Die Besichtung des<br />
spätgotischen Flügelaltares, eine kleine<br />
Marienandacht mit Gesang und die Segnung<br />
durch den Ortspfarrer bildeten den<br />
kulturell-religiösen Abschluss des Tages.<br />
Beim Abendessen im Hotel in Spilimbergo<br />
war Zeit für manch angeregte Diskussion.<br />
Am Sonntag war das erste Tagesziel Zahre/<br />
Sauris, eine abgeschiedene Sprachinsel<br />
auf einem Hochplateau auf 1400 Metern.<br />
Die enge Bergstraße führte an Schluchten<br />
vorbei, über schmale Brücken und durch<br />
lange, wenig beleuchtete Tunnels. Oben tat<br />
Eine echte, bereichernde Kulturfahrt erlebten die Sänger und Sängerinnen von<br />
Untermais.<br />
sich dann eine schöne, unberührte Welt<br />
auf: Grüne Wiesen und Wälder – die Berge<br />
ringsum ließen sich wegen des Nebels leider<br />
nur erahnen – und mitten drin die Streusiedlungen<br />
von Zahre. Sie erinnern in ihrer<br />
Holzbauweise sehr stark an den Baustil<br />
des Pustertales, sind äußerst liebevoll<br />
gepfl egt. Blumen schmücken die Häuser,<br />
davor ist das reichlich vorhandene und in<br />
den kalten Wintermonaten wohl auch dringend<br />
benötige Holz kunstvoll gestapelt. Die<br />
Wiesen sind hier an die Bauern aus der<br />
Ebene verpachtet, die Scheunen teilweise<br />
zu Ferienwohnungen umgebaut worden.<br />
Zwei schöne Flügelaltäre aus der Michael-<br />
Pacher-Schule sind wahre Kleinode in den<br />
Kirchen von Unter- und Oberzahre. Bis in<br />
die Mitte des vergangenen Jahrhunderts<br />
war Sauris dreisprachig: sauranisch, friulanisch<br />
und italienisch. Das Sauranische findet<br />
man noch auf Schautafeln, Aufschriften,<br />
in lokalen Zeitungen. Es handelt sich<br />
hier um eine bayrische Sprache, die viel<br />
Ähnlichkeit mit dem Kärntner und auch<br />
dem Pustertaler Dialekt hat.<br />
Die Sprachinsel Timau/Tischlwong ist den<br />
Südtirolern vor allem als der Ort bekannt,<br />
aus dem die Familie von Bischof Muser<br />
stammt. Wie der Ortspfarrer erklärte,<br />
sind die meisten deutschsprachigen Bewohner<br />
in die Schweiz ausgewandert,<br />
die deutsche Sprache ist nur mehr eine<br />
Randerscheinung. Anzumerken war der<br />
Bevölkerung, darunter auch der Cousine<br />
des Bischofs, aber die Freude über<br />
einen Besuch aus Südtirol. Mit einem<br />
Lied verabschiedete sich die Gruppe von<br />
Tischlwong und seinem Pfarrer. In Sappada/<br />
Plodn bot sich trotz des Regens ein malerisches<br />
Bild: Die Häuser sind auch hier<br />
im kärntnerisch-tirolerischen Stil gehalten,<br />
eingebettet in eine Dolomiten-Landschaft,<br />
die im Winter wie im Sommer viele Gäste<br />
anzieht. Es gab noch eine Kostprobe des<br />
Plodnarischen, bevor es nach einer letzten<br />
Rast in S. Stefano di Cadore über den<br />
Kreuzbergpass nach Südtirol zurückging.<br />
Um 22 Uhr war man wieder in Untermais.<br />
Die Reise hatte interessante Einblicke<br />
in die Situation der deutschen Sprachinseln<br />
von Friaul und Belluno gebracht,<br />
aber auch das Gemeinschaftsgefühl gestärkt.<br />
Die vielen musikalischen Einlagen<br />
des Kirchenchores unter der Leitung von<br />
Julia Perkmann haben dazu sicher einen<br />
wesentlichen Beitrag geleistet. Bleiben<br />
sollte von diesem Ausfl ug aber auch die<br />
Erkenntnis, dass es in Italien sprachliche<br />
Minderheiten gibt, die weniger Glück hatten<br />
als die Südtiroler. Das sollte in uns ein<br />
Gefühl von Dankbarkeit und Zufriedenheit<br />
wecken und gleichzeitig Auftrag sein, an<br />
unseren Wurzeln, unserer Sprache und<br />
Kultur festzuhalten.<br />
<strong>Nr</strong>. <strong>04</strong> | <strong>August</strong> <strong>2015</strong> 13