KulturFenster Nr. 04/2015 - August 2015

Vorweg
Chorwesen
Orientierung und Vorbild
Gelebte Kultur ist nicht selbstverständlich
Erich Deltedesco
Wir alle brauchen Orientierung – auch
im Chorgesang. Veranstaltungen und Fortbildungen
können Orientierung schenken,
wie etwa der Jugendchor Österreich oder
unsere Schulungen, Orientierung geben uns
aber auch engagierte Menschen, wie der
Komponist Ernst Thoma, der heuer seinen
60. Geburtstag feierte und für den Südtiroler
Chorverband auch in diesem Jahr wiederum
die Alpenländische Sing- und Wanderwoche
leitete.
Der neu gegründete Jugendchor Österreich,
der aus 38 jungen Top-Sängern
und -Sängerinnen aus ganz Österreich
und Südtirol besteht, feierte mit dem Programm
„Himmelswesen“ am 24. Juli im
Kursaal von Meran seine Premiere. Dass
der nationale Auswahlchor unter der künstlerischen
Leitung von Franz M. Herzog sich
für seinen Gründungsauftritt Südtirol als
Aufführungsort ausgesucht hat, sehen wir
als besondere Ehre und auch als Zeichen
der Verbundenheit des Südtiroler Chorverbandes
mit dem Chorverband Österreich,
als Zeichen einer gelebten und gefühlten
Zusammenarbeit des Chorwesens
diesseits und jenseits des Brenners. Besonders
schön ist, dass auch zwei junge
Sänger und eine junge Sängerin aus Südtirol
im Jugendchor Österreich mitsingen
dürfen. Vom 19. bis 24. Juli fand er sich
auf der Fürstenburg in Burgeis zusammen,
um eine Woche lang zu proben und
sich dann mit dem Programm „Himmelswesen“
vorzustellen. Und wer dieses Konzert
erlebt hat, weiß, dass diese länderübergreifende
Initiative reiche Früchte
brachte und noch bringen wird. So kann
man sich nur den Worten von Kammersängerin
Angelika Kirchschlager anschließen,
die neben Anneliese Zeh, Vize-Präsidentin
von Europa Cantat, die Patronanz des
Jugendchor Österreich inne hat: „Ich bin
begeistert von dieser einzigartigen Initiative,
denn Singen ist unschätzbar wertvoll
für die Menschen und die Gesellschaft!
Wenn sich junge Menschen zusammenfinden,
um auf höchstem Niveau als Österreichs
Auswahlchor besondere Konzerte
zu gestalten, verdient dies höchste
Unterstützung.“
Unterstützung erfahren wir aber nicht
nur durch solche wertvolle Initiativen, wie
es der Jugendchor Österreich oder auch
der Landesjugendchor Südtirol sind, sondern
auch durch die regelmäßigen Schulungsangebote,
die in diesem Sommer
wieder viele Menschen wahrgenommen
haben und noch weiter wahrnehmen. Kinder,
Jugendliche und Erwachsene haben
neue Lieder kennen gelernt, aber auch
neue Freunde und neue Aspekte ihrer eigenen
Persönlichkeit. Uns Zuhörer/innen
haben sie viele schöne Momente bei den
Abschlusskonzerten geschenkt, die das
hohe Niveau, den Einsatz und vor allem
die Freude der Teilnehmer/innen und der
Referenten/innen bestätigten. Als Südtiroler
Chorverband, als Sängerinnen und
Sänger in diesem Land muss es uns bewusst
sein, dass wir in der privilegierten
Situation sind, von der Politik in unserer
Kulturarbeit unterstützt zu werden, ideell
und finanziell. Unsere Schulungstätigkeit
wäre ohne die großzügige Unterstützung
durch das Kulturamt des Landes Südtirol
und die Stiftung Südtiroler Sparkasse
nicht möglich. Diese Möglichkeit, relativ
kostengünstig in schöner Umgebung
und unter Anleitung von ausgezeichneten
Referenten Neues lernen zu dürfen,
ist nicht selbstverständlich. So sollten wir
wirklich dankbar auf unser reiches Kulturleben
blicken, an dem wir so direkt
teilnehmen können. Eine weitere Gelegenheit
dazu in diesem Sommer ist das
Abschlusskonzert von Musical Fever am
Samstag, 29. August, um 18 Uhr im Vinzentinum
in Brixen. Auch das Wochenendseminar
„Frauenjazzchor – Let’s sing
– let’s swing – let’s groove im Kolpinghaus
in Bozen wird in diesem Sommer vielen
noch schöne musikalische und menschliche
Erlebnisse bescheren.
Die Chorkultur lebt von den
Menschen
Die Chorkultur lebt aber nicht nur von
Initiativen, sondern zuallererst von den
Menschen, die sich Zeit nehmen für Fortbildung,
Zeit nehmen für andere, Zeit nehmen
für Gesang und Musik. Ein solcher
Mensch ist auch Ernst Thoma aus Mals. Er
feierte vor kurzem seinen 60. Geburtstag.
Als Chorleiter und Komponist ist er allen
Freunden der echten Volksmusik bekannt
und viele durften ihn als Referenten kennen
lernen. Gerade die Alpenländische Singund
Wanderwoche ist ohne den Tiefgang,
den stillen Humor und die Gelassenheit
von Ernst Thoma gar nicht mehr denkbar.
Vielen Sänger/innen ist er ein leuchtendes
Vorbild in seiner Art, mit Menschen umzugehen,
in seinem kreativen Schaffen.
Sein pflichtbewusstes Wirken zeigt uns,
wie man mit dem Gesang körperlich und
geistig jung bleiben kann. Im Namen der
gesamten Südtiroler Sängerschar danke
ich ihm auch an dieser Stelle aufrichtig
für seinen Einsatz und wünsche ihm ein
reiches Wirken für die Zukunft.
Erich Deltedesco,
Obmann des Südtiroler Chorverbandes
Nr. 04 | August 2015 3