KulturFenster Nr. 04/2015 - August 2015

Chorwesen
Engelhafter Gesang
Weltpremiere des Jugendchors Österreich in Meran
Der Jugendchor Österreich, bei dem auch drei Südtiroler mitsingen, gestaltete ein beeindruckendes Gesamtkunstwerk mit
mystischer Intensität.
Sie kamen barfuß und weiß gekleidet auf
die Bühne, legten sich auf den Boden und
ein sphärisch-engelhafter Klang breitete
sich wie ein Teppich über Chor und Publikum:
So begann das Weltpremieren-Konzert
des heuer gegründeten Jugendchors Österreich
unter der künstlerischen Leitung von
Franz M. Herzog am Freitag, 24. Juli, im Meraner
Kursaal.
Das Chorwerk „Mit den Chören der Engel“
von Manfred Länger, der auch im Publikum
saß, wurde zum ersten Mal aufgeführt
und leitete eindrucksvoll auf das
Thema „Himmelswesen“ ein. Die ersten
drei Werke waren aus dem 20. bzw. dem
16. Jahrhundert und dem Motiv Sakralengel
zugeordnet. Beim „Sanctus“ aus der Deutschen
Messe von Schubert gingen die Sängerinnen
und Sänger in den Saal und das
Publikum wurde aufgefordert in das „Heilig“
mit einzustimmen. Der Teil „Himmelskönigin“
war der Muttergottes gewidmet mit Werken
aus dem 20. Jahrhundert, darunter die
Uraufführung des „Ave Maria“ von Christian
Dreo (geboren 1958). Die Lichtwesen der
Wasserreiche – Meeresengel und Teichengel
schwebten im Hintergrund der Werke
„Ave maris stella“ von Franz M. oder beim
solistisch vorgetragenen Lied „Is scho still
uman See“ von Günther Mittergradnegger
(1923-1992), das allen unter die Haut ging.
Werke von Brahms und Delius ergänzten
den Reigen der Engelslieder, bevor im letzten
Teil „Kristallengel“ mit Eriks Esenvalds
und Rihards Dubra wieder das 20. Jahrhundert
die Engel besang. Dass die mystische
Atmosphäre spürbar war, war nicht
nur dem hervorragenden Gesang der Sänger
und Sängerinnen und der Leitung von
Franz M. Herzog zuzuschreiben, sondern
auch den Visuals und Engelskostümen des
Künstlers Marc Thomas Merz. Wenn plötzlich
ein Chormitglied im opulenten Engelskostüm
über die Bühne wandelte oder im
Hintergrund übergroße Engelsgesichter –
aber auch die Gesichter der Chormitglieder
– schwebten, dann wurden für Momente
tatsächlich Schauen, Hören und Fühlen
zu einer Einheit. Als Zugabe sang der Chor
unter anderem Volksliedstrophen aus allen
neun Bundesländern und aus Südtirol
– und das Publikum musste erraten, aus
welchem Land die Lieder stammen.
Das Publikum dankte dem Chor für dieses
intensive musikalische Erlebnis mit stehendem
Applaus. „Es ist ein historischer Moment!“,
freute sich der Präsident des Jugendchors
Österreich Karl-Gerhard Straßl.
Er sehe den Jugendchor Österreich als
„Leuchtturmprojekt“: „Wenn junge Menschen
gemeinsam singen, ist das doch etwas
vom Schönsten, das es gibt. Unser
Ziel ist es, Freude am gemeinsamen Singen
zu verbreiten.“ Der Künstlerische Leiter
des Jugendchors Österreich Franz M.
Herzog bedankte sich beim Südtiroler Chorverband
für die idealen Bedingungen auf
der Fürstenburg, wo der Chor sich eine Woche
lang auf das Konzert vorbereitet hatte.
Erich Deltedesco, der Obmann des Südtiroler
Chorverbands, der Konzert und Probenwoche
organisiert hatte, konnte viele
Ehrengäste begrüßen, darunter Kulturlandesrat
Philipp Achammer und Wolfgang Ziegler,
den Präsidenten des Chorverbandes
Österreich. Zum Konzert gekommen waren
u.a. auch Anneliese Zeh, die Vizepräsidentin
von „Europa Cantat“, der Künstlerische
Leiter der AGACH P. Urban Stillhard, der
Verbandschorleiter des Südtiroler Chorverbandes
Armin Mitterer sowie viele Vertreter
der österreichischen Chor-Landesverbände.
Obmann Erich Deltedesco betonte, dass es
der Südtiroler Chorverband als „Ehre und
Zeichen der Verbundenheit“ sehe, dass
der Jugendchor Österreich seine Premiere
in Südtirol feiere.
Nr. 04 | August 2015 5