sPositive_07_web
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Pjöngjang, die<br />
Hauptstadt Nordkoreas<br />
– eine Stadt<br />
ohne Individualverkehr.<br />
TEXT & FOTOS: KLAUS ZAUGG UND WANDA FRISCHKNECHT<br />
Nach Nordkorea reisen? Die Reaktionen<br />
sind dramatisch. Von<br />
«Wahnsinn» über «völlig verrückt»,<br />
«habt ihr ein Testament<br />
hinterlegt?» bis zur Frage, ob<br />
so eine Reise «ethisch überhaupt vertretbar<br />
sei». Zumindest auf diese letzte Frage ist die<br />
Antwort einfach: Falls eine Reise in ein<br />
Land, das interkontinentale Raketen baut<br />
oder an Atombomben bastelt, nicht vertretbar<br />
ist, dann darf ich auch nicht nach Frankreich,<br />
China, Grossbritannien oder Russland<br />
reisen.<br />
Aber wir wollen nicht philosophieren.<br />
Diese Einleitung soll lediglich illustrieren,<br />
wie extrem die Vorurteile/Vorstellungen im<br />
Fall von Nordkorea sind. Es gibt wahrscheinlich<br />
kein anderes Land, über das wir<br />
so wenig verlässliche Informationen haben,<br />
das so sehr als «Schurkenstaat» gilt und<br />
darüber hinaus eine sozialistische Gesellschaftsform<br />
hat, die im Westen sowieso den<br />
Schwefelgeruch des Bösen hat. Und wer<br />
immer eine Geschichte über Nordkorea erzählt,<br />
kann der Phantasie freien Lauf lassen<br />
und aufs allerdramatischste übertreiben.<br />
Schwerlich wird sich jemand finden, der<br />
sagt: «Moment mal, ich war dort, so ist es<br />
nicht.» Und eine Klage auf Gegendarstellung<br />
ist nicht zu erwarten.<br />
WIE IST ES WIRKLICH?<br />
Und wie ist es wirklich? Das ist eine Frage,<br />
die mich schon lange beschäftigt hat. Ich<br />
habe zusammen mit meiner Freundin eine<br />
zehntätige Rundreise in dieses «Reich des<br />
Bösen» unternommen. Mir ist klar, dass zehn<br />
Tage nicht genügen, um ein so geheimnisvolles<br />
Reich auch nur im Ansatz zu erkunden.<br />
Es heisst, Nordkorea sei ein geheimnisvolles<br />
Land hinter sieben Vorhängen und der<br />
Fremde könne vielleicht hinter den ersten<br />
Vorhang sehen. Nicht einmal der südkoreanische<br />
Geheimdienst verfügt über verlässliche<br />
Informationen über die Vorgänge im<br />
Inneren seines Nachbarn. Dabei sind es von<br />
der südkoreanischen Hauptstadt bis zur<br />
Grenze bloss 60 Kilometer. Und der Begriff<br />
«Potemkinsches Dorf» ist mir vertraut. Die<br />
Redewendung geht zurück auf den russischen<br />
Feldmarschall Grigori Alexander Potemkin.<br />
Um Zarin Katharina II. zu beeindrucken<br />
hat er angeblich 1787 vor dem Besuch<br />
der Herrscherin in einem von ihm eroberten<br />
Gebiet entlang der Wegstrecke Dörfer aus<br />
bemalten Kulissen zum Schein errichtet. Um<br />
ein blühendes Land vorzutäuschen. Und<br />
s’Positive 7 / 2017 13