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Taxi Times Berlin - Juli/August 2017

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TAXI DEUTSCHLAND BERLIN E. V.<br />

DEUTSCHLAND<br />

SCHAFFT SICH DOCH AB<br />

Wie die Professionalität in Deutschland vor die Hunde<br />

geht und was das für unsere Zukunft heißen könnte<br />

Der Beschluss des Bundesrats zur Abschaffung der Ortskundeprüfung<br />

für Miet- und Krankenwagenfahrer kam nicht<br />

überraschend. Die <strong>Taxi</strong>unternehmen waren darauf gefasst,<br />

da Behörden sich nicht von Maßnahmen überzeugen ließen gegen<br />

Uber, den Mietwagen-Fahrtenvermittler mit einer utopischen Umsatzbeteiligung<br />

von 26 Prozent.<br />

Bemühungen, Uber in die Schranken zu weisen, verliefen erfolglos.<br />

Anscheinend ist ein Fortbestehen des Marktes von bestimmter Seite<br />

nicht gewollt. Selbst der Bundesgerichtshof hat den letzten Beschluss<br />

auf die lange Bank geschoben – mit der Begründung, dass Uber zwar<br />

nicht zu den deutschen Gesetzen passe, das letzte Wort aber der<br />

Europäische Gerichtshof (EuGH) sprechen müsse.<br />

Nachdem alles an den EuGH überreicht wurde, kam nun die Hiobsbotschaft<br />

der Abschaffung der Ortskundeprüfung mitten in unsere<br />

Existenzangst geschleudert. Weder Unternehmerverbänden im<br />

Personenbeförderungsmarkt noch anderen Instanzen lag dazu ein<br />

Gutachten vor, und die Abstimmung darüber war keinem bekannt.<br />

Solch ein vorteilhafter Zufall für Uber ist schwer zu verdauen und<br />

schwer glaubwürdig.<br />

In Zukunft wird bewusst auf professionelle Ausbildung verzichtet.<br />

Die Fahrer werden sich nur noch auf Navigationsgeräte verlassen und<br />

bei Stau, Unfällen oder Polizeieinsätzen keine Alternativwege kennen.<br />

ORTSKUNDEWEGFALL FÜR MIETWAGEN BESCHLOSSEN<br />

Der Bundesrat hat am 7.7.<strong>2017</strong> trotz Protesten und Einwänden der <strong>Taxi</strong>branche der<br />

Abschaffung der Ortskundeprüfung für Krankenwagen- und Mietwagenfahrer in Orten<br />

mit mehr als 50.000 Einwohners zugestimmt.<br />

Der aus Gewerbesicht zweifelhafte Beschluss ist Teil der „Zwölften Verordnung zur<br />

Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung (FEV) und anderer straßenverkehrsrechtlicher<br />

Vorschriften“. In ihm wurde das festgehalten, was eine Expertengruppe „Fahrerlaubniswesen“<br />

innerhalb des Bund-Länder-Fachausschusses ausgearbeitet hatte.<br />

Im Punkt 5 der 12. Verordnung wird eine Änderung des § 48 FEV bestimmt. Demnach<br />

wird dort folgender Nebensatz gestrichen: „oder – falls die Erlaubnis für Mietwagen<br />

oder Krankenkraftwagen gelten soll – die erforderlichen Ortskenntnisse am Ort des<br />

Betriebssitzes besitzt; dies gilt nicht, wenn der Ort des Betriebssitzes weniger als<br />

50.000 Einwohner hat".<br />

Als Begründung führt der Gesetzgeber nur kurz aus: „Im Unterschied zum Fahrer von<br />

Taxen ist dem Fahrer eines Mietwagens und eines Krankenkraftwagens das Fahrtziel<br />

regelmäßig vor Antritt der Fahrt bekannt. Eine geeignete Fahrtroute kann bereits vor<br />

Fahrtantritt ausgewählt werden.“<br />

Der mit dieser Änderung verbundene künftige Wegfall der Ortskundeprüfung für<br />

Kranken- und Mietwagenfahrer wird von der <strong>Taxi</strong>branche seit Wochen heftig kritisiert.<br />

Vor allem in <strong>Berlin</strong>, wo Uber nach wie vor mit seinem Mietwagendienst UberX aktiv ist,<br />

ist eine weitere Schwemme an UberX-Mietwagenfahrern zu befürchten, wenn diese<br />

nun nicht mehr wegen fehlender Ortskenntnis ins <strong>Berlin</strong>er Umland ausweichen müssen.<br />

Wie soll dann noch die Rückkehrpflicht kontrolliert werden können?<br />

Angesichts dieser Entwicklung stellen sich ein paar Fragen, über<br />

die sich jeder mal Gedanken machen sollte: Ist die Industrie nicht<br />

in Zukunft in der Lage, mit Hilfe von Technik und Datenbanken alle<br />

Berufe zu ersetzen? Brauchen wir dann noch den Steuerberater, wenn<br />

es gute und relativ einfache Steuersoftware gibt? Brauchen wir noch<br />

Apotheken, wenn wir Medikamente verschrieben bekommen und<br />

der zukünftige Apotheker nur noch ein Verkäufer ist und kein Pharmazie-Absolvent<br />

mehr, der uns vor Ort beraten kann? Brauchen wir<br />

noch Rechtsberatungen, wenn wir Zugriff auf Datenbanken haben,<br />

um mit Schlagwörtern nach unseren Anliegen zu suchen?<br />

Die Reihe der Fragen ließe sich lange fortsetzen. Um es ad absurdum<br />

zu führen: Wozu brauchen wir Politiker, wenn ein Schauspieler die<br />

gleiche Arbeit verrichten kann wie jeder Politiker? Ronald Reagan und<br />

Arnold Schwarzenegger haben einen Super-Job als Politiker gemacht.<br />

Wenn wirtschaftliche Faktoren in der Politik eine so übergeordnete<br />

Rolle spielen, warum ersetzt man die Politiker nicht gleich durch<br />

CEOs, Manager und Geschäftsführer? Den Präsidenten könnte doch<br />

ein Tycoon mimen. Lächerlich? Mister Trump beweist das Gegenteil.<br />

Deutschland schafft sich wirtschaftlich ab, und dem kann unser<br />

System nur entgegenwirken, indem es Bildung und Verbrauchersicherheit<br />

groß schreibt. Die Qualität im Lande lässt nach.<br />

VW und Mercedes sind eher an manipulierten Softwareprogrammen<br />

interessiert, anstatt die deutsche Ingenieurskunst<br />

aufrecht zu erhalten und auf<br />

das nächste Level zu heben. Dürfen wir noch<br />

Qualität aus Deutschland erwarten, wenn<br />

die Politik die Qualitätsschraube lockert,<br />

anstatt sie zu wahren und die Mitbürger<br />

zu animieren, professionelle Ausbildung in<br />

Anspruch zu nehmen? Das Markenzeichen<br />

Deutschlands sollte stets Qualität bleiben<br />

und nicht ein heruntergewirtschafteter<br />

Arbeitsmarkt. <br />

md<br />

tt<br />

TAXI DEUTSCHLAND BERLIN E. V.<br />

Persiusstraße 7<br />

10245 <strong>Berlin</strong><br />

Tel. Sekr.: +49 (0)30 / 202 02 13 10<br />

Fax: +49 (0)30 / 202 02 13 11<br />

E-Mail: berlin@taxideutschland.eu<br />

www.taxideutschland.eu<br />

www.facebook.com/taxi.deutschland.eu<br />

Presserechtlich verantwortlich für diese<br />

Seite: Ertan Ucar<br />

Redaktion: Mem Deisel (md)<br />

TAXI JULI/AUGUST/ <strong>2017</strong><br />

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