Taxi Times Berlin - Juli/August 2017
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TAXIVERBAND BERLIN, BRANDENBURG E. V.<br />
GESCHÄFTE UNTER<br />
DEM DECKMANTEL<br />
DER MOBILITÄT<br />
Mietwagenkonzepte versprechen das Blaue vom<br />
Himmel, doch für einen Shuttle das Rad neu zu<br />
erfinden, ist nicht notwendig. Ökologische<br />
Lösungen und Verbraucherschutz gibt es nur mit<br />
dem <strong>Taxi</strong>gewerbe.<br />
Warum mit viel Geld ein kleines Start-Up<br />
fördern, wenn man auf eine ebenso umweltfreundliche<br />
<strong>Taxi</strong>struktur zurückgreifen kann?<br />
TAXIVERBAND BERLIN<br />
BRANDENBURG E. V.<br />
Franklinstraße 18<br />
10587 <strong>Berlin</strong><br />
Tel. Sekr.: +49 (0)30 / 24 33 54 08<br />
Tel. Kasse: +49 (0)30 / 86 09 07 70<br />
E-Mail: taxiverband@t-online.de<br />
www.taxiverband-berlin.de<br />
Presserechtlich verantwortlich für<br />
diese Seite: Detlev Freutel<br />
Redaktion: Detlev Freutel (df)<br />
Das Unternehmen „Clever Shuttle“<br />
betreibt seit dem vergangenen<br />
September innerhalb des <strong>Berlin</strong>er<br />
S-Bahn-Rings abends und nachts zehn Elektroautos<br />
vom Typ Nissan Leaf. Sie werden<br />
nach dem Prinzip Ride Sharing eingesetzt.<br />
Per App geben Nutzer ihre Fahrstrecke ein,<br />
und die Software sucht nach möglichen Mitfahrern<br />
mit ähnlichen Strecken. Wenn es<br />
passt, werden mehrere Fahrwünsche zusammengelegt,<br />
und die Nutzer teilen sich das<br />
Auto.<br />
Erinnerungen an das altehrwürdige Sammeltaxi<br />
werden wach. Doch so einfach ist<br />
das nicht, denn wir reden hier von Mietwagen,<br />
die normalerweise nach jeder Fahrt<br />
an den Firmensitz zurückkehren müssen.<br />
Da es auch nicht erlaubt ist, Sitzplätze einzeln<br />
zu „verkaufen“, geht Ride Sharing in<br />
Deutschland derzeit nur mit einer Ausnahmegenehmigung.<br />
Den zehn Wagen, die in<br />
<strong>Berlin</strong> unterwegs sind, hat das Landesamt<br />
für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten<br />
(LABO) eine „Genehmigung zur Erprobung<br />
gemäß § 2, Abs. 7 PBefG“ erteilt. Diese will<br />
Clever Shuttle nun auf 30 erweitern.<br />
Nach eigenen Angaben zahlt Clever<br />
Shuttle seinen Fahrern elf Euro pro Stunde.<br />
Alle seien fest angestellt. Das Angebot gibt<br />
es auch in Leipzig und München, sieben weitere<br />
Städte sind noch in diesem Jahr geplant.<br />
Investoren wurden bereits gewonnen, allen<br />
voran die Deutsche Bahn AG (DB). Der Vorstand<br />
Marketing der DB Fernverkehr, Dr.<br />
Michael Peterson, berät Clever Shuttle und<br />
will es in die DB integrieren. Aktuell hat sich<br />
auch Daimler über seine Tochterfirma Evo-<br />
Bus am Startup beteiligt. Gemeinsam sollen<br />
IT-Lösungen für das Management von Flotten<br />
entwickelt werden.<br />
Um in <strong>Berlin</strong> zu expandieren, müsste<br />
das LABO die Verdreifachung der eingesetzten<br />
Fahrzeuge genehmigen. Zu dem<br />
vorliegenden Antrag hat das LABO die<br />
<strong>Berlin</strong>er Gewerbevertreter im Rahmen des<br />
Anhörverfahrens jetzt um Stellungnahme<br />
gebeten (Antwort: siehe Seite 13).<br />
Doch damit nicht genug. Auch die <strong>Berlin</strong>er<br />
Verkehrsbetriebe (BVG) planen einen<br />
vergleichbaren Service. BVG-Chefin Sigrid<br />
Evelyn Nikutta sieht ihr Unternehmen<br />
„mittendrin“ in einer „Mobilitätsrevolution“<br />
und daher die Notwendigkeit, das eigene<br />
„Angebot mit neuen Mobilitätsdiensten [zu]<br />
ergänzen“. Dazu wird ein Partner gesucht.<br />
Mercedes-Benz sei Favorit, aber auch Uber<br />
war schon als Partner im Gespräch.<br />
Das Projekt wird von der Wirtschaftssenatorin<br />
und neuen BVG-Aufsichtsratsvorsitzenden<br />
Ramona Pop vorangetrieben und trifft<br />
auch in der eigenen Koalition nicht auf ungeteilte<br />
Zustimmung, da Uber als Partner nicht<br />
tragbar sei und das Angebot keine zusätzliche<br />
Konkurrenz zu <strong>Taxi</strong>s werden dürfe.<br />
Genau hier setzt auch die Kritik der Gewerbevertreter<br />
an: Warum sehen Senat, Bahn<br />
und BVG das <strong>Taxi</strong>gewerbe für einen derartigen<br />
Fahrdienst nicht als prädestinierten<br />
Partner? Wieso werden Knowhow und Potential<br />
der großen <strong>Taxi</strong>-Vermittlungszentralen<br />
nicht in Betracht gezogen? Weshalb werden<br />
die 8.000 <strong>Berlin</strong>er <strong>Taxi</strong>s nicht als vorhandene<br />
Ressourcen genutzt und effektiver ausgelastet,<br />
statt zusätzliche Fahrzeuge in den Verkehr<br />
zu bringen?<br />
Diese Effektivierung in Verbindung mit<br />
einer gezielt geförderten Elektrifizierung der<br />
<strong>Taxi</strong>flotte wäre das, was die neuen Mitbewerber<br />
zu bieten vorgeben: eine wahrhaft<br />
ökologische Lösung. <br />
df/sb<br />
FOTOMONTAGE: Stanislav Statsenko / <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />
24 JULI/AUGUST/ <strong>2017</strong> TAXI