05.09.2017 Aufrufe

SHE works! #Frauen #Wirtschaft #Karriere - Magazin zur Bundestagswahl 2017

Wer die Wahl hat, hat die Qual. SHE works! hat die Parteien befragt, wie sie die Gleichstellung von Mann und Frau endlich weiter voranbringen wollen. Welche Förderung für Familien vorgesehen ist und wie es mit der Frauenquote in den eigenen Reihen aussieht. SHE works! gibt einen Überblick - wählen müssen Sie selbst!

Wer die Wahl hat, hat die Qual. SHE works! hat die Parteien befragt, wie sie die Gleichstellung von Mann und Frau endlich weiter voranbringen wollen. Welche Förderung für Familien vorgesehen ist und wie es mit der Frauenquote in den eigenen Reihen aussieht.
SHE works! gibt einen Überblick - wählen müssen Sie selbst!

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<strong>#Frauen</strong> <strong>#Wirtschaft</strong> <strong>#Karriere</strong><br />

SEP <strong>2017</strong><br />

Wie weiblich<br />

wird das politische<br />

Deutschland?<br />

Sonderausgabe <strong>zur</strong><br />

<strong>Bundestagswahl</strong> <strong>2017</strong><br />

Wir brauchen die Quote!<br />

Themen<br />

Berliner Erklärung <strong>2017</strong><br />

Die Gründung einer gUG<br />

Was uns bewegt<br />

#wasfrauenfordern!<br />

<strong>#Frauen</strong> <strong>#Wirtschaft</strong> <strong>#Karriere</strong>


Sonderausgabe: <strong>Bundestagswahl</strong> <strong>2017</strong><br />

Impressum<br />

Herausgeber: <strong>SHE</strong> <strong>works</strong>!<br />

Schäufele & Brößling GbR<br />

Anschrift: Hagenweg 2a<br />

37081 Göttingen<br />

T 0551/4899075<br />

E info@she-<strong>works</strong>.de<br />

Vertreten durch:<br />

Carolin Schäufele<br />

Katja Brößling<br />

V.i.S.d.P.<br />

Carolin Schäufele<br />

(gem. § 55 Abs. 2 RStV)<br />

Layout:<br />

PW DESIGN<br />

www.pwdesign.de<br />

Titlelbild: Photo by LoboStudio<br />

Hamburg on Unsplash<br />

Internet: www.she-<strong>works</strong>.de<br />

Social Media:<br />

www.facebook.de/she<strong>works</strong>.de<br />

www.twitter.com/<strong>SHE</strong><strong>works</strong>DE<br />

2


<strong>SHE</strong> <strong>works</strong>! <strong>Magazin</strong> / <br />

Inhalt<br />

Editorial..................................................................................... 5<br />

Buchtipps............................................................................... 44<br />

Berliner Erklärung <strong>2017</strong> .......................................................6<br />

Das Letzte….......................................................................... 46<br />

Wir brauchen die Quote!......................................................8<br />

Die stille Mehrheit................................................................12<br />

Was meinen Sie denn?.........................................................14<br />

#wasfrauenfordern..............................................................26<br />

Wo Wahl draufsteht,<br />

muss Demokratie herauskommen! ................................29<br />

Datenschutz und Datensicherheit<br />

in der digitalen Welt............................................................30<br />

Ein langer, aber lohnenswerter Weg..............................33<br />

You have to see it to be it...................................................36<br />

Dating-App mit Eloquenz und Witz............................... 40<br />

Gründen, Karriere<br />

anschieben oder sich einfach informieren....................42<br />

3


Sonderausgabe: <strong>Bundestagswahl</strong> <strong>2017</strong><br />

4


<strong>SHE</strong> <strong>works</strong>! <strong>Magazin</strong> / Editorial<br />

Editorial<br />

Liebe Leserinnen und Leser, sehr<br />

geehrte Damen und Herren,<br />

wer die Wahl hat, hat die Qual,<br />

und was für eine. So kommt es uns<br />

aktuell vor, wenn wir uns mit der<br />

anstehenden <strong>Bundestagswahl</strong> im<br />

September dieses Jahres befassen.<br />

Wonach sollten wir schauen und<br />

als was? Als Mutter, Gründerin, Angestellte<br />

oder Unternehmerin?<br />

Entscheiden wir uns für die Partei,<br />

die Familienvereinbarkeit verspricht<br />

oder für die, die sich für ein<br />

Vorantreiben der Gleichstellung<br />

stark macht? Gibt es vielleicht Beides?<br />

Und wie sehen die Parteien<br />

überhaupt die Gleichsetzung von<br />

Mann und Frau?<br />

Um hier ein wenig (wieder so ein<br />

Spruch) Licht ins Dunkel zu bringen,<br />

haben wir alle Parteien um ein<br />

Interview zu genau diesen Themen<br />

gebeten. Wenig überraschend,<br />

dass es eine Partei gibt, die für diese<br />

Art von Interview nicht <strong>zur</strong> Verfügung<br />

stand, die AfD. Alle anderen,<br />

die wir gefragt haben, haben allerdings<br />

durchaus Aufschlussreiches<br />

zum Thema beizutragen gehabt.<br />

Ab Seite 14 können Sie nachlesen,<br />

wie es so um unser Thema bestellt<br />

ist.<br />

Was diese sogenannten Frauenthemen<br />

betrifft, haben wir auch<br />

die Berliner Erklärung noch einmal<br />

mit aufgenommen (Seite 6), die<br />

von den 16 größten Frauenverbänden<br />

Deutschlands abgegeben wurde,<br />

um auf die bestehenden Ungerechtigkeiten<br />

hinzuweisen. Monika<br />

Schulz-Strelow, Präsidentin von<br />

FiDAR, hat uns dazu ein Interview<br />

gegeben (Seite 8).<br />

Neben so viel Politik haben wir<br />

aber auch durchaus noch anderes<br />

im Heft. Jenna Parker hat einen<br />

informativen Artikel über Datenschutz<br />

geschrieben (Seite 30) und<br />

wir haben den Bericht einer Founderin,<br />

die beschreibt welche Fallstricke<br />

einem bei der Gründung<br />

einer UG drohen (Seite 33).<br />

Also, alles informative Themen.<br />

Wir wünschen eine gute Lektüre!<br />

Herzliche Grüße<br />

Carolin Schäufele<br />

& Katja Brößling<br />

5


Sonderausgabe: <strong>Bundestagswahl</strong> <strong>2017</strong><br />

Berliner Erklärung <strong>2017</strong>:<br />

16 Frauenverbände fordern<br />

gleichberechtigte Teilhabe von Frauen<br />

Mit einem Katalog von Forderungen<br />

wenden sich mehr als 12,5 Millionen<br />

Frauen aus 16 Frauenverbänden in<br />

der Berliner Erklärung <strong>2017</strong> an die<br />

Parteien <strong>zur</strong> <strong>Bundestagswahl</strong>. Unter<br />

www.berlinererklaerung.de wurden<br />

die Forderungen am Dienstag, 30.<br />

Mai <strong>2017</strong>, veröffentlicht. Im Mittelpunkt<br />

steht das Ziel einer gleichberechtigten<br />

Teilhabe von Frauen. Es<br />

geht außerdem um Entgeltgleichheit<br />

und darum, die Gleichstellungspolitik<br />

verbindlich umzusetzen, sie transparent<br />

zu gestalten und die Entwicklung<br />

regelmäßig zu prüfen.<br />

BERLINER ERKLÄRUNG FORDERT<br />

SCHRITTE RICHTUNG GLEICHSTEL-<br />

LUNG<br />

Die Unterzeichnerinnen fordern,<br />

dass Politik, Wirtschaft und Gesellschaft<br />

in der kommenden Legislaturperiode<br />

weitere Schritte in Richtung<br />

Gleichstellung unternehmen. Es<br />

müssen schnell neue Meilensteine<br />

mit klaren Vorgaben definiert und erreicht<br />

werden, heißt es in der Erklärung<br />

der Verbände. Denn nach 100<br />

Jahren Frauenwahlrecht, 70 Jahren<br />

Grundgesetz und 25 Jahren aktivem<br />

Gleichstellungsauftrag als Ergänzung<br />

des Artikels 3, Abs. 2 Grundgesetz<br />

haben Frauen in Deutschland<br />

lange genug gewartet und Kompromisse<br />

gemacht.<br />

PARITÄTISCHE TEILHABE GEFOR-<br />

DERT<br />

Im Einzelnen fordern die Verbände<br />

eine paritätische Teilhabe nicht nur<br />

in den Aufsichtsräten und in den Führungsebenen<br />

der Privatwirtschaft,<br />

sondern auch in der Politik sowie<br />

in den Aufsichts-, Beratungs- und<br />

Vergabegremien bei Medien, Kultur,<br />

Medizin und Wissenschaft. Um gleiche<br />

Bezahlung im Job zu erreichen,<br />

ist das neue Gesetz für Entgelttransparenz<br />

ein erster Schritt, um geschlechterspezifische<br />

Unterschiede<br />

bei den Einkommen zu stoppen.<br />

Weitere gesetzliche Regelungen und<br />

zielführende Maßnahmen wie transparente,<br />

umfassende Prüfverfahren<br />

<strong>zur</strong> geschlechterdifferenzierten Entgeltanalyse<br />

in allen Betrieben mit<br />

Betriebsratspflicht und Abschaffung<br />

des Ehegattensplittings in seiner<br />

6


<strong>SHE</strong> <strong>works</strong>! <strong>Magazin</strong> / Berliner Erklärung <strong>2017</strong><br />

jetzigen Form sind aber notwendig.<br />

Außerdem braucht Gleichstellungspolitik<br />

Verbindlichkeit, Transparenz<br />

und die Kontrolle des Erreichten. Nur<br />

dann kann sie gemäß § 2 der Gemeinsamen<br />

Geschäftsordnung der<br />

Bundesministerien als „durchgängiges<br />

Leitprinzip“ erfolgreich sein.<br />

GEMEINSAME AKTION<br />

Der Forderungskatalog wird von<br />

Spitzenvertreterinnen des Bündnisses<br />

Berliner Erklärung <strong>2017</strong> in einer<br />

gemeinsamen Aktion am 31. Mai und<br />

1. Juni <strong>2017</strong> folgenden Repräsentantinnen<br />

und Repräsentanten der <strong>zur</strong><br />

<strong>Bundestagswahl</strong> antretenden demokratischen<br />

Parteien übergeben:<br />

- Annegret Kramp-Karrenbauer<br />

(CDU)<br />

- Martin Schulz (SPD)<br />

- Katrin Göring-Eckardt<br />

(Bündnis90/Die Grünen)<br />

- Dr. Dietmar Bartsch (Die Linke)<br />

- Katja Suding<br />

(Vertretung Christian Lindner, FDP)<br />

- Joachim Herrmann (CSU)<br />

Das überfraktionelle Bündnis der<br />

Berliner Erklärung existiert seit 2011.<br />

Aktuell gehören ihm 16 Frauenverbände<br />

an:<br />

• Business und Professional Women<br />

(BPW) Germany, 1.600 Mitglieder<br />

(Deutschland) 30.000 Mitglieder<br />

in 100 Ländern, Uta Zech,<br />

Präsidentin www.bpw-germany.de<br />

• Deutscher Ärztinnenbund e.V.<br />

(DÄB), 1.800 Mitglieder, Dr. Christiane<br />

Groß M.A., Präsidentin www.<br />

aerztinnenbund.de<br />

• Deutscher Frauenrat (DF), Dachverband<br />

von 59 Mitgliedsverbänden,<br />

in denen mehr als 12 Millionen<br />

Frauen organisiert sind. Mona Küppers,<br />

Vorsitzende www.frauenrat.de<br />

• deutscher ingenieurinnenbund<br />

e.V. (dib), 400 Mitglieder, Sylvia Kegel,<br />

Vorstand www.dibev.de<br />

• Deutscher Juristinnenbund e.V.<br />

(djb), 2.700 Mitglieder, Ramona Pisal,<br />

Präsidentin www.djb.de<br />

• Deutscher LandFrauenverband<br />

e.V. (dlv), 500.000 Mitglieder, Brigitte<br />

Scherb, Präsidentin www.landfrauen.info<br />

• EAF Berlin | Europäische Akademie<br />

für Frauen in Politik und Wirtschaft,<br />

2.000 Unterstützer/innen,<br />

Dr. Helga Lukoschat, Vorsitzende<br />

www.eaf-berlin.de<br />

• European Women’s Management<br />

Development International Network<br />

e.V. (EWMD), 470 Mitglieder in<br />

Deutschland; 900 Mitglieder europaund<br />

weltweit; Sieglinde Schneider,<br />

Präsidentin www.ewmd.org<br />

• FidAR – Frauen in die Aufsichtsräte<br />

e.V., 680 Mitglieder, Monika<br />

Schulz-Strelow, Präsidentin www.<br />

fidar.de<br />

Bundesvorstand www.fim.de<br />

• Journalistinnenbund e.V. (jb),<br />

400 Mitglieder, Rebecca Beerheide,<br />

Vorsitzende www.journalistinnen.<br />

de<br />

• ProQuote Medien e.V., 200 Mitglieder,<br />

5.000 Unterstützerinnen<br />

und Unterstützer, Maren Weber,<br />

Vorsitzende www.pro-quote.de<br />

• ProQuote Medizin, 700 unterstützende<br />

Unterschriften, davon 80<br />

Professoren und Professorinnen,<br />

Prof. Dr. Gabriele Kaczmarczyk, Initiatorin<br />

pro-quote-medizin.de<br />

• ProQuote Regie e.V., 1000 Unterstützer*innen,<br />

Barbara Rohm, Vorsitzende<br />

www.proquote-regie.de<br />

• Verband deutscher Unternehmerinnen<br />

e.V. (VdU), 1.800 Mitglieder<br />

und Interessentinnen, 16 Landesverbände,<br />

Stephanie Bschorr,<br />

Präsidentin www.vdu.de<br />

• Working Moms – Pro Kinder Pro<br />

Karriere e.V. (WM), 450 Mitglieder,<br />

Ina Steidl, Vorsitzende Verbandsvorstand<br />

www.workingmoms.de<br />

Weitere Informationen <strong>zur</strong> Berliner<br />

Erklärung <strong>2017</strong>:<br />

www.berlinererklaerung.de<br />

#BerlinerErklärung<strong>2017</strong><br />

• Frauen im Management e.V.<br />

(FIM), 180 Mitglieder, Bärbel Jacob,<br />

7


Sonderausgabe: <strong>Bundestagswahl</strong> <strong>2017</strong><br />

Wir brauchen die Quote!<br />

Monika Schulz-Strelow, Präsidentin FidAR e. V.<br />

Im Interview mit <strong>SHE</strong> <strong>works</strong>!<br />

Monika Schulz-Strelow ist Präsidentin<br />

von FidAR e. V. und Mitinitiatorin<br />

der Berliner Erklärung <strong>2017</strong>.<br />

Gemeinsam mit Sie hat mit anderen<br />

haben 17 große deutsche Frauenverbände<br />

im Frühjahr dieses Jahres die<br />

Berliner Erklärung herausgegeben<br />

(Seite ??). Eine Erklärung, die sich<br />

direkt an die Regierung in Berlin<br />

wendet und einen stärkeren Ausbau<br />

der Gleichstellung fordert. Um hier<br />

noch ein wenig mehr Hintergrundwissen<br />

zu haben, sprach <strong>SHE</strong> <strong>works</strong>!<br />

mit Monika Schulz-Strelow über die<br />

gleichberechtigte Teilhabe und die<br />

Wirkung der Quote.<br />

Frau Schulz-Strelow, wie weit sind<br />

wir von einer gleichberechtigten<br />

Teilhabe von Frauen entfernt?<br />

In dieser Legislaturperiode stand<br />

die Verbesserung der gleichberechtigten<br />

Teilhabe von Frauen in<br />

Führungspositionen in den ersten<br />

zwei Jahren im politischen Fokus.<br />

Es wurden erstmalig entscheidende<br />

Gesetze wie <strong>zur</strong> gleichberechtige<br />

Teilhabe von Männern und<br />

Frauen an Führungspositionen mit<br />

einer festen Quote für Frauen in<br />

Aufsichtsräte und <strong>zur</strong> Entgelttransparenz<br />

verabschiedet. Die Wirkung<br />

der Gesetze ist sehr unterschiedlich.<br />

Der Frauenanteil in den Aufsichtsräten<br />

der 105 von der festen<br />

Quote betroffenen Unternehmen<br />

hat sich sichtbar erhöht, doch Zahlen<br />

allein sagen noch nichts über<br />

die unternehmensinterne Wirkung<br />

eines Gesetzes aus. Uns geht es<br />

nicht vorrangig um Zahlen und<br />

Quoten, sondern um spürbare Veränderung<br />

der Unternehmenskultur<br />

und echte Chancengleichheit. Von<br />

einer gleichberechtigten Teilhabe<br />

und damit auch von einer Chancengleichheit<br />

sind wir noch weit entfernt.<br />

Wenn wir <strong>zur</strong>ückblicken, wie viele<br />

Initiativen sich in den letzten fünf<br />

Jahren gebildet haben, wie Pro-<br />

Quote Medien, Pro Quote Medizin<br />

und ProQuote Regie, um auf den<br />

geringen Anteil von Frauen in Führungspositionen<br />

in ihren Bereichen<br />

hinzuweisen und auf allen Ebenen<br />

einen Frauenanteil von 30% bis<br />

sogar 50% zu fordern, macht dies<br />

deutlich, dass das Bewusstsein für<br />

gleichberechtigte Teilhabe und das<br />

Fehlen davon deutlich angestiegen<br />

ist und breite Kreise bewegt. Da<br />

aber Veränderung mit einem Top-<br />

Down Ansatz höhere Wirkung zeigt,<br />

muss auch von den Aufsichtsräten<br />

eine andere Botschaft in die Unternehmen<br />

transportiert werden, dass<br />

sie Veränderung für erforderlich<br />

halten und diese einfordern und<br />

bestenfalls auch vorleben.<br />

Bekommen wir diese Ungleichheiten<br />

allein mit politischen Maßnahmen<br />

in den Griff oder bedarf es<br />

noch anderer Vorgehensweisen?<br />

Schon 2001 hatten sich Regierung<br />

und Wirtschaftsverbände auf eine<br />

freiwillige Selbstverpflichtung <strong>zur</strong><br />

8


<strong>SHE</strong> <strong>works</strong>! <strong>Magazin</strong> / Wir brauchen die Quote<br />

Monika Schulz-Strelow<br />

Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen<br />

verpflichtet. Doch<br />

diese Absichtserklärung hat keine<br />

Veränderung gebracht, der Frauenanteil<br />

in Führungspositionen war<br />

seitdem nicht gestiegen. Hier trat<br />

erst eine Änderung ein, als die Diskussion<br />

um eine Aufsichtsratsquote<br />

in der Privatwirtschaft in den Medien<br />

Raum eingenommen hat, die<br />

Wirtschaft aufgeschreckt und die<br />

Politik zum Handeln gebracht hat.<br />

Dazu hat auch die Arbeit von FidAR<br />

im Verbund mit den in diesem Themenbereich<br />

engagierten Frauenverbänden<br />

wesentlich beigetragen.<br />

Besonders der seit 2011 herausgegebene<br />

Women-on-Board-Index<br />

mit den Zahlen zum Frauenanteil<br />

im Aufsichtsrat und Vorstand der<br />

160 im DAX-notierten Unternehmen<br />

hat umfassende Transparenz gebracht.<br />

Waren anfangs von den 160<br />

Unternehmen 74 in der frauenfreien<br />

Zone, weder eine Frau im Aufsichtsrat<br />

noch im Vorstand, so ist heute<br />

diese Gruppe auf ein Viertel gesunken.<br />

Die Veröffentlichung der Rankings<br />

der Unternehmen im WoB-Index<br />

hat vielen Unternehmen nicht<br />

so richtig gefallen, besonders denen<br />

mit Positionen im letzten Drittel.<br />

Das Gesetz <strong>zur</strong> gleichberechtigten<br />

Teilhabe von Männern und<br />

Frauen in Führungspositionen, dass<br />

seit Mai 2015 in Kraft ist, hat zu einer<br />

deutlichen Erhöhung des Frauenanteils<br />

in den Aufsichtsräten der<br />

von der festen Quote betroffenen<br />

Unternehmen geführt. Es unterliegen<br />

derzeit 105 Unternehmen, die<br />

börsennotiert und vollmitbestimmt<br />

sind, das heißt über 2000 Beschäftigte<br />

haben, der festen Quote für<br />

Aufsichtsräte und müssen seit 2016<br />

bei Neubesetzungen einen Frauenanteil<br />

im Aufsichtsrat von 30%<br />

erreichen. Alle betroffenen Unternehmen<br />

haben die 30% erreicht.<br />

Hier kann von einem Teilerfolg des<br />

Gesetzes gesprochen werden. Eine<br />

zweite Säule des Gesetzes, die für<br />

ca. 3500 Unternehmen gilt, die entweder<br />

börsennotiert oder mitbestimmt<br />

sind, das heißt mehr als 500<br />

Beschäftigte und einen Aufsichtsrat<br />

eingerichtet haben, schreibt<br />

individuelle freiwillige Zielgrößen<br />

vor, die die Unternehmen für den<br />

Aufsichtsrat, Vorstand und 1. und 2<br />

Managementebene zum 30.09.2015<br />

festlegen und bis zum 30.06.<strong>2017</strong><br />

umgesetzt haben sollten. Diese<br />

zweite Säule wurde teils nicht sehr<br />

ambitioniert umgesetzt, besonders<br />

bei der Vorstandsebene wurde als<br />

9


Sonderausgabe: <strong>Bundestagswahl</strong> <strong>2017</strong><br />

Zielgröße die Null gewählt. Argumente<br />

wie zu kurze Laufzeit für die<br />

Umsetzung oder der Frauenanteil<br />

sei ausreichend oder Unsicherheit<br />

bei der Zielgrößendefinition, da<br />

man die Vergleichszahlen des Wettbewerbs<br />

nicht kannte, oder auch da<br />

die Nichteinhaltung von Zielgrößen<br />

nicht mit Sanktionen verbunden<br />

war, führten dazu, dass die Festlegungen<br />

der Zielgrößen teils auch<br />

nicht so stringent durchgeführt<br />

wurden. Hier bedarf es der deutlichen<br />

Nachjustierung durch den<br />

Gesetzgeber. Denn es ist die zweite<br />

freiwillige Selbstverpflichtung<br />

<strong>zur</strong> Erhöhung des Frauenanteils in<br />

Führungspositionen, die die Unternehmen<br />

nicht ausreichend ernst genommen<br />

hat.<br />

Viele Unternehmen zweifeln nicht<br />

mehr an, dass gemischte Teams erfolgreicher<br />

arbeiten – aber dieser<br />

Gedanke hat sich bei der Entscheidungsfindung<br />

für die Besetzung höherer<br />

Führungspositionen mit weiblichen<br />

Führungskräften noch nicht<br />

umfassend durchgesetzt.<br />

Parallel zu den möglichen Regelungen<br />

per Gesetz ist es wichtig, das<br />

Thema gleichberechtigte Teilhabe<br />

durch Sichtbarmachung positiver<br />

Beispiele in die Öffentlichkeit zu<br />

bringen und motivierte Männer, die<br />

sich für die gleichberechtigte Teilhabe<br />

einsetzen, als Vorbild deutlich zu<br />

platzieren. Gleichzeitig sollte mehr<br />

Transparenz hergestellt werden,<br />

über diejenigen Unternehmen, die<br />

sich weiterhin in dem frauenfreien<br />

Bereich bewegen. Eine Vorbildfunktion<br />

als innovativer Arbeitgeber<br />

könnten sie so nur sehr eingeschränkt<br />

einnehmen.<br />

Seit 12 Jahren haben wir eine Frau<br />

an der Spitze Deutschland. Inwieweit<br />

hat die Kanzlerinnenschaft<br />

von Frau Merkel sich positiv auf<br />

die Gleichstellung ausgewirkt?<br />

Die Unterstützung von Frau Merkel<br />

wirkte teils eher indirekt. Sie ließ ihre<br />

Ministerinnen sprechen und hielt<br />

sich selbst bei dem Thema Gleichberechtigung<br />

in der Öffentlichkeit<br />

weitgehend <strong>zur</strong>ück. Allerdings wenn<br />

es ernst wurde, wie im Vorfeld zum<br />

Gesetz <strong>zur</strong> gleichberechtigten Teilhabe<br />

im Herbst 2014, hat sie das Thema<br />

<strong>zur</strong> Chefsache erklärt und dies<br />

hat notwendige Wirkung in ihren<br />

eigenen Reihen nicht verfehlt. Wir<br />

begrüßen sehr die positiven Signale,<br />

die Frau Merkel kürzlich auf dem<br />

Women W20 Gipfel im April in Berlin<br />

gesendet hat. Auf die Frage nach<br />

der Notwendigkeit der Quote für<br />

die Aufsichtsräte erklärte sie, dass<br />

die Unternehmen sich diese selbst<br />

verdient hätten - durch Nichtstun!<br />

Man habe 20 Jahre vergeblich an die<br />

Türen geklopft. Diese klaren Aussagen<br />

verfehlen nicht ihre Wirkung.<br />

Es wäre sehr wünschenswert, wenn<br />

sie sich mit dieser Klarheit auch öffentlich<br />

an Unternehmensvertreter<br />

richten würde.<br />

Wir werden die neue Bundesregierung<br />

daran messen, was sie<br />

für die Erhöhung der Chancengerechtigkeit<br />

in der nächsten Legislaturperiode<br />

im Koalitionsvertrag<br />

verankert. Dazu haben sich 17 Frauenverbände<br />

<strong>zur</strong> Berliner Erklärung<br />

<strong>2017</strong> zusammengeschlossen und<br />

die gemeinsamen Forderungen mit<br />

den Spitzenkandidaten der Parteien,<br />

die wahrscheinlich im nächsten<br />

Bundestag vertreten sein werden,<br />

Ende Mai den Dialog gesucht. Diese<br />

17 Frauenverbände vertreten 12 Millionen<br />

Frauen und die Forderungen<br />

unter den drei großen Überschriften<br />

Teilhabe, Entgelt und Transparenz<br />

sind ernst genommen werden. Es<br />

ist wichtig, dass wir uns alle mit den<br />

Wahlprogrammen der Parteien befassen,<br />

denn sie bilden die Grundlage<br />

für die nächsten Koalitionsverhandlungen.<br />

Da sehen wir bei den<br />

christlichen und wirtschaftsnahen<br />

Parteien wenig Aussagen, dass es<br />

mit der gleichberechtigen Teilhabe<br />

in Führungspositionen in der nächsten<br />

Regierung mit großen Schritten<br />

vorangehen wird.<br />

Viele sprechen sich gegen die<br />

Quote aus. Brauchen wir tatsächlich<br />

eine Quote, um unsere Ziele<br />

zu erreichen?<br />

Leider ist es so – ja, wir brauchen<br />

die Quote, um sie nach erfolgreicher<br />

Umsetzung auch wieder abschaffen<br />

zu können. Die Zahlen belegen,<br />

dass allein durch den Gesetzesdruck<br />

endlich mehr talentierte und fähige<br />

Frauen in Führungs- und Aufsichtsratsgremien<br />

gekommen sind. Der<br />

gesetzliche Druck ist einfach nötig<br />

gewesen, um Veränderungspro-<br />

10


<strong>SHE</strong> <strong>works</strong>! <strong>Magazin</strong> / Wir brauchen die Quote<br />

zesse zu beschleunigen. Ohne das<br />

Gesetz sähe es in vielen DAX-Unternehmen<br />

noch ganz anders aus.<br />

Allein wenn man die Unternehmen<br />

im DAX, die der Quote unterliegen<br />

und den 30 % Frauenanteil schon<br />

fast erfüllen, obwohl noch nicht alle<br />

Unternehmen Neuwahlen hatten,<br />

vergleicht mit den Unternehmen<br />

im DAX, die nicht der festen Quote<br />

unterliegen und erst einen Frauenanteil<br />

in den Aufsichtsräten von<br />

unter 20% aufweisen, macht deutlich,<br />

dass der Gesetzesdruck wirkt.<br />

Die Zahlen sprechen für sich. Wir<br />

schauen uns jetzt nicht den extrem<br />

geringen Anteil von Frauen in Vorständen<br />

an, da hat sich seit 2011 bis<br />

heute die Zahl gerade mal verdoppelt<br />

von 3,5% auf 6,9%. Wir haben<br />

noch einen langen Weg vor uns.<br />

Wir versuchen verstärkt Frauen in<br />

männertypischen Berufen unterzubringen.<br />

Oft noch mit wenig Erfolg.<br />

Was ist auf der männlichen<br />

Seite notwendig, um eine Gleichstellung<br />

zu erzielen?<br />

Solange unsere Arbeitswelt und<br />

Arbeitsstrukturen so männlich<br />

geprägt sind, ist Veränderung ein<br />

schwieriger Prozess. Wenn Männern<br />

zugestanden wird, dass für sie<br />

die Vereinbarkeit von Familie und<br />

Beruf ebenso relevant ist wie Frauen,<br />

die dies häufig nur für sich in Anspruch<br />

nehmen, und Männer somit<br />

zum Unterstützer einer gerechteren<br />

Rollenverteilung im Alltag werden,<br />

wäre dies ein wichtiges Signal in<br />

Richtung Veränderung.<br />

Wir wollen keine Grabenkämpfe<br />

zwischen den Geschlechtern vertiefen,<br />

sondern die gemeinsamen<br />

Leistungen in den Vordergrund stellen<br />

– eine Frau im männertypischen<br />

Beruf – so what! In zehn Jahren wird<br />

das hoffentlich völlig normal und<br />

akzeptiert sein. Die wichtige Frage<br />

ist, wie sehen dann die typischen<br />

Männerberufe und Frauenberufe<br />

aus? Genauso wichtig ist aber auch,<br />

dass künftig mehr Männer in frauentypischen<br />

Berufen im „Carebereich“<br />

im weitesten Sinne arbeiten,<br />

um das gegenseitige Verständnis<br />

für die unterschiedlichen Arbeitsbereiche<br />

zu erhöhen. Genauso normal<br />

sollte es dann sein, dass eine männliche<br />

Führungskraft sich für eine<br />

längere Elternzeit aus dem Job verabschiedet<br />

und diese Phase nicht<br />

als Karrierehemmnis gesehen wird.<br />

Es bleibt uns allen noch viel zu tun,<br />

zumindest sind weit mehr Themen<br />

adressiert und werden ernsthaft<br />

diskutiert. Kurzfristig ist aber das<br />

Allerwichtigste, dass alle wählen<br />

gehen. Das ist unsere Pflicht- denn<br />

wir bestimmen über die Zusammensetzung<br />

unseres Parlaments,<br />

die dann in unserem Sinne die Themen<br />

weiter voranbringen.<br />

Doch wir sind ebenso gefordert in<br />

unserem Umfeld, beruflich, ehrenamtlich<br />

wie privat uns für die Chancengleichheit<br />

unvermindert einzusetzen.<br />

Erfolg kommt nur vom Tun!<br />

11


Sonderausgabe: <strong>Bundestagswahl</strong> <strong>2017</strong><br />

Die stille Mehrheit<br />

Ein Kommentar <strong>zur</strong> Frauenpolitik<br />

Von Katja Brößling<br />

Stellen Sie sich mal vor, die Parlamente<br />

in Deutschland wären zu<br />

63% mit Frauen besetzt und nur<br />

mit 37% Männern. Unvorstellbar,<br />

oder? Glauben Sie, Männer würden<br />

sich von der Regierung dann in ihren<br />

Belangen gut vertreten sehen?<br />

- Niemals! Woher sollten wir Frauen<br />

denn wissen, was Männer wollen.<br />

Die Empörung wäre himmelschreiend.<br />

Umgekehrt scheint das völlig<br />

normal. Wie selbstverständlich gehen<br />

Männer davon aus, dass wir uns<br />

in der jetzigen Regierungskonstellation<br />

gut vertreten fühlen. Männer<br />

können das. Männer wissen, was<br />

die Welt - inklusive Frauen - braucht.<br />

Nur 37,1% der Mandate im “noch”<br />

aktuellen Bundestag gingen an<br />

Frauen. Nach neuesten Schätzungen<br />

werden nach der Wahl wohl nur<br />

32% der Abgeordneten Frauen sein.<br />

Trotz Quote bewegen wir uns also<br />

rückwärts.<br />

Während die Linken und Bündnis 90<br />

/ Die Grünen <strong>zur</strong>zeit sogar knapp<br />

mehr Frauen als Männer stellen,<br />

ist in der Union der Frauenmangel<br />

unübersehbar: 79 Frauen aus CDU/<br />

CSU stehen 230 Männern gegenüber<br />

(25%). Bei der SPD sind es<br />

immerhin noch 86 weibliche Abgeordnete<br />

von insgesamt 193 (44,5%).<br />

Der Einfluss der Geschlechterverteilung<br />

spiegelt sich stark in den<br />

Antworten der Parteien wider. Je<br />

mehr Männer das Sagen haben,<br />

desto starrer sind die Rollenbilder.<br />

So sieht die CDU in der voranschreitenden<br />

Digitalisierung die Vorteile<br />

für Mütter, die so besser von zuhause<br />

arbeiten können, um Familie,<br />

Haushalt und Beruf besser unter einen<br />

Hut zu bringen. Kann man jetzt<br />

auch so auslegen, dass Männer<br />

selbstverständlich im Büro arbeiten<br />

müssen. Dort werden sie weder<br />

von lärmenden Kindern oder rumpelnden<br />

Waschmaschinen gestört<br />

und wenn sie heimkommen, ist der<br />

Haushalt paletti und die Frau hat<br />

auch noch zum finanziellen Wohlstand<br />

der Familie beigetragen.<br />

Bei einem Treffen der Frauennetzwerke<br />

im Elbe-Weser-Raum der<br />

IHK Stade gab es eine Podiumsdiskussion<br />

mit Politikerinnen von<br />

CDU, FDP und SPD. Beim Thema<br />

Quote waren sich CDU und FDP<br />

einig. “Die braucht es nicht.” Frauen,<br />

die Leistung bringen, kommen<br />

auch so nach oben.<br />

Nein. Wenn der männliche Vorstand<br />

lieber seine Buddies um sich<br />

scharrt, dann hat die fähige, fleißige<br />

Frau nicht den Hauch einer<br />

Chance. Der beste Beweis: bei den<br />

Aufsichtsratsposten nähern wir uns<br />

langsam der gesetzlich verordneten<br />

Quote. In den Vorständen und<br />

anderen Führungsebenen, bei denen<br />

es nur “Selbstverpflichtungen”<br />

der Unternehmen gibt, hat sich so<br />

gut wie nichts geändert.<br />

12


<strong>SHE</strong> <strong>works</strong>! <strong>Magazin</strong> / Die stille Mehrheit<br />

Ja, die Quote ist ein streitbares<br />

Thema. Keine Frau möchte als<br />

“Quotenfrau” abgestempelt werden.<br />

Aber nur so scheint es möglich,<br />

weiblichen Einfluss von oberster<br />

Ebene geltend zu machen und<br />

das System langsam durchlässig zu<br />

machen.<br />

SPD, Linke, Grüne und Piraten haben<br />

die Probleme erkannt und<br />

trauen sich, diese auch zu benennen.<br />

Sie bieten Lösungsvorschläge<br />

in die richtige Richtung. Wobei<br />

die Oppositionsparteien hier den<br />

meisten Mut beweisen, was konkrete<br />

Forderungen angeht.<br />

Wir haben es in der Hand. Wir haben<br />

das Recht auf freie Wahl. Und<br />

wir sollten es als Bürgerpflicht ansehen,<br />

unsere Stimme abzugeben<br />

und somit für den Erhalt der Demokratie<br />

und für eine besseren Frauenförderung<br />

einzutreten.<br />

13


Sonderausgabe: <strong>Bundestagswahl</strong> <strong>2017</strong><br />

Was meinen Sie denn?<br />

Parteien und die Gleichstellung<br />

von Mann und Frau<br />

Von Carolin Schäufele<br />

Ungefähr 46 % der deutschen Wähler<br />

wissen noch nicht, wo sie am 24.<br />

September <strong>2017</strong> ihr Kreuz machen<br />

wollen. Das hat eine Umfrage des<br />

Instituts für Demoskopie Allensbach<br />

für die Frankfurter Allgemeine<br />

Zeitung ergeben. Vor vier Jahren<br />

waren es <strong>zur</strong> gleichen Zeit nur 39%.<br />

Woran liegt diese Unentschiedenheit?<br />

An fehlenden Inhalten?<br />

<strong>SHE</strong> <strong>works</strong>! hat für die Zielgruppe<br />

Unternehmerin, Gründerin und<br />

Angestellte bei den Parteien nachgefragt,<br />

was diese für die Gleichstellung<br />

ins Wahlprogramm aufnehmen.<br />

CDU, SPD; Grüne, FDP, Die<br />

Linke und auch die Piratenpartei haben<br />

Rede und Antwort gestanden.<br />

Die AfD stand für ein Interview nicht<br />

<strong>zur</strong> Verfügung.<br />

Die Antworten sind hier unkommentiert<br />

in Themenblöcken zusammengefasst.<br />

Wie schätzen Sie den IST-Zustand<br />

der Gleichstellung von Frauen in<br />

der Wirtschaft in Deutschland<br />

ein?<br />

CDU: Wir haben nach wie vor viel<br />

zu wenige Frauen in Führungspositionen.<br />

Mit der Regelung der<br />

Frauenquote haben wir 2015 die<br />

Unternehmen gesetzlich <strong>zur</strong> Frauenförderung<br />

verpflichtet. Diese<br />

Maßnahmen wirken. Sie ersetzen<br />

aber nicht den dringend erforderlichen<br />

Mentalitätswandel in der<br />

Wirtschaft. Gleichstellung ist eine<br />

Führungsaufgabe.<br />

SPD: Von Gleichstellung von Frauen<br />

in der Wirtschaft kann – trotz<br />

einzelner – Erfolge leider immer<br />

noch nicht die Rede sein. Es gibt<br />

Frauen in Führungspositionen,<br />

erfolgreiche Gründerinnen und<br />

Unternehmerinnen, doch im Allgemeinen<br />

erscheint Wirtschaft häufig<br />

noch als Männersache, je höher die<br />

Ebene. Unterschiede gibt es auch je<br />

nach Branche. Obwohl Frauen heute<br />

so gut ausgebildet sind wie nie<br />

zuvor, gründen sie nur knapp drei<br />

von zehn Unternehmen.<br />

Grüne: Frauen haben sich in viele<br />

Bereiche unserer Gesellschaft vorgearbeitet,<br />

rechtliche Gleichheit<br />

erkämpft und sich dumpfer Rollenklischees<br />

entledigt. Es ändert<br />

sich was, doch es ändert sich nur<br />

langsam. Und so sind Frauen heute<br />

immer noch wirtschaftlich und<br />

politisch benachteiligt, schlechter<br />

sozial abgesichert, mit weniger<br />

Chancen, größeren Widerständen<br />

und falschen Stereotypen konfrontiert.<br />

Wir schlagen eine 50-Prozent-Frauenquote<br />

für die 3.500<br />

börsennotierten und mitbestimmten<br />

Unternehmen vor und Maßnahmen<br />

für Führungspositionen auf allen<br />

betrieblichen Ebenen, in denen<br />

Frauen unterrepräsentiert sind.<br />

Linke: Die feministischen Bewegungen<br />

und viele mutige Men-<br />

14


<strong>SHE</strong> <strong>works</strong>! <strong>Magazin</strong> / Was meinen Sie denn<br />

schen haben in den vergangenen<br />

Jahrzehnten so manchen Fortschritt<br />

erkämpft – auch gegen<br />

heftige Widerstände: stereotype<br />

Rollenbilder wurden aufgeweicht<br />

und es sind mehr Frauen erwerbstätig<br />

als noch eine Generation zuvor.<br />

Frau zu sein ist jedoch immer<br />

noch ein großes Karrierehindernis.<br />

Ob sie private Sorgearbeit mit dem<br />

Beruf vereinbaren oder nur im gebärfähigen<br />

Alter sind – allein die<br />

Vermutung, dass eine Frau für den<br />

Job nicht unbegrenzt verfügbar ist,<br />

schmälert ihre Einstellungs- und<br />

Aufstiegschancen. Frauen werden<br />

zu Unrecht als weniger kreativ und<br />

weniger kompetent wahrgenommen,<br />

wie auch sonst im Leben werden<br />

sie häufiger unterbrochen und<br />

weniger ernst genommen. Immer<br />

noch viel zu vielen Frauen werden<br />

außerdem durch sexuelle Belästigung<br />

am Arbeitsplatz beeinträchtigt.<br />

Wenn sich die Bundesregierung<br />

damit rühmt, dass „die Quote<br />

wirkt“, stimmt das – nämlich in<br />

dem winzigen Anwendungsbereich,<br />

in dem sie tatsächlich verbindlich<br />

gestaltet ist. Von einer<br />

Frauenquote von 30 Prozent in den<br />

Aufsichtsräten der größten Unternehmen<br />

ergibt sich aber noch nicht<br />

der ersehnte Klimawandel, den wir<br />

dringend brauchen.<br />

Piraten: Dass faktisch keine Gleichberechtigung<br />

gegeben ist, zeigt<br />

ein Blick in die Statistik über die<br />

Zusammensetzung von Vorstandsetagen<br />

und Geschäftsführung.<br />

Unter den weltweit 100 Top CEOs<br />

sind nur 2 Frauen. Das muss sich<br />

dringend ändern. Auffallend ist,<br />

dass in den Chefetagen häufig zwar<br />

die juristische Abteilung sowie die<br />

Finanz- und Personalabteilungen<br />

mit weiblichen Führungskräften<br />

besetzt sind, die Leitungspositionen,<br />

die wirklichen Einfluss auf<br />

Produktion, Geschäftsstrategien<br />

und Vertrieb haben, wie technische<br />

und kaufmännische Geschäftsführung<br />

aber in der Regel männlich<br />

besetzt sind. Die Gleichstellung in<br />

Politik und Unternehmen ist vor<br />

allem ein gesellschaftliches Problem.<br />

Wir müssen weiter die Debatte<br />

darüber aufrechterhalten, dass<br />

Männer und Frauen wirklich gleich<br />

zu behandeln sind. Das muss schon<br />

in der Kindererziehung anfangen:<br />

Spielzeug, das mit „für Jungen“<br />

oder „für Mädchen“ unterschiedlich<br />

beworben wird, ist dabei kontraproduktiv.<br />

Erwachsene müssen<br />

aufhören, Mädchen ein<strong>zur</strong>eden,<br />

dass Mathe was für Jungs ist. Erwachsene<br />

müssen lernen, dass es<br />

völlig normal ist, wenn Jungs auch<br />

mal Kleider tragen möchten. Dass<br />

auch Männer zu Hause bleiben und<br />

sich um Haushalt, Ernährung, Erziehung,<br />

Garten, Pflege und Soziales<br />

kümmern, muss gesellschaftlich<br />

besser anerkannt werden.<br />

FDP: Die Richtung stimmt, aber die<br />

Tendenz muss noch stärker werden:<br />

Mehr Frauen in Führungspositionen,<br />

mehr Frauen auch in technischen<br />

Berufen, eine Debatte über<br />

faire Bezahlung, die zeigt, dass das<br />

Gender-Pay-Gap sich zunehmend<br />

15


Sonderausgabe: <strong>Bundestagswahl</strong> <strong>2017</strong><br />

schließt – all das belegt die richtige<br />

Richtung hin zu mehr Gleichstellung.<br />

Dennoch dürfen wir nicht<br />

nachlassen, um diese Entwicklung<br />

zu stärken.<br />

Zur <strong>Bundestagswahl</strong>: Was plant<br />

ihre Partei diesbezüglich ins<br />

Wahlprogramm aufzunehmen?<br />

CDU: Wir setzen unseren Kurs der<br />

Gleichstellung fort. Wir wollen<br />

mehr Frauen in Führungspositionen<br />

in Wirtschaft und Verwaltung<br />

sowie Lohngerechtigkeit. Die Einführung<br />

der Frauenquote in Aufsichtsräten<br />

zeigt erste Erfolge, es<br />

sind aber weitere Anstrengungen<br />

notwendig vor allem in den Vorstandsetagen.<br />

Im öffentlichen<br />

Dienst wollen wir bis spätestens<br />

2025 eine gleichberechtigte Teilhabe<br />

von Frauen in Leitungsfunktionen<br />

auf allen Ebenen verwirklichen.<br />

SPD: Für die SPD ist die Gleichstellung<br />

von Frauen und Männern<br />

ein zentrales Ziel unserer Politik.<br />

Sie ist Voraussetzung für eine zukunftsfähige,<br />

moderne und gerechte<br />

Gesellschaft. Wir wollen<br />

die gleichberechtigte Teilhabe von<br />

Frauen und Männern – und zwar<br />

in allen Bereichen. Deshalb wollen<br />

wir auch alle gleichstellungspolitischen<br />

Maßnahmen in einem Aktionsplan<br />

Gleichstellung bündeln.<br />

Die SPD strebt an, Benachteiligung<br />

von Frauen auf dem Arbeitsmarkt<br />

zu beenden. Mehr als die Hälfte<br />

aller erwerbstätigen Frauen sind<br />

in Teilzeit beschäftigt. Die Benachteiligungen<br />

von Frauen auf dem<br />

Arbeitsmarkt führen im Lebensverlauf<br />

zu einer Rentenlücke von<br />

54 Prozent. Deshalb wollen wir<br />

existenzsichernde Arbeit anstelle<br />

prekärer Beschäftigung. Mit der<br />

Frauenquote für Führungspositionen<br />

in der Privatwirtschaft und<br />

im öffentlichen Dienst haben wir<br />

einen Kulturwandel in der Arbeitswelt<br />

eingeleitet. Führungsgremien<br />

sollen jeweils zu 50 Prozent mit<br />

Frauen und Männern besetzt sein.<br />

Das ist unser Ziel. Dafür benötigen<br />

wir eine Gesamtstrategie Frauen in<br />

Führungspositionen – und zwar für<br />

alle Bereiche: für Wirtschaft und<br />

Verwaltung, aber auch für Medien,<br />

Kultur und Wissenschaft. Dem<br />

öffentlichen Dienst kommt hierbei<br />

eine Vorbildfunktion zu. Wir werden<br />

daher die Frauenquote weiter<br />

steigern und ihren Geltungsbereich<br />

auf alle Unternehmen, auf<br />

Körperschaften des öffentlichen<br />

Rechts wie die Sozialversicherungen<br />

und auf alle Gremien wie<br />

Vorstände und Aufsichtsräte ausdehnen.<br />

Darüber hinaus wollen wir<br />

mit einem Gleichstellungsgesetz<br />

die Berufs-und Aufstiegschancen<br />

von Frauen in der Privatwirtschaft<br />

verbessern. Das ist auch im Interesse<br />

der Unternehmen, die auf<br />

Kompetenz und Vielfalt in den<br />

Führungsebenen angewiesen sind.<br />

Die Übernahme von Führungsaufgaben<br />

auch in Teilzeit muss selbstverständlicher<br />

werden.<br />

Grüne: Selbstbestimmung, Gleich-<br />

Annette Widmann-Mauz (CDU)<br />

berechtigung und die Hälfte der<br />

Macht den Frauen - dafür kämpft<br />

grüne Frauenpolitik. Chancen,<br />

Macht, Geld und Zeit müssen<br />

endlich gerecht zwischen Frauen<br />

und Männern geteilt werden. In<br />

unserem Wahlprogramm haben<br />

wir unsere Forderungen <strong>zur</strong> wirtschaftlichen<br />

Unabhängigkeit - eine<br />

wirksame Frauenquote, ein echtes<br />

Entgeltgleichheitsgesetz, Reform<br />

der Minijobs, <strong>zur</strong> flexibleren Gestaltung<br />

von Arbeitszeiten, zum<br />

Schutz vor Gewalt und <strong>zur</strong> Selbst-<br />

16


<strong>SHE</strong> <strong>works</strong>! <strong>Magazin</strong> / Was meinen Sie denn<br />

bestimmung über den Körper zusammengestellt.<br />

Linke: DIE LINKE möchte sowohl<br />

das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz<br />

stärken und ausbauen<br />

als auch mit einem Gleichstellungsgesetz<br />

für die Privatwirtschaft der<br />

Diskriminierung von Frauen wirksame<br />

Maßnahmen entgegensetzen.<br />

Wir wollen eine 50-prozentige<br />

Frauenquote für die Aufsichtsräte<br />

und Vorstände aller Unternehmen.<br />

Wir wollen mehr Zeitsouveränität<br />

und eine Arbeitszeitverkürzung,<br />

die um 30 Wochenstunden oder<br />

einen Sechs-Stunden-Tag kreist,<br />

bei vollem Lohn- und notwendigem<br />

Personalausgleich. Dazu ein<br />

individuelles Recht auf Teilzeit sowie<br />

das Rückkehrrecht auf die vorherige<br />

Arbeitszeit, die Einführung<br />

von Auszeiten-Regelungen und<br />

die stärkere Kontrolle von Überstunden<br />

und Arbeitszeitgesetzen<br />

durch Betriebsräte, Personalräte<br />

und Mitarbeiter*innenvertretungen.<br />

Wir wollen soziale Dienstleistungen<br />

und die öffentliche<br />

Daseinsvorsorge stärken. Und wir<br />

wollen Erwerbsarbeit, unbezahlte<br />

Hausarbeit, Pflege, Kindererziehung<br />

und Betreuung innerhalb der<br />

Gesellschaft und zwischen den Geschlechtern<br />

gerechter verteilen.<br />

Piraten: Wir PIRATEN haben bereits<br />

diverse Punkte in unserem<br />

Wahlprogramm, die die Gleichberechtigung<br />

zwischen Mann und<br />

Frau verbessern. Wir setzen auf<br />

flexible Wahl des Arbeitsortes<br />

(„home office“) und elternfreundliche<br />

Arbeitsbedingungen, so dass<br />

auch gerade alleinerziehende<br />

Eltern keine Nachteile im Berufsleben<br />

erhalten. Wir fordern darüberhinaus,<br />

dass Väter den gleichen<br />

Arbeitsausfall haben sollen wie<br />

Mütter. Wir setzen uns für die Abschaffung<br />

des Ehegattensplittings<br />

ein und würden uns für die Einführung<br />

eines Familiensplittings stark<br />

machen. Desweiteren setzen wir<br />

uns für die Reformierung der Sozialsysteme<br />

durch die Einführung<br />

des bedingungslosen Grundeinkommens<br />

ein, was unter anderem<br />

ehrenamtliche Tätigkeiten, häusliche<br />

Pflege, Weiterbildungen und<br />

auch Unternehmensgründungen,<br />

unabhängig vom Geschlecht, erleichtern<br />

würde.<br />

FDP: Wir Freie Demokraten haben<br />

die Chancengleichheit von Frauen<br />

und Männern im Wahlprogramm<br />

verankert. Damit Väter und Mütter<br />

Beruf und Familie besser vereinbaren<br />

können, wollen wir flexible<br />

Angebote <strong>zur</strong> Kinderbetreuung<br />

fördern. Speziell durch flexible<br />

Arbeitszeitmodelle und digitale<br />

Arbeitsplätze wird zeit- und ortsunabhängiges<br />

Arbeiten möglich.<br />

Von Unternehmen in Deutschland<br />

erwarten wir eine deutliche Verbesserung<br />

des Frauenanteils in<br />

Führungspositionen und wir werden<br />

uns dafür auch im Öffentlichen<br />

Dienst einsetzen. Eine gesetzliche<br />

Quote lehnen wir jedoch ab: So<br />

werden Frauen zu Platzhaltern degradiert<br />

und nicht entsprechend<br />

ihrer Leistungen gewürdigt. Wir<br />

setzen vielmehr auf Anreize für die<br />

Unternehmen, verbindliche Berichtspflichten<br />

und transparente<br />

Selbstverpflichtungen. Ferner wollen<br />

wir Frauen noch stärker ermuntern,<br />

klassische Männerbranchen<br />

zu erobern, deren Jobs meist besser<br />

bezahlt sind als diejenigen, die<br />

viele Frauen traditionell ergreifen.<br />

So kann die Lohnlücke zwischen<br />

den Geschlechtern verkleinert<br />

werden.<br />

Eine wichtige Forderung der Berliner<br />

Erklärung ist „Gleicher Lohn<br />

für gleiche Arbeit“. Doch ohne<br />

Unterstützung der regierenden<br />

Parteien kommen wir nicht weiter.<br />

Wie kann ihre Partei hier Einfluss<br />

nehmen?<br />

CDU: Die unionsgeführte Bundesregierung<br />

hat ja deshalb gerade<br />

erst <strong>2017</strong> das Entgelttransparenzgesetz<br />

verabschiedet. Es ist am 6.<br />

Juli in Kraft getreten. Die Wirkung<br />

des Gesetzes werden wir überprüfen<br />

und gegebenenfalls weitere<br />

Schritte unternehmen.<br />

SPD: Die Lohnungleichheit zwischen<br />

Frauen und Männern zu<br />

beenden, liegt der SPD sehr am<br />

Herzen. Es war vor allem die sozialdemokratische<br />

Bundesministerin<br />

Manuela Schwesig, die sich<br />

bei dem Thema sehr engagiert hat.<br />

Wir haben in diesem Jahr in einem<br />

ersten Schritt mit einem Transparenzgesetz<br />

dieser Lohnungerechtigkeit<br />

den Kampf angesagt. In<br />

17


Sonderausgabe: <strong>Bundestagswahl</strong> <strong>2017</strong><br />

einem zweiten Schritt wollen wir<br />

das Transparenzgesetz zu einem<br />

Entgeltgleichheitsgesetz mit Verbandsklagerecht<br />

weiterentwickeln<br />

Dabei werden wir auch Beschäftigte<br />

in kleinen und mittleren Betrieben<br />

einbeziehen. Denn hier sind<br />

die meisten Frauen beschäftigt. Wir<br />

werden die Transparenz mit Hilfe<br />

umfassender Auskunftsansprüche<br />

verbessern. Wir wollen außerdem<br />

verpflichtende Prüfverfahren der<br />

Entgeltstrukturen nach vorgegebenen<br />

Kriterien auch schon in Unternehmen<br />

ab 50 Beschäftigen einführen.<br />

Wichtig ist auch, dass wir<br />

gemeinsam mit den Tarifpartnern<br />

die sozialen Berufe aufwerten, in<br />

denen vor allem Frauen arbeiten.<br />

Dazu zählen die Berufsfelder Gesundheit,<br />

Pflege, Betreuung und<br />

frühkindliche Bildung.<br />

Grüne: Wir wollen ein Entgeltgleichheitsgesetz,<br />

das möglichst<br />

viele erwerbstätige Frauen erreicht,<br />

nicht nur wenige. Dabei<br />

soll ein Lohncheck aufdecken, ob<br />

Frauen ungleich bezahlt werden.<br />

Die Tarifparteien sollen tarifliche<br />

und nicht-tarifliche Lohnstrukturen<br />

auf Diskriminierung überprüfen.<br />

Dieses Gesetz muss auch ein wirksames<br />

Verbandsklagerecht enthalten.<br />

Linke: DIE LINKE setzt sich für ein<br />

verbindliches Entgeltgleichheitsgesetz<br />

ein, das diesen Namen<br />

auch verdient – mitsamt zertifizierten<br />

Lohnvergleichsverfahren<br />

und einem Verbandsklagerecht,<br />

damit Frauen nicht mehr allein vor<br />

Gericht ziehen müssen. Darüber<br />

hinaus fordern wir auch „Gleichen<br />

Lohn für gleichwertige Arbeit“,<br />

denn Frauen suchen sich nicht<br />

die „falschen“ Jobs – ihre Arbeit<br />

ist unterbewertet, weil sie vor allem<br />

von Frauen geleistet wird. Für<br />

diese Aufwertung haben wir auch<br />

konkrete Pläne: So wollen wir einen<br />

Mindeststundenlohn für die<br />

Pflegebranche von 14,50 Euro und<br />

bundesweit allgemeinverbindliche<br />

tarifliche Vergütung von Pflegefachkräften.<br />

Mit einem Zukunftsinvestitionsprogramm<br />

schaffen wir<br />

unter anderem bessere Bezahlung<br />

und Arbeitsbedingungen in den<br />

Sozial- und Erziehungsberufen.<br />

Dazu gehört auch die Anrechnung<br />

von Vor- und Nachbereitungszeiten,<br />

Fortbildung und Krankheit auf<br />

den Betreuungsschlüssel.<br />

Piraten: Wir haben diese Forderung<br />

fast wortgenau in unser<br />

Wahlprogramm übernommen:<br />

Kapitel 11.1.4.3 Geschlechterunabhängige<br />

Chancen: Wir PIRATEN<br />

fordern geschlechterunabhängige<br />

gleiche Bezahlung, Chancen- und<br />

Entwicklungsmöglichkeiten. Durch<br />

einkommensabhängige Verteilung<br />

werden Sozialbeiträge unterschiedlich<br />

verteilt. Das lehnen wir<br />

ab, da es unserem Verständnis von<br />

Chancengleichheit widerspricht.<br />

Wir setzen uns für eine Kindergrundsicherung<br />

ein.<br />

FDP: Wir werben in der Wirtschaft<br />

wie in der Politik für diese Position,<br />

unterstützen entsprechende Initiativen<br />

und kümmern uns um hilfreiche<br />

Rahmenbedingungen, wie die<br />

bessere Vereinbarkeit von Familie<br />

und Beruf oder den raschen Ausbau<br />

der Digitalisierung, der das<br />

Arbeiten von Zuhause erleichtert.<br />

In der Vergangenheit wurden<br />

auch von Regierungsseite viele<br />

Projekte angeschoben, die jedoch<br />

eine zeitliche Begrenzung<br />

hatten. Nach einer gewissen Anfangseuphorie<br />

verliefen viele<br />

Aktionen im Sande oder wurden<br />

an andere Institutionen “ausgelagert”<br />

(Bsp. Initiative “Frauen Unternehmen”<br />

- Vorbild-Unternehmerinnen<br />

in Deutschland). Viele<br />

Unternehmerinnen und Gründerinnen<br />

sind der Meinung, dass es<br />

hier an Nachhaltigkeit mangelt.<br />

Wie schätzen Sie diese Lage ein?<br />

CDU: Das Bundeswirtschaftsministerium<br />

hat die Initiative „FRAU-<br />

EN unternehmen“ sogar bis <strong>2017</strong><br />

verlängert, weil sie nach dessen<br />

Einschätzung einen aktiven und<br />

wichtigen Beitrag leistet. Andere<br />

Projekte bewähren sich nicht. Nicht<br />

alles eignet sich <strong>zur</strong> staatlichen<br />

Daueraufgabe. Es sollen Entwicklungen<br />

angestoßen werden.<br />

SPD: Ziel der SPD ist es, Frauen<br />

dabei zu unterstützen, öfter Unternehmen<br />

zu gründen. Die Förderung<br />

von Existenzgründerinnen<br />

und selbstständigen Frauen bringt<br />

mehr wirtschaftliches Wachstum,<br />

eine Steigerung der Innovations-<br />

18


<strong>SHE</strong> <strong>works</strong>! <strong>Magazin</strong> / Was meinen Sie denn<br />

Elke Ferner (SPD)<br />

und Wettbewerbsfähigkeit sowie<br />

mehr Chancengleichheit und<br />

Gleichstellung im Erwerbsleben.<br />

Deshalb wollen wir mehr Frauen<br />

als Gründerinnen fördern, unter<br />

anderem durch einen besseren Zugang<br />

zu Gründungskapital und eine<br />

auf ihre Bedürfnisse angepasste<br />

Beratung und Unterstützung. Die<br />

Förderung der Initiative „Frauen<br />

Unternehmen” - Vorbild-Unternehmerinnen<br />

in Deutschland“ etwa<br />

wurde in der Tat um ein Jahr bis<br />

September <strong>2017</strong> verlängert. Das<br />

erfolgreiche Projekt soll fortgesetzt<br />

werden.<br />

Grüne: Die Investition von Steuergeldern<br />

muss sich immer auch kritisch<br />

überprüfen lassen. Vom Bund<br />

aus können nur wenige Projekte in<br />

eine Dauerförderung übernommen<br />

werden. Daher wird versucht, über<br />

Modellprojekte Impulse zu geben.<br />

Diese sollen sich dann nach der Anschubfinanzierung<br />

selber tragen.<br />

Das ist durchaus anspruchsvoll und<br />

gelingt nicht immer. Wir wollen<br />

speziell Frauen mit einem Förderprogramm<br />

bei der Gründung von<br />

Unternehmen finanziell unterstützen.<br />

Linke: Modellprojekte und befristete<br />

Programme sind sinnvoll,<br />

um neue Ansätze auszuprobieren,<br />

Initiativen einen guten Start zu ermöglichen<br />

oder Übergänge zu begleiten.<br />

Aber wir stehen auch dafür,<br />

dass für die Lösung von gesamtgesellschaftlichen<br />

und nicht nur<br />

vorübergehenden Aufgaben eine<br />

verlässliche Infrastruktur, Förderung<br />

und Planung notwendig sind,<br />

damit die Maßnahmen auch nachhaltig<br />

wirken und nicht lediglich ein<br />

Feigenblatt darstellen.<br />

Piraten: Bei diesen Projekten hat<br />

es sich allzu oft um Symbolpolitik<br />

ohne nachhaltige Wirkung gehandelt.<br />

Ein Beispiel ausserhalb der<br />

Thematik „Gleichberechtigung“<br />

wäre die Ich-AG. Oft sind bei derartigen<br />

staatlichen oder staatlich geförderten<br />

Projekten die Hürden so<br />

absurd bzw. die Informationen <strong>zur</strong><br />

Umsetzung so umständlich, dass<br />

die eigentliche Zielgruppe damit<br />

schlicht und einfach nicht erreicht<br />

wird. Solche Hilfen müssen unbürokratischer<br />

und leichter umsetzbar<br />

sein: es darf nicht auf Papier<br />

gut aussehen, in der Realität aber<br />

ohne jeden Mehrwert sein. Auch<br />

muss die Priorität daraufgelegt<br />

werden, dass die geförderten Unternehmungen<br />

selbst tatsächlich<br />

Aussicht auf nachhaltigen Erfolg<br />

haben, eben über den Förderzeitraum<br />

hinaus. Bevor weitere Projekte<br />

„angeschoben“ werden, gilt<br />

es zu überprüfen, warum bisherige<br />

Projekte so eine klägliche Bilanz<br />

hatten und wie man diese Fehler<br />

vermeiden kann.<br />

FDP: Es muss kein Fehler sein,<br />

wenn ursprünglich staatliche Initiativen<br />

von anderen Institutionen<br />

weitergeführt werden, ganz im Gegenteil:<br />

Das schärft das Bewusstsein<br />

im privaten Sektor und verbessert<br />

nicht selten die Ergebnisse.<br />

Altersarmut ist vor allem ein Thema<br />

das Frauen betrifft. Wird sich<br />

Ihre Partei diesem Thema annehmen<br />

und wenn ja wie?<br />

CDU: In Deutschland beziehen<br />

Frauen um 53 Prozent geringere eigene<br />

Alterssicherungseinkommen<br />

als Männer. Daher haben wir einen<br />

weiteren Rentenpunkt für Kinder<br />

eingeführt, die vor 1992 geboren<br />

wurden. Insgesamt 9,5 Millionen<br />

Eltern erhalten mehr Geld. Aktuell<br />

19


Sonderausgabe: <strong>Bundestagswahl</strong> <strong>2017</strong><br />

gibt es pro Kind rund 355 Euro im<br />

Jahr zusätzlich. Damit auch Mütter<br />

in der Grundsicherung davon profitieren,<br />

sollen zukünftig bei der<br />

Bedürftigkeitsprüfung im Alter<br />

Kindererziehungszeiten nicht auf<br />

die Grundsicherung angerechnet<br />

werden. Pflegende Angehörige,<br />

vielfach Frauen, sollen auch dann<br />

noch ihre Rentenanwartschaften<br />

steigern können, wenn sie nach<br />

dem Eintritt in die Rente pflegen.<br />

SPD: Ein zentrales Ziel der Alterssicherungspolitik<br />

der SPD ist es,<br />

Altersarmut zu verhindern. In besonderem<br />

Maße für Frauen gilt:<br />

gute Rente folgt aus guter Arbeit.<br />

Für eine ausreichende eigenständige<br />

Alterssicherung von Frauen<br />

muss deshalb bei der Erwerbssituation<br />

von Frauen angesetzt werden.<br />

Dazu haben wir Schritte und<br />

Vorschläge gemacht. Dazu gehören<br />

u.a. die Entgeltgleichheit, das<br />

Rückkehrrecht <strong>zur</strong> Vollzeit, der Ausbau<br />

der Kinderbetreuung und die<br />

Aufwertung von Berufen, in denen<br />

besonders viele Frauen arbeiten.<br />

Diese Maßnahmen tragen dazu<br />

bei, für Frauen eine ausreichende<br />

eigenständige Alterssicherung zu<br />

erreichen. Sie gehören deshalb an<br />

vorderster Stelle dazu, wenn wir<br />

über einen neuen Generationenvertrag<br />

reden. Das Rentenniveau<br />

zu stabilisieren, ist für die Sicherheit<br />

im Alter für Frauen von großer<br />

Bedeutung. Insbesondere solange<br />

die Lohnlücke zwischen Männern<br />

und Frauen nicht beseitigt ist. Von<br />

der Solidarrente profitieren Frauen,<br />

besonderes dort, wo die Lohnlücke<br />

noch groß ist, und wenn sie<br />

die Hauptlast der Familienarbeit<br />

tragen. Wer gearbeitet, aber wenig<br />

verdient hat, Kinder erzogen<br />

hat oder Angehörige gepflegt hat,<br />

soll sich darauf verlassen, im Alter<br />

eine Rente zu bekommen, die<br />

deutlich über der Grundsicherung<br />

liegt. Frauen, die selbstständig tätig<br />

sind, weil sie zum Beispiel in neu<br />

entstehenden digitalen Berufen tätig<br />

sind oder so Familie und Beruf<br />

besser vereinbaren können, profitieren<br />

von der Einbeziehung in die<br />

gesetzliche Rentenversicherung.<br />

Grüne: Frauen schränken ihre Erwerbstätigkeit<br />

oft ein, um (unbezahlte)<br />

Sorgearbeit in der Familie<br />

zu leisten. Daher sind sie dann<br />

schlechter für das Alter abgesichert,<br />

als Männer. Um Armut im<br />

Alter zu vermeiden, müssen Frauen<br />

wie Männer ein eigenes existenzsicherndes<br />

Einkommen erzielen<br />

können. Hierzu gehören für uns sichere<br />

Beschäftigungsverhältnisse,<br />

bessere Kinderbetreuungsmöglichkeiten,<br />

faire Löhne und gleicher<br />

Lohn für gleiche und gleichwertige<br />

Arbeit. Ebenso brauchen sie gute<br />

Möglichkeiten zum Wiedereinstieg<br />

in den Beruf. Wer Teilzeit arbeitet,<br />

soll das Recht haben, auf Vollzeit<br />

<strong>zur</strong>ückzukehren.<br />

Linke: Aktuell ist das deutsche<br />

Rentensystem überwiegend auf<br />

Erwerbsarbeit ausgerichtet. Deshalb<br />

will DIE LINKE ein gleichstellungspolitisches<br />

Paket verschiedener<br />

Maßnahmen umsetzen, die<br />

eine gleichberechtigte Teilhabe<br />

von Frauen an der Erwerbsarbeit<br />

und die damit zusammenhängende<br />

Entlastung von unbezahlter<br />

Sorgearbeit bewerkstelligt. Dazu<br />

gehört u. a. ein verbindliches Entgeltgleichheitsgesetz,<br />

einschließlich<br />

eines Verbandsklagerechts,<br />

die Aufwertung frauentypischer<br />

Berufe und der Ausbau der öffentlichen<br />

Infrastruktur (s.a. Fragen 3<br />

und 6). Aber wir wollen auch konkret<br />

rentenpolitisch handeln: Wir<br />

wollen, dass für jedes Jahr Kindererziehung,<br />

egal ob in Ost oder<br />

West, egal ob vor oder nach 1992,<br />

93 Euro Rente pro Monat gutgeschrieben<br />

werden. Wir wollen,<br />

dass Zeiten niedriger Löhne in der<br />

Rente wieder aufgewertet werden.<br />

Dazu wollen wir die so genannte<br />

Rente nach Mindestentgeltpunkten<br />

entfristen und ausweiten. Für<br />

alle, die trotz dieser Schritte kein<br />

ausreichendes Alterseinkommen<br />

haben wollen wir die Solidarische<br />

Mindestrente einführen. Wer im<br />

Alter kein großes Vermögen oder<br />

kein ausreichendes Einkommen<br />

hat, dessen/deren Alterseinkommen<br />

wird aus Steuermitteln auf<br />

1050 Euro angehoben.<br />

Piraten: Der Mindestlohn muss<br />

ausreichend sein, um in der gesetzlichen<br />

Rentenkasse in Vollzeit bei<br />

40 Beitragsjahren und einem Renteneintrittsalter<br />

von 67 Jahren Anspruch<br />

auf eine Rente oberhalb der<br />

Armutsgefährdung zu erreichen.<br />

Für <strong>2017</strong> ergibt sich so ca. 15,00 Euro<br />

20


<strong>SHE</strong> <strong>works</strong>! <strong>Magazin</strong> / Was meinen Sie denn<br />

brutto. Wir PIRATEN setzen uns für<br />

die Abschaffung der Altersarmut<br />

und für die Prävention zukünftiger<br />

Altersarmut durch die Weiterentwicklung<br />

der Grundsicherung im<br />

Alter und bei Erwerbsminderung in<br />

Richtung auf ein Grundeinkommen<br />

für alte und erwerbsgeminderte<br />

Menschen ein. Die Bestrebungen,<br />

immer mehr Menschen in private<br />

Rentenversicherungen wie Riesteroder<br />

Rürup-Verträge zu drängen,<br />

lehnen wir ab. Sie dienen nur in<br />

den seltensten Fällen tatsächlich<br />

den Antragstellern. Zusätzlich werden<br />

wir uns für die Anhebung der<br />

Hinterbliebenenrente auf 80% einsetzen.<br />

Darüberhinaus setzen wir<br />

uns für einen Kündigungsschutz<br />

bei später Fehl- und Totgeburt ein.<br />

FDP: Wir wollen die Altersvorsorge<br />

nach dem Baukastenprinzip<br />

organisieren. So kann sich jeder<br />

flexibel die Altersvorsorge zusammenstellen,<br />

die zu seinem Lebensweg<br />

passt. Es ist unumgänglich,<br />

das Rentenniveau in der gesetzlichen<br />

Rente daran anzupassen,<br />

dass die Menschen in Deutschland<br />

immer älter und zugleich weniger<br />

werden. Als einzige Alternative zu<br />

drastisch steigenden Beitragssätzen<br />

ist die ergänzende Vorsorge<br />

unverzichtbar. Betriebliche und<br />

private Altersvorsorge müssen daher<br />

insgesamt attraktiver werden.<br />

Zudem halten wir es für richtig, die<br />

Einkünfte aus privater und betrieblicher<br />

Altersvorsorge nur teilweise<br />

auf die Grundsicherung im Alter<br />

an<strong>zur</strong>echnen. Denn freiwillige Al-<br />

Michael Kellner (Bündnis90/Die Grünen)<br />

tersvorsorge muss sich für jeden<br />

immer auszahlen. Das betrifft zum<br />

sammenhang werden wir auch die<br />

Steuerbefreiung für Zuschüsse der<br />

Beispiel viele Menschen, die lange Arbeitgeber für Betreuungskosten<br />

arbeitslos waren, Teilzeit gearbeitet<br />

oder wenig verdient haben –<br />

nicht selten auch Frauen, die der<br />

Familie Vorrang vor der eigenen<br />

Karriere gegeben haben.<br />

bis zum Ende der Grundschule<br />

ausweiten. Die digitalen Technologien<br />

bringen viele Vorteile bei der<br />

Arbeitsorganisation mit sich, von<br />

denen gerade Frauen profitieren<br />

Familienfreundlichkeit in der<br />

können. So werden mit Hilfe von<br />

Laptop und Internet flexible Arbeitszeiten<br />

Wirtschaft bekommt einen immer<br />

höheren Stellenwert. Welche<br />

Ideen hat Ihre Partei bezüglich<br />

der Umsetzung?<br />

und –orte ermöglicht.<br />

Mütter, die von zu Hause ausarbeiten,<br />

können Familie und Beruf<br />

leichter miteinander vereinbaren.<br />

Durch einen Rechtsanspruch auf<br />

CDU: Mit dem Rechtsanspruch befristete Teilzeit wollen wir es<br />

auf bedarfsgerechte Betreuung Frauen und Männern besser ermöglichen,<br />

im Grundschulalter will die Union<br />

Familien im Alltag unterstützen.<br />

Nach dem Rechtsanspruch auf einen<br />

Kindergartenplatz und einen<br />

Betreuungsplatz ab dem vollendeten<br />

Familie und Beruf unter<br />

einen Hut zu bringen. Im Rahmen<br />

von Familien- und Lebensarbeitszeitkonten<br />

wollen wir mehr Spielraum<br />

für Familienzeit schaffen.<br />

1. Lebensjahr schließen wir<br />

jetzt auch die Betreuungslücke im<br />

Grundschulalter. In diesem Zu-<br />

SPD: Die SPD hat in Regierungsverantwortung<br />

bereits viele Vor-<br />

21


Sonderausgabe: <strong>Bundestagswahl</strong> <strong>2017</strong><br />

aussetzungen dafür geschaffen.<br />

Die Kinderbetreuung wurde massiv<br />

ausgebaut, mit dem Elterngeld<br />

und dem Elterngeld plus ist es Müttern<br />

und Vätern mehr und mehr<br />

möglich, sich Beruf und Familie<br />

partnerschaftlich aufzuteilen. Mit<br />

unseren Vorschlägen für eine Familienarbeitszeit<br />

mit Familiengeld<br />

und für eine Familienarbeitszeit für<br />

Pflegende werden wir dafür sorgen,<br />

dass Menschen mehr Zeit für<br />

Kindererziehung und Pflege haben,<br />

ohne komplett aus Erwerbstätigkeit<br />

ausscheiden zu müssen. Mehr<br />

Zeit für die Familie braucht auch<br />

einen Kulturwandel in der Arbeitswelt.<br />

Dazu gehört auch die Abkehr<br />

vom „Präsenz-Wettbewerb“ im<br />

Beruf. Für familiengerechte Arbeits-<br />

und Besprechungszeiten,<br />

Homeoffice- und Dienstreiseregelungen<br />

sind die Arbeitgeberinnen<br />

und Arbeitgeber in der Pflicht. Der<br />

öffentliche Dienst soll dabei Vorreiter<br />

sein und die partnerschaftliche<br />

Aufteilung von Erwerbsarbeit,<br />

Kindererziehung und Pflege fördern.<br />

Wir gehen davon aus, dass<br />

noch mehr Unternehmen auch von<br />

sich aus die Bedeutung erkennen,<br />

selber Initiativen ergreifen, mit<br />

den Tarifparteien das Notwendige<br />

umsetzen und bei Einstellung und<br />

Aufstieg flexible Lösungen zu entwickeln,<br />

damit Familie zu haben<br />

nicht zum Nachteil wird.<br />

Grüne: Wir unterstützen Frauen<br />

und Männer darin, wirtschaftlich<br />

unabhängig zu sein. Ein wesentlicher<br />

Faktor für die Vereinbarkeit<br />

von Familie und Beruf sind beweglichere<br />

Arbeitszeiten. Viele<br />

Unternehmen haben bereits angefangen,<br />

Arbeitszeit neu zu denken<br />

und innovative Konzepte für ihre<br />

Belegschaften zu entwickeln. Solche<br />

Wege wollen wir unterstützen:<br />

mit Vorschlägen zu einer flexiblen<br />

Vollzeit, einem Rückkehrrecht auf<br />

Vollzeit und mehr Mitbestimmung<br />

über Lage und Ort der Arbeit. Für<br />

Eltern und pflegende Angehörige<br />

sowie Zeiten der Weiterbildung<br />

schlagen wir zielgerichtete staatliche<br />

Unterstützung vor, die zeitliche<br />

Flexibilität ermöglicht und Einkommensverluste<br />

abfedert.<br />

Linke: DIE LINKE setzt sich für einen<br />

Ausbau der sozialen Infrastruktur<br />

als ein Baustein für bessere Vereinbarkeit<br />

von Familie und Beruf<br />

ein. Dazu gehört ein ausreichendes,<br />

bedarfsgerechtes und qualitativ<br />

hochwertiges Ganztags-Betreuungsangebot<br />

für Kinder. Dieses<br />

muss den unterschiedlichen und<br />

altersspezifischen Bedürfnissen<br />

gerecht werden. Bei der Bereitstellung<br />

von Kita-Plätzen gilt der<br />

tatsächliche Bedarf und nicht eine<br />

beliebig ermittelte Quote. Zudem<br />

ist die rechtliche und finanzielle<br />

Grundlage für ein flächen- und<br />

bedarfsgerechtes ganztägiges<br />

Schulangebot zu schaffen. Eltern<br />

brauchen Betreuungseinrichtungen<br />

mit flexiblen Öffnungszeiten.<br />

Im Bereich Pflege fordern wir einen<br />

Ausbau der öffentlichen Strukturen,<br />

eine sechswöchige Arbeitgeberfinanzierte<br />

Pflegezeit und einen<br />

Anstieg aller Pflegeleistungen,<br />

inklusive einer Erhöhung des Pfle-<br />

Katja Suding (FPD)<br />

gegeldes. Außerdem wollen wir<br />

Arbeitszeitmodelle schaffen, die<br />

Müttern und Vätern ermöglichen,<br />

ihren Beruf mit Familie und Privatleben<br />

unter einen Hut zu bringen.<br />

Statt einer Flexibilisierung von Arbeitszeit,<br />

die sich lediglich an den<br />

betrieblichen Erfordernissen orientiert,<br />

brauchen die Beschäftigten<br />

mehr Zeitsouveränität.<br />

Piraten: Wie oben schon erwähnt,<br />

halten wir die Möglichkeit der<br />

22


<strong>SHE</strong> <strong>works</strong>! <strong>Magazin</strong> / Was meinen Sie denn<br />

flexiblen Arbeitsplatzwahl für<br />

Büroarbeit ebenso wie ein bedingungsloses<br />

Grundeinkommen für<br />

grundlegende und sehr wichtige<br />

Ansätze. Auch die Verfügbarkeit<br />

von familiennaher Kinderbetreuung,<br />

also freie und flächendeckende<br />

Kita-Angebote, um eine Diskriminierung<br />

alleinerziehender Eltern<br />

in der Arbeitswelt zu verhindern.<br />

Wir setzen uns für die Förderung<br />

von Familienbetrieben ein. Kinder<br />

haben ein Recht auf Familie.<br />

Daher setzen wir uns für familiennahe<br />

Kinderbetreuung ein. Arbeitgeber<br />

sollten einen Anteil an der<br />

Kinderbetreuung ihrer Mitarbeiter<br />

während der Arbeitszeit leisten.<br />

Betriebskindergärten und familienfreundliche<br />

Unternehmen müssen<br />

gefördert werden.<br />

FDP: Wir wollen ein Kindergeld 2.0.<br />

dass mit Gutscheinen sicherstellt,<br />

dass die Leistungen auch wirklich<br />

bei den Kindern ankommen. Die<br />

FDP hat in Hamburg vor mehr als<br />

einem Jahrzehnt maßgeblich die<br />

Einführung des Kita-Gutscheins<br />

betrieben, der ein langfristiges Erfolgsmodell<br />

geworden ist: So ist<br />

neben den staatlichen Einrichtungen<br />

ein Markt für gute Betreuung<br />

und frühkindliche Bildung entstanden,<br />

der heute an der Elbe ein<br />

viel breiteres Angebot sichert, als<br />

in vielen anderen westdeutschen<br />

Großstädten. Dieses Erfolgsmodell<br />

möchten wir weitertragen. Es<br />

lässt sich mit Bildungsgutscheinen<br />

auch auf Schulen anwenden: Staatliche,<br />

kommunale und Bildungseinrichtungen<br />

in freier Trägerschaft<br />

erhalten pro Kind den gleichen Betrag,<br />

damit die Eltern nicht nur die<br />

freie Wahl zwischen verschiedenen<br />

öffentlichen Angeboten, sondern<br />

auch zwischen öffentlichen und<br />

freien Trägern haben.<br />

Angenommen Ihre Partei übernimmt<br />

die Regierungsverantwortung,<br />

wie wollen Sie ihre Ideen<br />

zum Thema Frauen und Gleichstellung<br />

umsetzen?<br />

CDU: Die CDU hat <strong>zur</strong>zeit die Regierungsverantwortung<br />

und wir wollen<br />

das Vertrauen der Wählerinnen<br />

und Wähler am 24. September bei<br />

der <strong>Bundestagswahl</strong> wiedergewinnen.<br />

Neben einer Bundeskanzlerin<br />

Angela Merkel soll das Bundesministerium<br />

für Familien, Senioren,<br />

Frauen und Jugend in christdemokratischer<br />

Verantwortung sein,<br />

damit wir die Unions-Forderungen<br />

<strong>zur</strong> Frauen- und Familienpolitik tatkräftig<br />

umsetzen können.<br />

SPD: Die SPD hat in der Großen<br />

Koalition seit 2013 bereits vieles<br />

auf den Weg gebracht, mit starken<br />

Ministerinnen in bedeutenden<br />

Ressorts, wie etwa Arbeit und<br />

Soziales oder Familie, Senioren,<br />

Frauen und Jugend. Daran wollen<br />

wir auch in der nächsten Wahlperiode<br />

anknüpfen. Unser Regierungsprogramm<br />

bildet eine sehr gute<br />

Grundlage für eine Frauen- und<br />

Gleichstellungspolitik, die sich als<br />

Querschnittsaufgabe durch alle<br />

Politikfelder durchzieht.<br />

Grüne: Geschlechtergerechtigkeit<br />

und Gleichstellung von Frauen und<br />

Männern ist von jeher Teil grüner<br />

Politik. In den Koalitionsverhandlungen<br />

werden wir versuchen, so<br />

viel wie möglich von unserem geschlechter-<br />

und frauenpolitischen<br />

Programm durchzubringen.<br />

Linke: Neben den oben genannten<br />

Gesetzesreformen in den Bereichen<br />

Gleichstellung, Antidiskriminierung<br />

und Teilhabe, die<br />

wir schnell auf den Weg bringen<br />

wollen, werden wir auch die hierfür<br />

wichtigen Strukturen stärken<br />

– etwa durch eine Aufwertung und<br />

bessere Ausstattung der Antidiskriminierungsstelle<br />

des Bundes<br />

oder eine verlässliche Förderung<br />

des Deutschen Frauenrats. Durch<br />

konservative und rechtspopulistische<br />

Kräfte ist der Begriff Gender<br />

Mainstreaming in Verruf geraten.<br />

Wir sehen Gleichstellung nach wie<br />

vor als Querschnittsaufgabe, die<br />

alle Politik- und Lebensbereiche<br />

umfasst und daher nicht allein dem<br />

Familienministerium überlassen<br />

bleiben kann. Wir werden die bestehenden<br />

bundesweiten Ansätze<br />

und internationale Verpflichtungen<br />

mit einem intersektionalen Ansatz<br />

wieder mit neuem Leben füllen.<br />

Piraten: Wir haben Kandidaten<br />

aufgestellt, deren Schwerpunkte<br />

Frauen- und Gleichstellungspolitik<br />

sind. Sollten wir in die Regierung<br />

kommen, werden sie sich natürlich<br />

hochmotiviert und voller Arbeitseifer<br />

auf die Themen stürzen. Sollten<br />

23


Sonderausgabe: <strong>Bundestagswahl</strong> <strong>2017</strong><br />

wir nicht in die Regierung kommen,<br />

werden wir diese mit entsprechenden<br />

Anträgen und Anfragen unter<br />

Druck setzen.<br />

FDP: Die Freien Demokraten werden<br />

sich in etwaigen Koalitionsverhandlungen<br />

dafür stark machen,<br />

dass unsere Vorstellungen Teil<br />

eines Regierungsprogramms werden.<br />

Wofür setzt sich Ihre Spitzenkandidaten<br />

ein, was die Gleichberechtigung<br />

angeht?<br />

CDU: Unsere Spitzenkandidatin<br />

Bundeskanzlerin Angela Merkel<br />

steht wie keine andere dafür, dass<br />

Frauen jede Position selbstverständlich<br />

wahrnehmen können. Sie<br />

betont aber auch, dass Gleichberechtigung<br />

eine Veränderung des<br />

Rollenverhaltens von Männern und<br />

Frauen braucht. Auch international<br />

engagiert sie sich für die Gleichberechtigung.<br />

Mit der Initiierung des<br />

Women 20-Dialoges treibt sie die<br />

Frauen-Agenda voran. Unter ihrer<br />

Regierungsverantwortung wurden<br />

seit 2013 die sogenannte Frauenquote<br />

für Frauen in Führungspositionen<br />

in der Wirtschaft, das Entgelttransparenz-Gesetz<br />

und die<br />

Novellierung des Mutterschutzgesetzes<br />

verabschiedet.<br />

SPD: Unser Kanzlerkandidat Martin<br />

Schulz hat betont, dass für ihn<br />

die Gleichstellung von Frauen und<br />

Männern ein zentrales Thema ist.<br />

Besonders liegt die ihm noch vor-<br />

Katja Kipping (Die Linke)<br />

handene Lohnungleichheit am<br />

Herzen. Er hat einen Sohn und eine<br />

Tochter. Er möchte es nicht länger<br />

akzeptieren, dass seine Tochter bei<br />

gleicher Qualifizierung weniger<br />

verdienen würde als sein Sohn.<br />

Und Martin Schulz hat zugesagt,<br />

dass einer von ihm geführten Bundesregierung<br />

auf Seiten der SPD<br />

<strong>zur</strong> Hälfte Ministerinnen angehören<br />

würden.<br />

Grüne: Katrin Göring-Eckardt und<br />

Cem Özdemir setzen sich für die<br />

beschriebenen umfassenden Forderungen<br />

zum Thema Gleichstellung<br />

und Frauenförderung ein.<br />

Linke: Der Spitzenkandidatin von<br />

DIE LINKE, Sahra Wagenknecht,<br />

liegen vor allem die Schließung<br />

des Gender Pay Gap und die Abschaffung<br />

des Niedriglohnbereichs<br />

am Herzen. Der Spitzenkandidat<br />

Dietmar Bartsch setzt sich für sozial-<br />

und familienpolitische Maßnahmen<br />

ein, die eine geschlechtergerechte<br />

Verteilung der Erwerbs- und<br />

unbezahlten Haus- und Sorgearbeit<br />

fördern.<br />

FDP: Da kann ich auf die gegebenen<br />

Antworten verweisen.<br />

Eine Frage zum Schluss: Wie sieht<br />

es denn auf Ihrer Kandidatenliste<br />

mit der Quote aus?<br />

CDU: Die Kandidatenlisten in den<br />

einzelnen Bundesländern sehen<br />

höchst unterschiedlich aus. Wir haben<br />

in der CDU keine Quote, sondern<br />

ein Quorum, nachdem mindestens<br />

ein Drittel der Parteiämter<br />

und öffentlichen Mandate auf Landeslisten<br />

von Frauen zu besetzen<br />

24


<strong>SHE</strong> <strong>works</strong>! <strong>Magazin</strong> / Was meinen Sie denn<br />

sind. Die Nominierungsergebnisse<br />

<strong>zur</strong> <strong>Bundestagswahl</strong> zeigen, dass<br />

das Quorum in der CDU, auch<br />

wenn es ernsthaft umgesetzt wird,<br />

nicht ausreicht, um verlässlich und<br />

nachhaltig zu einem höheren Frauenanteil<br />

zu kommen. Anders als<br />

bei kleineren Parteien kommt es<br />

bei der Union darauf an, vermehrt<br />

Wahlkreiskandidatinnen zu haben.<br />

Ohne sichere Wahlkreise bleibt das<br />

Quorum Stückwerk.<br />

SPD: Die SPD hat in den Direktwahlkreisen<br />

112 Frauen als Kandidatinnen<br />

aufgestellt, das ist ein<br />

Frauenanteil von 37 Prozent. Auf<br />

den Landeslisten der SPD in den 16<br />

Bundesländern gilt der sogenannte<br />

„Reißverschluss“, d.h. Frauen<br />

und Männer müssen abwechselnd<br />

auf den Listen vorkommen. 9 von<br />

16 Landeslisten haben eine Spitzenkandidatin.<br />

Mit all diesen Personalentscheidungen<br />

zusammen<br />

wollen wir wieder dafür sorgen,<br />

dass der nächsten SPD-Fraktion im<br />

Bundestag mindestens 40 Prozent<br />

Frauen angehören – so wie es unsere<br />

Geschlechterquote vorsieht.<br />

den Parlamenten. Die aktuelle<br />

Bundestagsfraktion z.B. besteht<br />

aus 34 Frauen und 29 Männern.<br />

Linke: DIE LINKE besetzt mindestens<br />

die Hälfte ihrer Wahllisten mit<br />

Frauen. Damit hatten wir bereits<br />

im 18. Deutschen Bundestag die<br />

höchste Frauenquote aller Fraktionen.<br />

Und wir sind überzeugt:<br />

Bei einem männlich dominierten<br />

Parlament wird die wahre Gleichstellung<br />

noch sehr lange auf sich<br />

warten lassen. Deswegen stehen<br />

wir auch für ein Parité-Gesetz nach<br />

französischem Vorbild.<br />

FDP: Die FDP braucht keine Quote,<br />

die nach unserer Auffassung ohnehin<br />

hinderlich ist: Frauen überzeugen<br />

durch Leistung, nicht durch<br />

Quotierung. In Hamburg führe ich<br />

die Landesliste an, auf den ersten<br />

vier Plätzen sind zwei Frauen.<br />

Grüne: Bei uns gilt eine verbindliche<br />

Quote bei der Besetzung von<br />

politischen Ämtern, Wahllisten,<br />

etc. Dabei ist in unserer Satzung<br />

festgeschrieben, dass bei Listenwahlen<br />

abwechselnd ein Platz für<br />

eine Frau und ein offener Platz (für<br />

Männer oder Frauen) vorzusehen<br />

ist. Dementsprechend finden Sie<br />

bei uns meist sogar mehr Frauen<br />

als Männer auf den Listen und in<br />

25


Sonderausgabe: <strong>Bundestagswahl</strong> <strong>2017</strong><br />

#wasfrauenfordern<br />

Emotion-Herausgeberin Dr. Katarzyna Mol-Wolf<br />

stellt ihre Aktion für mehr Gleichberechtigung vor<br />

Im Gespräch mit Carolin Schäufele<br />

Frau Dr. Mol-Wolf, Sie haben mit<br />

Ihrem <strong>Magazin</strong> Emotion die Aktion<br />

#wasfrauenfordern gestartet. Als<br />

Grund für den Start Ihres Projektes<br />

gaben Sie das Gefühl an, dass<br />

Frauenthemen in der Welt neue<br />

Wichtigkeit erlangen und dass<br />

moderner Feminismus und ein<br />

althergebrachter Antifeminismus<br />

miteinander ringen. Können Sie<br />

uns das kurz erläutern?<br />

Ich finde es nicht akzeptabel, dass<br />

unsere Gleichberechtigung an vielen<br />

Stellen noch nicht verwirklicht<br />

ist. Dass wir (Frauen) – obwohl wir<br />

die Hälfte der Bevölkerung stellen<br />

– immer noch für unsere gleichberechtigte<br />

Teilhabe kämpfen müssen,<br />

auf die wir ein Recht haben.<br />

Zum Teil empfinde ich sogar eine<br />

Rückwärtsbewegung. Wenn wir in<br />

einer gleichberechtigten Gesellschaft<br />

leben möchten, müssen wir<br />

sie aber auch selbst aktiv gestalten.<br />

Wir müssen eine eigene Haltung<br />

entwickeln. Und für diese auch<br />

einstehen. Das heißt zum Beispiel<br />

auch äußern, was wir fordern, um<br />

gleichberechtigt unseren Weg gehen<br />

zu können. Ich finde, dass sich<br />

einige viel zu sehr mit der Diskussion<br />

aufhalten, was es bedeutet, eine<br />

Feministin zu sein und wann man<br />

keine ist. Das ist Verschwendung<br />

von Energie, die wir für unseren<br />

Kampf für die Gleichberechtigung<br />

brauchen – ob in High Heels oder<br />

Gesundheitslatschen. Wichtig ist<br />

doch, dass wir Frauen gemeinsam<br />

für unsere Sache einstehen. Und<br />

uns das Leben gegenseitig erleichtern,<br />

statt es uns gegenseitig noch<br />

schwerer zu machen. Wir müssen<br />

den Feminismus-Begriff dringend<br />

neu aufladen. Heute sollte jede<br />

Frau eine Feministin sein, also für<br />

die gleichen Rechte für uns Frauen<br />

sein. Und dies auch voller Selbstbewusstsein<br />

äußern. Genauso wie wir<br />

auch Männer als Feministen brauchen,<br />

um unser Ziel zu erreichen. Mit<br />

EMOTION möchten wir daher den<br />

Feminismus-Begriff nicht nur neu<br />

aufladen, sondern auch für unsere<br />

Gleichberechtigung aktiv werden<br />

und diese gemeinsam mit anderen<br />

Frauen und Männern voranbringen.<br />

Dabei aber nicht nur selbst Forderungen<br />

stellen, sondern zuhören,<br />

welche Forderungen Frauen (und<br />

Männer) in dieser Sache haben. Daher<br />

haben wir unsere Aktion #wasfrauenfordern<br />

gestartet.<br />

Frauenthemen sind heute verstärkt<br />

in den Medien zu finden.<br />

Auch hat Deutschland ein weibliches<br />

Staatsoberhaupt. Wirkt<br />

sich die Kanzlerinnenschaft von<br />

Angela Merkel positiv auf diese<br />

Themen aus?<br />

Angela Merkel wird als Staatsoberhaupt<br />

wahrgenommen. Das<br />

ist großartig! Das zeigt, dass es nur<br />

um ihre Funktion geht und dass das<br />

Geschlecht keine Rolle spielt. Insofern<br />

hat sich ihre Kanzlerschaft<br />

sehr positiv auf die Gleichberechtigung<br />

ausgewirkt. Dennoch sind<br />

26


<strong>SHE</strong> <strong>works</strong>! <strong>Magazin</strong> / #wasfrauenfordern<br />

wir in Deutschland noch an vielen<br />

Stellen weit von der gleichberechtigten<br />

Teilhabe entfernt. Das dürfen<br />

wir nicht akzeptieren. Wir müssen<br />

gemeinsam aktiv werden. Ich bin<br />

aber optimistisch, dass ich es noch<br />

erleben werde, dass in Unternehmen<br />

keiner mehr von Quote sprechen<br />

wird. Weil es einfach gelebter<br />

Unternehmenserfolg ist, Männer<br />

wie Frauen an der Spitze zu haben.<br />

Noch sind wir aber nicht soweit.<br />

Der Feminismus allgemein hat<br />

aktuell kein sehr positives Renommee,<br />

er wird von vielen als<br />

angestaubt, überflüssig und überholt<br />

angesehen. Warum glauben<br />

Sie ist das so?<br />

Den Eindruck habe ich nicht. Feminismus<br />

ist heute modern und wird<br />

in einer Vielfältigkeit gelebt, gezeigt<br />

und gefordert. Diese Vielfältigkeit<br />

entspricht den zahlreichen Lebensmodellen<br />

moderner, starker Frauen.<br />

Dies sollten wir aber eben auch<br />

akzeptieren. Die Sache ist entscheidend.<br />

Die sollten alle Feministen in<br />

Solidarität voranbringen.<br />

Brauchen wir genau aus diesem<br />

Grund Aktionen wie die Ihre?<br />

Dr. Mol-Wolf<br />

Unsere EMOTION-Aktion ist wichtig,<br />

weil zum einen die Politik endlich<br />

mitziehen und sich den modernen<br />

Lebenswelten anpassen<br />

muss. Das heißt, wir brauchen mehr<br />

Unterstützung im Bereich der Kinderbetreuung<br />

und der Pflege von<br />

Angehörigen, beim Thema Equal<br />

Pay. Wir müssen Alleinerziehende<br />

mehr stärken, aber auch das Thema<br />

Ehegattensplitting neu denken,<br />

müssen Voraussetzungen für<br />

mehr Frauen in Führungspositionen<br />

schaffen... um nur ein paar politische<br />

Themen zu nennen. Daneben<br />

brauchen wir eine Veränderung<br />

von Führungskulturen in Unternehmen<br />

und generell von Stereotypen<br />

in der Gesellschaft. Frauen leben<br />

heute in den unterschiedlichsten<br />

Lebensmodellen. Aus diesen ergeben<br />

sich verschiedene Forderungen<br />

bis Gleichberechtigung herrscht. All<br />

diese Forderungen von Frauen in<br />

27


Sonderausgabe: <strong>Bundestagswahl</strong> <strong>2017</strong><br />

Deutschland möchten wir mit unserer<br />

Aktion #wasfrauenfordern (auf<br />

wasfrauenfordern.de) sammeln<br />

und bündeln, um die Politik, aber<br />

auch Unternehmen und die Gesellschaft<br />

auf diese wichtigen Themen<br />

aufmerksam zu machen.<br />

Außerdem bedeutet es für mich,<br />

eine starke Frau zu sein, immer<br />

auch, sich stark zu machen – und<br />

auch mal den Mund aufzumachen!<br />

Wir dürfen nicht immer nur abwarten,<br />

dass sich etwas verändert oder<br />

nur Forderungen stellen. Wir müssen<br />

auch die Veränderung sein und<br />

an ihr mitarbeiten. Daher wollen<br />

wir möglichst viele Frauen aktivieren,<br />

sich zu äußern und an unserer<br />

Umfrage teilzunehmen. Bisher haben<br />

schon über 8000 Frauen bei<br />

#wasfrauenfordern mitgemacht<br />

und ihre Wünsche an die Politik und<br />

Gesellschaft formuliert. Gerade<br />

bei den aktuell stärker werdenden<br />

rückwärtsgewandten Tendenzen in<br />

den USA, Europa und in der deutschen<br />

Parteienlandschaft ist das so<br />

wichtig!<br />

Für mich ist auch meine eigene<br />

Familiengeschichte ein Motor für<br />

diese Aktion. Meine Mutter musste<br />

mit mir als 6-Jährige aus Polen fliehen,<br />

weil sie an ein besseres Polen<br />

geglaubt und sich in der Solidarnosc-Bewegung<br />

engagiert hat. Mein<br />

Herz blutet, wenn ich die politische<br />

Rückwärtsrolle Polens verfolge.<br />

Aber ich bin auch stolz, dass so viele<br />

Menschen dagegen auf die Straße<br />

gehen. Freiheit und das gleiche<br />

Recht für alle sind für mich entscheidende<br />

Rechte. Wenn sie uns nicht<br />

gewährt werden, müssen wir sie<br />

selbst einfordern und tätig werden.<br />

Was genau ist das Ziel Ihrer<br />

Aktion #wasfrauenfordern?<br />

Wir möchten, dass die Politik durch<br />

die klaren und lauten Forderungen<br />

starker Frauen erkennt, dass die<br />

Gesellschaft schon in Vielem weiter<br />

ist – und nach der Wahl nicht wieder<br />

‚politics as usal’ möglich ist. Für eine<br />

echte Geschlechtergerechtigkeit<br />

brauchen wir die Unterstützung der<br />

Politik. Sei es bei der Quote, Equal<br />

Pay oder der Kinderbetreuung oder<br />

der Pflege von Angehörigen. Wir<br />

möchten mit unserer Aktion noch<br />

mehr Frauen ermutigen, ihre politische<br />

Stimme zu erheben. Denn<br />

Veränderung ist nur möglich, wenn<br />

Forderungen auch formuliert und<br />

eingefordert werden.<br />

Schaut man sich auf der Webseite<br />

von #wasfrauenfordern um, findet<br />

man prominente Unterstützung.<br />

(Anmerkung: es gibt bei emotion.<br />

de/wasfrauenfordern Interviews<br />

mit ausgewählten Politikern, u.a.<br />

der ehemaligen Bundesfamilienministerin<br />

Manuela Schwesig.)<br />

Wie ist der Zulauf und die Unterstützung<br />

für Ihre Aktion?<br />

Großartig! Wir haben viel Potential<br />

in unserer Aktion gesehen und natürlich<br />

auch auf viel Zuspruch gehofft.<br />

Dass sich so viele tolle Frauen<br />

und auch Prominente, Unternehmerinnen<br />

und Politikerinnen mit<br />

unserer Aktion identifizieren können,<br />

ist ein toller Erfolg. Das stärkt<br />

uns darin, dass wir einen Nerv getroffen<br />

haben und dass Veränderung<br />

möglich, weil nötig ist. Heute<br />

in vier Wochen ist Wahl. Wir haben<br />

also noch 30 Tage Zeit, viele weitere<br />

Frauen dafür zu begeistern, ihre<br />

Forderung auf wasfrauenfordern.de<br />

abzugeben und an unserer Umfrage<br />

teilzunehmen. Der Countdown<br />

läuft. Danke daher sehr für Ihre Unterstützung!<br />

Für unsere Leserinnen: Wo überall<br />

finden Sie Informationen zu Ihrer<br />

Aktion und der Entwicklung und<br />

wie können sie sich beteiligen?<br />

Wir begleiten #wasfrauenfordern in<br />

jeder EMOTION-Ausgabe. Aktuell<br />

mit der Geschichte: „Was soll ich als<br />

Frau wählen?“. Das Herz der Aktion<br />

schlägt aber Online, auf www.wasfrauenfordern.de.<br />

Hier geht es zu<br />

unserer großen Umfrage für Frauen,<br />

um in Gesellschaft, Wirtschaft und<br />

Politik etwas zu bewegen. Frauen<br />

UND Männer können hier ihre Statements<br />

hochladen und sich stark<br />

machen für ihre Forderungen. Wir<br />

wenden uns explizit auch an Männer,<br />

weil wir überzeugt sind, echte<br />

Veränderung nur gemeinsam zu<br />

schaffen.<br />

Vielen Dank für das Gespräch und<br />

weiterhin viel Erfolg!<br />

28


Aktionsbündnis Parité<br />

in den Parlamenten<br />

Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin,<br />

Psychotherapie und Gesellschaft (AKF e.V.)<br />

Afrotak TV cyberNomads<br />

DIFI – Deutsch-Iranischer Frauenintegrationsverein e.V.<br />

Flamingo e.V. – Netzwerk für geflüchtete Frauen und Kinder<br />

Koreanische Frauengruppe in Deutschland<br />

Rete Donne e.V.<br />

Bundesverband<br />

der Migrantinnen<br />

in Deutschland e.V.<br />

KATHOLISCHE<br />

FRAUENGEMEINSCHAFT<br />

DEUTSCHLANDS<br />

Präsidium der BDKJ-Bundesfrauenkonferenz<br />

<strong>SHE</strong> <strong>works</strong>! <strong>Magazin</strong> / Wo Wahl draufsteht, muss Demokratie herauskommen<br />

Wo Wahl draufsteht,<br />

muss Demokratie<br />

herauskommen!<br />

Wahlaufruf der BAG<br />

40 Frauenverbände und zivilgesellschaftliche<br />

Organisationen rufen<br />

Frauen in Deutschland dazu auf,<br />

ihre Stimme für Geschlechtergerechtigkeit<br />

und Vielfalt, für Respekt,<br />

Toleranz und Mitmenschlichkeit<br />

und für eine demokratische Gesellschaft<br />

abzugeben. Vor fast 100 Jahren<br />

hatten Frauen in Deutschland<br />

erstmals das Recht, sich an Wahlen<br />

zu beteiligen. Das historische<br />

Datum erinnert und mahnt, dieses<br />

Recht in Anspruch zu nehmen.<br />

Verbreitet wird der Aufruf von der<br />

Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG)<br />

kommunaler Frauenbüros und<br />

Gleichstellungsstellen.<br />

Wo Wahl draufsteht, muss<br />

Demokratie herauskommen!<br />

Frauen mussten ihr Recht zu wählen und gewählt zu werden lange erkämpfen. Gleichberechtigung<br />

und Demokratie gehören zusammen. Deshalb rufen wir heute – fast 100 Jahre nach Einführung des<br />

Frauenwahlrechts – alle Frauen dazu auf, dieses Recht in Anspruch zu nehmen:<br />

GEHEN SIE WÄHLEN!<br />

Wählen Sie die Parteien, die für eine gleichberechtigte<br />

Gesellschaft stehen!<br />

Wo Engstirnigkeit, Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Rechtspopulismus<br />

sich breitmachen, stehen immer auch die Rechte von Frauen auf dem Spiel.<br />

Lassen Sie uns gemeinsam die politischen Kräfte stärken, …<br />

die sich dafür stark machen, dass Frauen und Männer die gleichen Chancen<br />

haben auf ein selbstbestimmtes und diskriminierungsfreies Leben in<br />

wirtschaftlicher Unabhängigkeit,<br />

die ein Familienverständnis haben, das Männern die Teilhabe an der<br />

Erziehung ihrer Kinder und der Pfl ege ihrer Eltern ermöglicht und die<br />

Verantwortung für Haus- und Familienarbeit nicht vorenthält,<br />

die sich für Gewaltfreiheit einsetzen und für einen Rechtsstaat, der<br />

Frauen und Kindern Schutz vor physischer und psychischer Gewalt<br />

garantiert – ohne Wenn und Aber,<br />

die eintreten für Geschlechtergerechtigkeit und Vielfalt, für Respekt,<br />

Toleranz und Mitmenschlichkeit und für eine demokratische<br />

Gesellschaft, in der alle ohne Angst leben können.<br />

Eine Initiative von<br />

Unterstützt von<br />

Frauen- und<br />

Gleichstellungspolitik<br />

Sozialdienst<br />

katholischer<br />

Frauen<br />

Gesamtverein e. V.<br />

Aufruf <strong>zur</strong> <strong>Bundestagswahl</strong> von 40 Verbänden<br />

29


Sonderausgabe: <strong>Bundestagswahl</strong> <strong>2017</strong><br />

Datenschutz und<br />

Datensicherheit in der<br />

digitalen Welt:<br />

Tipps <strong>zur</strong> Wahrung der Privatsphäre<br />

30


<strong>SHE</strong> <strong>works</strong>! <strong>Magazin</strong> / Datenschutz und Datensicherheit in der digitalen Welt<br />

Jenna Parker, Berufsverband der<br />

Rechtsjournalisten e.V.<br />

Kaum einer kann sich mehr vorstellen,<br />

ohne die Vorzüge der neuen<br />

Medien auszukommen. Die permanente<br />

Erreichbarkeit und der<br />

ununterbrochene Informationsaustausch<br />

sind inzwischen <strong>zur</strong> Norm<br />

geworden. Doch wird beim Surfen<br />

im World Wide Web stets ein „digitaler<br />

Fußabdruck“ hinterlassen.<br />

Die eigenen empfindlichen sowie<br />

schützenswerten Daten werden<br />

in einer virtuellen Welt verstreut,<br />

welche für den Nutzer nicht greifbar<br />

ist. Für letzteren stellt sich hierbei<br />

die Frage nach der Sicherheit<br />

seiner <strong>zur</strong>ückgelassenen Datenspuren.<br />

Dieser kann zum Schutze<br />

seiner Daten beitragen – der folgende<br />

Text klärt auf.<br />

Der Begriff des Datenschutzes ist in<br />

Verbindung mit dem verfassungsrechtlich<br />

niedergelegten Recht eines<br />

jeden Bürgers der BRD auf informationelle<br />

Selbstbestimmung<br />

zu sehen. Gemäß dem allgemeinen<br />

Persönlichkeitsrecht, welches in<br />

Artikel 1 des GG verankert ist, steht<br />

es jeder Person zu, selbstständig<br />

über die Preisgabe seiner persönlichen<br />

Daten zu verfügen. Eine Beschneidung<br />

dieses Rechts ist nur<br />

dann zulässig, wenn hierfür eine<br />

explizite gesetzliche Grundlage<br />

besteht. Vor diesem Hintergrund<br />

soll der Datenschutz sicherstellen,<br />

dass die Privatsphäre behütet und<br />

die missbräuchliche Verwertung<br />

personenzugehöriger Daten abgewehrt<br />

wird. Diese Regelungen betreffen<br />

selbstverständlich nicht nur<br />

das Verkehren im Internet, sondern<br />

stellen sämtliche Sphären des alltäglichen<br />

Lebens unter Schutz. Das<br />

im Jahre 2003 erlassene Bundesdatenschutzgesetz<br />

bildet die juristische<br />

Basis des Datenschutzes in<br />

der BRD. Ab Mai 2018 tritt die neue<br />

EU-Datenschutzgrundverordnung<br />

(DSGVO) in Kraft, wodurch das nationale<br />

Recht durch europäische<br />

Richtlinien erweitert wird.<br />

Wichtig ist ferner die juristische<br />

Differenzierung zwischen Datenschutz<br />

und Datensicherheit. Während<br />

sich der Datenschutz lediglich<br />

explizit auf personenbezogene,<br />

also einer identifizierbaren natürlichen<br />

Person zugehörigen, Daten<br />

bezieht, umfasst die Datensicherheit<br />

ausnahmslos jede Form von<br />

Daten. Im Netz sind, aus Sicht des<br />

Nutzers, sicherlich beide Formen<br />

schützenswert.<br />

Neben den Telekommunikationsanbietern<br />

unterliegen auch die Betreiber<br />

von Webseiten bestimmten<br />

datenschutzrechtlichen Normen.<br />

So darf eine entsprechende Datenschutzerklärung,<br />

welche den<br />

Verbraucher über die Verarbeitung<br />

seiner personenbezogenen Daten<br />

aufklärt, nicht fehlen. Auch ein<br />

Impressum ist unabdingbar. Dem<br />

Webseitenbetreiber wird weiterhin<br />

die Pflicht <strong>zur</strong> Auskunft auferlegt –<br />

verlangt der Seitenbesucher eine<br />

Aufklärung zu den über ihn gesammelten<br />

datengebundenen Informationen,<br />

so muss der Betreiber<br />

dieser Aufforderung nachkommen.<br />

Im Falle der Unrichtigkeit der entsprechenden<br />

gespeicherten Daten<br />

besteht die Obliegenheit der Richtigstellung<br />

durch den Betreiber der<br />

Homepage.<br />

Will der Internetnutzer aber eigenhändig<br />

etwas zum Schutze seiner<br />

Daten dazutun, so gibt es einige<br />

Vorkehrungen, die getroffen werden<br />

können. Über allem steht hierbei<br />

eine risikomindernde Browsereinstellung.<br />

Empfehlenswert ist hierbei<br />

das Löschen von Cookies nach jedem<br />

Surfen – diese genehmigen das<br />

Speichern von Daten über den Nutzer,<br />

welche sodann an einen externen<br />

Server weitergeleitet werden.<br />

Das Löschen temporärer Dateien sowie<br />

das Leeren vom Cache sind nicht<br />

nur bezogen auf die Surfgeschwindigkeit<br />

vorteilhaft. So kann die Rekonstruierung<br />

der Handlungen im<br />

Netz ausgeschlossen werden, weshalb<br />

diese Vorsichtsmaßnahmen<br />

sowohl am PC als auch am Smartphone<br />

angebracht sind. Ebenfalls<br />

ratsam ist es, die standardisierten<br />

Daten-Backups am Smartphone<br />

abzustellen. Andernfalls kommt es<br />

kontinuierlich zum Erfassen gesammelter<br />

Datenbündel. Doch muss<br />

hier berücksichtigt werden, dass im<br />

Zuge dieser Vorsichtsmaßnahme<br />

eine retrospektive Wiederherstellung<br />

dieser Informationen dann<br />

ausgeschlossen bleibt. Wer seine<br />

Daten dennoch sichern möchte, der<br />

kann sich einer externen Festplatte<br />

bedienen.<br />

31


Sonderausgabe: <strong>Bundestagswahl</strong> <strong>2017</strong><br />

Auch das Abspeichern von Kennwörtern<br />

im Browser kann als fahrlässig<br />

bezeichnet werden; ratsam<br />

ist diesbezüglich das Anlegen eines<br />

sogenannten Passwort Safes.<br />

In diesem Wege können mittels<br />

eines speziellen Programms sämtliche<br />

Passwörter zusammengetragen<br />

und geschützt aufbewahrt<br />

werden. Doch auch die konkrete<br />

Ausgestaltung der Kennwörter<br />

spielt eine große Rolle: Neben der<br />

Groß- und Kleinschreibung und der<br />

Verwendung von Sonderzeichen<br />

sowie von Zahlen, ist schließlich<br />

eine Aktualisierung der Zugangsdaten<br />

in gewissen Zeitabständen<br />

sinnvoll.<br />

Überdies ist Vorsicht in Verbindung<br />

mit sozialen Netzwerken, wie etwa<br />

Facebook und Twitter, geboten.<br />

Das Ausloggen nach jeder Sitzung<br />

ist dem ganztägigen Onlinesein<br />

vorzuziehen, denn so werden die<br />

übermittelten Daten um ein vielfaches<br />

Reduziert. Gerade im Hinblick<br />

auf das Surfen via Smartphone<br />

sind besondere Maßnahmen geboten:<br />

Die Funktion des GPS-Trackings<br />

und das damit verbundene<br />

mobile Abrufen des Standorts können<br />

ohne manuelle Abschaltung<br />

an Dritte übermittelt werden. Außerdem<br />

steht es dem Verbraucher<br />

frei, über die Einstellungen des<br />

Smartphones den Zugriff gewisser<br />

Applikationen auf den entsprechenden<br />

Standort zu unterbinden.<br />

Allgemein gilt: Wer sich mit den<br />

Zugriffsrechten der jeweiligen<br />

Apps am Handy auskennt, der kann<br />

seinen persönlichen Datenschutz<br />

gezielter beeinflussen. Man sollte<br />

sich also bereits im Vorfeld des<br />

Downloads einer App Gedanken<br />

darüber machen, ob man die damit<br />

verbundenen Zugriffsberechtigungen<br />

erlauben möchte.<br />

Spezielle Vorkehrungen werden<br />

dann erforderlich, wenn das<br />

Smartphone nicht nur dem privaten,<br />

sondern auch dem beruflichen<br />

Zwecke dient. Die Datensicherheit<br />

von Kundendaten ist sicherzustellen,<br />

insbesondere im Hinblick auf<br />

die geschäftliche E-Mail-Korrespondenz<br />

und Telefonie. Es sollten<br />

strikt getrennte E-Mail-Accounts<br />

angelegt werden, wobei darauf geachtet<br />

werden sollte, dass einige<br />

Apps auf diese zugreifen können.<br />

Derartige Anwendungen sollten<br />

daher ausschließlich auf dem Konto<br />

für private Zwecke angelegt<br />

werden. Des Weiteren existieren<br />

eine Reihe von Verschlüsselungsapps<br />

auf dem Markt, die eine Codierte<br />

Informationsübermittlung<br />

sicherstellen.<br />

Weitere Informationen zum Thema<br />

Datenschutz im Internet finden Sie<br />

hier. Zudem bietet das kostenlose<br />

Ratgeberportal www.datenschutz.<br />

org viele weitere Informationen<br />

rund um das Thema Datenschutz,<br />

wie etwa öffentlicher Datenschutz,<br />

Datenschutz im Arbeitsrecht und<br />

Rechte des Betroffenen.<br />

Über den Berufsverband der<br />

Rechtsjournalisten e.V.<br />

Der BvdR. E.V. ist der Zusammenschluss<br />

von Rechtsjournalisten<br />

und Rechtsanwälten aus ganz<br />

Deutschland, die Rechtsbeiträge<br />

zu verschiedensten Themen auf<br />

den Portalen arbeitsvertrag.org,<br />

scheidung.org, abmahnung.org<br />

und rechtsanwaltfachangestellte.<br />

org veröffentlichen.<br />

Der Verband wurde im August 2015<br />

von dem Rechtsanwalt Mathis Ruff<br />

in Berlin ins Leben gerufen. Übergeordnetes<br />

Ziel ist es, umfassende<br />

Informationsportale zu schaffen,<br />

auf denen sich interessierte Bürgerinnen<br />

und Bürger über sämtliche<br />

relevanten Rechtsbereiche in<br />

Deutschland informieren können.<br />

Zudem wird ein deutschlandweites<br />

Anwaltsverzeichnis aufgebaut und<br />

gepflegt. Der Verband sieht sich<br />

an dieser Stelle ausschließlich als<br />

Informationsplattform und bietet<br />

daher keine Rechtsberatung an.<br />

32


<strong>SHE</strong> <strong>works</strong>! <strong>Magazin</strong> / Ein langer, aber lohnenswerter Weg<br />

Ein langer, aber<br />

lohnenswerter Weg<br />

– die Gründung einer gemeinnützigen UG<br />

Von Caroline Narr<br />

Gründerin von Memoriafilm. Während<br />

ich hier an meinem Schreibtisch<br />

im Büro sitze und für diesen<br />

Artikel über den Weg nachdenke,<br />

der mich hier her gebracht hat, fällt<br />

es mir schwer mich an den Anfang<br />

zu erinnern. Wer erinnert sich schon<br />

gern an schwierige Zeiten, wenn<br />

es gerade gut läuft. Doch zunächst<br />

zum Anfang. Vor fast vier Jahren<br />

schloss ich mein Studium ab und<br />

wollte mich mit einer neuen Idee<br />

selbständig machen. Bis dato war<br />

ich zwar als gelernte Filmemacherin<br />

tätig, zum Leben war der Verdienst<br />

jedoch zu gering. Kunst + Film + Berlin<br />

= arm und so weiter... (Ausnahmen<br />

ausgenommen).<br />

Meine Idee entstand eigentlich aus<br />

einem Hobby. Aus vorhandenen<br />

Fotos, Filmaufnahmen, Interviews<br />

und Musik erstellte ich Portraitfilme,<br />

in denen Menschen, vor allem<br />

die schönen Ereignisse ihres Lebens<br />

in der Rückschau betrachten können.<br />

Die Wirkung war stets sehr<br />

emotional nicht nur bei den Poträtierten<br />

selbst. Die Menschen waren<br />

gerührt und glücklich. Für mich<br />

stand fest, so einen Erinnerungsfilm<br />

braucht jeder Mensch. Das perfekte<br />

Geschenk. Die Anlässe waren<br />

schnell gefunden, Geburtstag,<br />

Hochzeit, aber auch zum Abschied<br />

auf der Beerdigung oder bei einer<br />

Demenzerkrankung. Bei letzterem<br />

stellte ich mir eine weitaus größere<br />

Wirkkraft vor. Ohne Rücklagen und<br />

Aussichten auf Einkünfte nahm ich<br />

die Möglichkeit in Anspruch mich<br />

mit dem staatlichen Gründungszuschuss<br />

selbständig zu machen.<br />

Ich war überzeugt, in kürzester Zeit<br />

würde ich mich vor Aufträgen kaum<br />

retten können. Es kam anders. Mein<br />

Optimismus musste einiges einstecken<br />

in dieser Zeit. Die Recherchen<br />

für meinen Businessplan machten<br />

deutlich, dass es für Erinnerungsfilme<br />

keinen eigenen Markt gab bzw.<br />

einen Markt für den jeweiligen An-<br />

Caroline Narr<br />

lass. Das hieß für mich, ich musste<br />

das Marketing für das Produkt für<br />

den jeweiligen Anlass marktspezifisch<br />

entwickeln. Zunächst musste<br />

ein Name her. Der war schnell<br />

gefunden. Memoriafilm. Nicht zu<br />

aufdringlich und einprägsam. Ich<br />

arbeitete von früh bis spät am De-<br />

33


Sonderausgabe: <strong>Bundestagswahl</strong> <strong>2017</strong><br />

sign der Website, an Pressetexten,<br />

an Strategien um Kundinnen und<br />

Kunden zu akquirieren. Wochen,<br />

Monate. Ich ging zum Stammtisch<br />

für Hochzeitdienstleister, ich besuchte<br />

alle Beerdigungsinstitute<br />

in und um Berlin, ich entwarf und<br />

klebte Plakate und hielt sogar Vorträge.<br />

Einige Zeitschriften berichteten<br />

von meiner Gründungsidee.<br />

Doch die Aufträge blieben aus. Einige<br />

Jobs als Filmemacherin hielten<br />

mich zwar mehr oder weniger über<br />

Wasser, aber auch davon ab weiter<br />

an der Kundenakquise zu arbeiten.<br />

Einen Kredit aufnehmen wollte ich<br />

nicht ohne die Sicherheit das Geld<br />

in absehbarer Zeit <strong>zur</strong>ück zahlen zu<br />

können.<br />

Irgendwann kam der aufregende<br />

Moment, eine erste Anfrage für<br />

einen Memoriafilm über ein Brautpaar.<br />

Und damit auch die ersten<br />

Preisverhandlungen. Es fiel mir unerwartet<br />

unglaublich schwer. Ich<br />

verfing mich in Rechtfertigungen<br />

für meine festgelegten Preise und<br />

wurde unsicher was ich für meine<br />

Arbeit verlangen durfte. Mir war<br />

schnell klar, entweder musste ich<br />

mich und meine Einstellung ändern<br />

oder meine Gründungsidee. Hinzu<br />

kam, dass in allen Bereichen ein<br />

sinnvolles Marketing zu betreiben<br />

realistisch betrachtet für eine einzige<br />

Person nicht möglich war, wahrscheinlich<br />

nicht einmal für zwanzig.<br />

Und Spaß machte das Arbeiten<br />

am heimischen Schreibtisch allein,<br />

ohne Kollegin oder Kollegen, schon<br />

seit langer Zeit nicht mehr. Doch<br />

ich wollte etwas tun, was ich für<br />

sinnvoll hielt und dafür einen Lohn<br />

erhalten von dem ich leben konnte<br />

und zwar selbständig. Das klingt<br />

naiv und realitätsfern. Und das war<br />

es auch. Dennoch wollte ich nicht<br />

aufgeben. Noch nicht. Ich beschloss<br />

mich bei den Memoriafilmen auf die<br />

Zielgruppe der Menschen mit demenzieller<br />

Erkrankung und deren<br />

Angehörige und Pflegekräfte zu<br />

spezialisieren. Und ich entschied<br />

mich dafür eine gemeinnützige<br />

Organisationsform zu finden, um<br />

meine Arbeit in Form von Projekten<br />

durch Stiftungen oder staatlichen<br />

Förderstellen finanzieren zu lassen.<br />

Bei meinen Recherchen stieß ich<br />

auf die neue Unternehmensform<br />

der UG, der Unternehmensgesellschaft,<br />

die es nun auch in gemeinnütziger<br />

Form gab. Da man für eine<br />

UG nicht das Stammkapital von<br />

25.000€ brauchte und keine sechs<br />

weiteren Mitglieder wie bei einem<br />

Verein, war für mich klar: Ich gründe<br />

eine gemeinnützige UG. Beratungsangebote<br />

gab es hierfür nur wenige.<br />

Schließlich bekam ich einen Termin<br />

in einer großen Anwalts- und<br />

Steuerkanzlei, welche die Beratung<br />

von Gründerinnen und Gründer<br />

gemeinnütziger UGs gegen ihren<br />

dafür festgelgten Stundenpreis anbot.<br />

Nach den knapp zwei Stunden<br />

war ich genauso schlau wie vorher,<br />

dafür um ein paar hundert Euro erleichtert.<br />

Ich beschloss zukünftig<br />

ohne externe Beratung zu gründen.<br />

Ich las alles, was ich über die<br />

Gründung einer gUG finden konnte,<br />

telefonierte mit einer Kita, die sich<br />

für diese Unternehmensform entschieden<br />

hatte, fragte die zuständigen<br />

Mitarbeiter im Finanzamt aus,<br />

schrieb schließlich selbst meinen<br />

Gesellschaftsvertrag und reichte<br />

ihn beim Finanzamt ein. Nach einer<br />

kleinen Änderung in der Formulierung<br />

erhielt ich die Bestätigung<br />

der Gemeinnützigkeit, welche ich<br />

nun von einem Notar beglaubigen<br />

lassen musste. Am Ende lagen die<br />

Gesamtkosten bei ungefähr 1500€.<br />

Meine Arbeitszeit, die vorher vor<br />

allem in das Marketing floss, verbrachte<br />

ich nun mit dem Schreiben<br />

von Anträgen. Ich nahm Kontakte<br />

zu einigen Förderinstitutionen auf,<br />

die Projekte im Bereich Demenz<br />

unterstützen. Doch auch hier erhielt<br />

ich zunächst keine Förderung,<br />

dafür sehr viel positives Feedback.<br />

Ich arbeitete weiter an meinen<br />

Kontakten, überlegte mir Konzepte<br />

und verbesserte mein Antragsschreiben.<br />

So kam es schließlich<br />

<strong>zur</strong> ersten Förderzusage. Die Deutsche<br />

Stiftung für Demenzerkrankte<br />

– Wilhelm von Lauff- Stiftung,<br />

förderte die Erstellung von Memoriafilmen<br />

für Menschen mit Demenzerkrankung,<br />

der Förderzweck meines<br />

Unternehmens. Kurz darauf lud<br />

mich die Alzheimer Angehörigen<br />

Initiative ein, mein Unternehmen<br />

zum Alzheimer-Symposium im Roten<br />

Rathaus in Berlin vorzustellen.<br />

Einige Erfahrungen, die ich während<br />

meiner Arbeit sammelte führten<br />

dazu, dass ich meine Arbeit und<br />

34


<strong>SHE</strong> <strong>works</strong>! <strong>Magazin</strong> / Ein langer, aber lohnenswerter Weg<br />

den Förderzweck der Memoriafilm<br />

erweitern wollte. Der Kontakt zwischen<br />

demenziell erkrankten Menschen,<br />

Kindern und Jugendlichen<br />

hatte eine sehr positive Wirkung<br />

auf beide. So begann ich Konzepte<br />

für intergenerative Bildungsprojekte<br />

zu entwickeln. Schülerinnen und<br />

Schüler sollten hierbei von dem<br />

noch vorhandenen Wissen der älteren<br />

Menschen profitieren und<br />

für Alterskrankheiten sensibilisiert<br />

werden und ältere Menschen mit<br />

einer Demenzerkrankung hätten<br />

die Möglichkeit ihre Erinnerungen<br />

durch das Erzählen zu stärken und<br />

durch den Austausch mit jungen<br />

Menschen sich wieder als Teil der<br />

Gesellschaft zu fühlen. Die Stiftung<br />

Mitarbeit förderte die Idee als Pilotprojekt.<br />

Demnächst startet ein<br />

intergeneratives Bildungsprojekt,<br />

welches für zwei Jahre gefördert<br />

wird. So sank die abstrakte, unbezahlte<br />

Arbeitszeit des Antragsschreibens,<br />

während die direkte<br />

und bezahlte Arbeitszeit innerhalb<br />

der Projekte stieg.<br />

Im Rückblick bin ich froh diesen<br />

Weg gegangen zu sein, auch wenn<br />

ich ihn mir kürzer und bedeutend<br />

leichter vorgestellt habe.<br />

www.memoriafilm.de<br />

35


Sonderausgabe: <strong>Bundestagswahl</strong> <strong>2017</strong><br />

You have to see it to be it<br />

„Girls Gearing up“ stärkt Mädchen fürs Leben<br />

Carolin Schäufele im Gespräch mit<br />

Courtney Adams, Gründerin von<br />

Girls Gearing Up.<br />

Wie das internationale Leadership<br />

Programm Girls Gearing Up Mädchen<br />

aus aller Welt zusammenbringt,<br />

um von weiblichen Führungskräften<br />

zu lernen.<br />

“Was würdest Du machen, wenn<br />

Du vor nichts Angst hättest?” Oft<br />

sind es Zweifel, ein mangelndes<br />

Selbstvertrauen und fehlende<br />

weibliche Vorbilder, die junge<br />

Mädchen und Frauen davon abhalten,<br />

ihre Träume zu verwirklichen.<br />

Girls Gearing Up, ein internationales<br />

Leadership Programm für<br />

Mädchen im Alter von 13-17 Jahren,<br />

will das ändern. Courtney Adams,<br />

die Girls Gearing Up gemeinsam<br />

mit Tina Limbird und Chi Ugbor<br />

in 2013 gründete, spricht von dem<br />

einzigartigen Konzept des Vereins<br />

und der Vision Mädchen unabhängig<br />

von ihrem Background dabei zu<br />

unterstützen, ihr volles Potential zu<br />

entfalten.<br />

Wie kamt ihr auf die Idee Girls Gearing<br />

Up zu gründen?<br />

Tina, Chi und ich haben bereits vor<br />

Girls Gearing Up in der Jugendförderung<br />

gearbeitet und mussten im<br />

Rahmen unserer Arbeit feststellen,<br />

dass Mädchen eine beschränkte Vorstellung<br />

darüber erhalten, wer sie<br />

sein und was sie erreichen können.<br />

Der Schlüsselmoment kam dann<br />

in 2011 als wir an der Women’s<br />

36


<strong>SHE</strong> <strong>works</strong>! <strong>Magazin</strong> / You have to see it to be it<br />

International Conference in Rom<br />

teilnahmen. Noch nie zuvor haben<br />

wir so viele inspirierende weibliche<br />

Rollenvorbilder gesehen, die dazu<br />

noch offen über ihre Erfolge und<br />

ihre Fehlschläge sprachen. Wir verließen<br />

die Konferenz mit der Frage:<br />

Wie hätte sich unser Leben verändert,<br />

wenn wir diesen Frauen bereits<br />

vor zehn oder zwanzig Jahren<br />

begegnet wären. Als die Frage uns<br />

nicht losließ, entschlossen wir uns<br />

dazu Girls Gearing Up zu gründen:<br />

ein Programm, dass Mädchen aus<br />

aller Welt zusammenbringt, um<br />

Selbstvertrauen aufzubauen, neue<br />

Fähigkeiten zu erlernen und sich<br />

von erfolgreichen Frauen aus verschiedenen<br />

Bereichen Inspiration<br />

zu holen.<br />

Wie genau sieht das Programm<br />

von Girls Gearing Up aus?<br />

Der Kern von Girls Gearing Up ist<br />

ein einwöchiges Sommer-Camp,<br />

das aktuell einmal pro Jahr in Berlin<br />

stattfindet. Das Camp <strong>2017</strong> fand<br />

Ende Juli statt und brachte Mädchen<br />

aus 14 verschiedenen Ländern<br />

- darunter Israel, Deutschland, Syrien,<br />

Australien, Jemen, Ghana und<br />

USA - zusammen.<br />

Während des Camps lernen die<br />

Mädchen erfolgreiche weibliche<br />

aus verschiedenen Bereichen kennen,<br />

wie z.B. Ingenieure, Unternehmerinnen,<br />

Athletinnen, Künstlerinnen.<br />

Darüber hinaus helfen<br />

wir ihnen dabei, ihre Interessen zu<br />

entdecken, Selbstvertrauen aufzubauen<br />

und Fähigkeiten wie Public<br />

Speaking oder Projektmanagement<br />

zu üben.<br />

Was haben die Mädchen dieses<br />

Jahr von den Power Mentorinnen<br />

gelernt?<br />

Unser diesjähriges Motto war<br />

‘Tools for Tomorrow’ und im Fokus<br />

stand ein ganzheitlicher Einblick<br />

in verschiedene Industrien und<br />

Berufsfelder. Am Montag lernten<br />

wir von Amrita Cheema, TV Moderatorin<br />

bei der Deutschen Welle,<br />

welche Fragen man sich bei<br />

der Berufswahl stellen muss, um<br />

sich richtig zu entscheiden. Dienstag<br />

war unser ‘Social Justice’-Tag.<br />

Die Geschäftsführerin von Oxfam<br />

Deutschland Marion Lieser und<br />

Claire Tixeire, Menschenrechtsanwältin,<br />

brachten den Mädchen näher,<br />

wie man sich für Veränderungen<br />

einsetzen kann. Am Mittwoch<br />

lernten wir von dem Tech-Startup<br />

Wattx in einem IoT Workshop wie<br />

man einen Prototyp baut. Freitags<br />

zeigte uns Rolls Royce seine Jets<br />

und räumte mit gängigen Stereotypen<br />

auf - auch Mädchen können<br />

eine MINT-Karriere machen. Noch<br />

dazu lernten wir von dem Venture<br />

Capitalist Target Global und Startupbootcamp<br />

wie man seine Ideen<br />

finanziert.<br />

Um es in den Worten von Ruby,<br />

eine 14-jährige südafrikanische<br />

Teilnehmerin auszudrücken: “Wow,<br />

this is going to change my life.”<br />

37


Sonderausgabe: <strong>Bundestagswahl</strong> <strong>2017</strong><br />

Was passiert nach dem Camp?<br />

Dieses war unser drittes Girls Gearing<br />

Up Camp. Die Nachfrage und<br />

das Konzept haben wir validiert.<br />

Unsere besten Testimonials sind<br />

die Mädchen, ihre Eltern - und die<br />

Power Mentorinnen, die jedes Jahr<br />

von der Willenskraft, der Neugierde<br />

und der Handlungsbereitschaft<br />

der Mädchen beeindruckt sind.<br />

Wie hat Girls Gearing Up das Leben<br />

von den Teilnehmerinnen<br />

beeinflusst?<br />

Sowohl von den Mädchen selbst<br />

als auch von Eltern und Lehrern<br />

bekommen wir das Feedback, dass<br />

die Mädchen nach der Woche im<br />

Girls Gearing Up Camp selbstbewusster<br />

sind, voller Energie und<br />

Entschlossenheit. Viele der Mädchen<br />

haben sich eigenständig um<br />

ein Praktikum bei unseren Power<br />

Mentorinnen wie z.B. bei der Deutschen<br />

Bahn, bei Airbnb, bei dem<br />

Tech Network CUBE, gekümmert.<br />

Unsere Teilnehmerin Sachi begleitet<br />

uns bereits im dritten Jahr. Sie<br />

sagt selbst, dass sie vor Girls Gearing<br />

Up wenig Selbstbewusstsein<br />

hatte und sehr schüchtern war.<br />

Mittlerweile moderiert sie Interviewrunden<br />

mit mehreren erfolgreichen<br />

Unternehmerinnen und<br />

Unternehmen gleichzeitig, darunter<br />

Alexander Schwarz (DACH-Chef<br />

Airbnb) und Ruth Nambembezi<br />

(Gründerin von Ask Without Shame).<br />

Letztere brachte sie auch zu<br />

einem Vortrag an ihrer Schule.<br />

Jedes Mädchen kommt mit ihren<br />

individuellen Herausforderungen<br />

und Zielen zu uns, und jedes Mal<br />

sind wir überwältigt von dem enormen<br />

Wachstum in so einer kurzen<br />

Zeit.<br />

Doch als gemeinnütziger Verein<br />

sind wir noch nicht nachhaltig. Unser<br />

Ziel war es von Anfang an jedes<br />

Mädchen, das die Motivation und<br />

den Antrieb hat etwas bewegen<br />

zu wollen, an Girls Gearing Up teilhaben<br />

zu lassen - unabhängig von<br />

ihrem finanziellen Hintergrund.<br />

Bislang haben wir die meisten der<br />

Stipendien selbst bezahlt und betreiben<br />

Girls Gearing Up neben unseren<br />

Vollzeitjobs. Wir haben gemerkt,<br />

dass wir was das finanzielle<br />

Thema angeht, viel ehrlicher und<br />

direkter werden müssen. Schaut<br />

38


<strong>SHE</strong> <strong>works</strong>! <strong>Magazin</strong> / You have to see it to be it<br />

man auf die Liste unserer Power<br />

Mentoren denken viele, dass wir<br />

finanziell gut aufgestellt sind, doch<br />

stimmt das (noch) nicht.<br />

Was ist eure langfristige Vision<br />

und wie wollt ihr diese erreichen?<br />

Junge, ambitionierte Mädchen untereinander<br />

zu vernetzen, sie mit<br />

relevanten Fähigkeiten auszustatten,<br />

und sie in einem Netzwerk aus<br />

starken, erfolgreichen Frauen zu<br />

integrieren - das verändert nachhaltig<br />

die Zukunft jedes einzelnen<br />

Mädchen und ihrer Umgebung. Unser<br />

Ziel ist es das Konzept von Girls<br />

Gearing Up weltweit aus<strong>zur</strong>ollen.<br />

Wie kann man Girls Gearing Up<br />

schon heute unterstützen?<br />

Um unser ambitioniertes Ziel von<br />

150.000€ bis Januar 2018 zu erreichen,<br />

brauchen wir zwei Dinge: 1)<br />

Aufmerksamkeit und 2) Spenden.<br />

Die Leserinnen von <strong>SHE</strong><strong>works</strong> können<br />

Girls Gearing Up e.V. mit einer<br />

Spende in den Stipendien-Fond<br />

unterstützen (mehr Infos gibt es auf<br />

www.girlsgearingup.org/scholarship).<br />

39


Sonderausgabe: <strong>Bundestagswahl</strong> <strong>2017</strong><br />

Dating-App mit<br />

Eloquenz und Witz<br />

Anna Hochhauser im Gründerinnenporträt<br />

also nicht zuerst auf das äußere<br />

Erscheinungsbild gesetzt, sondern<br />

vielmehr auf Eloquenz und Witz.<br />

Somit geben wir dem Kennenlernen<br />

online mehr Verspieltheit, wodurch<br />

sich auch schneller das Eis<br />

brechen lässt.<br />

Was gab den Impuls sich selbstständig<br />

zu machen?<br />

Kurze Vorstellung Ihrer Person<br />

und Ihres Unternehmens.<br />

Mein Name ist Anna Hochhauser,<br />

ich bin 28 Jahre alt und Co-Founder<br />

der Dating App Candidate. Wir haben<br />

es uns zum Ziel gemacht, dem<br />

herkömmlichen Online-Dating<br />

wieder mehr Tiefgang zu geben.<br />

Singles finden zusammen, indem<br />

sie sich gegenseitig Fragen stellen.<br />

Anders als bei Tinder und Co wird<br />

Ich komme aus einer Familie, die<br />

immer selbstständig war und wurde<br />

deshalb schon früh mit den Vor-,<br />

aber auch Nachteilen der Selbstständigkeit<br />

konfrontiert. Auch<br />

wenn ich bis zu meinem Studium<br />

noch davon überzeugt war, nicht<br />

diesen Weg zu gehen, hat mich<br />

die uneingeschränkte Möglichkeit,<br />

sich selbst zu verwirklichen letzten<br />

Endes überzeugt. Das Gefühl, mit<br />

tollen Menschen etwas Neues und<br />

Großartiges geschaffen zu haben,<br />

würde ich nicht mehr eintauschen<br />

wollen.<br />

40


<strong>SHE</strong> <strong>works</strong>! <strong>Magazin</strong> / Dating-App mit Eloquenz und Witz<br />

Was waren oder sind die größten<br />

Hemmnisse bei der Gründung gewesen?<br />

Ich denke jede/r Gründer/in kennt<br />

das flaue Gefühl und die inneren<br />

Diskussionen, die man vor dem<br />

Schritt in die Selbstständigkeit<br />

führt. Bin ich dem gewachsen? Ist<br />

meine Idee wertvoll genug? Ist es<br />

das Risiko wert? All diese Gedanken<br />

sind wichtig und müssen gut<br />

überlegt werden, sollte einen aber<br />

- wenn man wirklich von seiner<br />

Idee überzeugt ist - im Endeffekt<br />

nicht davon abhalten, den finalen<br />

Sprung zu wagen. Ich wollte mich<br />

nicht irgendwann fragen: Was<br />

wäre gewesen wenn? Dazu kam,<br />

dass sich unser Gründungsteam<br />

auch schon lange vorher gekannt<br />

hat und ich somit großen Rückhalt<br />

durch Freunde hatte.<br />

Hatten Sie Unterstützung bei der Haben Sie Förderprogramme genutzt<br />

bzw. beantragt?<br />

Umsetzung Ihrer Geschäftsidee?<br />

Wir waren bereits bei der Gründung<br />

ein komplettes Team, was gramme. Obwohl es natürlich gute<br />

Bis jetzt gab es keine Förderpro-<br />

natürlich hilft, da man sich gegenseitig<br />

unterstützt. Dazu kam, dass man sich nicht davon bestimmen<br />

Fördermöglichkeiten gibt, sollte<br />

wir sehr früh einen tollen Investor lassen.<br />

an Board hatten, der uns auf allen<br />

Ebenen <strong>zur</strong> Seite steht.<br />

IHR TIPP FÜR ANDERE GRÜNDERINNEN<br />

Einfach tun, mutig sein, sich trauen! Und keine Angst davor zu<br />

haben, vielleicht einmal irgendwo die einzige Frau zu sein. Das<br />

kann sogar ein Plus sein. Auch sollte man sein Bauchgefühl<br />

nicht unterschätzen, das ist nicht nur beim Daten wichtig. Gefühl<br />

wird oft zu wenig beachtet in einem unternehmerischen<br />

Umfeld. In meinen Augen kann es einen aber durchaus weiterbringen<br />

und Vorteile schaffen.<br />

41


Sonderausgabe: <strong>Bundestagswahl</strong> <strong>2017</strong><br />

Gründen, Karriere<br />

anschieben oder sich<br />

einfach informieren;<br />

herCAREER bietet (fast) alles<br />

herCAREER hat eine Vision, die<br />

sich nur gemeinsam realisieren<br />

lässt! 170 Jahre soll es bis <strong>zur</strong> beruflichen<br />

Gleichstellung von Männern<br />

und Frauen dauern - so lautet<br />

die jüngste Prognose des Weltwirtschaftsforums.<br />

Wenn wir dem<br />

entgegenwirken können, dann nur<br />

gemeinsam. Die herCAREER wurde<br />

ins Leben gerufen, um Frauen im<br />

beruflichen Umfeld zu unterstützen.<br />

Sie soll Frauen dort abholen,<br />

wo sie gerade stehen: am Jobeinstieg,<br />

-aufstieg, Wiedereinstieg<br />

oder bei der eigenen Gründung.<br />

Und zwar mit relevanten Themen,<br />

die sie auch wirklich betreffen.<br />

Die herCAREER bricht Hierarchieebenen<br />

auf und ermöglicht einen<br />

Austausch auf Augenhöhe. Als Besucher/in<br />

haben Sie die Möglichkeit,<br />

sowohl das Wissen der Crowd<br />

anzuzapfen, aber auch von den Erfahrungen<br />

und dem Know-how erfahrener<br />

Role Models und Insidern<br />

zu lernen. Auf der herCAREER kommen<br />

Sie in lockerer Atmosphäre<br />

mit Fachexpertinnen und -experten<br />

ins Gespräch und können Ihr<br />

berufliches Netzwerk strategisch<br />

und gezielt ausbauen.<br />

Einzigartig ist auch das Ausstellungsspektrum:<br />

Im Fokus stehen<br />

Arbeitgeber aus verschiedensten<br />

Branchen, spannende Weiterbildungsangebote,<br />

aber auch Themen<br />

rund um Vereinbarkeit von Familie<br />

und Beruf sowie Angebote für Gründerinnen<br />

und Unternehmerinnen.<br />

Das Ziel ist es, DIE Plattform für<br />

weibliche Karriereplanung in<br />

Deutschland zu werden, damit<br />

Frauen in ihrem beruflichen Vorankommen<br />

- sei es im Angestelltenverhältnis<br />

oder mit der eigenen<br />

Unternehmung - schneller vorankommen.<br />

http://www.her-career.com/<br />

München, 12.-13. Oktober <strong>2017</strong><br />

42


<strong>SHE</strong> <strong>works</strong>! <strong>Magazin</strong> / Gründen, Karriere anschieben oder sich einfach informieren<br />

HERCAREER GRÜNDERIN<br />

NATASCHA HOFFNER IM<br />

INTERVIEW ZUR AKZEPTANZ<br />

VON WEIBLICHER KARRIERE<br />

Frau Hoffner, von einer Gleichstellung<br />

von Mann und Frau<br />

sind wir immer noch um einiges<br />

entfernt. Wie meinen Sie kann<br />

eine Veranstaltung wie die her-<br />

CAREER hier helfen?<br />

Die herCAREER sorgt übergreifend<br />

für eine Vernetzung von Frauen<br />

untereinander und im Besonderen<br />

über Hierarchien hinweg. Jede Teilnehmerin,<br />

egal ob Berufsanfängerin<br />

oder Executive, soll jeweils vom<br />

Wissen und den Erfahrungen der<br />

anderen Teilnehmerinnen profitieren<br />

oder einfach mal eine andere<br />

Perspektive aufgezeigt bekommen<br />

– und dabei gleichzeitig ihr Netzwerk<br />

erweitern.<br />

Ein weiterer Auftrag der herCAREER<br />

ist es, Frauen auch durch die Erfahrungen<br />

Dritter profitieren zu lassen<br />

und ihnen zu zeigen, wie sie beispielsweise<br />

ein Produkt entwickeln<br />

können, für das sie eine Idee haben,<br />

aber nicht selbst die Produktentwicklung<br />

stemmen können. Oder<br />

wie sie bei der Auswahl der Produzenten<br />

und Dienstleister vorgehen,<br />

wie sie diese ansprechen, was sie<br />

in Verträgen beachten müssen. Die<br />

Messe will aufzeigen, dass Frauen<br />

nicht alles wissen müssen, sie sich<br />

aber clever vernetzen und damit<br />

auch von den Lernkurven anderer<br />

profitieren können.<br />

Natascha Hoffner<br />

Welche Erfahrungen konnten Sie<br />

in den letzten Jahren bezüglich<br />

der Akzeptanz der herCAREER<br />

sammeln, einmal von Männern<br />

und auch von Frauen?<br />

Die herCAREER genießt bei den<br />

Besucherinnen eine unglaubliche<br />

Akzeptanz. Sie ist einfach viel<br />

mehr als nur eine Messe – und das<br />

nicht nur aufgrund der Vielfalt an<br />

Inhalten. Es ist vor allem die Idee<br />

an sich, Frauen bei ihrer Karriereplanung<br />

zu begleiten und sie<br />

dort abzuholen, wo sie geradestehen,<br />

die sehr gut ankommt.<br />

Die Messe wächst aber auch auf<br />

Seiten der Aussteller. Auch die Inhalte<br />

der ausstellenden Unternehmen<br />

zeigen deutlich, dass sie ein<br />

Interesse haben, in den Dialog mit<br />

Bewerberinnen und Kundinnen zu<br />

gehen.<br />

Neben Veranstaltungen wie Ihrer<br />

Karriereplattform, was muss sonst<br />

dringend getan werden, um die<br />

Gleichstellung voranzutreiben?<br />

Meiner persönlichen Meinung<br />

nach beginnt die Gleichstellung<br />

zu Hause. Verschiedenste Studien<br />

zeigen ganz klar, dass Frauen<br />

ebenso ambitioniert wie Männer<br />

ins Berufsleben starten. Es ist aber<br />

genauso festzustellen, dass in Fällen<br />

einer Elternschaft Frauen und<br />

Familien in alte Rollenmuster verfallen.<br />

Das Geschäft um die „Genderisierung“<br />

im Baby- und Kindesalter<br />

ist tatsächlich steigend.<br />

Zunehmend werden mithilfe von<br />

Marketingkampagnen Mädchen<br />

und Jungs in klassischen Rollenbildern<br />

und Stereotypen abgestellt.<br />

Bedauerlicherweise verfallen wir<br />

Eltern viel zu sehr dieser Schiene.<br />

Ich würde mir persönlich wünschen,<br />

dass wir unser eigenes Verhalten<br />

viel häufiger reflektieren.<br />

43


Sonderausgabe: <strong>Bundestagswahl</strong> <strong>2017</strong><br />

Buchtipps<br />

Gender-Key: Wie sich Frauen in<br />

der Männerwelt durchsetzen<br />

Ein Leben auf Augenhöhe – der Geschlechterschlüssel<br />

Mit einem Chat fing alles an. Alle<br />

Frauen, die daran teilnahmen,<br />

hatten ein gemeinsames Problem:<br />

Wie kann sich frau am besten in<br />

der Männerwelt durchsetzen? Insbesondere<br />

im Berufsleben machen<br />

Frauen noch immer viel zu oft die<br />

Erfahrung, dass sie benachteiligt<br />

werden. Doch welche Möglichkeiten<br />

gibt es, das zu ändern? Mit<br />

dem Chef sprechen? Unmöglich.<br />

Mit dem Partner? Vielleicht. – Nie<br />

war das Bedürfnis nach einer Anleitung,<br />

wie sich Frauen behaupten<br />

können, ohne sich gleich in eine<br />

männliche Rolle drängen zu lassen,<br />

größer. Dazu muss das heillos<br />

veraltete Rollenverhalten der Geschlechter<br />

dringend auf den Prüfstand:<br />

Christian Seidel hat zehn<br />

Kernklischees identifiziert, die<br />

ursächlich dafür sind, dass Frauen<br />

das Leben im Beruf wie in Partnerschaft<br />

und Familie häufig so schwer<br />

gemacht wird. Gender Key wird das<br />

Leben der Frauen zum Besseren<br />

verändern – und sicher auch das<br />

einiger Männer.<br />

44


<strong>SHE</strong> <strong>works</strong>! <strong>Magazin</strong> / Buchtipps<br />

Frauen, Fische, Fjorde: Deutsche<br />

Einwanderinnen in Island<br />

1949. Auf Islands Bauernhöfen<br />

herrscht akuter Frauenmangel,<br />

während in Deutschland auf einen<br />

Mann fünf Frauen kommen. Gezeichnet<br />

von Krieg, Flucht und mangelnden<br />

Zukunftsperspektiven entschließen<br />

sich Hunderte deutscher<br />

Frauen, nach Island zu emigrieren<br />

– in ein Land, von dem viele nicht<br />

einmal wissen, wo genau es liegt.<br />

Anne Siegel beschreibt die Lebenswege<br />

dieser mutigen Auswanderinnen<br />

anhand ausgewählter Beispiele<br />

und lässt sie in ihrer Erzählung<br />

selbst zu Wort kommen. Mitreißend<br />

berichten die heute betagten Frauen,<br />

wie sie überwältigt wurden von<br />

der Gastfreundschaft der Isländer<br />

und der Wildheit der Natur; wie sie<br />

als Landarbeiterinnen ein neues Zuhause<br />

fanden, Familien gründeten<br />

und für immer blieben.<br />

Das Problem mit den Frauen<br />

Feministisch! Herrlich sarkastisch!<br />

Und gar nicht dämlich!<br />

Können Frauen Genies sein? Oder<br />

sind ihre Arme zu kurz und ihre<br />

Köpfe zu klein? Warum haben wir<br />

im Geschichtsunterricht nur über<br />

zwei drei Frauen etwas gelernt?<br />

Was haben eigentlich all die anderen<br />

früher gemacht?<br />

Alte-Säcke-Politik: Wie wir unsere<br />

Zukunft verspielen<br />

Noch geht es uns gut in Deutschland.<br />

Doch Politiker und Manager<br />

verschlafen die Megatrends<br />

unserer Zeit und setzen unseren<br />

Wohlstand aufs Spiel. Der demografische<br />

Wandel, die digitale<br />

Revolution und die ökologische<br />

Zerstörung des Planeten werden<br />

von der Elite unseres Landes in<br />

Sonntagsreden wortreich abgehandelt,<br />

doch wirkungsvolle Taten<br />

sucht man vergebens. Die Politik<br />

verwaltet die Gegenwart, anstatt<br />

die Zukunft zu gestalten.<br />

»Weil Zukunft eine Lobby braucht«,<br />

streitet Wolfgang Gründinger unnachgiebig<br />

für ein Umdenken: Nur<br />

wenn wir radikal umsteuern, können<br />

wir Kindern und Enkeln unser<br />

Land ein wenig besser hinterlassen.<br />

45


Sonderausgabe: <strong>Bundestagswahl</strong> <strong>2017</strong><br />

Das Letzte….<br />

Wer glaubt, dass wir endlich soweit<br />

sind, dass wir Frauen in Bezug<br />

auf wirtschaftliche Themen genauso<br />

ernst genommen werden, wie<br />

unser männliches Gegenüber, der<br />

irrt gewaltig. Hier der Beweis:<br />

Ein großer deutscher Kongress,<br />

Zielgruppe Unternehmerinen,<br />

Gründerinnen, Studentinnen, versendet<br />

Presseinformationen zum<br />

bevorstehenden Event.<br />

Es ist in der Ankündigung die Rede<br />

von 7.000 erwarteten Besucherinnen,<br />

einer Eröffnungsrede der Bundeswirtschaftsministerin<br />

Brigitte<br />

Zypries, dem Besuch des FDP-Spitzenkandidaten<br />

Christian Lindner,<br />

einer umfangreichen Ausstellung<br />

des Bundesarbeitsministeriums<br />

zum Thema „Arbeit 4.0“ sowie einem<br />

umfassenden Vortrags- und<br />

Workshop-Programm mit namhaften<br />

Speakerinnen und Speakern.<br />

Ein großes, deutsches Blatt reagiert<br />

und bekundet Interesse. Der<br />

Wirtschaftskongress wird ins CC<br />

der Mailantwort gesetzt:<br />

Hallo Herr Dr. XX,<br />

wäre das evtl. interessant? Für<br />

die Wirtschaft kommt es eher<br />

nicht in Frage, schätze ich<br />

Grüsse, YY<br />

Beim Hören dieser Geschichte, dieser<br />

Anekdote, dieses Dialogs blieb<br />

uns die Luft weg. Was tut man gegen<br />

diese unglaubliche Ignoranz, diese<br />

bodenlose Anmaßung? Was müssen<br />

wir noch veranstalten, um endlich<br />

ernst genommen zu werden? Um<br />

Gleichstellung zu erfahren?<br />

Wir könnten jetzt wieder Zahlen ins<br />

Feld führen, was Frauen erwirtschaften<br />

und zum Bruttoinlandprodukt<br />

beitragen. Aber ne, wollen wir nicht.<br />

Wir wissen es doch sowieso alle.<br />

Ach, es macht<br />

so müde.<br />

46


SEPTEMBER <strong>2017</strong><br />

www.she-<strong>works</strong>.de<br />

<strong>#Frauen</strong> <strong>#Wirtschaft</strong> <strong>#Karriere</strong>

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