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KURT 09/2017

Das Stadt-, Kultur- und Szenemagazin für die Region Gifhorn

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Als die Reformation unser<br />

Gifhorn eroberte<br />

land & leute<br />

Neue Sonderausstellung zum Lutherjahr lockt ins Schlossmuseum<br />

„Luther war schon ein Kämpfer“, sagt<br />

Birthe Lehnberg. Die Leiterin des Historischen<br />

Museums im Gifhorner Schloss<br />

führt durch die neue Sonderausstellung<br />

zum 500. Jahrestag der Reformation – damals<br />

angestoßen von Martin Luther (1483-<br />

1546), Professor der Theologie. „Zwischen<br />

Beständigkeit und Umbruch – Die Reformation<br />

im Herzogtum Lüneburg“ heißt<br />

die Ausstellung, die noch bis November<br />

zu sehen ist. <strong>KURT</strong>s Tipp: Einfach mal hingehen<br />

– denn es gibt viel zu erfahren!<br />

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Hubertus Heil<br />

Zeit für mehr<br />

Gerechtigkeit.<br />

Mit gezieltem Blick auf Geschehnisse in<br />

unserer Region sind in der Kasematte Schriften<br />

und Exponate aus der Zeit Luthers ausgestellt.<br />

Mit seinen 95 Thesen wollte er ursprünglich<br />

einen wissenschaftlichen Disput<br />

mit seinen Mitdozenten anregen – und veränderte<br />

mit der Spaltung der Kirche nicht<br />

nur unser Gifhorn, sondern die ganze Welt.<br />

Anfang des 16. Jahrhunderts war eine Zeit<br />

des Umbruchs: Das Mittelalter war vorbei,<br />

die Renaissance hielt Einkehr, Amerika wurde<br />

entdeckt und die Welt erlangte neben<br />

unbekannten Gewürzen jede Menge neues<br />

Wissen. Missernten sorgten für Hungersnöte,<br />

die Menschen beschäftigten sich mit der Frage,<br />

was nach dem Tod passiert. Es war eine<br />

Zeit voller Ängste. Eine Zeit, in der Menschen<br />

versuchten, sich durch Wallfahrten und Ablassbriefe<br />

von ihren Sünden freizukaufen. Die<br />

Zeit war reif für Luther und seine 95 Thesen.<br />

Er glaubte, dass der Glaube selbst die Erlösung<br />

aller Sünden war. Und er erreichte mit<br />

seinen Schriften viele Anhänger. „Er hat mit<br />

dem Neuen Testament in deutscher Alltagssprache<br />

ein Buch geschaffen, das die kleinen<br />

Leute gut verstanden“, erklärt die Museumsleiterin.<br />

„Zudem bewirkte er nach und nach,<br />

das auch Mädchen unterrichtet wurden.“<br />

Zur selben Zeit regierte Heinrich der Mittlere<br />

das Herzogtum Braunschweig-Lüneburg.<br />

Mit seiner Frau Margarethe von Sachsen<br />

hatte er neben vier Töchtern die Söhne<br />

Otto, Ernst und Franz – unseren späteren<br />

Gifhorner Herzog. Margarethe war Schwester<br />

des Kurfürsten Friedrich der Weise, ein enger<br />

Freund Martin Luthers. Otto, Ernst und Franz<br />

studierten an der Universität in Wittenberg,<br />

an der Martin Luther Professor für Theologie<br />

war. „Luthers Einfluss machte sich vor allem<br />

in der späteren Regentschaft von Ernst bemerkbar“,<br />

berichtet Birthe Lehnberg. Nach<br />

schwerwiegenden politischen Fehlentscheidungen<br />

des Vaters während der Hildesheimer<br />

Stiftsfehde übergab dieser 1520 sein Amt<br />

an Otto. Später versuchte der fromme und<br />

sparsame Ernst, gemeinsam mit dem Lebemann<br />

Franz zu regieren, „was gar nicht gut<br />

gelang und Ernst letztlich zum Hauptregenten<br />

des Herzogtums machte“. Franz erhielt<br />

die Ämter Gifhorn und Fallersleben sowie das<br />

Klosteramt Isenhagen. Das Schloss Gifhorn<br />

ließ er zur Residenz ausbauen.<br />

Um etwas gegen die hohe Verschuldung<br />

des Herzogtums zu tun, verpflichtete Ernst<br />

1523 die Klöster zu einer einmaligen Geldzahlung.<br />

Später forderte er von ihnen ein Verzeichnis<br />

aller Güter und Einkünfte sowie die<br />

Hinterlegung von Kleinodien – das war völlig<br />

neu und richtete sich gegen die Rechte der<br />

Geistlichen sowie deren Selbstverwaltung.<br />

Ernst bewirkte Zweierlei: Die Schulden konnte<br />

er begleichen, die Reformation hielt Einzug.<br />

Das Herzogtum Braunschweig-Lüneburg<br />

gehörte somit zu den ersten Regionen, in de-<br />

nen sie eingeführt wurde – während der katholische<br />

Glaube nach wie vor vorherrschte.<br />

Selbst Braunschweiger nahmen 14 Kilometer<br />

Fußmarsch in Kauf, um die Predigten des<br />

Protestanten Johann Schnieten in Adenbüttel<br />

zu hören – „nur erwischen lassen durften<br />

sie sich nicht, denn das stand unter Strafe“.<br />

Gifhorns Herzog Franz gehörte mit seinem<br />

Bruder Ernst zum Bündnis der protestantischen<br />

Fürsten, die beim Reichstag in Speyer<br />

1529 die Protestation erklärten – und somit<br />

Luther unterstützten. Mit unserer Schlosskapelle<br />

schuf Franz den ersten Sakralbau Nordwestdeutschlands,<br />

der eigens für den protestantischen<br />

Glauben errichtet wurde.<br />

<strong>KURT</strong>s Tipp: Was genau in Gifhorn und im<br />

Kloster Isenhagen geschah und welche Relikte<br />

aus der Zeit der Reformation erhalten<br />

sind, erfahrt Ihr in der Sonderausstellung<br />

„Zwischen Beständigkeit und Umbruch –<br />

Die Reformation im Herzogtum Lüneburg“<br />

noch bis Sonntag, 19. November, im Historischen<br />

Museum im Schloss, Schlossplatz 1,<br />

in Gifhorn. Öffnungszeiten: dienstags bis<br />

freitags von 14 bis 17 Uhr, an Wochenenden<br />

und Feiertagen von 11 bis 17 Uhr.

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