22 - Flußmeister
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Bund der <strong>Flußmeister</strong> Bayerns Bund der <strong>Flußmeister</strong> Bayerns<br />
Dr. Walter Joswig<br />
ANL Bayerische Akademie für<br />
Naturschutz und Landschaftspflege<br />
Maßnahmen zu Mückenbekämpfung<br />
sind nicht nur in den Rheinauen, sondern<br />
seit einigen Jahren auch an den<br />
bayerischen Seen und im Donaugebiet<br />
ein kontrovers diskutiertes Thema.<br />
Während seitens des Fremdenverkehrs<br />
Bekämpfungsmaßnahmen gefordert<br />
und auch bereits durchgeführt wurden,<br />
werden von Naturschutzseite negative<br />
Auswirkungen auf andere Arten, z.B.<br />
Fledermäuse und Vögel, und auf den<br />
Naturhaushalt befürchtet. Eine Fachtagung,<br />
die am 30. März in Regensburg<br />
von der Bayerischen Akademie für Naturschutz<br />
und Landschaftspflege<br />
(ANL) durchgeführt wurde, sollte aufgrund<br />
aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse<br />
dazu beitragen, dem Phänomen<br />
der starken Vermehrung der<br />
kleinen Plagegeister in bestimmten<br />
Jahren und in bestimmten Gebieten<br />
auf den Grund zu gehen. Insbesondere<br />
stand die Frage nach der Naturverträglichkeit<br />
der Mückenbekämpfung mit<br />
Bacillus thuringiensis israelensis-<br />
Endotoxin (BTI) im Vordergrund.<br />
Betrachtet man die Presseberichte während<br />
der Sommermonate in den letzten<br />
Jahren, so könnte man an eine<br />
neue Plage glauben. Bemerkenswerterweise<br />
ist dies verstärkt der Fall, seit<br />
die Bekämpfungsmethode mit BTI an<br />
Bekanntheitsgrad gewonnen hat. Dass<br />
es sich bei den großen Aue- und Verlandungszonen<br />
großer Fließ- und Stillgewässer<br />
wie z.B. Donauauen und<br />
Chiemsee gleichzeitig um die bedeutendsten<br />
Zentren der Artenvielfalt in<br />
unserer Landschaft und meist um international<br />
bedeutsame Gebiete handelt,<br />
machte Diplombiologe Peter<br />
Sturm von der ANL in seiner Einführung<br />
deutlich. Forderungen nach Bekämpfung<br />
der Mücken sogar in Naturschutzgebieten<br />
werden vor allem<br />
durch die Tatsache, dass ein als „relativ<br />
unbedenklich“ eingestufter Wirk-<br />
die <strong>Flußmeister</strong> 2000/2001<br />
stoff zur Verfügung stehen soll, auch<br />
in Bayern lauter.<br />
Die Durchführung von Stechmückenbekämpfungen<br />
und bisherige Erfahrungen<br />
aus der Schweiz und aus den<br />
Rheinauen stellten Prof. Dr. Peter Lüthy<br />
aus Zürich und Dr. Norbert Becker<br />
aus Waldsee vor. Umfassende Kartierungen<br />
der Entwicklungsgebiete der<br />
Mücken und eine flächendeckende<br />
und langfristige Bekämpfung mit begleitendem<br />
Monitoring seien für den<br />
Erfolg der Maßnahmen unabdingbar.<br />
Dass es sich bei Massenvermehrungen<br />
von Stechmücken nicht um ein neues<br />
Phänomen handelt und zum Teil erhebliche<br />
Risiken beim Einsatz von<br />
BTI bestünden, stellte Dr. Ernst-<br />
Gerhard Burmeister von der Zoologischen<br />
Staatssammlung München dar.<br />
BTI wirke auch auf andere Familien<br />
der Mücken, die nicht blutsaugend seien.<br />
So seien allein die Zuckmücken<br />
mit 560 Arten eine sehr artenreiche Insektenfamilie<br />
in Bayern, zu der auch<br />
seltene und gefährdete Arten zählen.<br />
Auch Tiergruppen wie Eintagsfliegen,<br />
Wasserkäfer oder Waffenfliegen reagierten<br />
im Langzeitversuch. Auswirkungen<br />
auf Fische würden nicht dem<br />
Wirkstoff selbst, aber den Trägersubstanzen<br />
zugeschrieben. Grundsätzlich<br />
sei auch eine genaue Dosierung des<br />
Wirkstoffes durch Drift und Wasserbewegung<br />
in Frage gestellt.<br />
Darüber hinaus seien Sekundäreffekte<br />
auf die Lebensgemeinschaft belegt. So<br />
hätten Untersuchungen beim Teichrohrsänger<br />
ergeben, dass fast ein Drittel<br />
der Nahrung dieser Vögel aus<br />
Stechmückenlarven bestünde. Ebenso<br />
dienten die erwachsenen Stechmücken<br />
anderen Vögeln, Amphibien und Fledermäusen<br />
als Nahrung. Direkte Auswirkungen<br />
seien außerdem durch Stör-<br />
Bayerische Akademie<br />
für Naturschutz und<br />
Landschaftspflege<br />
Wird Wird aus aus der der Mücke Mücke ein ein Elefant Elefant gemacht gemacht ?<br />
?<br />
Kontroverse Diskussion über Mückenbekämpfung<br />
effekte in der sensiblen<br />
Brut- und<br />
Aufzuchtzeit durch<br />
die Ausbringung<br />
des Wirkstoffes<br />
von Hand oder mit dem Hubschrauber<br />
zu erwarten. Zeitweise dichte Mückenpopulationen<br />
gehörten zum Ökosystem<br />
und sollten zumal in Schutzgebieten<br />
nicht bekämpft werden.<br />
Über den Sonderfall der Massenvermehrung<br />
nicht stechender Zuckmücken<br />
im Bereich von Stauhaltungen<br />
der Donau berichtete Dr. Thomas Tittizer<br />
von der Bundesanstalt für Gewässerkunde<br />
aus Koblenz. Die starke<br />
Vermehrung der Zuckmücken sei Ergebnis<br />
der Stauhaltung und würde unter<br />
anderem durch verminderte Fließgeschwindigkeit<br />
der Donau, durch Gewässererwärmung<br />
und -belastung ausgelöst.<br />
Der Einsatz von BTI sei aufgrund<br />
des öffentlichen Druckes einmalig<br />
erfolgt, jedoch nur als Feuerwehrmaßnahme<br />
zu werten. Mittel- bis<br />
langfristig sei diese Massenentfaltung<br />
vermeidbar, wenn die Nährstoffbelastung<br />
in der Donau konsequent weiter<br />
gesenkt und die Vielfalt der Gewässerstrukturen<br />
weiter erhöht würden.<br />
Die Veranstaltung machte deutlich,<br />
dass es auch mit BTI kein Null-Risiko<br />
gibt und negative Auswirkungen auf<br />
die betroffenen Lebensgemeinschaften<br />
nicht wegzudiskutieren sind. Zudem<br />
fehlen bisher geeignete Langzeituntersuchungen,<br />
so dass weitere Forschungen<br />
notwendig sind. Eine Begrenzung<br />
des Machbaren im Sinne des Ausspruchs,<br />
frei nach Johann Wolfgang<br />
von Goethe „Die Mücken und die<br />
Wanzen gehören auch zum Ganzen“<br />
sollte die Grundlage weiterer Diskussionen<br />
sein.<br />
die <strong>Flußmeister</strong> 2000/2001<br />
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