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Vertrauen

Credit Suisse bulletin, 2000/04

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CARTE BLANCHE:<br />

MARTIN WETTER<br />

OPTIMISMUS IST ANGESAGT!<br />

MARTIN WETTER,<br />

«<br />

MITGLIED DER GESCHÄFTSLEITUNG<br />

CREDIT SUISSE<br />

Liest und hört man von der öffentlichen<br />

Meinung, entstand in der Vergangenheit<br />

der Eindruck, dass sich in unserem Land<br />

wenig bewege, Innovationen fehlten, ja<br />

überhaupt das Stadium der Sklerose erreicht<br />

sei.<br />

Etwas überrascht hat man daher die<br />

konjunkturelle Erholung zur Kenntnis<br />

genommen. Entgegen allen Unkenrufen<br />

hat sich die Schweizer Wirtschaft in<br />

den Neunzigerjahren einer radikalen und<br />

schmerzhaften Fitnesskur unterzogen.<br />

Gleichzeitig hat sich auf staatlicher Seite<br />

– wenn auch langsamer – einiges bewegt.<br />

Taktgeber des weltweiten Liberalisierungsprozesses<br />

sind die markanten Entwicklungen<br />

in der Kommunikationstechnologie<br />

und die real gesunkenen Transportkosten.<br />

Folgerichtig wurden in der<br />

Schweiz bei der Liberalisierung der Kommunikation,<br />

aber auch bei der Unternehmensbesteuerung<br />

entscheidende Fortschritte<br />

erzielt. Die Geschwindigkeit der<br />

Veränderungen verursacht einer direkten<br />

Demokratie jedoch je länger je mehr grosse<br />

Probleme. Immer häufiger stecken<br />

Gesetzesanpassungen und Entscheidfindungen<br />

noch in den Mühlen der Vernehmlassungen<br />

und verwaltungsinternen Diskussionen,<br />

wenn die Realität die Theorie schon<br />

eingeholt hat.<br />

Wie stark das Faktische sein kann, beweist<br />

einmal mehr das Zusammenspannen<br />

der Schweizer Börse mit Trade Point<br />

in London zu virt-x. Mit dem Handel der<br />

Schweizer Bluechips auf dieser neuen<br />

Plattform wird die Stempelsteuer definitiv<br />

ad absurdum geführt. Bundesrat Kaspar<br />

Villiger wird nicht darum herumkommen,<br />

mittels eines dringlichen Bundesbeschlusses<br />

zumindest die institutionellen Anleger<br />

von dieser Steuer zu entlasten.<br />

Andernfalls drohen letztlich rund 80<br />

Prozent des heutigen Umsatzes an der<br />

Schweizer Börse nach London zu entschwinden.<br />

Dadurch würden vor allem<br />

zahlreiche Arbeitsplätze in den Banken<br />

gefährdet. Diese Entwicklung zeigt auf,<br />

dass heute mobile Ressourcen wie Kapital<br />

und Wissen starke Auswirkungen auf die<br />

Entwicklung der einzelnen Märkte haben.<br />

Bei der Diskussion um den Wirtschaftsstandort<br />

Schweiz muss darauf hingewiesen<br />

werden, dass mobile Ressourcen<br />

Voraussetzungen vorfinden müssen, die<br />

für sie attraktiv sind und in ihrer Gesamtheit<br />

zum Verbleiben animieren.<br />

Welches sind diese Voraussetzungen ?<br />

Erstens, eine stabile Rechtsordnung und<br />

eine berechenbare Politik, die ihre Entscheidungsfindung<br />

noch weiter beschleunigt.<br />

So könnte man sich durchaus weniger<br />

Vernehmlassungen vorstellen. Zweitens,<br />

eine hervorragende Kommunikationsund<br />

Verkehrsinfrastruktur. Hinzu kommen<br />

im Weiteren für die mobilen Arbeitskräfte<br />

attraktive Wohn- und Lebensbedingungen<br />

sowie für qualifizierte ausländische Arbeitskräfte<br />

gute internationale Schulen.<br />

Für den Standort Schweiz ist diese Einsicht<br />

zwingend, da die mobilen Ressourcen<br />

das Überleben des Standortes erst<br />

ermöglichen. Wandern diese ins Ausland<br />

ab, würden auch keine lokalen Dienstleistungen<br />

mehr nachgefragt. Immer wieder<br />

vergessen geht in der politischen Diskussion,<br />

dass die mobilen Faktoren das steuerbare<br />

Einkommen markant erhöhen und<br />

damit zur Finanzierung der staatlichen<br />

Aufgaben beitragen.<br />

Betrachte ich die jüngste Entwicklung,<br />

so ist mir um das Gedeihen des Wirtschaftsstandortes<br />

Schweiz nicht bang. Es<br />

gilt nun, den eingeschlagenen Kurs, der<br />

sich in der Rezession unter Druck etabliert<br />

hat, auch in Zeiten einer guten Konjunktur<br />

durchzuhalten. Andernfalls könnte sich<br />

die Rezession ähnlich rasch zurückmelden<br />

wie es die Hochkonjunktur im vergangenen<br />

Jahr getan hat. Die jüngsten Wirtschaftstrends<br />

stimmen jedoch<br />

»<br />

optimistisch.<br />

Fotos: Pia Zanetti, Muriel Lässer<br />

CREDIT SUISSE BULLETIN 4 |00

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