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Credit Suisse bulletin, 2002/06

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WEALTH MANAGEMENT PLANNING<br />

Fotos: Martin Stollenwerk, Rainer Wolfsberger<br />

Marktumfeld für traditionelle Anlagen der<br />

Nährboden für eine Renaissance der Immobilienanlage?<br />

Die Antwort lautet eindeutig<br />

«Nein». Für indirekte Immobilienanlagen –<br />

allerdings nicht für alle – mag dies allenfalls<br />

zutreffen, aber nur gemessen an den gehandelten<br />

Volumen. Immobilienfonds beispielsweise<br />

erfreuen sich hoher Beliebtheit und<br />

sind inzwischen auch recht hoch bewertet.<br />

Doch die Immobilienaktiengesellschaften<br />

konnten bisher kaum profitieren, was eigentlich<br />

nicht ganz einfach nachvollziehbar ist.<br />

Offensichtlich wird der Kauf von Aktien einer<br />

kotierten Immobilienfirma in erster Linie als<br />

ein Engagement in Aktien selbst wahrgenommen<br />

und erst sekundär als eine Investition<br />

im Immobilienmarkt.<br />

Obwohl also die Vorzeichen gerade anders<br />

lauten müssten, wird obige Wahrnehmung<br />

in der Praxis bestätigt. Denn wer beispielsweise<br />

Anfang 20<strong>02</strong> in Immobilienfonds<br />

investierte, hat mittlerweile ansprechende<br />

Renditen erzielt. Ganz im Gegensatz dazu fiel<br />

währenddessen die Performance von Immobilienaktiengesellschaften<br />

sehr bescheiden<br />

aus. Zwar waren diese Aktiengesellschaften<br />

Outperformer – das heisst, ihre Kurse entwickelten<br />

sich besser als der gesamte<br />

(Aktien-)Markt – insgesamt verlief die Kursentwicklung<br />

letztendlich aber lediglich flach<br />

in einem stark nach unten korrigierenden<br />

Aktienmarkt.<br />

Kaufen, halten oder verkaufen?<br />

Wie sieht es nun mit direkten Engagements<br />

in Immobilien aus? Im Prinzip kommt ein<br />

Engagement nur für grössere Investoren in<br />

Frage. Denn hält man sich vor Augen, dass<br />

es sich häufig um Investitionen in der Höhe<br />

zweistelliger Millionenbeträge und mehr handelt,<br />

scheiden die meisten privaten Investoren<br />

aus – es sei denn, sie nehmen ganz<br />

bewusst Klumpenrisiken in Kauf.<br />

Seit geraumer Zeit werden Investitionen<br />

in kommerzielle Immobilien – dabei handelt<br />

es sich hauptsächlich um Büroliegenschaften<br />

und Detailhandelsflächen – wegen den<br />

deutlich sichtbaren gesamtwirtschaftlichen<br />

Bremsspuren bereits wieder recht skeptisch<br />

beurteilt. Doch geschieht das zu Recht?<br />

Die Risiken haben gegenüber den zurückliegenden,<br />

guten Jahren seit 1995 deutlich<br />

zugenommen, insbesondere seit Mitte 2001,<br />

als der Konjunktur allmählich der Atem ausging.<br />

Die grössten Ängste betreffen heute<br />

allfällige Überkapazitäten und die daraus<br />

resultierenden Preisrückgänge und damit<br />

letztendlich Einnahmeausfälle.<br />

Die Skepsis konzentriert sich vornehmlich<br />

auf die mit Abstand grössten und wichtigsten<br />

Märkte Zürich, Genf und Basel. Sie ist aber<br />

nur zum Teil gerechtfertigt. So zeichnen<br />

sich zwar durchaus Überkapazitäten ab, der<br />

Markt ist jedoch weit von den Leerstandsquoten<br />

der frühen Neunzigerjahre entfernt.<br />

Und er wird diese auch kaum jemals wieder<br />

erreichen. Als Beispiel eignet sich der<br />

Wirtschaftsraum Zürich. Zu Beginn des letzten<br />

Immobiliencrashs standen bereits etwa<br />

3,5 Millionen Quadratmeter Bürofläche leer,<br />

trotzdem wurde damals noch munter weitergebaut.<br />

Die Situation heute sieht anders<br />

aus – zwar nicht gut, aber weitaus weniger<br />

kritisch. Grob überschlagen könnten Ende<br />

des nächsten Jahres maximal 1,5 Millionen<br />

Quadratmeter Büroflächen leer stehen,<br />

wovon knapp eine Million jetzt beziehungsweise<br />

in den folgenden Monaten neu auf den<br />

Markt kommen. Hinzu kommen noch etwa<br />

500 000 Quadratmeter, die durch Umstrukturierungen<br />

und den damit verbundenen<br />

Personalabbau vor allem in den so genannten<br />

FIRE-Branchen (Finance, Insurance, Real<br />

Estate) freigesetzt werden dürften. Allein<br />

diese Werte relativieren die aufgekommenen<br />

Ängste etwas. Zudem sind etliche Projekte<br />

bereits wieder in den Schubladen verschwunden<br />

oder zumindest vorübergehend sistiert.<br />

So klafft seit Mitte 2001 – also synchron<br />

zur konjunkturellen Verlangsamung – eine<br />

deutlich sichtbare Lücke zwischen Baugesuchen<br />

und Baubewilligungen oder auch<br />

zwischen Bauvorhaben und tatsächlicher<br />

Bautätigkeit. Es wird also weniger realisiert<br />

als ursprünglich geplant beziehungsweise<br />

auf Bewilligungen «verzichtet». Dies stützt die<br />

These, nach der die Immobilienschaffenden<br />

heute deutlich schneller und flexibler auf die<br />

Marktsignale reagieren als in der Vergangenheit.<br />

Für den Investor leitet sich daraus<br />

ab, dass er zunächst einmal ruhig Blut<br />

bewahren sollte, denn in einem langfristig<br />

ausgelegten Markt sind kurzfristige Reaktionen<br />

in der Regel kontraproduktiv. Im<br />

Analystenjargon ausgedrückt: Halten beziehungsweise<br />

selektiv kaufen. Oder, weniger<br />

professionell ausgedrückt: Bloss nicht aus<br />

Panik verkaufen!<br />

Martin Neff, Telefon 01 333 24 84<br />

martin.neff@credit-suisse.ch<br />

«Wohnbauten sind<br />

immer rentabel»<br />

Reinhard Giger,<br />

Head Real Estate Management der<br />

Credit Suisse Financial Services<br />

Wie geht es der Credit Suisse als<br />

Immobilienbesitzerin?<br />

Unser Departement trägt die<br />

Verantwortung für rund 2000<br />

Objekte mit einem Gesamtwert<br />

von 17 Milliarden Franken. Die<br />

meisten gehören nicht der Credit<br />

Suisse, sondern der Pensionskasse<br />

der Credit Suisse Group,<br />

der Winterthur Life and<br />

Pensions sowie der Winterthur<br />

Insurance. Wir streben eine<br />

Bruttorendite von 6,5 Prozent<br />

oder eine Performance von über<br />

5 Prozent an – mit Erfolg.<br />

Immobilien sind eine langfristige,<br />

sichere Wertanlage.<br />

Wirkt sich die Wirtschaftsbaisse<br />

negativ auf die Ertragslage aus?<br />

Bis jetzt kaum. Bei den neuen<br />

Wohnbauten sind die geräumigen<br />

und modern eingerichteten<br />

Wohnungen begehrt. Bei den<br />

Geschäftsflächen ist die Situation<br />

komplexer. Die meisten<br />

Gebäude liegen an strategisch<br />

günstiger Lage, so dass sich<br />

die Mieter einen Wechsel zweimal<br />

überlegen. Zudem sind wir<br />

durch langfristige Mietverträge<br />

gesichert; Neubauten realisieren<br />

wir nur, wenn der Grossteil<br />

der Bürofläche vermietet ist.<br />

Investiert die Credit Suisse mehr<br />

in Immobilien als früher?<br />

Tendenziell schon. Wir widerstehen<br />

aber der Versuchung,<br />

eine wesentlich tiefere Rendite<br />

bei Immobilienkäufen zu<br />

akzeptieren, nur weil die Performance<br />

bei Aktien heute tiefer<br />

als bei Immobilien ist. (schi)<br />

Credit Suisse Bulletin 6-<strong>02</strong> 63

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