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Credit Suisse bulletin, 2002/06

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LEADERS<br />

«Im Vordergrund muss die Schaffung<br />

von langfristigem Wert stehen»<br />

Der neue Verwaltungsratspräsident der Credit Suisse Group, Walter Kielholz, will seine Aufsichtsfunktion<br />

strikt vom operativen Geschäft trennen. Zudem wehrt er sich gegen eine Personalisierung von<br />

Unternehmen. Interview: Daniel Huber, Redaktion Bulletin<br />

Daniel Huber: Rolf Dörig wechselt als Retail<br />

Banker von der Credit Suisse an die Spitze<br />

einer Versicherung, Sie von einer Versicherung<br />

an die Spitze des Bankkonzerns<br />

Credit Suisse Group. Sind diese Branchen<br />

so nahe zusammengerückt, dass der Wechsel<br />

von der einen zur anderen sich derart einfach<br />

bewerkstelligen lässt?<br />

Walter Kielholz: Erstens bin ich kein Versicherer,<br />

sondern Rückversicherer. Das<br />

ist ein Unterschied. Ein Rückversicherer ist<br />

jemand, der mit dem Risiko umzugehen<br />

weiss und sich auch im internationalen<br />

Finanzgeschäft auskennt. Dieses Wissen<br />

ist auch in meiner neuen Funktion nützlich.<br />

Im Übrigen ist das Bankgeschäft nicht<br />

ganz neu für mich. Schliesslich sitze ich<br />

schon seit einigen Jahren im Verwaltungsrat<br />

der Credit Suisse Group.<br />

Wie wichtig ist in Ihrer Funktion als Verwaltungsratspräsident<br />

die Rolle des Kommunikators?<br />

Gerade in schwierigen Zeiten ist es<br />

wichtig zu kommunizieren. Wie überall<br />

wurden auch in diesem Unternehmen Fehler<br />

gemacht. Diese löst man nicht, indem man<br />

nicht darüber spricht. Aber letztlich ist für<br />

den Erfolg eines Unternehmens nicht das<br />

häufige Kommunizieren entscheidend, sondern<br />

die Leistungskultur der Mitarbeiter.<br />

Bei Ihrer Ernennung hoben die Kommentatoren<br />

der Wirtschaftspresse hervor, dass Sie<br />

es erfolgreich geschafft haben, die Swiss Re<br />

aus den Schlagzeilen herauszuhalten. Gibt<br />

es nicht auch noch die Möglichkeit, mit positiven<br />

Schlagzeilen aufzufallen? Sicher sind<br />

positive Meldungen wichtig für eine Firma.<br />

Problematisch wird es aber, wenn sich<br />

diese Publizität wie in den Neunzigerjahren<br />

zu stark auf einzelne Personen konzentriert.<br />

Diese Personalisierung ist nicht gut.<br />

Weil sich das Blatt auch einmal wenden<br />

könnte? Es gibt in der jüngsten Vergangenheit<br />

genügend Beispiele, wie schnell aus<br />

einem Helden der Nation ein Buhmann<br />

werden kann. Die Medien helfen dabei<br />

tatkräftig mit. Solche Aufstieg-und-Fall-<br />

Geschichten lassen sich gut verkaufen.<br />

In den USA gilt die Bezeichnung Manager<br />

bereits als Schimpfwort. Nehmen Sie in der<br />

Schweiz ähnliche Tendenzen wahr? Ja,<br />

schon. Durch den Börsencrash und das<br />

verlangsamte Wirtschaftswachstum haben<br />

viele Leute Geld verloren. Hinzu kommt,<br />

dass es in den Managementetagen<br />

während der Boomjahre zu Auswüchsen<br />

kam, die bei den normalen Bürgern zu<br />

Recht auf Unverständnis stiessen. Das hat<br />

auch bei uns die Stimmung gegenüber<br />

Managern verschlechtert.<br />

Sind Sie schon regelrecht beschimpft<br />

worden? Aber sicher. Die Öffentlichkeit<br />

geht heute sehr kritisch und summarisch<br />

mit Berufsständen um. Einmal werden die<br />

Politiker als Kaste beschimpft, dann<br />

sind die Journalisten dran und immer<br />

mal wieder die Kirche. Diese Verurteilungen<br />

sind sehr pauschal. Aber mit faulen<br />

Sprüchen muss man leben. Das gehört<br />

dazu. Ich mache schliesslich auch faule<br />

Sprüche über die Fussballer, wenn sie<br />

schlecht spielen.<br />

Was sind für Sie kurz zusammengefasst<br />

die Hauptstärken der Credit Suisse Group?<br />

Allen voran der Name Credit Suisse. Als<br />

Markenname gehört er weltweit sicher<br />

zu den besten im Finanzgeschäft. Dazu<br />

müssen wir wieder vermehrt Sorge tragen.<br />

Daneben ist die Firma allen Verlustzahlen<br />

zum Trotz immer noch in vielen Bereichen<br />

äusserst erfolgreich und verfügt über<br />

ein sehr gutes, ausbalanciertes Portfolio.<br />

Das wird zurzeit gerne etwas vergessen.<br />

Eine weitere Stärke ist die lange und grosse<br />

Tradition des Unternehmens.<br />

Wie wollen Sie das angeschlagene Vertrauen<br />

der Kunden zurückgewinnen? In diesem<br />

Zusammenhang gilt es etwas klarzustellen:<br />

Ich bin nicht CEO des Konzerns, sondern<br />

Präsident des Verwaltungsrates. Als solcher<br />

habe ich keine Exekutivfunktionen. Meine<br />

Hauptaufgabe ist es, strategische Rahmenbedingungen<br />

zu schaffen, damit das<br />

Management optimal arbeiten kann. Sicher<br />

gehört es heute zu den vordringlichsten<br />

Aufgaben im operativen Geschäft, das<br />

Vertrauen der Kunden, aber auch der Mitarbeiter<br />

wieder zu gewinnen. Dazu werde<br />

ich in meiner Position selbstverständlich<br />

bestmöglich beitragen.<br />

Wie gehen Sie mit dem enormen Erwartungsdruck<br />

um? Warum soll ich mich über etwas<br />

aufregen, das sich nicht ändern lässt? Ich<br />

kann nicht mehr tun, als die Situation genau<br />

zu analysieren und dann pragmatisch an<br />

die Probleme heranzugehen.<br />

Bei der Credit Suisse Group herrscht die<br />

spezielle Situation, dass zwei CEO gemeinsam<br />

für die operative Führung des Konzerns<br />

verantwortlich sind. Macht Sie das zu einer<br />

Art «Ober-CEO»? Der Verwaltungsrat<br />

hat klar festgelegt, dass in diesem neuen<br />

Führungsmodell Exekutive und Aufsicht<br />

strikt zu trennen sind. Und das will ich auch<br />

so durchziehen.<br />

Oswald Grübel und John Mack sind bekannt<br />

als sehr starke Persönlichkeiten. Ist da ein<br />

Konflikt nicht vorprogrammiert? Das sehe<br />

ich nicht so. Die beiden sind sich in Bezug<br />

auf die geschäftlichen Prioritäten des<br />

Konzerns sehr einig, und weshalb sollten<br />

sich zwei starke Chefs gezwungenermassen<br />

in die Haare kriegen? Bei der Struktur der<br />

Credit Suisse Group mit zwei relativ unabhängigen<br />

Geschäftseinheiten macht diese<br />

Lösung durchaus Sinn. Ich bin laufend<br />

in Kontakt mit den beiden CEO. Sollten sie<br />

Foto: Martina Meier<br />

72 Credit Suisse Bulletin 6-<strong>02</strong>

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