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Credit Suisse bulletin, 2002/06

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LUST UND LASTER<br />

Von Hand geerntet und<br />

teuer bezahlt:<br />

Gourmets schwören auf die<br />

exquisiten Qualitäten<br />

naturbelassenen Salzes.<br />

mer wiederum empfiehlt sich eine Banane,<br />

gesalzen und mit Zitronensaft getränkt, morgens<br />

auf nüchternen Magen. Auch bei der<br />

Zeugung von männlichen Nachkommen ist<br />

Salz beizuziehen. So soll die Frau schon<br />

sechs Wochen vor der geplanten Empfängnis<br />

damit beginnen, ihr Essen stärker zu salzen,<br />

ganz nach dem Motto «je salziger,<br />

desto männlicher».<br />

Aus dem Meer muss es kommen<br />

Doch Salz ist nicht gleich Salz: Heute geht<br />

der Trend immer mehr weg vom gewöhnlichen<br />

Kochsalz – von vielen wird es geradezu<br />

verächtlich links liegen gelassen – hin zu<br />

naturbelasseneren Sorten. Seit längerem ist<br />

Meersalz der Liebling aller Gourmets, ganz<br />

zuoberst in der Gunsthitparade liegt das erlesenste<br />

aller Meersalze, die «fleur de sel».<br />

Diese Salzblume wird in den Salzgärten – die<br />

bekanntesten liegen in der Bretagne auf<br />

der Halbinsel «La Guérande» – von Hand geerntet.<br />

Die Handarbeit schlägt sich selbstverständlich<br />

auch im Preis nieder.So kostet im<br />

Delikatessladen ein 110-Gramm-Beutel mit<br />

«Fleur de sel de la prèsqu’île de Guérande»<br />

fast acht Franken. Die darin enthaltenen<br />

Algen, seien es nun «Spirulina» oder «Laitue<br />

de mer» verleihen dem Salz nicht nur den<br />

speziell meerigen Geschmack, sondern färben<br />

es leicht grünlich oder rötlich. Natürlich<br />

verwendet der Kenner dieses exquisite Salz<br />

nicht zum Spaghettikochen, dafür reicht das<br />

normale, gräuliche Meersalz, das nach dem<br />

Pflücken der Salzblumen maschinell abgetragen<br />

wird.<br />

Seit rund einem Jahr befindet sich eine<br />

neue Salzsorte auf dem Vormarsch und<br />

verdrängt das Meersalz zusehends: das so<br />

genannte Himalaya-Kristallsalz, auch unter<br />

dem Namen «Hunza-Salz» bekannt. Tausendmal<br />

besser sei es als das herkömmliche<br />

Steinsalz, das von Anhängern des Kristallsalzes<br />

schon mal gerne als «weisses Gift»<br />

verteufelt wird. Wahre Wunder soll es vollbringen,<br />

das Ursalz, das im Karakorum-<br />

Gebirge in Nordpakistan von Hand geschlagen<br />

wird. Aber nicht nur des vorzüglichen<br />

Geschmacks wegen soll man sich für dieses<br />

«Elixier der Jugend» entscheiden, sondern<br />

vor allem der «positiven Schwingungen»<br />

wegen. Bei einem Preis ab 52 Franken pro<br />

Kilo dürfte das Himalaya-Salz aber vor allem<br />

das Bankkonto der Importeure in positive<br />

Schwingungen versetzen.<br />

Vorbei die Zeiten,<br />

wo edle Salzfässchen die Tische<br />

schmückten. Der Siegeszug<br />

der helvetischen «Ménage» hält an.<br />

im 16. und 17. Jahrhundert so weit, dass<br />

Frauen ihre Männer (nicht ohne deren<br />

Gegenwehr) im Pökelfass einer Abreibung<br />

unterzogen, um so die Manneskraft ihrer<br />

Süssen zu steigern.<br />

Etwas weniger rabiate Rezepte, um die<br />

Gesundheit mit Salz zu erhalten oder wiederherzustellen,<br />

sind der Hausmedizin bis<br />

heute bekannt: Salzwasserlösungen in niedriger<br />

Konzentration wirken abschwellend<br />

auf entzündete Schleimhäute und lindern<br />

Nebenhöhlen-, Hals- und Rachenentzündungen.<br />

Sich mit Salz die Zähne putzen ist<br />

gesund und entfernt erst noch Nikotin- und<br />

Kaffeeflecken. Schon die Römer wussten<br />

um die heilende Wirkung von Solebädern,<br />

die bei rheumatischen Erkrankungen Linderung<br />

verschaffen. Einen festen Platz in der<br />

modernen Wellness-Industrie hat die Thalasso-Therapie,<br />

die sich besonders bei der<br />

Behandlung von Haut- und Atemwegserkrankungen<br />

bewährt. Meerwasser fördert<br />

den Flüssigkeitsaustausch der Zellen und<br />

des Gewebes, der Sauerstofftransport wird<br />

stimuliert, was wiederum gut für die Durchblutung<br />

und Entschlackung des Körpers ist.<br />

Einiges exotischer anrühren mögen die<br />

Hausmittelchen der Unani-Medizin, die sich<br />

auf Hippokrates beruft und heute vorwiegend<br />

in Indien praktiziert wird. www.hashmi.com<br />

empfiehlt bei Kopfweh eine Prise Salz<br />

während einiger Minuten auf der Zunge zu<br />

behalten und danach mit viel kaltem Wasser<br />

zu spülen. Wer unter Blähungen leidet, soll<br />

nach dem Essen zwei Teelöffel Salz, mit<br />

Zwiebelsaft versetzt, zu sich nehmen. Gegen<br />

Hundebisse hilft eine Mixtur aus gemahlenem<br />

Knoblauch und Salz; gegen Magenwür-<br />

Fotos: Image Point.biz, Bob Krist/Corbis/Swiss Press, RDB/Remy Steinegger<br />

66 Credit Suisse Bulletin 6-<strong>02</strong>

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