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SPORTaktiv Skitourenguide 2017

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DIE NEUE<br />

LANGSAMKEIT<br />

PULVER STATT HUNDERTSTEL.<br />

WIE AUS DEM SKI-WELTCUPSIEGER EIN<br />

LEIDENSCHAFTLICHERER SKITOURENGEHER WURDE.<br />

STEPHAN GÖRGL SUCHT DIE STILLE IN DEN BERGEN.<br />

VON CHRISTOPH HEIGL<br />

DES STEPHAN GÖRGL<br />

Hoch über Innsbruck. Ein Speicherteich.<br />

Ein paar Jausentische. Ein Tag wie aus<br />

dem Tiroler Tourismusprospekt und<br />

eine Aussicht zum Niederknien. „Eins,<br />

zwei, drei ...“ Stephan Görgl pumpt 50<br />

Liegestütze auf einem der Holztische. „Die<br />

mache ich jeden Tag vor dem Frühstück“,<br />

sagt er, „heute habe ich sie vergessen.“<br />

Görgl hat einen Rauschebart, wird bald 40,<br />

er ist topfit. „Ich war immer ein leidenschaftlicher<br />

Trainierer, aber die beinharte<br />

Knochenarbeit im September und Oktober<br />

geht dir an die Nieren. Jetzt habe ich den<br />

Luxus, dann zu starten, wenn der erste<br />

Schnee fällt.“ Görgl entschleunigt, sein<br />

Blick in die Berge hat philosophische Züge.<br />

Das alpine Skirennfahren hat er komplett<br />

hinter sich gelassen, als er vor fünf Jahren<br />

(„Der 12. 12. 12 – das hat gepasst“) seine<br />

Karriere beendete und seine brettharten<br />

Rennski umgehend beim Servicemann abgab.<br />

„Ohne voll im Training zu stehen, sind<br />

Rennski unfahrbar. Jetzt habe ich normale<br />

Serienski, die reichen für 95 Prozent von<br />

dem, was ich fahre.“ Und die restlichen<br />

fünf? Es kribbelt nicht mehr, gesteht er.<br />

Den Rennsport verfolgt er wie beiläufig.<br />

„Manchmal geht sich ein zweiter Durchgang<br />

vor dem TV aus, sonst bin ich viel<br />

lieber selbst draußen.“<br />

Görgls schönste Erinnerungen an den<br />

Rennsport liegen auf der Hand, sein erster<br />

Weltcuspieg beim Super-G in Beaver Creek<br />

2004. „Das war wie aus heiterem Himmel.<br />

Ich bin sehr dankbar, erlebt zu haben, wie<br />

es sich anfühlt, einmal der Beste der Welt<br />

zu sein.“<br />

Anruf auf der Skitour<br />

Doch auch ein zweites Bild aus dieser<br />

Saison flasht in seiner persönlichen Hitparade<br />

sofort auf. „Ich war mit Freunden auf<br />

meiner allerersten Skitour, ein Traumtag,<br />

genau am Gipfel vom Vorderen Brandjochkreuz<br />

bei Innsbruck. Mein Handy war auf<br />

lautlos und als ich nachschaue, habe ich<br />

fünf verpasste Anrufe von Cheftrainer Toni<br />

Giger. Er teilte mir mit, dass ich im RTL<br />

nicht im WM-Team bin. Dabei war ich in<br />

Hochform! Ich hab die Abfahrt vom Berg<br />

genossen und so reagiert, wie es für mich<br />

charakteristisch ist: mit drei Laufbestzeiten<br />

in Folge.“<br />

Skitourengehen hat ihn seitdem nicht<br />

mehr losgelassen. Doch zuerst galt es ein<br />

Problem zu lösen: Der Ex-Racer fand kein<br />

geeignetes Material. „Abfahrtsorientierte<br />

Ski und Schuhe, so wie ich es mir vorstellte,<br />

gab es nicht, etwa einen Rennsport-Vierschnaller<br />

mit Gehfunktion.“<br />

Über seine Kontakte zu Nordica durfte<br />

er dann selbst mitentwickeln. Im Strider-Schuh<br />

und dem Navigator-Ski findet<br />

man nun auch Görgls Ideen wieder. Und<br />

damit fühlt sich der Ex-Weltcupfahrer<br />

pudelwohl. „Ich fahre die Ski in Überkörperlänge<br />

und 85 bis 105 Millimeter<br />

Mittelbreite. Damit kann ich auch auf jeder<br />

Foto: Christoph Oberschneider<br />

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