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hinnerk November 2017

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Wie kam es zu dieser schnellen<br />

positiven Entscheidung?<br />

Wir haben den Termin im August wahrgenommen.<br />

Die Richterin hat, weil ja das<br />

Gesetz zur Ehe für gleichgeschlechtliche<br />

Paare bereits von Bundestag, Bundesrat<br />

und Bundespräsident durchgewunken<br />

wurde und in zwei Monaten in Kraft<br />

treten würde, das Verfahren auf Eis<br />

gelegt und uns mitgeteilt, dass sie nur<br />

noch auf unsere Eheurkunde warte. In<br />

dem Moment, wo die Urkunde einginge,<br />

würde sie dann den Beschluss fertigmachen.<br />

Wir hatten Glück, dass unsere<br />

Standesbeamten im Bezirk ausnahmsweise<br />

einen Termin direkt am 2. Oktober<br />

vergeben konnten und wir haben an<br />

diesem Tag unsere Lebenspartnerschaft<br />

in eine Ehe umwandeln können. Ich habe<br />

am 4. Oktober die Eheurkunde persönlich<br />

abgegeben und nur einen Tag später<br />

hat das Gericht den positiven Beschluss<br />

über die Adoption gefasst, der dann am<br />

9. Oktober bei uns in der Post war und<br />

damit rechtsgültig. Wir haben schon<br />

gemerkt, dass alle Beteiligten der Sache<br />

sehr wohlwollend gegenüber eingestellt<br />

waren und dazu beigetragen haben, dass<br />

es so schnell über die Bühne ging.<br />

Ihr seid schon lange Pflegeeltern.<br />

Gab es Diskriminierung?<br />

Wir waren in unserem Bezirk Treptow-<br />

Köpenick (Berlin) die ersten gleichgeschlechtlichen<br />

Pflegeeltern. Wir wurden<br />

aber unserer Wahrnehmung nach bei<br />

den zuständigen Stellen mit offenen<br />

Armen empfangen. Das blieb auch in den<br />

ganzen Jahren so. Auch sonst haben wir<br />

bisher eigentlich fast gar keine Probleme<br />

gehabt. Es gab einen Fall, wo man uns<br />

keine Familienkarte verkaufen wollte. Da<br />

hieß es, dass man sich eine Familie so<br />

nicht vorstelle und das Angebot „dafür“<br />

nicht gedacht sei. Wir lassen aber in<br />

solchen Situationen nicht wirklich mit<br />

uns diskutieren. Das war eine Sache<br />

von einer Minute und dann hatten wir<br />

die Karte doch. Wir laden bei solchen<br />

Gelegenheiten nicht zu einer Unterhaltung<br />

über unseren Familienstatus ein. Wir<br />

haben unsererseits eine klare Grundhaltung,<br />

die wir wahrscheinlich auch<br />

ausstrahlen: Gibt’s nicht! – Interessant<br />

sind manchmal die Reaktionen, wenn wir<br />

mit unseren Kindern unterwegs sind. Da<br />

kann es schon mal vorkommen, dass die<br />

Große im Restaurant sagt: „Aber Papi,<br />

der Papa hat doch gesagt ...“ Dann funkt<br />

es bei den Menschen und sie überlegen<br />

und man sieht förmlich die Fragezeichen<br />

in den Gesichtern. Meistens wird das<br />

schnell ausgeblendet und nicht weiterverarbeitet.<br />

Im Umgang mit Menschen,<br />

die wissen, dass es unsere gemeinsamen<br />

Kinder sind, haben wir tatsächlich nie<br />

Diskriminierungserfahrungen.<br />

Wie reagierst du auf Lesben und<br />

Schwule, die dein Familienmodell<br />

ablehnen. Harald Glööckler zum<br />

Beispiel hat sich gegen ein Adoptionsrecht<br />

ausgesprochen.<br />

Das ist seine persönliche Meinung. Seine<br />

Meinung zeigt aber, dass die „Community“<br />

nicht unbedingt mit einer Stimme<br />

spricht. Vielmehr gibt es auch hier eine<br />

große Bandbreite, und die unterschiedliche<br />

Haltung zu diesem Thema ist eben<br />

auch ein Spiegel der Gesellschaft. Hier<br />

unterscheiden wir uns nicht von der<br />

heterosexuellen Mehrheitsgesellschaft.<br />

Gleichwohl sind wir der Meinung, dass die<br />

Forderung nach gleichen Rechten eben<br />

nicht an irgendeinem Punkt haltmachen<br />

darf. Ansonsten ist einer Legitimation<br />

für eine weitere Diskriminierung die Tür<br />

geöffnet. Warum Herr Glööckler dieses<br />

so sieht, das vermag ich nicht zu sagen.<br />

Eventuell liegt es auch daran, dass er<br />

keine Kinder aufzieht. Kinder bei sich<br />

aufwachsen zu sehen, verändert die<br />

eigene Sicht auf die Welt. Das ist was<br />

Wundervolles. Und ich wünsche jedem,<br />

egal ob heterosexuell, lesbisch, schwul<br />

oder trans*, dass die Entscheidung, diese<br />

Möglichkeit anzustreben, von allen selbst<br />

getroffen werden kann – und nicht vom<br />

Gesetzgeber unterbunden wird.<br />

*Interview: Christian Knuth<br />

Das ganze Interview auf blu.fm!<br />

*)Sukzessivadoption: Ein bereits von<br />

einem Lebenspartner adoptiertes Kind<br />

nachfolgend durch den anderen Lebenspartner<br />

adoptieren.<br />

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