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Mehr als nur Kleidung Global Investor, 01/2016 Credit Suisse
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Global Investor, 01/2016
Credit Suisse
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GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 21<br />
lich auf 100 Prozent erhöht. Lanvin wurde 2001 nach<br />
der Übernahme durch die Investorengruppe Harmonie<br />
S.A. wieder privatisiert.<br />
Unter der Leitung von Harmonie wurde 2001<br />
Alber Elbaz Kreativdirektor des Labels. Er hatte<br />
bereits für Guy Laroche und Yves Saint Laurent<br />
gearbeitet. Bei Lanvin konnte er sich selbst verwirklichen.<br />
Seine Kollektionen begeisterten von Anfang<br />
an. Elbaz verband Luxus mit Weiblichkeit und machte<br />
Lanvin zu einem Label, das Tradition und Moderne<br />
in sich vereint. Im Bewusstsein des einzigartigen<br />
Erbes von Lanvin verwendete er klassische Schnitte<br />
für seine Damen- und Herrenkollektionen, die er<br />
aber mit unerwarteten Stoffkombinationen und<br />
Silhouetten aufpeppte. Übergrosser Modeschmuck,<br />
Abendroben in federleichter Eleganz und farbenfrohe<br />
Muster brachten Elbaz das Prädikat «Liebling<br />
aller Frauen» ein, wie ihn Suzy Menkes von «Vogue<br />
International» betitelte, und festigten die Beliebtheit<br />
und den Einfluss des Labels.<br />
c<br />
Laufstegmodel auf<br />
Lanvins Prêt-à-porter-<br />
Show für die Herbst/<br />
Winter-Saison 2013<br />
auf der Pariser<br />
<strong>Fashion</strong> Week am<br />
28. Februar 2013.<br />
KOOPERATION MIT H&M<br />
2010 gab die Modekette H&M erneut eine Kooperation<br />
mit einem Luxusdesigner bekannt – dieses<br />
Mal mit Lanvin. Kooperationen zwischen dem<br />
Designer- und dem Massenmarkt galten als ein<br />
wirksames und für beide Seiten einträgliches<br />
Vertriebs- und Marketingmittel. Beispiele dafür sind<br />
Valentinos Kollektion für Gap und die langjährige<br />
Zusammenarbeit zwischen Stella McCartney und<br />
Adidas. H&Ms erste Kooperation – eine limitierte<br />
Kollektion von Chanel-Designer Karl Lagerfeld<br />
2004 – brachte ein monatliches Umsatzplus von<br />
24 Prozent. Das durchschnittliche Budget eines<br />
H&M-Kunden, der Massenkleider teils für unter<br />
zehn US-Dollar bekommt, unterscheidet sich aber<br />
erheblich von den Preisen, die eine Luxusmarke<br />
verlangen muss, um ihre höhere Qualität und Passform<br />
sicherzustellen. Deshalb blieb bei späteren<br />
Kooperationen mit Jimmy Choo und Roberto Cavalli<br />
ein solches Umsatzwachstum aus. Lanvins limitierte<br />
Kollektion mit farbenfrohen Cocktail-Kleidern<br />
und ausgefallenen Accessoires, die bis zu 350<br />
US-Dollar kosteten, war dagegen erfolgreicher. Sie<br />
war in Grossbritannien innerhalb weniger Stunden<br />
ausverkauft. Damals erzielte das Unternehmen in<br />
einem Monat einen weltweiten Umsatzanstieg von<br />
acht Prozent. Elbaz hatte zuvor immer eisern behauptet,<br />
er würde «niemals eine Kollektion für den<br />
Massenmarkt produzieren». Nun erklärte er: «H&M<br />
hat sich mit der Idee an mich gewandt, den Traum,<br />
den wir bei Lanvin geschaffen haben, für ein grösseres<br />
Publikum umzusetzen und nicht nur einige<br />
Kleider zu einem günstigeren Preis anzubieten …<br />
Mich reizte die Idee, H&M eine luxuriöse Note zu<br />
verleihen, anstatt Lanvin an die breite Öffentlichkeit<br />
zu bringen.» Lanvins Erfolg ebnete H&M den Weg<br />
für weitere erfolgreiche Kooperationen mit Versace<br />
(2011), Isabel Marant (2013) und Balmain (2015).<br />
EIN NEUES ZEITALTER BRICHT AN<br />
Im Oktober 2015 verliess Elbaz das Modehaus Lanvin<br />
völlig überraschend. In einer öffentlichen Stellungnahme<br />
wurde bestätigt, dass ihm «auf Beschluss<br />
der Mehrheitsaktionärin» Shaw-Lan Wang<br />
von Harmonie S.A. gekündigt worden sei. Die langjährige<br />
Tätigkeit des Designers als Kreativdirektor<br />
war zweifelsohne von Erfolg gekrönt. Er brachte<br />
frischen Wind in die Ästhetik des Modehauses und<br />
gewann hochkarätige Fans wie Michelle Obama und<br />
Nicole Kidman. Im Jahr 2014 schätzte das Unternehmen<br />
seinen Umsatz auf 321 Millionen US-Dollar.<br />
Allerdings hatte das anfänglich so schnelle Wachstum<br />
mittlerweile an Fahrt verloren. Spekulationen<br />
zufolge bemühte sich Shaw-Lan Wang – sehr zum<br />
Designer Alber Elbaz<br />
auf der Haute- Couture-<br />
Show «Lanvin for<br />
H&M» im New Yorker<br />
Hotel The Pierre<br />
am 18. November 2010.<br />
Leidwesen von Elbaz – um zusätzliche finanzielle<br />
Unterstützung einer grösseren Luxusgruppe. In<br />
seiner Stellungnahme betonte Elbaz jedoch, dass<br />
er mit dem, was er in den 14 Jahren für die Marke<br />
erreicht habe, zufrieden sei: «Gemeinsam haben<br />
wir uns den kreativen Herausforderungen von Lanvin<br />
gestellt, dem Modehaus wieder zu seinem alten<br />
Glanz verholfen und ihm seinen rechtmässigen<br />
Platz unter Frankreichs führenden Luxus-Modehäusern<br />
zurückgegeben.» Im März 20<strong>16</strong> ernannte Lanvin<br />
Bouchra Jarrar, eine französische Modedesignerin,<br />
die für Balenciaga und Christian Lacroix<br />
gearbeitet hatte, zur neuen Kreativdirektorin. Jarrar<br />
muss nun das Team umstrukturieren und dafür sorgen,<br />
dass wieder Ruhe einkehrt. Nach Elbaz’ Ausstieg<br />
hatten die 330 Mitarbeiter von Lanvin zu<br />
Streik- und Protestaktionen aufgerufen. Sie forderten<br />
ein Treffen mit der in Taiwan lebenden Eigentümerin,<br />
um über die Wiedereinstellung von Elbaz zu<br />
verhandeln. Die finanzielle und designerische Zukunft<br />
Lanvins hängt somit davon ab, ob es Jarrar<br />
gelingen wird, das Image des Labels wieder aufzupolieren,<br />
den Umsatzrückgang aufzuhalten und den<br />
Kunden einen frischen, neuen Stil zu präsentieren.<br />
ZAHLEN<br />
UND<br />
FAKTEN<br />
Lanvin erzielte 2014 einen<br />
Umsatz von EUR 206 Mio.<br />
Aufschlüsselung in %<br />
Quelle: reuters.com, wwd.com<br />
30%<br />
Einzelhandel<br />
70%<br />
Grosshandel