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Mehr als nur Kleidung Global Investor, 01/2016 Credit Suisse

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Global Investor, 01/2016
Credit Suisse

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GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 31<br />

Marken sind oft nur kurzlebige<br />

Modeerscheinungen. Modefirmen<br />

sind jedoch mit Markenläden<br />

– wenn auch nicht<br />

mit Markenprodukten – zu langfristigem, weltweitem<br />

Erfolg gelangt. Der Schlüssel hierzu<br />

liegt in der Effizienz ihrer Lieferketten.<br />

Die Bedeutung der Lieferkette<br />

Zara (im Besitz von Inditex), und in geringerem<br />

Masse auch H&M sind Modehäuser, deren<br />

Läden – im Gegensatz zu ihren Kleidern – markengeschützt<br />

sind. Sie verkaufen Mode. Zara<br />

hat in der Modewelt mit seiner schnellen Lieferkette<br />

für Unruhe gesorgt. Sie erlaubt es<br />

dem Unternehmen, das Risiko kurzfristiger<br />

Modetrends zu reduzieren und seine Kleider<br />

ohne Abschlag abzusetzen, was Zara rentabel<br />

und wertvoll macht.<br />

Bisher hatten Modefirmen Kollektionen<br />

entworfen, Prototypen hergestellt, diese in<br />

die (meist ausgelagerte) Massenproduktion<br />

geschickt und dann die Läden beliefert – ein<br />

Prozess, der gut ein Jahr dauerte. Bis die<br />

Produkte schliesslich in den Verkauf gelangten,<br />

hatte das Unternehmen vielleicht den<br />

jüngsten Modetrend der Saison verpasst. Die<br />

Bestände mussten dennoch beworben und<br />

verkauft werden, weil die Aufträge für den<br />

Grossteil der Kollektion bereits an die Lieferanten<br />

ergangen waren. Dieser Prozess wird<br />

als «Push System» bezeichnet. Weitere Informationen<br />

zur Lieferkette auf Seite 48<br />

Zara hat die Lieferkette grundlegend neu<br />

erfunden: Für die Modetrends der kommenden<br />

Saison wartet die Firma erst die <strong>Fashion</strong><br />

Shows der exklusiven Modelabels ab (üblicherweise<br />

rund sechs Monate vor Beginn der<br />

Saison). Erst dann entwirft und produziert<br />

Zara Kleider in ihren Fabriken am Hauptsitz<br />

in Spanien; diese werden innerhalb weniger<br />

Wochen an die Läden ausgeliefert. Die Lieferkette<br />

und alle Läden sind im Besitz von Zara.<br />

Die Läden melden, was sich verkauft und was<br />

nicht. Das erlaubt Zara, nur herzustellen, was<br />

auch nachgefragt wird. Seine Designer sehen<br />

sich auf der Strasse oder in Internet-Blogs<br />

nach neuer Mode um, sodass sich die Kollektion<br />

im Verlauf der Saison weiterentwickeln<br />

kann. Mit diesem flexiblen Modell lassen sich<br />

modische Fehler sowie Verkäufe mit Abschlag<br />

vermeiden.<br />

Die Konkurrenz zieht nach<br />

Sämtliche Modehäuser, von Benetton und<br />

Vögele bis hin zu den edlen Modemarken,<br />

waren gezwungen, von diesem Modell zu lernen<br />

und ihre Lieferketten entsprechend anzupassen.<br />

Auch die Firma H&M, die in Schweden<br />

entwirft, die Produktion jedoch zwecks<br />

Reduktion der Kosten nach Asien auslagert,<br />

musste sich weiterentwickeln. Bei H&M steht<br />

zwar der Preis stärker im Zentrum als die Mode,<br />

aber die Produktion wurde dennoch näher<br />

an den Absatzmarkt zurückgebracht, um<br />

schneller zu sein. Für Aufträge, die weiterhin<br />

nach Asien vergeben werden, verlangt H&M<br />

kürzere Liefertermine. Die Firma hat zudem<br />

Capsule Collections – einmalige und streng<br />

limitierte Kollektionen – mit renommierten<br />

Modeschöpfern entwickelt, um das Kundeninteresse<br />

an H&M anzufachen.<br />

Der japanische Einzelhändler Uniqlo, der<br />

2005 von Fast Retailing übernommen wurde,<br />

betreibt ein hervorragendes Lagerbestands­<br />

Kontrollsystem und bringt damit die richtigen<br />

Produkte zur richtigen Zeit an den richtigen<br />

Ort. Indes verfügt Uniqlo nur über wenige<br />

Designs, die tendenziell einfacher und praktischer<br />

sind als jene von Zara oder H&M. Die<br />

Firma produziert ihre Kleider in Japan, lagert<br />

aber gewisse Arbeiten nach China aus. Uniqlo<br />

organisiert Sportanlässe, um Interesse für<br />

seine Marke zu generieren, und hat Tennisass<br />

Novak Djokovic als globalen Markenbotschafter<br />

engagiert.<br />

Exklusivere Modemarken haben derweil<br />

tendenziell weniger effiziente Lieferketten und<br />

geringere Volumen, was die Generierung von<br />

Renditen erschwert. Die vielversprechendsten<br />

Akteure werden oft von grossen Luxusgüterkonzernen<br />

akquiriert, die ihre Verhandlungsmacht<br />

in Bezug auf Werbung oder Immobilien<br />

für bessere Renditen nutzen.<br />

Luxusgüterfirmen setzen ihre Produkte<br />

mit Erfolg weltweit ab, doch auch Modeunternehmen<br />

erreichen mittlerweile globale Reichweite.<br />

H&M hat seine Wurzeln in Schweden<br />

und hat in Nordeuropa seinen Durchbruch<br />

gefeiert. Inzwischen hat H&M aber erfolgreich<br />

nach Südeuropa, China und in die USA expandiert.<br />

Dank globaler Wachstumschancen<br />

kann die Firma die Zahl ihrer Läden jährlich<br />

um 10 Prozent steigern. Zara verbuchte seine<br />

ersten Erfolge in Südeuropa und Lateinamerika,<br />

stiess später nach Asien, Russland und<br />

in andere Schwellenländer vor und ist nun<br />

auch in den USA präsent. Auch Zara erhöht<br />

die Zahl seiner Läden um 8 bis 10 Prozent<br />

pro Jahr. Inditex ist zum weltweit grössten<br />

Bekleidungsunternehmen avanciert, das einen<br />

Umsatz von über 20 Milliarden Euro erzielt<br />

und eine Markt kapitalisierung von 90 Milliarden<br />

Euro erreicht hat. H&M generiert einen<br />

Umsatz von rund 20 Milliarden Euro und weist<br />

eine Marktkapitalisierung von 50 Mil liarden<br />

Euro auf. Beide Unternehmen haben nur in<br />

einigen wenigen Märkten einen Anteil von<br />

über 5 Prozent. Siehe auch den Beitrag über<br />

Mode in Indien auf Seite 14<br />

Die Tücken des Erfolgs<br />

Obschon erfolgreiche Geschäftsmodelle existieren,<br />

gab es in der Geschichte der Mode auch<br />

Misserfolge. Einer der häufigsten Fehler ist<br />

übermässige Präsenz: Unter dem neuen CEO<br />

Michael Jeffries wurde Abercrombie & Fitch<br />

in den 1990er-Jahren zur Topmarke für Teenager.<br />

Läden mit lauter Musik und auf einer<br />

Bühne tanzenden Teens, Parfümduft und ein<br />

populäres Logo wurden weltweit zum Erfolg.<br />

Aber das Logo war übermässig präsent und<br />

verlor seinen «Teen Appeal» – die Kunden<br />

wendeten sich ab. Das Unternehmen bemüht<br />

sich nun schon seit fünf Jahren, seiner<br />

Weltweit grösste<br />

Bekleidungseinzelhändler<br />

Beide Firmen hatten bis 2010 eine ähnliche<br />

Marktkapitalisierung; danach stieg die von Inditex<br />

(Zara) steiler, während jene von H&M weiterhin<br />

mit dem bisherigen Tempo zunahm. Quelle: Bloomberg<br />

in Mrd. Euro<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

Mai 01<br />

Marktkapitalisierung Inditex<br />

Marktkapitalisierung H&M<br />

Mai 05 Mai 10 Mai 15

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