unternehmen Oktober 2014
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<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 41 | <strong>Oktober</strong> <strong>2014</strong><br />
[titelthema]<br />
Einladung<br />
zumAnfassen<br />
Wie funktioniert eine Brennstoffzelle? Was tun, wenn ein E-Auto brennt? Wie<br />
verhält sich Wasserstoff? Antworten gibt das Ulmer WBZU -– Handwerkern,<br />
Studenten, Schülern. Anfassen ist dabei fast immer erlaubt. Dr.TobiasMehlich<br />
und Prof.WernerTillmetz über das Tête-à-Tête von Handwerk und Forschung.<br />
Wer Handwerker sucht, tut das in Werkstätten oder<br />
auf dem Bau. Seit einiger Zeit tauchen sie aber<br />
auch mitten in der Ulmer Wissenschaftsstadt auf<br />
dem Oberen Eselsberg vermehrt auf – in Seminaren<br />
und Laboren. Was steckt dahinter?<br />
Dr. Tobias Mehlich: Das Handwerk macht sich fit für die<br />
Zukunft – im Weiterbildungszentrum für innovative<br />
Energietechnologien der Handwerkskammer Ulm,<br />
dem WBZU. Es ist eine Schnittstelle zwischen Praxis<br />
und Forschung.<br />
Will das Handwerk selbst forschen?<br />
Mehlich: Nein, es geht darum, den Kunden Erfindungen<br />
möglichst rasch anzubieten. Zum Handwerk zählt<br />
eben nicht nur der Schuster, der nach herkömmlicher<br />
Methode Schuhe besohlt. Wir wollen ein traditionelles<br />
Handwerk, aber wir wollen auch ein Handwerk, das die<br />
moderne Welt gestaltet. Wir entwickeln neue Betätigungsfelder<br />
und Geschäftsideen.<br />
Und wieso suchen Sie, Professor Tillmetz, als Wissenschaftler<br />
und Leiter des Zentrums für Sonnenenergie-<br />
und Wasserstoff-Forschung (ZSW) die<br />
Nähe zum Handwerk?<br />
Professor Werner Tillmetz: Mich hat schon immer nicht<br />
nur die pure Forschung angetrieben. Die dient im<br />
universitären Bereich dem reinen Erkenntnisgewinn.<br />
Das ist für mich persönlich eher sekundär. Mir ist die<br />
Anwendung wichtig: Wie kann ich das nutzen? Wie<br />
kann die Wirtschaft damit Geld verdienen? Wie kann<br />
man eine neue Technologie nachhaltig nutzen? Wir in<br />
Deutschland haben ein Umsetzungs-Problem. Wir sind<br />
immer wieder Forschungsweltmeister, aber verkaufen<br />
tun andere.<br />
An welche Beispiele denken Sie?<br />
Tillmetz: Kameras. Da waren wir einst Weltmarktführer.<br />
Hochwertige Kameras kamen aus Deutschland.<br />
Wie viele produzieren wir heute noch? Es gibt viele andere<br />
Beispiele. Wo mechanische Technologien von etwas<br />
Neuem, Besseren verdrängt werden, ist auch das<br />
oft bei uns erfunden worden. Nehmen Sie den Computer,<br />
entwickelt von Konrad Zuse, das Fax von Siemens ...<br />
Und wer macht das Geschäft? Apple, Samsung, Panasonic<br />
... Das treibt mich um, weil ich seit Jahrzehnten an<br />
neuen Technologien arbeite, lange in der Industrie –<br />
und jetzt seit fast zehn Jahren hier in der Forschung.<br />
Wie kommt das Handwerk ins Spiel?<br />
Tillmetz: Die Idee ist vor gut eineinhalb Jahren entstanden.<br />
Grundgedanke: Mit dem Handwerk sind wir direkt<br />
am Nutzer neuer Technologien dran. So erfahren<br />
wir, was er nicht oder anders will – und wieso. Das ist<br />
eine Chance, vom reinen Forschungsweltmeister wegzukommen.<br />
Hat die Kooperation schon unmittelbaren Nutzen<br />
für Ihre Forschung gebracht?<br />
Tillmetz: Noch nicht direkt. Aber vor gut einem Jahr<br />
war ich mit meinem Auto beim Kundendienst. Bei der<br />
Gelegenheit habe ich den Meister gefragt, was er von<br />
Elektromobilität hält – einem der Schlüsselthemen an<br />
unserem ZSW.<br />
Und?<br />
Tillmetz: „Totaler Blödsinn“, sagte er.<br />
Wer wie Sie Batterien entwickelt, muss da wohl erst<br />
mal schlucken, oder?<br />
Sie verbinden Handwerk und Forschung: Tobias Mehlich (li.), Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Ulm, und Professor<br />
Werner Tillmetz, Leiter des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung, vor einem Blockheizkraftwerk.<br />
ZurPerson<br />
Langweilig dürfte es<br />
Tobias Mehlich (47)<br />
so schnell nicht werden.<br />
Als Hauptgeschäftsführer<br />
der<br />
Handwerkskammer<br />
Ulm vertritt er seit<br />
dem Jahr 2010 rund<br />
18.000 Betriebe. In<br />
seiner Freizeit engagiert<br />
er sich für Musik<br />
– als Vorsitzender<br />
des Vereins Kinderund<br />
Jugendchor „Ulmer<br />
Spatzen“. Der<br />
Jurist, der mit seiner<br />
Familie (verheiratet,<br />
drei Kinder) in Ulm<br />
wohnt, stammt aus<br />
dem hessischen Bad<br />
Nauheim.<br />
ZurPerson<br />
WernerTillmetz gehört<br />
zu den führenden<br />
Brennstoffzellenund<br />
Batterieexperten<br />
in Deutschland. Der<br />
59-jährige Professor<br />
folgte 2004 dem Ruf<br />
der Uni Ulm. Seither<br />
leitet er den Geschäftsbereich<br />
Elektrochemische<br />
Energietechnologien<br />
am<br />
Zentrum für Sonnenenrgie-<br />
und Wasserstoffforschung.<br />
Der<br />
gebürtige Oberbayer<br />
wuchs in Lindau auf,<br />
wo er noch heute mit<br />
seiner Frau und seinen<br />
beiden Kindern<br />
(15 und 21) lebt.<br />
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