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DER BIEBRICHER, Nr. 315, Februar 2018

Stadtteilmagazin für Wiesbaden-Biebrich

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Von einer Bierbrauerei über eine Konservenfabrik hin zu<br />

einem Seniorenzentrum und Lebenszentrum für<br />

Menschen mit Demenz<br />

In diesem Jahr jährt sich die<br />

Gründung des Katharinenstifts<br />

zum 125. Mal. Grund genug für<br />

den <strong>BIEBRICHER</strong>, das Jubiläum<br />

mit verschiedenen Beiträgen<br />

im laufenden Jahr zu begleiten.<br />

Den Auftakt bildet nachfolgend<br />

ein Rückblick in die Geschichte<br />

der untrennbar mit Biebrich verbundenen<br />

Einrichtung. Teile des<br />

nachfolgenden Beitrages stammen<br />

aus der vom Biebricher<br />

Historiker Peter-Michael Glöckler<br />

anlässlich des Jubiläums verfassten<br />

Chronik, die Bestandteil<br />

der in diesem Jahr erscheinenden<br />

Festschrift sein wird.<br />

REPRO PETER-MICHEL GLÖCKLER<br />

REPRO PETER-MICHEL GLÖCKLER<br />

Die Gründung des Katharinenstifts<br />

geht auf die Initiative der<br />

evangelischen Familie Schneider<br />

zurück. Um 1862 zog die Familie<br />

von Christoph Friedrich Schneider<br />

und seiner Frau Katharina<br />

nach Biebrich in ein Fachwerk an<br />

der früheren Wiesbadener Straße<br />

(heute Straße Am Schlosspark).<br />

Es ist das heutige „Haus<br />

Katharina“ am westlichen Rand<br />

des Katharinenstifts. Auf einem<br />

weiträumigen Areal neben dem<br />

Haus der Schneiders, zwischen<br />

dem Biebricher Rathaus und<br />

dem Schlosspark, befand sich<br />

einst eine Bierbrauerei mit dem<br />

Katharina Schneider legte mit<br />

ihrem Testament den Grundstock<br />

für das später nach ihr<br />

benannte Katharinenstift.<br />

Das frühere Haus „Albert Schweitzer“ des Katharinenstifts im Jahre 1920, das 1989 durch einen Neubau<br />

ersetzt wurde.<br />

Ausschank „Kaiser Adolph“.<br />

Nachdem die Brauerei verlegt<br />

war entstand dort eine Konservenfabrik.<br />

Nach deren Konkurs<br />

übernahm Hauptgläubiger Gustav<br />

Albert Schultze, Ehemann<br />

von Louise Schultze, geborene<br />

Schneider, das gesamte Anwesen.<br />

Nach dem Unfalltod ihres<br />

Ehemannes, der mit dem Bau<br />

von Bahnlinien in Österreich ein<br />

Vermögen gemacht hatte, trat<br />

Louise Schultze 1873 ein großes<br />

Erbe an, wozu auch die Konservenfabrik<br />

gehörte. Louise<br />

Schultzes Vater starb 1876, woraufhin<br />

seine Witwe Katharina<br />

Schneider testamentarisch festlegte,<br />

dass nach ihrem eigenen<br />

Ableben ihre Tochter Louise das<br />

elterliche Erbe einem sozialen<br />

Zweck zuführen sollte.<br />

Katharina Schneider starb am<br />

11. <strong>Februar</strong> 1886. In Erfüllung<br />

des Wunsches ihrer Mutter<br />

gründete Louise Schultze im <strong>Februar</strong><br />

1893 in einem der Häuser<br />

der Konservenfabrik ein „Feierabendheim“,<br />

in dem „bedürftige,<br />

alleinstehende Damen bei<br />

freundlicher Behandlung Kost<br />

und Wohnung finden sollten“.<br />

Der erste Bewohner war dann<br />

aber doch ein Mann: Der 74-jährige<br />

Biebricher Fuhrmann Johann<br />

Ningel (1819-1894) bezog<br />

das erste Zimmer - innerhalb<br />

des ersten Jahres folgten weitere<br />

68 Frauen und Männer, sie<br />

stammten aus allen Schichten<br />

der Bevölkerung. Die Zahl<br />

der Bewohnerinnen und<br />

Bewohner stieg stetig,<br />

weshalb Schultze<br />

weitere Gebäude aus<br />

der Konkursmasse der<br />

Konservenfabrik für Alte<br />

herrichtete. Darüber hinaus<br />

bot Louise Schultze für junge<br />

Frauen einen Kurs in Hausarbeit<br />

an. Nach dem einjährigen Kurs<br />

hatten die jungen Frauen einen<br />

leichteren Start in ihr Berufsleben.<br />

In jener Zeit waren Haushälterinnen<br />

nicht nur in Villen<br />

am Rheinufer, sondern auch in<br />

den vielen Bürgerhäusern am<br />

Schlosspark sehr gefragt.<br />

Rückblick<br />

125 Jahre<br />

Katharinenstift<br />

Das „Feierabendheim“ geriet<br />

jedoch in finanzielle Schwierigkeiten,<br />

so dass Louise Schultze<br />

das Heim 1901 an den „Evangelischen<br />

Verein für Innere Mission<br />

Nassau“ (EVIM) verkaufte.<br />

Ein Teil des Verkaufserlöses<br />

floss in eine Stiftung, die Louise<br />

Schultze nach ihrer Mutter<br />

Katharina benannte. Mit der<br />

„Katharinenstiftung“ konnten<br />

im Heim immer wieder Investitionsmaßnahmen<br />

durchgeführt<br />

werden. Zur Betreuung<br />

der Senioren<br />

kamen Diakonissen<br />

aus dem schweizerischen<br />

Bern. Die nun<br />

Katharinenstift genannte<br />

Einrichtung diente bis<br />

zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges<br />

als Altenheim und Haushaltsschule.<br />

Zu Kriegsbeginn<br />

verließen zuerst die Schülerinnen<br />

das Haus, weil deren Räume<br />

als Reservelazarett benötigt<br />

wurden. Im Winter 1918/19<br />

beschlagnahmten französische<br />

Besatzungstruppen das gesamte<br />

Heim, danach stand das Katharinenstift<br />

leer.<br />

Im Juni 1920 gelang die Wie-<br />

4 <strong>DER</strong> <strong>BIEBRICHER</strong> / FEBRUAR <strong>2018</strong>

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