E_1928_Zeitung_Nr.079
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Zum Kesselfreiben gegen<br />
die Betonsfrasse.<br />
0 «Warum baut die Schweiz keine Betonstrassen?»<br />
Der Schreiber dieser Zeilen hat<br />
diese Frage schon längst und wiederholt aufgeworfen<br />
in der Ueberzeugung, dass der<br />
Sieg der Betonstrasse in den Vereinigten<br />
Staaten, dem Automobilland par e^cellence,<br />
nicht ein Zufallsergebnis sein kann, und aus<br />
der Erfahrung* heraus, dass in den von ihm<br />
bereisten europäischen Ländern mit der Betonstrasse<br />
ausschliesslich gute Erfahrungen<br />
gemacht wurden.<br />
Merkwürdigerweise hat sich die schweizerische<br />
Tagespresse bis dahin mit der Angelegenheit<br />
so gut wie nicht beschäftigt. Eine<br />
Ausnahme bildet meines Wissens bloss die<br />
Baier «National-<strong>Zeitung</strong>», wo Felix Möschlin<br />
energisch für die Betonstrasse eingetreten<br />
ist.<br />
Die dokumentarischen Zahlen und sonstigen<br />
Belege sind von der Tagespresse kaum<br />
wiedergegeben worden, weder in rein orientierendem<br />
Sinne noch mit einem Versuch der<br />
Widerlegung, der übrigens angesichts des<br />
reichen Tatsachenmaterials gänzlich aussichtslos<br />
wäre. Nun bekommt man auf einmal<br />
in den meisten Tagesblättern eine Diskreditierung<br />
der Betonstrasse zu Gesichte,<br />
die trotz einem ostentativ angehängten<br />
Schwänzlein des Wohlwollens für die Entwicklung<br />
unseres Strassenwesens verhängnisvoll<br />
werden könnte.<br />
Den Anlass bildete die Behandlung des<br />
Automobilstrassenbauprogramms im aargauischen<br />
Grossen Rat, wo sich der aargauische<br />
Baudirektor veranlasst sah, «vor der Anlage<br />
weiterer Betonstrecken zur Vorsicht zu mahnen».<br />
Im «Zofmger Tagblatt» vom 12. September<br />
wird über das Berichtsobjekt, die Betonstrasse<br />
zwischen Wildegg und Brugg, in<br />
dem Sinne referiert, dass der Betonbelag der<br />
starken Belastung durch den Verkehr,<br />
namentlich auch durch den Lastautomobilverkehr,<br />
durchaus standgehalten habe. Aber<br />
«als im verflossenen trockenen Sommer nach<br />
ein paar heissen Tagen über die Gegend von<br />
Brugg ein starkes Gewitter niederging, zeigten<br />
sich an der Betonstrasse plötzlich Risse».<br />
Den nähern Ursachen, die zu den Rissen<br />
führten, soll noch nachgegangen werden.<br />
Wenn durch die Befürworter des Betonstrassenbaus<br />
auf Südfrankreich und Amerika hingewiesen<br />
wird, so sei zu antworten, dass<br />
sowohl in Südfrankreich wie in Amerika das<br />
Strassennetz über grosse Ebenen führt, an<br />
denen sich in sehr weiten Entfernungen die<br />
Ortschaften befänden. In der Schweiz aber,<br />
und namentlich im Aargau, liegen in den<br />
Strassen — auch in Landstrassen — die<br />
Ferngasleitungen, die Wasserleitungen und<br />
in neuester Zeit auch die Telephonkabel, welche<br />
von Ort zu Ort führen. Die Anlegung<br />
von Betonstrassen lässt sich mit solchen Leitungen<br />
nicht vereinbaren. Denn im Falle von<br />
Reparaturen an den Gas- und Wasserleitungen<br />
sowie an den Telephonkabeln würde die<br />
Durchbrechung der Betondecke grosse<br />
Schwierigkeiten bieten. Dort jedoch, wo* solche<br />
Leitungen nicht in Frage kommen, wäre<br />
der Bau von Betonstrassen, wenn die Befconstrecke<br />
den Witterungseinflüssen tatsächlich<br />
standhält, namentlich auch mit Rücksicht<br />
auf den Fuhrwerk- und Fussgängerverkehr<br />
durchaus zu empfehlen».<br />
Das heisst auf deutsch: wir wollen überhaupt<br />
keine Betonstrassen. Wo Leitungen<br />
hingehören, ohnehin nicht, und da die Strasse<br />
zwischen Wildegg und Brugg den Witterungseinflüssen<br />
nicht standgehalten hat, aus<br />
diesem Grunde nicht. Dass die Befürworter<br />
der Betonstrasse durchaus nicht bloss auf<br />
Südfrankreich und Amerika oder auf weite<br />
Ebenen hinweisen können, sei nur nebenbei<br />
erwähnt. Andere Länder haben Betonstrassen<br />
in den am dichtesten besiedelten Gebieten,<br />
auch in grossen Hauptstädten, in im Gebirge<br />
ist die Betonstrasse nach den amerikanischen<br />
Erfahrungen schlechthin das Beste<br />
(wie übrigens auch die grosste Steilstrecke<br />
am Nürburgring mit 27 Prozent Steigung mit<br />
gutem Erfolg in Beton ausgeführt wurde).<br />
Eins allerdings muss zugegeben werden: Die<br />
Betonstrasse kann nicht gut alle Jahre ein<br />
paarmal aufgerissen werden, sondern es muss<br />
der Anlegung eine Revision sämtlicher Leitungen<br />
vorausgehen, und die verschiedenen<br />
Departemente für Gas, Elektrizität, Wasser<br />
und Telephon müssen sich — was bei uns ungeheuer<br />
schwer zu sein scheint — einmal<br />
verständigen. Der Steuerzähler käme dabei<br />
nicht zu Schaden.<br />
Der Meldung des aargauischen Blattes hat<br />
eine andere Tageszeitung erfreulicherweise<br />
etwas beizufügen. Es ist die «Basellandschaftliche<br />
<strong>Zeitung</strong>» vom 15. September. Erstens<br />
bemerkt sie ganz richtig, dass schon<br />
ein Jahr vor dem Bau der Betonstrecke im<br />
Kanton Baselland ein Teilstück der Strasse<br />
Pratteln-Basel bei der Lachmatt in Beton erstellt<br />
worden sei, dass also die Betonstrecke<br />
zwischen Wildegg und Brugg nicht als die<br />
erste Betonstrecke in der Schweiz bezeichnet<br />
werden könne. Zweitens stellt das Blatt fest,<br />
dass die Strecke bei der Lachmatt die bei<br />
4er Brugger Strecke gerügten Fehler nicht<br />
Die Fahnen auf der eidgenössischen Curia<br />
sind gehisst. Das eidgenössische Parlament<br />
hat seine vierzehntägige Session eröffnet.<br />
Händeschütteln, Einräumen, Wiederse'iensfreude,<br />
verbunden mit einer auffallenden<br />
Schwatzhaftigkeit, eine schlechte Akkustik<br />
des Saales obendrein, machen es dem Berichterstatter<br />
schwer, den Referenten über<br />
den sogenannten Benzinzollviertel gut zu<br />
verstehen. Herr Joss, der Präsident der<br />
Kommission gibt bündigen Aufschluss über<br />
die Beratungen der nationalrätlichen Kommission<br />
und deren Beschlüsse. Mit ihm empfiehlt<br />
Nationalrat Couchepin die neue Fassung<br />
des Art. 3, der den Verteilungsschlüssel<br />
in folgender Fassung bringt:<br />
«Die Subvention wird auf die Kantone verteilt:<br />
Zu zwei Dritteln nach dem Verhältnis<br />
der Gesamtausgaben, die der Kanton für das<br />
den Automobilverkehr dienende Strassennetz<br />
in den drei letzten dem Subventionsjahr vorangehenden<br />
Jahren gemacht hat, zu den entsprechenden<br />
Ausgaben sämtlicher iyan f one.<br />
zu einem Drittel nach den Strassenlängen<br />
gemäss den nachstehenden prozentuellen<br />
Ansätzen :<br />
Zürich 7,06%<br />
Bern 14,73%<br />
Luzern 3,36%<br />
Uri 1,91%<br />
Schwyz 2,12%<br />
Obwalden 0,81%<br />
Nidwaiden 0,68%<br />
Glarus 1,12%<br />
Zug 0,80%<br />
Fribourg 4,63%<br />
Solotkurn 2,55%<br />
Baselstadt 0,46%<br />
Baselland 1,77%<br />
Schaff hausen 1,25%<br />
Appenzell A.-Rh. 1,53%<br />
Appenzell I.-RH 0,27%<br />
St. Gallen 6,44%<br />
Graubünden 11,59%<br />
Aargau 6,37%<br />
Genf 1,37%<br />
Die Ansätze unterliegen alle fünf Jahre<br />
einer Ueberprüfung durch den Bundesrat,<br />
wobei den inzwischen eingetretenen wesentlichen<br />
Aenderungen Rechnung zu tragen ist.»<br />
Das Schema wurde aufgestellt, nachdem<br />
der Begriff der Durchgangsstrasse genau<br />
fixiert und für jeden Kanton genau bestimmt<br />
war, wie viele Kilometer seiner Strassen als<br />
Durchgangsstrasse gelten können. Die FasX<br />
sung dieses dritten Drittels wurde denn auch<br />
von Bundesrat Chuard gutgeheissen und von<br />
ihm die Hoffnung ausgedrückt, dass an diesen<br />
Ansätzen nichts mehr geändert werde.<br />
Eine kurze Diskussion setzte ein, wobei sich<br />
die beiden Vertreter Genfs, die Herren Naine<br />
und De Rabour nochmals für ihren Kanton<br />
wehrten und den Verteilungsschlüssel als<br />
eine Ungerechtigkeit bezeichneten, den man<br />
denjenigen Kantonen, die einen grossen<br />
Automobil verkehr und wenige Durchgangsstrassen<br />
aufweisen, angedeihen lasse. Allein<br />
der Rat Hess sich auf Abänderungsa/rträge<br />
nicht mehr ein, nur ein Antrag Eugster wurde<br />
gutgeheissen, der beim Art. 3 den Passus<br />
zu den «entsprechenden ausgewiesenen Ausgaben»<br />
aufgenommen haben wollte.<br />
Art. 4 bis erhält nach Antrag der Kommission<br />
folgende Fassung:<br />
«Der Subventionsanteil des einzelnen Kantons<br />
für die Jahre 1925 bis und mit <strong>1928</strong> wird<br />
jedes Jahr nach dem Verhältnisse der Gesamtausgaben,<br />
die der Kanton für sein Strassennetz<br />
in den drei dem Subventionsjähre<br />
vorangehenden Jahre gemacht hat, zu den<br />
aufweise. «Die Strecke bei der Lachmatt<br />
wurde mit Längs- und Querfugen versehen,<br />
und so viel wir wissen, weist die Aargauer<br />
Strecke die Längsfugen nicht auf, und es<br />
kann sehr wohl möglich sein, dass das Fehlen<br />
dieser Längsfuge Ursache der Risse geworden<br />
ist Die basellandschaftliche Betonstrecke<br />
bei der Lachmatt hat sich bis jetzt<br />
in jeder Beziehung gut bewährt, so dass die<br />
im Aargauer Grossen Rat erhobene Mahnung<br />
inbezug auf die Neuerstellung von Betonstrassen<br />
nicht ohne weiteres am Platze<br />
war».<br />
Wir können der Feststellung der «Basellandschaftlichen<br />
<strong>Zeitung</strong>» noch etwas beifügen,<br />
dass es nämlich in der Schweiz eine<br />
noch viel ältere Betonstrasse gibt, als auch<br />
bei der Lachmatt. 1909 wurde eine Betonstrasse<br />
in Rorschach erstellt; sie ist schon<br />
nach einem Jahre (1910) an einigen Stellen<br />
gerissen, seither aber stationär geblieben und<br />
hat sozusagen keinen Unterhalt erfordert.<br />
Nach der Ausbesserung der ersten Risse —<br />
das beweisen alle ausländischen Betonstras-<br />
AUTOMOBIL-REVUE <strong>1928</strong> — 79<br />
•X^Q-o^fjrag-e:».<br />
Benzlnzoll-Vlertel.<br />
Thurgau 5,06%<br />
Tessin 5,03%<br />
Waadt 10,86%<br />
Wallis 5,32%<br />
Neuenburg 2,91 %<br />
entsprechenden Ausgaben sämtlicher Kantone<br />
festgesetzt». Auch dieser Fassung<br />
stimmt der Rat zu und damit sind die Differenzen<br />
durchberaten.<br />
Der Ständerat hat in der Sitzung vom<br />
20. September zur Verteilung des Benzinzoll-<br />
Viertels ebenfalls und zum dritten Mal Stellung<br />
bezogen. Die ständerätliche Kommission<br />
ist zum Schlüsse gekommen, dass bei<br />
sämtlichen Differenzen dem Nationalrat zuzustimmen<br />
sei. Nach kurzer Diskussion wird<br />
der Bundesbeschluss mit 34 Stimmen d. h.<br />
einstimmig angenommen.<br />
Damit wären wir endlich einen Schritt weiter<br />
und es bleibt nur noch zu hoffen übrig,<br />
dass nachdem die beiden Räte nach langwierigen<br />
Debatten sich endlich gefunden, das<br />
den Kantonen nunmehr zur Verfügung gestellte<br />
Geld auch zweckdienliche und möglichst<br />
rasche Verwendung finde.<br />
Steigende Rendite der<br />
Bundesbahnen.<br />
Die Bundesbahnen erfreuen sich steigenden<br />
Wohlergehens, trotzdem die Automobilkolonnen<br />
auf den Strassen immer dichter<br />
werden. Das Märchen von der Automobilkonkurrenz<br />
dürfte demnach bald veraltet<br />
sein. Im August dieses Jahres haben die<br />
Bundesbahnen nicht weniger als 10,56 Millionen<br />
Passagiere und 1,68 Millionen Güter befördert.<br />
Die Steigerung gegenüber dem August<br />
vorigen Jahres beträgt ungefähr 30,000<br />
Passagiere. Die Transportmengen haben<br />
verglichen mit dem entsprechenden Monat<br />
vorigen Jahres von 1,53 auf 1,68 Millionen<br />
zugenommen. Es ist ganz zweifellos, dass<br />
der Hauptgrund der vermehrten Gütertransporte<br />
auf die anhaltend bessere Wirtschaftskonjunktur,<br />
sowie auf die intensive Werbearbeit<br />
der Sesa zurückzuführen ist. Was wir<br />
immer behaupteten, ist schlagend bewiesen :<br />
das Wohl und Wehe der Bahn hängt nicht<br />
vom Automobil, wie dies lange Zeit von bahnamtlicher<br />
Seite behauptet wurde, sondern<br />
einzig und allein von der Wirtschaftslage<br />
des Gesamtkontinents ab. Zugleich hat das<br />
Automobil an der Steigerung sicherlich einen<br />
grossen Anteil, indem es imstande war, den<br />
ganzen Güterverkehr beweglicher zu gestalten.<br />
Durch den erhöhten Verkehrsumsatz ist in<br />
erfreulicher Weise auch das finanzielle Ergebnis<br />
bedeutend besser geworden. Beträgt<br />
die Steigerung im Personenverkehr gegenüber<br />
dem Monat August 1927 Fr. 40,000, so<br />
im Güterverkehr 1,170,000 Franken. So dass<br />
sich, eine Verminderung der Betriebsausgagaben<br />
mit einbezogen, der Ueberschuss der<br />
Betriebseinnahmen von 17,225,095 im August<br />
,1927 auf 18,522,000 Franken im gleiche^ Monat<br />
dieses MlXfs" erhöht. ''•'• «<br />
Der Betriebsüberschuss ist seit Jahresbeginn<br />
um rund 13 Millionen Franken höher<br />
als in der entsprechenden Periode des vergangenen<br />
Jahres. Er beträgt nahezu 104 Millionen<br />
Franken und vermag deshalb die<br />
Summe, die von Zinsen und Amortisationsdienst<br />
für diese Zeit absorbiert wird, nicht<br />
nur zu decken, sondern noch rund fünf Millionen<br />
Franken für den Rest des Jahres in<br />
Bereitschaft zu halten.<br />
Zusamenfassend darf konstatiert werden :<br />
Die Konkurrenzierung der Bahn durch das<br />
Automobil ist sozusagen unbedeutend. Ist<br />
die Wirtschaftskonjunktur eine gute, so vermag<br />
auch heute noch, trotz des Automobils,<br />
die Bahn eine wesentliche Rendite herauszuwirtschaften.<br />
Was die Schweizerischen<br />
Bundesbahnen im speziellen anbetrifft, so ist<br />
die erfreuliche Tatsache zu buchen, dass sie<br />
in der Sanierung und Konsolidierung auf bestem<br />
Wege sind. Die gegenwärtige Lage<br />
der Bundesbahnen berechtigt zur Hoffnung,<br />
dass es ihnen möglich sein wird, aus eigenen<br />
Kräften ihre Finanzlage zu sanieren ohne den<br />
Bund weiter belasten zu müssen. Auch wenn<br />
das Kriegsdefizit nicht der Eidgenossenschaft<br />
gutgeschrieben wird, dürfte, sofern die günstige<br />
Wirtschaftskonjunktur anhält, der Augenblick<br />
gekommen sein, da die Schweizerischen<br />
Bundesbahnen mit Rückstellungen und<br />
Taxverbilligungen beginnen können. -t.<br />
sen — ist die Strasse weiterhin jahrzehntelang<br />
haltbar und glatt.<br />
' In einer andern Tageszeitung heisst es bei<br />
einem offenbar aus derselben Quelle stammenden<br />
Bericht über die Risse in der Aargauer<br />
Betonstrasse, die Aargauischen Zementfabriken<br />
hätten sich schon bei der Anlage<br />
verpflichtet, den Unterhalt «für eine bestimmte<br />
Zeit» auf eigene Kosten zu übernehmen.<br />
Warum wird nicht offen und rund heraus<br />
gesagt, dass diese Frist volle zwanzig<br />
Jahre beträgt? Die Betonfachleute müssen<br />
ihrer Sache doch unheimlich sicher sein, dass<br />
,sie eine solche Verpflichtung übernehmen.<br />
| In dem Zusammenhang interessiert es gewiss<br />
die weitere Oeffentlichkeit, dass die<br />
aargauischen Zementfabriken dem aargauischen<br />
Regierungsrat vor mehr als einem<br />
Jahre sogar folgende Offerte gemacht haben:<br />
, Die Zementfabriken übernehmen zu einem<br />
festen Preis, der 1 bis 2 Franken unter dem<br />
Erstellungspreis für Pflasterung liegt und sich<br />
um 16 Franken pro Quadratmeter bewegt, die<br />
Erstellung von Betonbelag und verpflichten<br />
sich, die Strasse in den ersten zwanzig Jahren,<br />
bis sie an den Staat übergeht, in gutem<br />
Zustande zu erhalten. Nach der Erstellung<br />
selber hat der Staat nicht einen Rappen zu<br />
bezahlen, sondern die Fabriken, um alle Ga-.<br />
rantie zu bieten, finanzieren den Bau in der<br />
Weise, dass der Staat jeweils am Ende eines<br />
Garantierjahres ein Zwanzigstel der Bausumme<br />
plus Zins zu bezahlen hat. Für die<br />
ersten 50,000 Quadratmeter entsprechend<br />
einer Bausumme von 800.000 Fr. wollten die<br />
Zementfabriken einen Zins von nur vier Pro-*<br />
zent berechnen, so dass die Fabriken erst im<br />
16. Jahre den Betrag erhielten, den sie für<br />
die Erstellung der Strasse auslegten.<br />
Wenn im aargauischen Grossen Rat Aine-*<br />
rika und Südfrankreich als die Länder bezeichnet<br />
wurden, mit denen die Anhänger<br />
der Betonstrasse exemplifizieren, so hat das<br />
Register beträchtliche Löcher. Sozusagen in<br />
allen Kulturstaaten hat man mit den Betonstrassen<br />
gute Erfahrungen gemacht, und wie<br />
gerade in Deutschland die Stimmung ist,<br />
kann man aus den Nummern vom 25. August,<br />
1. und 8. September der Berliner «Allgemeinen<br />
Automobil-<strong>Zeitung</strong>» ersehen, wo sich unter<br />
den Stichwörtern «Der böse Asphalt und<br />
der gute Beton», «Der Berliner Asphaltskandal»,<br />
«Die Revolution marschiert» usw. der<br />
Schrei nach dem Beton vernehmen lässt, in<br />
Leitartikeln einer Kompetenz wie Walter Ostwald<br />
und vielen Zustimmungsschreiben, wobei<br />
Ostwald feststellt, die Ursache einer<br />
schlechten Betonstrasse liege stets in der<br />
Ausführung; in Deutschland aber habe er<br />
zwar noch nie eine schlechte Betonstrasse<br />
getroffen, und bis dahin hätten die deutschen<br />
Betonstrassen den Automobilisten nur reine<br />
Freude gemacht.<br />
Wer die ausländischen Fachblätter durchgeht,<br />
kann ohne Mühe Dutzende von Zeugnis-!<br />
sen für die Unübertrefflichkeit der Betonstrasse<br />
zusammenstellen. Ist es Zwängerei,<br />
sind es andere unkontrollierbare Gründe, die<br />
uns in der Schweiz zu solcher Rückständigkeit<br />
im Betonstrassenbau verdammen? Sind<br />
die Amerikaner Idioten, dass sie 1,5 Milliarden<br />
Dollars für Betonstrassen ausgeben, 44,4<br />
Prozent der gesamten Bundeszuschüsse für<br />
Betonstrassen verwendeten und 1927 ihr Betonstrassennetz<br />
um dreissig Prozent erweiterten<br />
?<br />
Zur Frage der Betonstrasse wird uns weiter<br />
geschrieben:<br />
Im Anschluss an die zweitägige Strassendebatte<br />
im aargauischen Grossen Rate, waren<br />
in den verschiedenen Blättern der<br />
Schweizerpresse Artikel unter obiger Ueberschrift<br />
zu lesen. Die Einsendungen nehmen<br />
Bezug auf das den Habsburgerwald entlang<br />
ziehende Strassenstück der Hauptstrecke<br />
Brugg-Aarau, welches im Frühjahr 1927 von<br />
den aargauischen Zementfabriken als Betonversuchsstrasse<br />
ausgebaut wurde. Nun ist<br />
aber die betr. Betonstrasse weder der erste<br />
noch der einzige derartige Versuch in unserem<br />
Lande. Ungefähr % Jahre vor der aargauischen<br />
Versuchsstrecke wurde in der<br />
Lachmatt zwischen Pratteln und Muttenz<br />
eine ähnliche Anlage geschaffen. Anlass hiezu<br />
gab die allgemeine Strassenkorrektur der<br />
Strecke Basel-Liestal, wobei eine früher äusserst<br />
exponierte und zahlreiche Unfälle erfordernde<br />
Waldstrassenecke durch die diagonale<br />
Betonstrasse ersetzt wurde.<br />
Nach den Aeusserungen des Kontrollingenieurs<br />
für den aargauischen Versuch soll sich<br />
dieses Betonstück nicht in vollem Umfang<br />
bewährt haben, da sich im Betonbelag Querrisse<br />
zeigten, welche ein Abheben der obern<br />
von der untern Zementschicht zur Folge hatten.<br />
Erstmals wurden die Risse beobachtet,<br />
als nach grosser Hitz© ein heftiges Gewitter<br />
niederging, wodurch ein rascher Temperaturwechsel<br />
ausgelöst wurde. Es wird nun die<br />
Hypothese aufgestellt, dass die allzurasch©<br />
Abkühlung die Schichtlösung verursacht haben<br />
soll. Aber auch beim Bau der Strasse<br />
können Fehler unterlaufen sein, welche zu<br />
einer ungenügenden Schichtverbindung führten.<br />
Aus der kurzen Betriebsdauer lassen sich<br />
noch kein© endgültigen Schlüsse über die<br />
Verwendbarkeit der Betonstrasse ziehen.<br />
Erst eine bedeutend längere Belastungsprobe<br />
vermag Aufschluss zu erteilen über die Widerstandsfähigkeit<br />
gegenüber dem Lastwagenverkehr,<br />
speziell aber hinsichtlich der<br />
Witterungseinflüsse. Von Bedeutung ist aber<br />
die Tatsache, dass der Versuch jetzt schon<br />
für Automobil-, Fuhrwerk und Fussgängerverkehr<br />
ein vollauf befriedigendes Resultat<br />
zeitigte.<br />
Betrachten wir nun das längere Zeit in<br />
Verkehr stehende basellandschaftliche Strassenstück,<br />
welches zudem noch durch Waldgebiet<br />
führt, so weist dieses die auf der<br />
aargauischen Strecke aufgetretenen Mängel<br />
in keiner Weise auf. Die ca. 250—300 m<br />
lange Betonstrasse in der Lachmatt ist jedoch<br />
mit Längs- und Querfugen (quadratische<br />
Einteilung) versehen worden, während<br />
die aargauische Strecke nur Längsfugen aufweist.<br />
Ist da vielleicht die Fehlerquelle zu<br />
suchen, weil der Spannungsausgleich bei<br />
Doppelfugen gleichmässiger ist?