E_1929_Zeitung_Nr.107
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107 — 19S9 AUTOMOBIL-REVUE ÖÜ<br />
Willst du gesunde Kinder haben? Dann...<br />
Sorge für ausgiebigen Schlaf in gut gelüfteten<br />
Räumen, am besten bei offenem Fenster.<br />
Lasse sie so fange wie irgend möglich eine<br />
Ideine Ruhestunde am Nachmittag halten.<br />
Gewöhne ihre Körper an Luft und Sonne<br />
,, damit sie keine Sonderlinge werden.<br />
Lass VOT allem Freude und Heiterkeit im<br />
Leben deiner Kinder herrschen, das ist wichtiger<br />
für ihr Gedeihen als alles andere.<br />
Wie die Pariser Polizei einen Filmstar entdecken<br />
half.<br />
Eine junge, hübsche Deutsche, vom Filmfieber<br />
befallen, hielt sich in Paris auf. Mit<br />
vielen anderen wandelte sie den breiten Weg<br />
von Direktor zu Direktor, aber keiner erkannte<br />
in ihr das schlummernde Talent, und<br />
jedesmal musste sie unverrichteter Sache<br />
abziehen» Der Kummer nagte an ihrem Herzen,<br />
bis sie eines Tages in eine vergnügte<br />
Gesellschaft geriet, in der sie das Missgeschick<br />
des Alltags vergass. Leider wurde<br />
nicht nur sie, sondern auch die Freunde von<br />
allen Sinnen verlassen, und keiner wusste,<br />
wie es geschah, dass die junge Dame von<br />
der Pariser Polizei aufgegriffen, in Schutzhaft<br />
genommen und auf der Stelle Ohiappis<br />
Erziehungsmethoden unterworfen wurde.<br />
Weise und gütig wie weiland Salomon hat<br />
nämlich der Polizeipräfekt Chiappi, seiner<br />
Nationalität nach Korse, die Anordnung getroffen,<br />
alle Betrunkenen, die bei der Polizei<br />
eingeliefert würden, zu filmen.<br />
Der Film soll dann dazu dienen, den wieder<br />
nüchtern gewordenen als abschreckendes<br />
Beispiel zu dienen. So geschah es auch mit<br />
der Jungen Deutschen. Sie wurde beim Anblick<br />
ihres Bildes von tiefster Reue erfasst<br />
und gelobte unter Tränen, nie mehr ein Glas<br />
Wein* anzurühren. Damit sie aber den unwür-,<br />
digen Zustand ihres Sütidenfailes immer vor<br />
Augen behielte, bat sie sich von dem Beamten<br />
den Film aus.<br />
Obwohl dieser keine Befugnis hatte, d!e<br />
Filme seinen Klienten zu überlassen, schenkte<br />
er ihn doch, durch den Anblick der reuigen<br />
Sünderin gerührt, der jungen Dame. Sie verbarg<br />
ihren heimlichen Triumph und nahm<br />
sich schnell ein Taxi, das sie im Flug zu jenem<br />
Direktor führte, der ihr vor kurzem ein<br />
Engagement verweigert hatte. Auf ihre Bitte<br />
hin Hess er den Film vorführen und — bTach<br />
in Begeisterung aus angesichts einer so überzeugend<br />
dargestellten Trunkenheit Er engagierte<br />
die Glückliche vom Fleck weg mit<br />
einem Monatsgehalt von 3000 Francs.<br />
Eine Frau erschilesst unbekannte Welten.<br />
Im Herzen des Tibet<br />
Man hat bisher wenig weibliche Forschung»-<br />
reLsende gekannt. Wohl hat sich auch echon früher<br />
gelegentlich einmal eine Frau «erkühnt», irgendwelchen<br />
Völker- und länderkundlichen Dingen<br />
tanz allein in weiter Ferne nachzuspüren — doch<br />
«erkühnt» sagt hier alles —, und der eine oder andere<br />
Gelehrte hat »eine Frau mit auf Reisen genommen,<br />
aber sie war ihm nur persönlicher Kamerad,<br />
nicht wertvoll« wissenschaftliche Helferin.<br />
Neuerdings erst beginnt sich da ein grundlegender<br />
Umsturz zu vollziehen. Reisende von Ruf, wie Di.<br />
Colin Ross, Martin Johnson u. a. behaupten, dass<br />
sie ohne ihre Frauen niemals den Gipfel ihrer<br />
gründlichen Kenntnis von Land und Leuten erklommen<br />
hätten. Und jetzt hat eine Frau das Ei<br />
des Kolumbus entdeckt — nicht für sich, sondern<br />
für ihr ganzes Geschlecht, die abendländische Wissenschaft<br />
—, dass die Völkerkunde nur dann zu<br />
einer unbegrenzten Kunde von den Völkern werden<br />
kann, wenn die Frau die Arbeit nicht länger ganz<br />
ihren männlichen Kollegen überlässt. Die Frau<br />
epielt im Leben der meisten exotischen Völker eine<br />
grosse Rolle. Selbst den eingeborenen Männern ist ihr<br />
oft verschlossener Staat im Staate vielfach ziemlich<br />
unbekannt, um so mehr natürlich weissen Gelehrten.<br />
Weibliche Forscher können hier am besten Kenntnisse<br />
sammeln. Da» ist eine so grosee Selbstverständlichkeit,<br />
dass man eigentlich schon längst die<br />
logische Folgerung hätte daraus ziehen müssen.<br />
Aber die Verhältnisse gestatten es nicht, und erst<br />
in unseren Tagen durfte eine Frau wie Elexandra<br />
David-Neel es wagen, eigene Wege zu gehen, die<br />
sie in ihrem jetzt bei F A. Brockhaus erschienenen<br />
Buch «Arjopa». Die erste Pilgerfahrt einer weissen<br />
Frau nach der Verbotenen Stadt des Dalai Lama»<br />
aufzeigt. Das Entscheidende an dem Werk sind<br />
der Fortschritt, den eine grosse Idee hierin bekundet,<br />
und alle die Dinge, die ein Mann nicht erleben<br />
kann. Da eine Frau wesentlich anders sieht and<br />
empfindet als ein Mann, eröffnet eich Tibet plötzlich<br />
in einem überraschend neuen Licht. Welcher<br />
Forscher konnte je<br />
das tägliche Ltbtn in einem tibetanischen Frauenkloster<br />
beschreiben, -wer hatte bisher eine Ahnung, dass<br />
es im verbotenen Land turn Beispiel so etwas wie<br />
soziale Fagen und übelrte Wohnungsnot gibt? Ein<br />
Berliner Hintertreppenroman kann nichts Schlimmeres<br />
bringen, und man wird mit einigem Lächeln<br />
gewahr, wie sich unter dem fremdartigsten und<br />
buntesten Gewand überall die gleiche Menschlichkeit<br />
verbirgt. Auch die Religion der Tibeter beweist<br />
das. Aber- und Unglaub«, Sektirerei und<br />
braditionagespeistw Fanatismus leben nebeneinander.<br />
Ein. mystischer .Zauber liest über dem ganzen<br />
Land, überall scheint Buddha» Hand spürbar.<br />
Was ermöflichte füeser «eltenen Frau ihr er-<br />
•taunliches Wissen um die tiefen Abgründe und<br />
windumtosten Höhen einer Welt, die für uns trotz<br />
aller ceographischen und kartographischen Kenntnisse<br />
noch* einen weissen Fleck auf der Karte des<br />
Vollutums darstellt? Ein ««lischer General fahrt<br />
im Gespräch mit ihr über eine Skizze : «Das wäre<br />
ein interessanter Weg nach Lhasa, den. ist noch<br />
kein Weisser gegangen.» Schon steht es für sie<br />
fest - Diesen und keinen andern wähle ich. Erfolg<br />
verheisit nur eins: sie moss «ich als Arjopa<br />
als Bettelpllgerln nach Lhasa.<br />
Man bekommt eine Vorstellung von dem Dynamitcharakter<br />
dieser Frau, wenn man sie auf<br />
schneebedeckten Pfaden und stunn überbrausten<br />
Pässen sieht, die selbst von den Eingeborenen gemieden<br />
werden, wie sie Wölfen. Hyänen und Tigern<br />
ab Ihren •Mitkrearturen» in all der Seelenruhe entgegentritt,<br />
die sie als freiwillige tibetische Einsiedlerin<br />
in einer Fels- und Eiswüste von 4000 m<br />
Höbe erworben hat. Die Feindseligkeit der Natur,<br />
der sich Quälerei und Misstrauen von Seiten tibetanischer<br />
Beamten und Pilger zugesellen, ist jedoch<br />
oft eo gross. dass selbst ihr fast übermenschlicher<br />
Wille und ihre beinahe unfassbare büddhistischo<br />
Selbstüberwindung zu eineT grauenhaften<br />
Maske trostloser Verzweiflung werden. Aber sie<br />
hat schliesslich alles geschafft, was sie wollte, so<br />
dass ihr Buch — buchstäblich nachgefühlt und mit<br />
einer Reihe noch nie gesehener herrlicher Bilder<br />
ausgestattet — vor dem Leser mit der Sensation<br />
eines Rieeenfilma abrollen kann. Er wird-, nach<br />
diesem erwählten Genuss zweifellos dem Satz Dr.<br />
Wilhelm Filchners, dessen Rekord «Mit 4000 Mark<br />
durch Tibet» Madame David-Neel unterböten hat,<br />
da sie nur 200 Mark gebrauchte, herzlich beistimmen:<br />
«Meine unbegrenzte Bewunderung der heldenhaften<br />
Frau, die Tibet erlitt und erlebte.» Auch<br />
wird ihm dann verständlich sein, weshalb die Verfasserin<br />
mit dem Kreuz der Ehrenieeion und der<br />
Goldenen Medaille der Pariser Geographischen Gesellschaft<br />
ausgezeichnet worden ist<br />
Die befreite Stirn.<br />
Ein Titel, der ideologisch klingt. Und doch habe<br />
ich an nichts anderes gedacht, als an die arme,<br />
Jahre hindurch unterdrückte physische Stirn, welche<br />
die Mode für einige Zeit — vielleicht für ein<br />
oder zwei Jahre — vom Drucke des Strohs, des<br />
Filzes, Sammets und der Seide befreit hat. Dies ist<br />
eine revolutionäre Erscheinung, und nur Gott allein<br />
weiss, wieso es gekommen : jedenfalls werden die<br />
Stirnen heute, wenigstens bei gewissen Hüten, frei<br />
getragen. Und ich will gleich voranschicken, dass<br />
dies in manchen Fällen sehr hübsch ist. abgesehen<br />
davon, dass es stets bequem ist. Aber es gibt da<br />
viele Häkchen. Namentlich jene, dass es nur dann<br />
kleidsam ist, wenn 1. der Hut ganz klein ist und<br />
den Kopf gleich einem Tuche umspannt, 2. der Hut<br />
dunkel, am besten schwarz ist und das helle Gesicht<br />
gleich einem Nonnenschleier umrahmt, und 3. die<br />
Stiiü jung und frisch und ein wenig gewölbt ist.<br />
Die Wölbung der Stirn ist eine der Hauptvoraussetzungen,<br />
denn ein noch so schöner Kopf mit einer<br />
sonst schönen, aber flachen und geraden<br />
Stirn wird unter einem solchen Hute entschieden<br />
verlieren. Auch niedrige Stirnen, die bei einem<br />
derart; ausgeschnittenen Hute den Haaransatz sehen<br />
lassen, haben von vornherein verspielt. Und die Gewohnheit,<br />
Stirnlöckchen unter dem Hute hervorlugen<br />
zu lassen, beraubt diese Hutform des Schicks,<br />
der eben in der Einheitlichkeit und Gebundenheit<br />
Ton Gesicht und Kopf beruht. Gleich einem nag«schickt<br />
aufgesetzten Ornament« in der Architektur,<br />
bei der die iussere Form ana der inneren Konstruktion<br />
hervorgegangen ist.<br />
Leider werden diese reizenden Hüte niemals Töl-<br />
Iig populär sein bei Frauen, deren Stirnen Runen<br />
der Erfahrung tragen. Alle Ehre vor jedem in<br />
Ehren erworbenen Runzelchen, aber mir und wohl<br />
auch Ihnen gefällt entschieden eine glati« Stirne<br />
besser.<br />
Die Mode<br />
Das ist sie — die heiss umstrittene lansre Motrek<br />
Die Kompromissparole lautet: Morgens kurz, abends<br />
lang. Die Taille liegt hoch, der Stoff aber folgt der<br />
Hüfte, um erst in Schenkelhöhe im Godetschnitt zu<br />
fallen. Sehr viel wird, auch am Abend, der lange<br />
Aermel getragen. Reiche Anwendung von Spitzen,<br />
viel schwarz.<br />
Die Schweiz, das fünf teuerste Land Europas.<br />
Wir veröffentlichen nachstehend nach<br />
ausländischen Quellen eine Zusammenstellung<br />
über den Stand und die Entwicklung<br />
der Nahrungskosten in den europäischen<br />
Staaten.<br />
Die Nahrungskosten der einzelnen Länder<br />
betragen — wenn man die Lebenshaltung<br />
von 1913 mit 100 einsetzt:<br />
Land Mitte 1923 Mitte <strong>1929</strong><br />
Belgien 117 125<br />
Bulgarien 106 109<br />
Dänemark 153 150<br />
Deutschland 152 15t4<br />
Estland 120 130<br />
Finnland 147 144<br />
Frankreich 113 126<br />
Griechenland 144 137<br />
Großbritannien 157 149<br />
Irland 166 ' " 164 ' *<br />
Italien 142 148<br />
Lettland 144 164<br />
Niederlande 150 151<br />
Norwegen 17L 156<br />
Oesterreich 122 124<br />
Polen 143 139<br />
Bussland 218 233<br />
Schweden 157 149<br />
Schweia . 156 156!<br />
Spanien ";. - ;V 148 .138<br />
Tschechoslowakei ' 136 133<br />
Ungarn 132 134<br />
Von den 22 Staaten haben nur fünf (Grossbritannien,<br />
Irland, Lettland, Norwegen nnd<br />
Russland) höhere Nahrungskosten als die<br />
Schweiz.<br />
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