28.02.2018 Aufrufe

E_1931_Zeitung_Nr.042

E_1931_Zeitung_Nr.042

E_1931_Zeitung_Nr.042

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Bern, Dienstag, 19. Mai <strong>1931</strong> IV. Blatt der „Automobil-Revue" No. 42<br />

KB^SjiSH|WE|ja|li|iPP83|i§|<br />

Der Herr von der „Begeha<br />

Von Dr. Rudolf Eger.<br />

Dorothy sass im Hotel, trank Tee und Punkt Fünf Uhr Hess sich der Herr von<br />

runzelte die Brauen. Es waren hübsch der «Begeha» melden. Es war der junge<br />

geschwungene Brauen, zwei Millimeter Mann, der so bewundernd wegzusehen<br />

hoch. «Warum bloss dieser widerliche verstand. Dorothy war enttäuscht. Dieser<br />

hübsche, elegante Mensch hatte ihr<br />

Mensch mich immer anstarrt ?» dachte<br />

sie dabei. Dann entzog sie ihm 80 Prozent gefallen. Sie hatte ihn für einen Filmschauspieler<br />

gehalten. Oder mindestens<br />

ihres Profils und investierte sie vorteilhafter<br />

in der Betrachtung eines eleganten,<br />

jungen Mannes, der die Kunst ver-<br />

sich heraus, dass er von Beruf nichts war<br />

für einen Diplomaten. Und nun stellte<br />

stand, bewundernd wegzublicken. als ein Linksgeher, ein Vis-ä-vis, die<br />

männliche Hälfte eines Paares, eine Foxtrott-Existenz.<br />

Der junge Mann schien Dorothys Enttäuschung<br />

nicht zu merken. «Ich heisse<br />

Voss,» sagte er, «Karl Heinrich Voss.<br />

Nehmen Sie Kaffee oder Tee? Ach so. Sie<br />

sind ja Amerikanerin. Ich schätze: ohne<br />

Zucker. Was halten Sie von der «Begeha»?<br />

Geniale Einrichtung, wie ? Aber Sie müssen<br />

nicht denken, dass wir jeder Frau eine<br />

Offerte schicken! Nur solchen, die mir unerhört<br />

gefallen. Ich hoffe, Sie bemerken,<br />

dass das eine Liebeserklärung ist. Nehmen<br />

Sie Apfelkuchen oder Mohrenkopf 1 ?»<br />

Nicht zu leugnen, dass Karl Heinrich<br />

Voss vollendet tanzte. Die «Begeha» hatte<br />

reell geliefert. Aber es war nicht recht<br />

von ihm, ihr Zärtlichkeiten zuzuflüstern<br />

und sie so fest an sich zu drücken, war<br />

auch nicht in Ordnung. Das hiess, den<br />

Dienst am Kunden übertreiben.<br />

«Haben Sie abends etwas vor?» erkundigte<br />

er sich.<br />

«Ja», log Dorothy und stotterte etwas<br />

von einer Tante, die in Wahrheit ! in Ohio<br />

sass.<br />

«Und wie steht es mit morgen? Darf ich<br />

um 5 Uhr wiederkommen?»<br />

«Ich weiss noch nicht», sagte Dorothy,<br />

«aber bitte bestellen Sie Ihrer Firma, dass<br />

ich gern morgens eine Stunde Tennis spie-<br />

«Ich heisse Voss, Karl Heinrich Voss...»<br />

«Wenn ich bloss in dieser Grossstadt<br />

einen Mann kennen würde,» sagte sie sich.<br />

«Es gibt Situationen, in denen ein Mann<br />

höchst vorteilhaft ist.»<br />

Am nächsten Morgen fand Dorothy unter<br />

ihrer Post einen Brief in Maschinenschrift:<br />

«Wir gestatten uns hierdurch, Sie<br />

auf unser Unternehmen, die «Begeha»<br />

aufmerksam zu machen. Die « Begeha »<br />

— Besorgungzentrale gesellschaftsfähiger<br />

Herren — stellt alleinreisenden Damen<br />

Herren zu allen Zwecken zur Verfügung:<br />

Sportpartner — für Auto, Tennis, Golf<br />

und Eeiten —, Tänzer zum five o'clock<br />

tea, kunstverständige Begleiter für Museumsbesuche<br />

etc. Anruf genügt: Phäa<br />

9797.»<br />

Sie rief Phäa 9797 an und bestellte einen<br />

Herrn in Prima-Ausführung, mit allen<br />

Finessen des Tango vertraut.<br />

len möchte. Sagen wir um 9. Man soll<br />

mir einen guten Partner schicken.»<br />

Voss zog ein Notizbuch heraus und rio^<br />

tierte den Auftrag: «Tennispartner. 9 Uhr<br />

früh. Schönwald-Sportplatz.»<br />

Als Dorothy vor dem Schönwald-Sportplatz<br />

aus dem Auto stieg, stand Herr Karl<br />

Heinrich Voss am Tor, trug eine weisse<br />

Hose und winkte mit dem Schläger.<br />

«Guten Morgen», sagte Dorothy, «wo<br />

ist mein Partner 1»<br />

Dorothys Augen funkelten ihn an.<br />

«Aber es war doch nicht meine Absicht,<br />

mich mit Ihnen zu treffen. Weshalb<br />

schickt die Firma denn gerade Sie?»<br />

«Vielleicht, "weil ich so verliebt in Sie<br />

bin.»<br />

«Ich glaube eher, dass die Firma von<br />

meinem Auftrag gar nichts weiss.»<br />

«Zur Strafe dürfen Sie mich 6 :0 besiegen.<br />

Sie ahnen nicht, wieviel Vergnügen<br />

es mir macht, von einer hübschen Frau<br />

besiegt zu werden.»<br />

Wenn dies Karl Heinrieh Voss wirklich<br />

so viel Vergnügen machte, so versagte er<br />

es sich an diesem Morgen. Er placierte<br />

alle Bälle mit einer virtuosen Perfidie<br />

und Hess die arme Dorothy nicht einen<br />

Satz gewinnen.<br />

«Wie steht's mit morgen ?» fragte er, als<br />

sie sich trennten. Er zog das Notizbuch<br />

hervor.<br />

«Ich komme auf Veranlassung der Begeha...»<br />

«Danke», sagte Dorothy steif, «Ich habe<br />

kein Vertrauen mehr zu dem Notizbuch.<br />

Ich rufe lieber Ihre Firma an.»<br />

Und wirklich bestellte sie zum nächsten<br />

Vormittag, 10 Uhr, einen kunstverständigen<br />

Herrn vor das Kunstmuseum.<br />

Als Dorothy vor dem Kunstmuseum aus<br />

dem Auto stieg, stand Herr Karl Heinrich<br />

Voss am Tor, trug einen Melonenhut und<br />

eine Brille und winkte mit dem Baedecker.<br />

Dorothy starrte ihn wortlos an, dann<br />

machte sie kehrt, öffnete den Schlag des<br />

Autos und stieg wieder ein. Mit einem<br />

Satz war Voss bei ihr. «Weshalb sind Sie<br />

böse, dass ich der kunstverständige Herr<br />

-bitf?» rief er. «Die Sache ist ganz einfach:<br />

ich bin ein kunstverständiger Tänzer, der<br />

auch Tennis spielt.»<br />

«Ich werde mich bei Ihrem Chef beschweren,»<br />

versetzte Dorothy. «Ich lasse<br />

mich nicht zwingen, Sie jeden Tag zu treffen.»<br />

Am Haus der «Begeha» war ein Schild<br />

angebracht, das auf dieses bedeutende Unternehmen<br />

hinwies. «Begeha?» fragte die<br />

Portiersfrau. «Ach so — Begeha! Sie sind<br />

die Dame ! ?»<br />

«Was für eine Dame ?»<br />

«Na, egal. Zweiter Stock rechts.»<br />

Das Metallschild an der Türe rechts im<br />

zweiten Stock war überklebt. Auf einem<br />

Stück Papier stand «Begeha» Scheinbar<br />

ein ganz neues Unternehmen. Ein Diener<br />

öffnete.<br />

«Ich möchte mit dem Chef sprechen.»<br />

«Bitte», sagte der Diener, durchschritt<br />

das Vorzimmer, das mit echten Teppichen<br />

belegt war, öffnete eine Tür und liess<br />

Dorothy eintreten.<br />

«Guten Abend», sagte Karl Heinrich<br />

Voss, «womit kann ich dienen?»<br />

Auch wenn das Zimmer nicht so elegant<br />

gewesen wäre, auch wenn die ganze Aufmachung<br />

ihr nicht verraten hätte, dass<br />

dies unmöglich ein Bureau sein konnte,<br />

hätte sie doch sofort begriffen, dass die<br />

ganze «Begeha» nicht existierte — sie<br />

brauchte bloss Herrn Voss in die Augen<br />

zu sehen, in diese impertinenten Augen,<br />

die vor Vergnügen strahlten. «Ich kann<br />

nichts dafür, wenn wir uns jeden Tag<br />

treffen», sagte er scheinheilig, «aber jedenfalls<br />

freue ich mich, dass Sie hier sind.<br />

Bitte nehmen Sie Platz.»<br />

Dorothy nahm nicht Platz, sondern<br />

machte Miene, das Zimmer zu verlassen.<br />

An der Türe wandte sie sich um. «Sie haben<br />

gewusst, dass ich herkommen werde.<br />

Sie haben mir eine Falle gestellt. Das<br />

tut kein Gentleman.»<br />

Dorothy ging nach Hause und haderte<br />

mit Gott und Karl Heinrich Voss. Das<br />

ging so zwei Tage, dann hatte das Hadern<br />

seinen Reiz verloren. Sie langweilte sich.<br />

Und ausserdem begannen Selbstvorwürfe<br />

sie zu quälen. Weshalb nur hatte sie es<br />

ihm so schwer gemacht, sie zu treffen?<br />

Eine Stunde später rief sie Phäa 9797<br />

an.<br />

«Guten Abend, Miss Dorothy.»<br />

«Ich kann doch nichts dafür,» sa^te er schein,<br />

heiliz.<br />

«Bitte schicken Sie mir heute abend<br />

einen Herrn —»<br />

«Wozu?»<br />

«Um zu dinieren.» Mehr brachte sie<br />

Leichte<br />

vollhaltige<br />

Nahrung<br />

erhält den Autofahrer<br />

frisch<br />

Münsterhof, ZÜRICH<br />

Verlangen Sie Preisliste A<br />

öoltfommcnjfc Jotmiec Jomifienfütforge<br />

fjl eine Ileöeniöecfitfjecung in Uet&infiung mit einer<br />

KW ifjr töirÖ flem Öuctfj Krantyeit oöec Unfall eräjet&tfunfä#0 getrjorflencn Ütcfirfjecten fli'e<br />

Ptämienlaß abgenommen. $acü6er fjtnauö (ann nodf eine Kente tion f oflee io% fcä<br />

Kapitals bctfitf)ert tnetflen. Uine 3nöaltöiiätö» i 3ufa$ücrfiü)erung iß noltoenßig für alle, die<br />

nirijt mit einet pciüolcn oöec ftaatlia^en i£ctöecßslofen*5ücfocge rennen tonnen.<br />

bkibtn öo« on 6m Utbttfäfiflm beteiligt.<br />

H>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!