E_1936_Zeitung_Nr.056
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IV. Blatt<br />
\utomobil-RevuS<br />
Nr. 56<br />
BERN, 10. Juli <strong>1936</strong><br />
Böhmisches Glasservice, Modell Riefer & Cie.<br />
Farbiges, handgewobenes Tischleinen, Lydia Nencki, Bern-Paris.<br />
Vom geschmackvoll gedeckten Tisch her<br />
weht eine heitere, gemütliche Stimmung. Sein<br />
einladendes Gesicht wirkt irgendwie entspannend<br />
auf uns. Wir treten jns Zimmer, und<br />
bald kommt uns die Welt so aufgeräumt vor<br />
wie eben dieser gut zurechtgemachte Tasch.<br />
Tischservices verlegt. So tut dies die Werkstätte<br />
von Fritz Haussmann in Uster, S. W, B„<br />
deren schönes, bei hoher Brennstärke herausgebrachtes<br />
Service wir hier in mehreren Stücken<br />
zeigen. Es handelt sich hiebei um eine solide<br />
Masse, die dem Steingut an Härte nahe kommt<br />
und sich durch eine widerstandsfähige, auffallend<br />
schöne Glasur in Weiss wie in dekorativen<br />
Farben auszeichnet. Die Formen sind<br />
elegant, ausgezeichnet durchgebildet und fern<br />
aller modischen Spielerei. Hausmann hat auch:<br />
(Photo Guggenbühl)<br />
Formschönes Tischgerät<br />
vorzüglich geformte Kaffee- und Teeservices<br />
herausgebracht. Eine Sonderausstellung von<br />
sehr vielseitigen keramischen Arbeiten Fritz<br />
Hausmanns ist vom 2. Juli an bei Kiefer in<br />
Zürich zu sehen.<br />
Böhmen und Frankreich zählen zu den wichtigsten<br />
Ursprungsländern verlockender Gläser.<br />
Baccarat hat sich in den letzten Jahren wie*<br />
der dem einfachen, unverzierten Trinkglas zu*<br />
gewandt und schafft entzückende Gebrauchs«<br />
formen, was hier ebenfalls im Bilde wiedergegeben<br />
ist Aus Böhmen stammen Bowlenform,<br />
Krug und Gläser, die sich als geblasene Fadengläser<br />
vorstellen. Es handelt sich dabei um<br />
eine uralfe Technik, die zum Erzielen eines<br />
einfachen Netzmusters verwendet worden ist.<br />
Die in Paris lebende Berner Handweberin<br />
Lydia Nencki hat die hier abgebildete Tisch-<br />
Zum Gelingen braucht es aber nicht bloss<br />
Ordnung und Sauberkeit. Es gehören dazu<br />
auch wirklich kultivierte Geräte und schöne<br />
Tischwäsche. Zweckdienliches Geschirr und<br />
andere formvollendete Dinge wirken erzieherisch<br />
auf den Menschen. Sie veranlassen ihn,<br />
sie behutsam zu behandeln. An einem geschmackvollen<br />
Tisch herrschen unwillkürlich<br />
bessere Manieren. Es gilt hier so recht das<br />
Wort Hans Carossas von dem « Geborgensein<br />
der Sinne in einem Kreis beglückend schöner<br />
Sachen», Alles, was uns vorgelegt wird,<br />
kommt uns zugleich besser, wertvoller vor, wäsche entworfen und gewoben. Sie stellt<br />
wenn es in einem frischen, einladenden Rahmen<br />
geschieht.<br />
sie jeweils nach bestimmten Tischgrössen ihrer<br />
Leinenwebereien von grosser Schönheit her, die<br />
Auftraggeber webt. Nur auf dem Handwebstuhl<br />
Die Schweiz leistet in der Herstellung mancher<br />
Elemente dep' gedeckten Tafel sehr Er-<br />
für den mechanischen Webstuhl wären sie un-<br />
sind solch einzelne Aufgaben zu lösen; denn<br />
freuliches. Industrie und handwerklich arbeitende<br />
Werkstätten bringen zweckdienliche, stellung erlaubt es der Weberin, ihrer Phanwirtschaftlich.<br />
Aber gerade diese Einzelher-<br />
kultivierte Dinge heraus. Zwar fehlt es noch tasie freien Lauf zu lassen, ist es ihr dabei<br />
an einer dem Ausland ebenbürtigen Glasindustrie,<br />
es existieren erst wenige Ansätze für weichungen vom Entwurf eintreten zu lassen,<br />
noch während der Arbeit möglich, kleine Ab-<br />
gute Gestaltung auf diesem Gebiet.<br />
wodurch das Dessin lebendiger und interessanter<br />
gestaltet werden kann. So sehen wir bei-<br />
Dafür leistet die Keramik ganz Bedeutendes.<br />
Nicht allein in der Herstellung von Vasen, spielsweise, dass einzelne Streifen voneinander<br />
Schalen und kleinen Gebrauchsgegenständen etwas unterschieden sind, wie auch die abgepasste,<br />
dichtere Bordüre nicht überall ganz<br />
versorgt sie die Verbraucher mit sehr erfreulichen,<br />
in Farbe und Form durchgebildeten gleich aussieht, Lydia Nencki bemüht sich, zu<br />
Stücken. Sie hat sich neuerdings, wenigstens ihren Arbeiten schönstes, stark gezwirntes Material<br />
zu nehmen, wodurch die Musterung an<br />
teilweise, auch auf die Herstellung von ganzen<br />
Schärfe gewinnt. Zudem widmet sie den Farben<br />
besondere Aufmerksamkeit; diese sind<br />
lichtecht, satt und erlesen in den Tönen, einzelne,<br />
.so das aparte Blaugrün, verdanken ihre<br />
Feinheit sorgfältiger Pflanzenfärbung. Goldgelb,<br />
Karmin, Rost, Königsblau, Beige und<br />
Grünblau zieren die Tücher. Zur Abwechslung<br />
immer wieder andersfarbige Tischtücher- auflegen,<br />
ist ein besonderes Vergnügen; mit ^den<br />
Tönen, von Geschirr und Silber wirken sie als<br />
festliche Stilleben voll Anziehung. E. Seh.<br />
Sein und Schein<br />
im Kleiderschranke<br />
Man kann, durch zehn Geschäfte gehen und<br />
kommt nach endlosem Einkaufsstudium zum Schluss,<br />
dass sich eben doch nur Qualität lohnt. Manches<br />
Billige präsentiert ja tadellos, wir finden es schick<br />
und liebenswürdig, solange es auf dem Bügel oder<br />
leblösen Mannequin hängt! Kleider beginnen erst<br />
richtig zu leben, wenn man sie anzieht. Da verwandelt<br />
sich mancher Blickfänger erstaunlich. Wir<br />
gefallen uns nicht darin, es klappt hier nicht, dort<br />
nicht, und das Ganze wird zweifelhaft. Es kann<br />
dabei noch ein hübsches Kleid sein, ein elegantes<br />
Complet. Es bringt uns ßut zur Wirkung, doch<br />
eben, hier setzt das Misstrauen ein. Wie lang wird<br />
die Wirkung anhalten? Wer sich etwas auf Knopfannähen<br />
und Knopflöcher versteht, und wer sieht,<br />
wie ein Futter hineingenäht ist, wie Kragen und<br />
Taschen ausgearbeitet sind, der schliesst von hier<br />
aus auf die Lebensdauer des ganzen Kleides. Jedes<br />
nichtswertige Kleid wird rasch alt, und eine.<br />
Reihe kurzlebiger Kleider macht teure Rechnungen.<br />
Darum ist das Billige immer teurer als das Teure.<br />
Und .wir helfen dazu noch Arbeitslöhne drücken.<br />
Die vielen kleinen Einzelheiten machen anscheinend<br />
nichts aus, und doch gehören sie zu den<br />
Dingen, die beim Kleid alles ausmachen. Viele<br />
hässliche Wesenszüge bilden auch nicht einen<br />
wohlgebauten Menschen. Man kann beinahe wetten,<br />
dass ein fein ausgearbeitetes Kleid auch tadellos<br />
geschnitten ist und aus bestem Material besteht.<br />
Teuer ist alles Echte zu bezahlen, sei's in<br />
den lebenswichtigen Dingen oder im täglichen<br />
Haushalt». Wir können wohl Seidenfetzen tragen<br />
un.öMiubsch aussehen für paar Momente. Vielleicht<br />
Ii4g} : ans aber auch gar nicht alles am «nett» Aussehen<br />
und an den Augenblicken. Wir wollen lieber^<br />
so sein, dass wir vor uns bestehen können.<br />
Dann sehen wir von Natur gut aus. Ob es denn wirklich<br />
den beständigen Wechsel braucht? Es kommt<br />
darauf an, was wir unter Wechsel verstehen. Natürlich<br />
tragen wir nicht gern zehn Jahre lang dasselbe.<br />
Abe| eine Frau mit Geschick kann vvahre<br />
Hexenkünste .vollbringen, Sie trägt vielleicht; jahrelang<br />
dasselbe Complet und weiss es doch reizend<br />
zu variieren mit 'Bluse, Ansteckblume und Gürtel.<br />
Bedenken wir, wie raffiniert die eleganten Kleider<br />
oft geschnitten -sind, wie viel Verwandlungsmöglichkeit<br />
sie bieten.<br />
Heinrich Lämmlin.<br />
Hände<br />
Tief in deiner Hände Schalen<br />
neige ich mein Angesicht;<br />
bis die Ruhe, die sie strahlen,<br />
meines Lebens Qual zerbricht.<br />
Und ich flehe: Stunde weile,<br />
denn ich sehne mich nach Ruh<br />
nach des Tages Hast und Eile.<br />
Tiefer neig ich dir mich zu,,<br />
gib mich ganz in deine Hände,<br />
die wie Mutterhände sind,<br />
und empfange ihre Spende<br />
wie ein müdgeweintes Kind.'<br />
Unser Auge braucht Schulung. Dann widerstehen<br />
wir den Lockvögeln wie einer unbekömmlichen<br />
Speise, geradezu aus"Selbstachtung.'Wenn<br />
wir nun aber gar kein Geld haben, um etwas Rechtes<br />
zu kaufen? Ja, da hilft Theorie nicht viel. -So<br />
viel aber lässt sich sagen, ein verfehlter Einkauf<br />
steigert das Unglück. Wir wollten sparen und<br />
haben nächstes Jahr wiederum nichts anzuziehen.<br />
So lassen wir den Kauf schlussendlich überhaupt<br />
lieber sein. Altes Abgeschabtes, das einmal gut<br />
war, ist immer noch mehr wert als neues Schlechtes.<br />
Und vielleicht habe wir einmal Glück, dann<br />
wagen wir's und setzen das verfügbare Geld auf<br />
eine Karte, um nur etwas Rechtes zu gewinnen.<br />
Wir können uns dann wenigstens in der Welt auch<br />
besser durchsetzen, denn so wenig wir's schätzen,<br />
taxiert uns die Welt eben doch nach dem Aussehen.<br />
Das Qualitätskleid sieht vielleicht recht unscheinbar<br />
aus, so lange es am Bügel hängt. Ziehen<br />
wir's an, so lebt es und beweist alle seine<br />
Vorzüge. Technik und solides Handwerk sind eben<br />
niemals Nebendinge. Handwerkliches Können ist<br />
bei einer Schneiderin kaum zu trennen von ihrem<br />
Kunstempfinden. Da stimmt jede Naht, der Stofffall<br />
hat Sinn, jede Kante steht richtig, alles ist<br />
überlegt, gekonnt, kein Massenprodukt. Kleider<br />
können wie Menschen ein reiches Leben entfalten,<br />
oder sie zerfallen in nichts, nachdem sie uns vielleicht<br />
für Augenblicke betörten. Gertrud Egger.<br />
Tafelservice F. Haussmann-Uster<br />
Tafeltuch, handgewobenes Leinen Lydia Nencki, Bern-Paris<br />
(Gläser Baocarat) Kiefer & Cie. Zürich<br />
(Photo Guggenbtilü)<br />
bis 15. Juli KERAMIK-AUSSTELLUNG der Werkstätte HAUSSMANN USTER<br />
Neue Tafel-, Kaffee—und Teeservice,<br />
Vasen, Schalen, Krüge, Tabaktöpfe,<br />
Mokkatassen, Kindertassen in Hartfayence uni und dekoriert.<br />
Fruchtservice in Rauchglasuren und Klinker.<br />
Zürich<br />
Arbeiten von-Helly und Fritz Haussmann, Bertha Tappolet, A. Good, Cornelia Fischer.<br />
Freie Besichtigung<br />
Freie Besichtigung