E_1938_Zeitung_Nr.089
E_1938_Zeitung_Nr.089
E_1938_Zeitung_Nr.089
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
10 AUTOMOBIL-REVUE FREITAG, 4. NOVEMBER <strong>1938</strong> — N° 89<br />
ef&hrliche<br />
«Base!, 4. Sept. An der Schönaustrasse öffnete<br />
gestern abend ein Automobilist die linke Türe seines<br />
Wagens gegen die Fahrbahn und schon<br />
rannte von hinten eine Velofahrerin in sie hinein.<br />
Sie wurde zu Boden geschleudert und verletzt.!<br />
Hand aufs Herz! Steigen nicht auch Sie in<br />
der Eile oder wenn es eben kommod, dann<br />
und wann auf der Fahrbahnseite aus oder ein?<br />
Nein — verboten ist das selbst bei stärkstem<br />
Verkehr nicht, aber gefährlich, und deshalb<br />
nur unter Beachtung grösster Vorsicht erlaubt.<br />
Unfälle, verursacht durch ein unbedachtes<br />
Oeffnen der Wagentüre gegen die Fahrbahn,<br />
kommen in letzter Zeit immer wieder vor. Die<br />
Türen der modernen Motorfahrzeuge sind<br />
breit und breiter geworden; sie ragen heute<br />
beim Oeffnen gegen die Fahrbahn fast ausnahmslos<br />
weit in den den übrigen Strassenbenützem<br />
zufallenden Verkehrsraum hinein.<br />
Das kann vor allem Radfahrern, dank ihrer<br />
Vorliebe für haarscharfes Vorbeisausen an<br />
andern Vehikeln, zum Verhängnis werden.<br />
Wie gesagt, das Aussteigen auf die Fahrbahn<br />
lässt sich nicht in allen Fällen umgehen,<br />
es verpflichtet den Automobilisten aber unbedingt<br />
zu ganz besonderer Vorsicht und verlangt<br />
weitgehende Rücksichtnahme auf die<br />
übrigen Strassenverkehrsteilnehmer. Ein flüchtiger<br />
Blick in den Rückspiegel des geschlossenen<br />
Wagens genügt unter keinen Umständen.<br />
Die Sicherheit des Strassenverkehrs erfordert<br />
in einem solchen Falle, dass der Aussteigende<br />
beim Oeffnen der Wagentüre sich<br />
durch das Fenster vergewissere, ob der Raum,<br />
der nun durch seine Türe und schliesslich<br />
durch seine Persönlichkeit beansprucht werden<br />
soll, frei, und zwar für die zum Verlassen des<br />
Wagens erforderliche Zeit, sei. Muss die Türe<br />
beim Aus- oder Einstieg in ihrer ganzen Breite<br />
geöffnet werden, dann bitte mindestens nur<br />
für möglichst kurze Zeit. Bei weit geöffneter,<br />
gefährlich in die Fahrbahn hineinragender<br />
Wagentüre etwa seine Einkaufspakete über<br />
den Vordersitz hinweg im Fond des Wagens<br />
zu verstauen, das, liebe Automobilistinnen, ist<br />
sehr, sehr unvorsichtig. Wie der gedankenlos<br />
Aussteigende, setzen Sie in diesem Momente<br />
nicht nur den lieben Nächsten, sondern auch<br />
sich selbst grosser Gefahr aus. Wenn nun ein<br />
Tramwagen oder ein anderes Automobil mit<br />
dieser Türe kollidieren, riskieren Sie — ganz<br />
abgesehen vom Sachschaden —, zwischen Tür<br />
und Angel Ihres eigenen Wagens eingeklemmt<br />
zu werden! *<br />
«Schwyz, 3. Okt. Ein durch das Dorf Sattel<br />
(Schwyz) fahrender Automobilist musste wegen<br />
eines direkt vor den Wagen laufenden Huhnes<br />
plötzlich stoppen. Durch den plötzlichen Ruck<br />
wurde das neben dem Fahrer stehende 4jährige<br />
Töchterchen mit aller Wucht in die Windschutzscheibe<br />
geschleudert. Während das Huhn ungeschoren<br />
die andere Strassenseite erreichte, musste<br />
das Kind mit erheblichen Schnittwunden im Gesichte<br />
in ärztliche Behandlung verbracht werden.»<br />
Wer oft mit kleinern Kindern fährt, weiss,<br />
welch begeisterungsfähiges, dankbares Publikum<br />
sie vor allem bei Fahrten über Land sind.<br />
Er kennt aber auch die liebe Not: Du sollst<br />
sitzen bleiben. — Ich will nicht, dass du im<br />
fahrenden Wagen stehst. — Nicht am Türgriff<br />
halten usw. Wie oft schon mag ihm, wenn in<br />
der mahnenden Stimme ein ungeduldiger Ton<br />
mitzuschwingen begann, die manchmal betrübte,<br />
manchmal trotzige Antwort geworden<br />
sein: Wenn ich doch nichts sehe! Ein Kissen<br />
in den Rücken und eins, zwei zur Erhöhung<br />
des Sitzes wirken da oft Wunder. Doch muss<br />
auf eines Bedacht genommen werden: Das<br />
Kind soll, sei es dann auf dem Vor- oder Rücksitz,<br />
so sicher sitzen, dass es bei einem plötzlichen<br />
Rucke unter keinen Umständen mit<br />
Wucht von seinem «Throne» geschleudert<br />
werden kann. Vorn neben dem Fahrer stehend,<br />
auch an einen zweiten Mitfahrer gelehnt, ist<br />
solch kleines Wesen unbedingt gefährdet. Die<br />
Ursachen sind so mannigfaltig, welche eine<br />
abrupte Betätigung der Bremsen erfordern —<br />
und schon ist es geschehen. Das Kind sieht<br />
nicht die Entwicklung der Gefahr, der Ruck<br />
des Anhaltens oder scharfen Abbiegens kommt<br />
durchaus überraschend und wird es daher fast<br />
ausnahmslos aus dem Gleichgewicht bringen.<br />
Manchmal läuft die Sache noch gut ab; eine<br />
kleinere oder grössere Beule sind bald wieder<br />
vergessen. Und doch, wie schnell können die<br />
Verletzungen ernsterer Natur sein!<br />
«Langenthai, 12. Okt. Auf der Ueberlandstrasse<br />
Langenthal-Bützberg fuhr bei einbrechender<br />
Dunkelheit ein Lastwagen in ein mit 2 Pferden<br />
bespanntes, vom Felde heimkehrendes, vollständig<br />
unbeleuchtetes Fuhrwerk hinein. Dank der Geistesgegenwart<br />
des Chauffeurs blieben die Pferde unverletzt;<br />
der Fuhrmann dagegen wurde auf die<br />
Strosse geschleudert, doch trug er glücklicherweise<br />
nur leichtere Verletzungen davon.»<br />
Art. 33 des M.F.G. schreibt vor, dass Fahrzeuge<br />
mit Tierbespannung ab Beginn der<br />
Dämmerung mit von vorn und hinten gut sichtbarem<br />
Lichte zu versehen seien, ausgenommen,<br />
es handle sich um landwirtschaftliche<br />
Fuhrwerke, welche vom Felde heimkehren.<br />
Zieht man in Betracht, dass im Jahre 1937 nicht<br />
weniger als 54 Verkehrsunfälle auf Grund der<br />
Nichtbeachtung von Fuhrwerken und Handkarren<br />
entstanden, dann bedarf die Unhaltbarkeit<br />
der zugestandenen Ausnahmestellung keiner<br />
langen Erörterung mehr. Gerade jetzt —<br />
während der tückischen Herbstabende — entlocken<br />
diese so unvermutet aus Dunst und<br />
Nebel auftauchenden, undefinierbaren Etwas,<br />
die sich schliesslich fast regelmässig als unbeleuchtete<br />
Pferdefuhrwerke entpuppen, den<br />
Automobilisten manche Verwüschungen. Soll<br />
ein möglichst hohes Mass an Verkehrssicherheit<br />
erarbeitet werden, dann muss unbedingt<br />
iRsieii<br />
die Vorschrift der Beleuchtung bei einbrechender<br />
Dämmerung auf alle zirkulierenden Fahrzeuge<br />
ausgedehnt werden, das heisst landwirtschaftliche<br />
Fuhrwerke sind in die Bestimmung<br />
einzubeziehen und diese beispielsweise<br />
auch für Milchkarren gültig zu erklären. Diese<br />
seinerzeit gut gemeinte Ausnahmebestimmung<br />
entbehrt heute jeder Berechtigung; bereits<br />
muss sie für eine ganze Reihe schwerer Verkehrsunglücke<br />
verantwortlich gemacht werden,<br />
und die auf dem Lande bezüglichen Beleuchtungsvorschriften<br />
bei allen Verkehrsteilnehmern<br />
herrschenden chaotischen Zustände dürften<br />
nicht zuletzt auf diese Gesetzesbestimmung<br />
zurückzuführen sein. Wer an einem Nebelabend<br />
über Land muss und wieder und wieder<br />
diesen vollkommen unbeleuchteten schemen-<br />
Wagen<br />
geglichene<br />
tssszsa