E_1948_Zeitung_Nr.017
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Nochmals die Lopperstrasse<br />
Was wird gegen die Steinschlaggefähr getan?<br />
Wir erhalten folgende Zuschrift:<br />
< Ich habe den Artikel über die Lopperstrasse<br />
in der letzten Nummer der « A.-R. » gelesen, und<br />
da ich beim -letzten grossen Unglück zufällig auch<br />
hinzukam, verfolge ich diesen Fall mit besonderem<br />
Interesse. Meine Gedanken über die von Ihnen<br />
veröffentlichte Antwort der Regierung von Nidwalden<br />
bringe ich hier besser nicht zu Papier...<br />
Um die Steuererhöhung<br />
im Kanton Zug<br />
Das Motorfahrzeug soll jährlich 61000 Fr. mehr<br />
«schwitzen»<br />
Als gegen Ende des letzten Jahres auch im Kanton<br />
Zug die Regierung mit der Absicht hervortrat,<br />
die Verkehrssteuern im Hinblick auf die Erfordernisse<br />
des Strassenausbaues heraufzusetzen, da bezog<br />
der Spitzenverband des-zugerischen Strassenverkehrs<br />
in einer Tagung eindeutig Stellung gegen<br />
die regierungsrätliche Vorlage, weil sie den Motorfahrzeugbesitzern<br />
eine übermässige und teilweise<br />
sogar untragbare fiskalische Belastung zumute. Dabei<br />
erklärte der Verband, der motorisierte Strassenverkehr<br />
müsse, wenn man seine Fiskalleistungen<br />
ak Gesamtheit würdige, grundsätzlich jede Erhöhung<br />
der Autosteuern ablehnen, anderseits aber<br />
zeigte er sich angesichts der Dringlichkeit gewisser<br />
Strassenkorrektionen im Kanton Zug bereit, Haad<br />
zu einer angemessenen Heraufsetzung der Steuern<br />
zu bieten. Die äusserste Grenze des für ihn Annehmbaren<br />
fixierte er in einem Gegenvorschlag an<br />
die Regierung genau, jiicht ohne sich geeignete<br />
Massnahmen vorzubehalten, sofern diesem keine<br />
Rechnung getragen werden sollte.<br />
AKTUELLES<br />
Bei meinen häufigen Fahrten auf der Strecke<br />
Luzern—Engelberg habe ioh die Wahrnehmung, gemacht,<br />
., dass seit dem schweren Unglück vom<br />
7. März die Automobilisten besagte Lopperstrasse<br />
mit offenkundiger Vorsicht, um nicht zu sagen<br />
Angst passieren. In den letzten Tagen hatte' ich<br />
wieder in jener Gegend zu tun und nahm mir vor,<br />
auf der nassen, glitschigen Strasse langsam und<br />
doppelt vorsichtig zu fahren. Es war ungefähr 12.30<br />
Uhr; tückisches Glatteis bemerkte ich wohl nirgends,<br />
dagegen zahlte ich etwa zehn bis zwölf kleinere<br />
und grössere Steine, die von den Felswänden<br />
des Loppers auf die Fahrbahn gesaust waren, Dem<br />
Strassenbenützer blühen also zweierlei nette Aussichten:<br />
er kann beim Fahren unverhällnismässig<br />
leicht ins Schleudern geraten —- mit welchen Folgen,<br />
das lehren massenhafte Beispiele — oder er<br />
kann das Opfer des Steinschlags werden. Was gedenken<br />
die Nidwaldner Regierung und im besonderen<br />
die Baudirektion gegen diese ständige Gefährdung<br />
des Straßenverkehrs zu unternehmen?<br />
Haben sie noch nie etwas von Schutzeinrichtungen,<br />
von Mauern und dergleichen gehört? Ich hoffe,<br />
dass doch alles menschenmögliche getan werde, um<br />
solche dauernde Gefährdungen iu bannen. A. L. »<br />
Es scheint auch uns an der Zeit zu sein, dass<br />
der Kampf nicht nur gegen die Glatteis-, sondern<br />
ebenso gegen die Steinschlaggefahr auf der Lopperstrasse<br />
aufgenommen wird. «Kampf > sagen wir<br />
mit voller Ueberlegung, denn ohne scharfe Auseinandersetzungen<br />
wird es bei der selbstherrlichen<br />
Einstellung des Nidwaldner Baudirektors und bei<br />
seinen Versuchen, die Sache so darzustellen, als<br />
ob er bereits alles ihm Zumutbare vorgekehrt hättet<br />
nicht abgehen. Neben Sachschaden hat der Steinschlag<br />
am Lopper auch Todesopfer und Verletzte<br />
auf dem Gewissen. Jeden Tag liegt — wofür der<br />
ofoen wiedergegebene Brief eine Bestätigung liefert<br />
— eine Menge grös6erer und kleinerer Steine<br />
und « Brocken» auf der Lopperstrasse, und man<br />
muss eich nur wundern, dass sich bis heute nicht<br />
mehr .schwere Unglücksfälle ereignet haben. Jedenfalls<br />
verlangt die Bedeutung dieser Strasse als<br />
Teilstück der direkten Zufahrt von Luzern und aus<br />
dessen Einzugsgebiet nach Furka, Grimsel, Susten,<br />
Berner Oberland usw. dass kein Mitter unversucht<br />
bleibt, um die Steinschlaggefahr auf ein Minimum<br />
zu reduzieren. Was bei Bahnanlagen möglich ist<br />
(Gotthard-, Rhätische Bahn u. a. m.), muss auch bei<br />
Strassen durchführbar sein. Beim Absuchen der<br />
Hänge und Felsen oberhalb der Strasse am Lop-.<br />
per nach losen Steinen, worauf sich der Nidwaldner<br />
Baudirektor zum Beweis dafür beruft, dass die<br />
notwendigen Massnahmen zur Verhütung von<br />
Steinschlag getroffen seien, darf es 6ein Bewenden<br />
allein nicht haben. Weitere Schutzeinrichtungen<br />
für den Strassenverkehr, wie z. B. Verbauungen<br />
oder Ueberdaphungen 6rad unerlässlich, und nur<br />
ihre/ sofortige Erstellung kann Regierungsrat Joller<br />
vor der schwerwiegenden Frage nach der Verantwortung<br />
für eventuelle Unfälle bewahren. Was<br />
un6 anbelangt, so würden wir uns durch nichts<br />
davon zurückhalten lassen, sie gegebenenfalls in<br />
aller Oeffentlichkeit aufzurollen.<br />
Wer gleich dem Verfasser dieser Zeilen der<br />
grössten Schweizer Stadt 6chon längst gerne auch<br />
auf dem Gebiete der Verkehrserziehung die führende<br />
Stellung zuerkannt hätte, die sie in so manchem<br />
anderen Bereiche des öffentlichen Lebens<br />
unseres Landes innehat, der erlebte dieser Tage<br />
eine freudige Ueberraschung. Zwar wusste man<br />
seit einiger Zeit, dass gleich St. Gallen, Bern und<br />
anderen Gemeinden nun auch Zürich zu einer systematischen<br />
Verkehrterziehung seiner Schuljugend<br />
übergegangen sei und zu diesem Zwecke über zwei<br />
ihrer sonstigen Obliegenheiten entbundene Stadtpolizisten<br />
verfüge. Jetzt aber, nach verhältnisjnSssig<br />
kurzer Anlaufzeit dieses grossen Erziehungswerkes,<br />
konnte Stadtrat Dr. E. Landolt,<br />
der Schulvorstand der Limmatstadt, bereits zu<br />
einer Vorführung des neuen Unterricbtszweiges<br />
vor der Sach- und Tagespresse einladen und zeigen,<br />
dass Zürich den früheren Rückstand gegenüber<br />
anderen grossen Gemeinwesen des Landes<br />
rasch und erfolgreich aufgeholt hat.<br />
Notwendigkeit der Verkehrserziehung.<br />
In seinen temperamentvollen Begrüssung6worten<br />
ging Stadtrat Landolt von der richtigen allgemeinen<br />
Zielsetzung der Schule aus, unsere Jugend<br />
int Verein mit dem Elternhaus zu lebenstüchtigen<br />
Menschen heranzubilden. Dabei ist die Grenzlinie<br />
zwischen den Aufgabenkreisen von Heim und<br />
Schule nie 6charf zu ziehen. Sie verlagert sich<br />
nach den Anforderungen des Lebens immer wieder<br />
aufs neue, gleich wie die Entwicklung den beiden,<br />
Erziehungsgemeinschaften ja stets auch neue<br />
Pflichten überbindet, die sie vorher nicht gekannt<br />
hatten, weil der betreffende Komplex neuer Erscheinungen<br />
des privaten und öffentlichen Daseins<br />
vorher nicht da war. So verhält es sich nun gerade<br />
bei der Verkehrserziehung, die erst durch das Motorfahrzeug<br />
zu einem dringenden Gebot der individuellen<br />
und kollektiven Menschenbildung geworden<br />
ist Und die nach der « Schonzeit » des zweiten<br />
Weltkrieges neu zur gebieterischen Notwendigkeit<br />
wurde, seitdem das Auto seinen. Platz im'Verkehrsraum<br />
mit Macht zurückerorbert hat.<br />
Im Kantonsrat kam die Angelegenheit nun<br />
kürzlich aufs Tapet und entfachte eine lebhafte<br />
Diskussion. Wenn dabei die Mehrheit des Parlament«<br />
der Regierung, deren Projekt Mehreinnahmen<br />
aus den Autosteuern in der Höhe von vollen<br />
80000 Fr. vorsah, die Gefolgschaft versagte, so<br />
wollte sie damit wohl zum Ausdruck bringen, dass<br />
der Fiskus die Steuerschraube gegenüber dem Motorfahrzeug<br />
nicht einfach nach Belieben anziehen<br />
darf (zumal es, alles in allem betrachtet, heute<br />
schon eine gewaltige Belastung trägt). Anderseits<br />
vermochte jedoch auch der Spitzenverband der<br />
Motorfahrzeugbesitzer mit seiner Forderung, es bei<br />
Mehreinnahmen int Ausmass von 40 000 Fr. bewendet<br />
sein zu lassen, nicht durchzudringen, ebensowenig<br />
aber auch der Antrag der Kommission, .wonach<br />
die Neufestsetzung der Steuern 51 000 Fr. eingebracht<br />
hätte. Mehrheitliche Zustimmung fand<br />
scfoliesslich «in Antrag, der die Verkehresteuern in<br />
der Weise «neu regelt», dass der Staat daraus<br />
61 000 Fr. pro Jahr mehr löst. Allerdmgs bleibt die<br />
Angelegenheit weiter auf der Tagesordnung, denn<br />
es gelang in der letzten Sitzung des Kantonsrates<br />
nicht, die Vorlage durchzuberaten. Ob sich die<br />
Strassenverkehrsinteressenten mit der geschilderten<br />
Lösung abfinden werden, die immerhin wesentlich<br />
über das hinaufgeht, was sie als annehmbar<br />
bezeichnet und vorgeschlagen hatten, miies die Zukunft<br />
lehren.<br />
sam ans Werk, und wenn sich die Lehrerschaft<br />
ihrer grossen Aufgabe bewusst war, so erkannte<br />
und anerkannte man seitens des Lehrkörpers doch<br />
auch von allem Anfang an, welche wertvolle Unterstützung<br />
gerade die Autorität des Lehrers durch<br />
die Mitwirkung des uniformierten Lehrers im Verkehrsunterricht<br />
erfährt. So trat denn die Stadtpolizei<br />
dem Schulamt zwei ihrer Leute ab, die frühere<br />
Lehrer 6ind.<br />
Der Präsident der Kreisschulpflege Waidberg,<br />
Dr. F. Zellweger, entwickelte in einem kurzen<br />
Referat den<br />
Aufbau des grossen Unterrichtswerkes.<br />
der Zürcher Stadtschule im Dienste der Verkehrsdisziplin<br />
und Verkehrssicherheit, Die—Einführung<br />
des Schulkindes in den neuen Unterrichsstoff<br />
ist dem Klassenlehrer anvertraut,<br />
wozu ihm die Schule die an dieser Stelle kritisch<br />
gewürdigte « Anleitung » des verstorbenen K. Helbling<br />
und das grosse «Handbuch» von Direktor<br />
Britschgi vom TCS zur Verfügung stellt. Das Verhalten<br />
auf der Strasse wird nicht als ein neues<br />
Fach für sich behandelt, sondern als Gegenstand<br />
der verschiedensten traditionellen Fächer, in denen<br />
die mannigfachen Erscheinungsformen und Probleme<br />
des Strassenverkehrs wirkungsvoll abgewandelt<br />
werden können. Erst nach dieser Vorbereitung<br />
erscheint dann eines Tages der Polizeimann<br />
in der Schule, um mit der Klasse praktisch zu arbeiten,<br />
sei es am Modell, sei es dräussen auf « richtigen<br />
» Strasse. Welchen Eindruck das Auftreten<br />
des uniformierten, Polizeimannes als Verkehrsinstruktor<br />
auf die jugendlichen Gemüter maoht, .erweist<br />
sich ganz besondere, wenn die Schüler in<br />
einem. Aufsatz die Erlebnisse anlässlldh der polizeilichen<br />
Unterweisung verarbeiten.<br />
Nach diesen beiden Einfuhrungsreferaten trat<br />
nun in Gestalt von Pm (Polizeimann) E. Josef<br />
der uniformierte VetkeUrsinstruktor<br />
auf den Plan, um mit einer gemischten Klasse von<br />
Zwölfjährigen zu zeigen, wie man in Zürich der<br />
Jugend die Kenntnis der Verkehrsvorschriften und<br />
Das grosse Modell der Kreuzung Bahnhofstrasse/Uranlaslrasse des Zürcher Schulamtes für den Verkehrsunterricht<br />
der Schuljugend.<br />
Haus und Schule wurden sich ihrer Verantwortung'<br />
und ihrer Obliegenheiten, wie sie aus dieser<br />
Entwicklung hervorgehen, erst nach und nach bewusst,<br />
und mit einem weiteren Verzüge erst setzten<br />
dann die praktischen Massnahmen zur Erfüllung<br />
der Pflichten ein, die einmal erkannt waren, Diese<br />
Entwicklung ging nicht überall gleich rasch vor<br />
sich, und Zürich beispielsweise brauchte etwa6 länger,<br />
bis der grosse Apparat seiner Polizei und seiner<br />
Schule zu spielen begann, um die städtische<br />
Jugend wirksam gegen die Gefahren der Strasse zu<br />
wappnen. Besonders zu begrüssen ist es, dass<br />
man in Zürich jenes gelegentlich festzustellende<br />
Stadium der Verkehrserziehung der Jugend<br />
übersprang, da Polizei und Schule sich<br />
um ihren Teil der schönen Aufgabe streiten und<br />
AUTOMOBIL-REVUE MimrocH, 7. APRIL 19« - Nr. 17<br />
Verkehrsunterricht an Zürichs Schulen<br />
Eine freudige Botschaft<br />
Prestige- und Autoritätsfragen im Vordergrunde<br />
stehen. Man ging in einträchtiger Arbeit gemeinderen<br />
Befolgung beibringt. Ein kurzes Frage- und<br />
Antwortspiel um die vielen Verkehrszeichen, die in<br />
.Originalgrösse vorgezeigt wurden, belegte die Schulung<br />
in Signalkunde. Dabei erwiesen sich die Schüler<br />
als recht gute Kenner dieser Formen- und Farbenzeichen-Gesellschaft<br />
blecherner Verkehrslenker.<br />
Der Verfasser dieses Berichtes empfand seit<br />
jeher die Einteilung besagter Zeichen in Verbot«-,<br />
Gebots- und Hinweissignale — und was es an solchen<br />
noch-geben mag — als reichlich akademisch;<br />
so wie Pm Josef aber diese Signalklassen prägnant<br />
auseinanderhielt und insbesondere die rote Farbe<br />
der besonders wichtigen Fahrverbote aller Art<br />
unterstrich, schien ihm diese Einteilung plötzlich<br />
gar nicht mehr so ungeschickt.<br />
Noch eindrucksvoller kam jedoch die in Zürich<br />
angestrebte Anschaulichkeit des Verkehrsunterrichtes<br />
zur Geltung, als Josef 6eine Schülerechar<br />
Mach es anders!<br />
Zeichen der Zeit ?<br />
Etwa« nach der Mittagstunde — der Verkehr ist<br />
nicht überaus dicht — stehen zwei ältere Damen<br />
mit einem ebenfalls bejahrten Gefährten vor<br />
einem Platz in Zürich. Sie möchten den Platz überqueren,<br />
stehen am Trottoirrand vor dem Fussgängerstreifen<br />
und warten auf eine günstige Gelegenheit;<br />
offenbar macht ihnen das Gehen etwas Mühe.<br />
Geduldig bleiben sie stehen, bis die Fahrbahn frei<br />
ist. Jetzt wagen sie sich auf die Strasse, ängstlich<br />
streben sie dem gegenüberliegenden Trottoir zu; da<br />
eaust in scharfem Tempo ein Auto knapp vor ihnen<br />
vorbei, und ersehrocken ziehen sie sich auis sichere<br />
Plätzchen auf dem Gehsteig zurück. Noch<br />
einige Male wiederholt «ich der Vorgang; Autos,<br />
Velos und Motorräder fahren unbekümmert auf<br />
den Fustgängerstreifen zu, ohne ihr Tempo zu<br />
massigen oder gar Miene zum Anhalten zu machen.<br />
.Die drei eingeschüchterten Leutchen getrauen<br />
sich schoo gar nicht mehr auf den Fussgängerstreifen.<br />
Doch jetzt erbarmt sich ihrer ein Polizist;<br />
er fasst ritterlich eine der Frauen am Arm<br />
und geleitet alle drei sicher über die Strasse. Und<br />
vor dem Polizisten oder vielleicht auch vor seiner<br />
Uniform haben die Automobilisten, die Radfahrer<br />
und die Motorräder Respekt. Wie es "das Gesetz<br />
vorschreibt, halten sie vor dem Fussgängerstreifen<br />
an und warten, bis die sich darauf befindenden<br />
Personen das andere Trottoir erreicht haben.<br />
Ist es ein Zeichen der Zeit, dass so viele Leute<br />
vergessen haben, das Alter zu ehren, die Frauen<br />
zu respektieren, Anstand zu wahren oder das Gesetz<br />
auch dann zu achten, wenn gerade kein Hüter<br />
der öffentlichen Ordnung in der Nähe ist? Wir<br />
alle müssten uns schämen!<br />
Civis speetans.<br />
(Es ist wirklich beschämend, zu sehen, was für<br />
eine Rücksichtslosigkeit viele, allzuviele Automobilisten<br />
den Fussgängern gegenüber an den<br />
Tag legen, die sich auf dem Streifen befinden<br />
oder im Begriffe stehen, ihn zu betreten, wenn<br />
« erJ> am Volant naht. Wieweit die Dinge in dieser<br />
Hinsicht gediehen «ind, zeigt die Ueberraschung<br />
ja Verblüffung auf den Gesichtern der Fussgänger,<br />
wenn mal ein Automobilist vor dem Streifen freiwillig<br />
anhält, anstatt sich, koste es was es wolle,<br />
noch schnell durchzuzwängen. Red.)<br />
und die übrigen Gäste der Demonstrationsstunde<br />
nunmehr an die beiden<br />
ModeUtiscbe<br />
führte, die zu diesem Zwecke aufgebaut waren.<br />
Mit Hilfe von Lehrer E.Fischer, der im Anschauungsunterricht<br />
der Zürcher Schule an Hand aller<br />
möglichen Modelle eine führende Rolle spielt, sind<br />
an der Limmat in der Tat sehr zweckmäßig© Darstellungsmittel<br />
für die Verkehrserziehung geschaffen<br />
worden. Einerseits ist ein eigentlicher Modellbaukasten<br />
entstanden, der mit Einzelelementen<br />
allereinfadhster Art (Häuserklötze, Troitoirstücke,<br />
Strassenböschungen. Bahnschranken, Signale, Fussgängerstreifen<br />
aus Messingblech usw.) die Erstellung<br />
beliebiger Strassenabschnitte, -einmündungen<br />
und -kreuzungen erlaubt, wo mit kleinen Figuren<br />
jede denkbare Verkehrssitualion «gestellt » werden<br />
kann. Anderseits wurde ein grosses Modell des<br />
bekannten Verkehrsknotenpunktes an der Kreuzung<br />
Bahnhofstrasse/Uraniastrasse samt 'Einmündung<br />
des Rennweges gebaut, das dem Unterricht<br />
durch die" gedankliche Verbindung mit einem jedem<br />
Zürcher Schulkind bekannten konkreten Brennpunkte<br />
des Verkehrsgetriebes jeder Uebung eine<br />
ganz besondere Anschaulichkeit vermittelt.<br />
Und an diesen beiden Modellen nun wickelte<br />
sich unter Josefs lebendiger, verstohlen-schalkhafter<br />
Führung ein edler Wettstreit unter den<br />
zwanzig Buben und Mädchen ab, so viel Wissen<br />
um den Strassenverkehr wie möglich an den Tag<br />
zu legen. Das Baukastenmodelf stellte eine städtische<br />
und eine ländliche Strassenkreuzung dar, an<br />
denen die so schwierigen Vortrittsregeln repetiert<br />
wurden und man sich wieder einmal die Geheimnisse<br />
der Kennzeichnung der vortrittsberechtigten<br />
Hauptstrassen durch blaue Wegweiser und durch<br />
Nummernschildchen an den Ortstafeln durch den<br />
Kopf gehen Hess.<br />
An der Uraniakreuzung aber war ein regelrechte«<br />
Verkehrstheater aufgebaut, wo Fussgänger,<br />
Radfahrer, Autos und Strassenbahnen alle nur<br />
denkbaren Sünden gegen die Verkehrsgebote vorführten<br />
und es galt, sämtliche Figuren wegzunehmen,<br />
deren Stellung irgendeiner Vorschrift des Gesetzes<br />
widersprach.<br />
Die Anlage der ganzen Uebung erlaubte es den<br />
Gästen des Schulamtes für diesmal leider nicht,<br />
auch dem praktischen Verkehrsunterricht im Schulhof<br />
oder auf der Strasse zu folgen. Schon heute<br />
aber kann 6elbst ein Beobachter, der nicht gern<br />
Vorscbusslorbeeren austeilt, der Zürcher Schule<br />
das Zeugnis ausstellen, dass sie sich mit Eifer, Geschick<br />
und Erfolg um den Anschluss an die Spitzengruppe<br />
der schweizerischen Gemeinwesen im<br />
Rennen um die Verkehrserziehung der Jugend bemüht<br />
Und was wäre eine verdienstvollere Aufgabe<br />
für Schule und Polizei, als unsere Jugend, die Zukunft<br />
unseres Volkes, vor den Gefahren der<br />
Strasse zu bewahren, die ausser dem Hause doch<br />
unser aller wichtigster Lebensraum ist?<br />
H. W. Thommen.