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E_1948_Zeitung_Nr.026

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Nr. 26 - Mii IVHJCH, 9. JINI 1918<br />

AUTOMOBIL-REVUE<br />

SPORTNACHRICHTEN<br />

Die Veranstaltung des vergangenen Wochenendes:<br />

Das Bergrennen an der Vue-des-Alpes<br />

Wie in Rheineck das Kategorien-Dreigestirn de Graffenried (Maserati), Studer (Alfa Romeo)<br />

und Mettraux (Delahaye) in Front<br />

Verschiedene Faktoren sind es, die das erste<br />

internationale Bergrennen auf die Höhen der Vue<br />

des Alpes im Neuenburger Jura, das am letzten<br />

Sonntag als dritte Veranstaltung um die Schweizer<br />

Meisterschaft stieg, zu einem überaus imposanten<br />

Erfolg gestalteten. Da ist einmal des nach anderthalbwöchiger<br />

Regenperiode überraschend eingetretenen<br />

Wetterumschlages Erwähnung zu tun, den<br />

man hüben und drüben, bei Organisatoren wie<br />

Fahrern, zwar sehnlichst erhoffte, mit dem aber<br />

schliesslich niemand mehr zu rechnen wagte. Kein<br />

Wunder denn, dass der Pessimismus, der noch am<br />

Ende des völlig verwässerten ersten Trainings vom<br />

Freitagnachmittag herrschte, am Samstag und erst<br />

recht am Sonntag überschäumender Freude wich,<br />

als ein Vorsommertag mit geradezu idealen Rennbedingungen<br />

ins Land zog, der um die 20000 Zuschauer<br />

an die Piste lockte und von Valangin bis<br />

hinauf zürn Ziel jene Fete-champetre-Stimmun-g<br />

schuf, die sich von einem Bergrennen, wie's im<br />

Buche steht, einfach nicht wegdenken lässt. Da ist<br />

ferner' die nie .zuvor erreichte und kaum mehr zu<br />

überbietende Rekordbesetzung zu nennen, erschienen<br />

doch von 129 gemeldeten Konkurrenten nicht<br />

weniger als 119 am Start, die mit sportlich zum<br />

Teil gan.z verblüffenden Taten aufwarteten, und da<br />

ist — last but not least — der von der Sektion<br />

Montagnes Neuchäteloises des ACS ins Werk gesetzten<br />

Organisation zu gedenken, der man das<br />

Zeugnis ausstellen darf, sie sei vorbildlich gewesen<br />

und habe — summa summarum — bis in die Einzelheiten<br />

geklappt.<br />

Beim Abschnitt Valangin—Vue des Alpes der<br />

Staatsstrasse Neuenburg—La Chaux-de-Fonds, der<br />

Schauplatz des Rennens war, handelt es sich um<br />

einen gut ausgebauten, ausserordentlich schnellen<br />

Parcours mit Asphaltbelag, auf dem der Sieger im<br />

ersten nationalen Rennen (1939), Blancpain auf<br />

Maserati, über die Distanz von 9,8 km bei Wind<br />

und Regen'-eine Durchschnittsgeschwindigkeit von<br />

99,128 km/h (5'55,9") erzielte. Mit einer sprunghaften<br />

Erhöhung dieses Tempos bei einigermassen<br />

trockener Strosse war zu rechnen. Wer aber hat —<br />

vor Beginn des Trainings — im Ernst erwartet,<br />

dass für die auf 9,6 km verkürzte Strecke eine Senkung<br />

des Rekords auf unter 5 Minuten im Bereich<br />

der Möglichkeit läge? Die Veranstalter jedenfalls<br />

nicht, deren Zeitvergleichstabelle im offiziellen Programm<br />

nur die Stundenmittel für Zeiten von 5 Minuten<br />

an aufwärts wiedergab. Der Sieger von<br />

Rheineck aber, de Graffenried, schien<br />

nicht gesonnen, sich an diese Limite >zu halten,<br />

und als er im Training vom Samstag eine gestoppte<br />

Zeit von S'053" notierte, da waren die < Leute vom<br />

Bau > geneigt, auch die letzten Zweifel an der<br />

Möglichkeit einer Unterbietung der 5-Minuten-<br />

Grenze über Bord zu werfen, weil sie sich vom<br />

sonntäglichen Kampf gegen den Sekundenzeiger<br />

naturgemäss noch eine weitere Temposteigerung<br />

versprachen. Als dann aber der Lautsprecher für<br />

den Freiburger nach dem ersten Lauf unter anhaltender<br />

Spannung die aufsehenerregende Zeit von<br />

4'56,4." = 116,582 km/h verkündete, da bildete dies<br />

doch eine gewaltige Ueberraschung, und in den<br />

Reihen der kampierenden Zuschauer wie der Offiziellen<br />

wurden ein deutliches Gemurmel und<br />

scbliesslich wie auf Kommando Laute der Verblüffung<br />

und des Erstaunens vernehmbar ob der fahrerischen<br />

Glanzleistung, die sich in dieser Zeit widerspiegelt.<br />

Im übrigen heisst das Dreigestirn, das an<br />

der Vue des Alpes die Kategorienbestzeiten fuhr,<br />

wie in Rheineck de Graffenried (Maserati 1,5 Liter)<br />

bei den Rennwagen, Studer (Alfa Romeo 2,9 Liter)<br />

bei den Sportwagen und Mettraux (Delahaye MS),<br />

der sich in der Ostschweiz hinter dem Pseudonym<br />

« Leman > verborgen hatte, bei den Tourenwagen.<br />

Studer gelang es in einer Fahrt, die einmal mehr<br />

den wahren Meister verriet, den Vorkniegsdurchschnitt<br />

de Montforts (Bugatti) von 92,939 km/h<br />

(6'19,6") auf 105,109 km/h (5'28,8") zu verbessern,<br />

während Mettraux' höchst beachtliches Stundenmittel<br />

von 98,630 km/h (5'50,4") um gut 12 km/h,<br />

über jenem liegt, das de Montfort ebenfalls auf<br />

Bugatti in der ersten Auflage registrierte. — Die<br />

Zeitmessung ist unerbittlich. Sieger kann immer nur<br />

einer sein. Und doch verlangt das Gebot der Gerechtigkeit,<br />

im gleichen Atemzug auch die Leistung<br />

eines Hutchison (Alfa-Romeo-Monoposto 2,9 Liter)<br />

bei den Rennwagen und namentlich eines Dattner<br />

(BMW 2 Liter) bei den Sportwagen in das richtige<br />

Licht zu rücken, die nach verbissen und zäh geführtem<br />

Kampf um die Kategorien-Bestzeit unterlagen,<br />

ja, normaler Rennverlauf vorausgesetzt,<br />

unterliegen mussten: Hutchison, weil er mit<br />

unserm Gelände ganz offenbar noch nicht<br />

derart verwachsen ist, wie dies zur Erringung<br />

des Tagessieges nötig gewesen wäre, Dattner,<br />

weil an der Vue des Alpes auch ein bis aufs<br />

letzte « ausgewundener » kompressorloser 2-Liter-<br />

BMW gegen den 2,9-Liter-Alfa mit Doppelkompressor<br />

nicht aufzukommen vermag.<br />

Der Rennverlauf<br />

Dem Rennen, das wie in Rheineck in zwei Laufen<br />

gefahren wird, wobei für die Bewertung das<br />

bessere Resultat zählt (siehe Rangliste auf Seiten 5<br />

und 6], geht eine geschlossene<br />

Militärkonkurrenz<br />

voraus, an der 8 Fahrer teilnehmen und darin<br />

Major Tissot auf Talbot-Lago-Record in schneidiger<br />

Manier einen überlegenen Gesamtsieg unter Dach<br />

bringt, der übrigens im Hinblick auf das Wagenmaterial<br />

der Konkurrenz nicht-einen Augenblick in<br />

Frage stehen konnte.<br />

In der Kategorie der<br />

Tourenwagen<br />

setzt es in der Amateurgruppe bis 1100 ccm<br />

ein heisses Ringen zwischen Lindner (Simca) und<br />

Neef (Fiat) ab. Behält Neef am Vormittag das<br />

bessere Teil in Händen, wo der Binninger alle Mühe<br />

hat, seinen Motor auf Touren zu bringen, so gelingt<br />

es diesem im zweiten Lauf, seinen Zeitverlust<br />

vom Morgen nicht nur wettzumachen, sondern seinem<br />

Widersacher, der sich ebenfalls als schneller<br />

erweist, noch 1,6 Sekunden abzunehmen, womit er<br />

sich wieder 100 Punkte für die Meisterschaft aufs<br />

Eis legen kann. Zu einem Simca-Sieg reicht es auch<br />

bei den Experten, wo der Sieger wie vor zwei Wochen<br />

Schmocker heisst, der mit Abstand auf Triverio<br />

und Huber (beide Fiat) sowie Macchi (Skoda) in<br />

der erstaunlich guten Zeit von 7'31,8" den Zielschlauch<br />

quert.<br />

Der Favorit der Amateurgruppe, 1 101 —1 500<br />

ccm, < Chiodo » (Lancia) landet im «Dorfrank»<br />

von Boudevilliers nach eindrucksvoller T§te-äqueue<br />

in den Strohballen. An eine Fortsetzung der<br />

Fahrt ist nicht zu denken, weshalb Künzi (Lancia)<br />

ganz unvermutet, wiewohl verdient, in guter Zeit 100<br />

Punkte einheimst, Der «Ländermatch> EngJand-ltalien,<br />

bei dem die Vertreter Britanniens den Vorteil der<br />

zahlenmässigen Ueberlegenheit für sich haben,<br />

endet bei den Experten mit einem Erfolg des Lancias<br />

von Nussbaumer, der den Jowett-Javelin Vogelsangs<br />

mit gehörigem Vorsprung auf den Ehrenplatz<br />

verweist. Dass der Austin von Klaus und der Morris<br />

von Kenk mit ihrem um rund 300 ccm geringeren<br />

Hubvolumen hier nicht mit Aussicht auf Erfolg mittaten,<br />

war allerdings vorauszusehen.<br />

In der Wertungsgruppe 1501—2000 ccm<br />

ergibt sich gegenüber Rheineck ein völlig ^verändertes<br />

Bild, und zwar bei den Amateuren wie bei<br />

den Experten, die ein ausgesprochenes Markenrennen<br />

(Citroen) bestreiten. Während bei jenen der<br />

sieggewohnte « Peter > mit dem vierten Platz vorliebnehmen<br />

muss und sich Dumas vor Beck den<br />

Lorbeer holt, gibt hier < Willy » dem Ueberraschungssieger<br />

von Rheineck, Bosshard, das Nachsehen,<br />

der seinerseits Schlotterbeck sicher die<br />

Stange hält. Ganz- allgemein wäre zu bemerken,<br />

dass die «Zitronen > im ränkereichen Rheineck-<br />

Walzenhausen-Parcours unvergleichlich besser in<br />

ihrem Element waren als auf der schnellen Vue des<br />

Alpes.<br />

In der Amateur-Klasse, 2000 — 3000 ccm,<br />

bezwingt von Tscharner auf Healey die. Strecke<br />

auf leisen Sohlen in der als sehr gut anzusprechenden<br />

Zeit von 6'35,6", wobei man den bestimmten<br />

Eindruck gewinnt, Mann und Maschine seien bereits<br />

viel enger miteinander verwachsen als vor vierzehn<br />

Tagen draussen in der Ostschweiz.- Der 6-Zyl.-<br />

Citroen von < Robby » jedenfalls bedeutete niemals<br />

eine ernste Gefahr Was abefsoll man von Harre<br />

(SS-Swallow) sagen? Nichts, als dass man sich<br />

immer wieder darüber freuen darf, wie — aus einer<br />

sportlich und kameradschaftlich lobenswerten Auffassung<br />

heraus — er und mit ihm viele andere stets<br />

aufs neue mit von der Partie sind, ohne mit ihrem<br />

Wagen auch nur die entfernfeste Chance für einen<br />

vorderen Platz zu besitzen, einzig mit der Aussicht,<br />

Der Tagessieger de Graffenried<br />

(Maserati U I)<br />

Mettraux (Delahaye MS), Kalegorienerster<br />

bei den Tourenwagen.<br />

Studer (Alfa Romeo 2,9 I), der<br />

bei den Sportwagen zum Zug<br />

kam. »<br />

unter < ferner liefen» erwähnt oder überhaupt<br />

kaum beachtet zu werden... Bei den Experten hält<br />

Nessi auf einer Heajey-Limousine den einzigen Konkurrenten,<br />

den Engländer Porter auf Riley klar in<br />

Schach.<br />

Ein Zehnerfeld macht sich den Erfolg in der<br />

Amateurgruppe über 3000 ccm streitig, doch<br />

dünn sind jene gesät, die hier als Siegesanwärter<br />

f<br />

eiten dürfen. Fortuna vergibt den ersten Preis nach<br />

ürich; denn Felix Hirts vollschlanker Jaguar ist's,<br />

dem zur Abwechslung der grosse Wurf glückt, und<br />

zwar mit der höchst respektabeln Zeit von 6'27,2".<br />

Sargenti, der im ersten Berglauf der Saison Hirt das<br />

Schlusslicht zeigte, drückt das Gaspedal seines<br />

Delahaye durch, so tief er kann, doch diesmal hat<br />

es nicht «geschellt»! Der Vorjahrs-Amateurmeister<br />

Hohl lenkt seinen nunmehr mit dem 3,9-l-Motor ausgerüsteten<br />

Ford auf den dritten Platz und dann,<br />

ja dann verlängern sich die Abstände mehr und<br />

mehr, und der Kampf, der darum geht, sich die rote<br />

Laterne vom Halse zu halten, wird mindestens mit<br />

der gleichen Ausdauer durchgefochten, wie jener<br />

«an der Front» Das Rennen der Experten bringt<br />

Bescheid über die beste Zeit der Tourenwagen.<br />

Nach der Lektion von Rheineck brauchte man sich<br />

indessen nicht den Kopf zu zerbrechen darüber,<br />

wer hier den Sieg an seine Fahne heften würde:<br />

doch.— so, wie die Dinge nun einmal stehen —<br />

nur Metfraux, der seinen Dejahaye auch fahrtechnisch<br />

sauber in einer Zeit (5'50,4") ins Ziel steuert,<br />

die ganz nahe an jene heranreicht, welche Blancpain<br />

mit dem 1,5-l-Maserati-Rennwagen 1939 für<br />

die 200 m längere Strecke benötigte. Sie ist als<br />

schlechthin phänomenal zu bezeichnen. Für alles,<br />

was folgt, «langt's» im besten Fall zu einem Achtungserfolg.<br />

Schon der Zweitklassierte, Gempeler<br />

(Delahaye), ist volle 40 Sekunden länger unterwegs;<br />

innerhalb der nächsten 25 Sekunden findet<br />

man im Klassement Nussbaumer (Jaguar), den Enginder<br />

S/H. Allard (Allard) und Helbling (Ford). Alle<br />

andern liegen um ein Erkleckliches jenseits der 7-<br />

Minutengrenze. Während des Rennens dieser<br />

Gruppe gerät auf der Höhe von La Balance das<br />

dort dicht gedrängte Publikum komplett aus dem<br />

Häuschen, als sich Bovey in stark übersetztem<br />

Tempo der als tückisch bekannten untern Linkskurve<br />

nähert, sich verschätzt und rechts über das Strassenbord<br />

hinausgerät, wobei sich sein Delahaye recht<br />

unsanft'auf die Seite «legt» Was für männiglich<br />

und weibiglich das Signal zum Ueberfluten der<br />

Strecke bedeutet; ein Rennen zum «Tatort» setzt<br />

ein, dem die Hermandad ohnmächtig gegenübersteht.<br />

Die Leute des Streckendienstes winken erregt<br />

mit der roten Fahne, das Rennen wird unterbrochen<br />

und der arg mitgenommene Wagen, dessen Fahrer<br />

mit dem Schrecken davonkam, abgeschleppt.<br />

Sportwagen<br />

Kaum ist die Strecke wieder freigegeben und<br />

haben die Tourenwagen ihr Rennen beendet,<br />

gibt's neue Aufregungen. Leuenberger (Fiat), der<br />

letzten Endes bei den Amateuren der Gruppe b i s<br />

1 100 ccm den «Rahm > obenabschöpft und<br />

Calderari (Fiat MM) klar distaneiert, tätigt in der<br />

gleichen Kurve eine tete-ä-queue. Dann greift das<br />

Fieber auch auf die Experten über, bei denen sich<br />

nacheinander zwei Zwischenfälle ereignen. Einmal<br />

sHzt der allzu forsch ins Zeug gehende Grass von<br />

der ARG (Raüy) auf dem Strassenbord auf und<br />

kann nur mit Zuschauerhilfe wieder in Fahrt<br />

gebracht werden, was im ersten Lauf seine<br />

Disqualifikation zur Folge hat, und .zum andern<br />

droht sich eben daselbst der Gsitalia Wüsts<br />

vorerst rechts ins « Gebüsch » zu schlagen, um dann<br />

gleichfalls auf der linksseitigen Böschung vorüber<br />

gehend festzufahren. Da beim Publikum auch die<<br />

mal ein erschreckender Mangel an Disziplin offenkundig<br />

wird, sorgen die massgebenden Instanzen<br />

endlich für eine genügende Absperrung mit Seilen.<br />

(Fortsetzung des Berichtes auf Seife 6)

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