E_1948_Zeitung_Nr.046
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AUTOMOBIL REVUE<br />
MITTWOCH, 27. OKTOBER 19 V8 - Nr. 46<br />
Das Basler Experiment<br />
Eine Art der Fortbewegung des Menschen,<br />
die unserer Zeit ihren Stempel aufprägt, ist die<br />
Fortbewegung durch Motorenkraft. Wer ein Motorrad<br />
oder ein Auto lenken will, der muss bei<br />
uns in der Schweiz nicht nur lernen, wie man<br />
die Maschine bedient und lenkt; er muss auch<br />
ganz genau über die vereinbarten Regeln des<br />
Benehmens und Verhaltens auf der Strasse Bescheid<br />
wissen — kurz: er muss ein gar nicht sehr<br />
einfach zu bestehendes Examen über sich ergehen<br />
lassen, ehe man ihn — wie die Gazetten<br />
so gerne schreiben — « auf die Menschheit loslässt<br />
».<br />
Der Angriff ist die beste Verteidigung, dürften<br />
die Gazetten sich sagen, die so schreiben.<br />
Und in dieser, ach so beliebten Wendung c auf<br />
die Menschheit loslassen » steckt ein ganz bewusster<br />
Angriff auf alles, was sich motorisiert<br />
hat. Dieser Angriff ist aber, wenn wir ihn nur<br />
recht zerpflücken, tatsächlich eine allerdings nur<br />
mehr oder weniger bewusste Verteidigung und<br />
nichts anderes. Die also kritzelnden Schreiberlinge<br />
fühlen nämlich dumpf, dass ihnen etwas<br />
fehlt.<br />
Ihnen fehlt die einzige, die natürlichste<br />
« Waffe » gegen das « auf die Menschheit losgelassene<br />
» Motorfahrzeug: Sie wissen nicht, wie<br />
sie selber sich auf der Strasse verhalten sollen.<br />
Und das Allerbeste: Sie wollen es auch<br />
meist gar nicht gerne lernen. Im Gegenteil:<br />
Wenn's ihnen jemand zeigen will, dann sträuben<br />
sie sozusagen die Haare und stellen die<br />
Stacheln. Sie wehren sich dagegen, dass man<br />
ihnen die Freiheit auch nur um einen Deut einschränken<br />
könnte, die schöne, die herrliche, die<br />
goldene Freiheit, nach ihrer eigenen Fagon « selig<br />
zu werden », buchstäblich: « selig zu werden »!<br />
Nehmen wir einmal den konkreten Fall der<br />
Velofahrer, zum Beispiel in Basel, wo es deren<br />
70 000 gibt, in Basel, wo festgestellt worden ist,<br />
dass 70 % aller Schulkinder Velos besitzen und<br />
über 80 % aller Schulkinder Velofahren können.<br />
Können diese 70 000 Velobesitzer und all diejenigen,<br />
die — ohne selbst über das Vehikel als<br />
Besitzer zu verfügen — wenigstens Velofahren<br />
können, können diese wirklich « Velofahren •?<br />
So hat man sich in Basel behördlicherseits gefragt.<br />
Und man ist zum überraschenden Schluss<br />
gekommen:<br />
Oben bleiben können, heisst noch lange nicht<br />
Velofahren können.<br />
Es ist im Grunde genommen nicht viel anders<br />
wie bei einem kleinen Kind, welches Gehen<br />
lernt. • Es kann schon laufen! » ruft stolz die<br />
Mutter. Ist es deshalb schon ein Fussgänger?<br />
Kann man's ruhig auf die Strasse schicken und<br />
läufelen lassen?<br />
Die Frage stellen, heisst sie beantworten. Natürlich<br />
gibt es die bekannten Ausnahmen, über<br />
die sich Automobilisten immer so unbändig<br />
« freuen », wenn sie durch Dörfer rollen: Wann<br />
kommt das Zweijährige auf die Fahrbahn gerannt?<br />
Wenn aber ein Schulkind mit den kurzen<br />
Beinen die Pedale erreicht und auf dem Velo<br />
oben bleiben kann, dann lässt man es getrost<br />
auch auf die Strasse hinaus, Kommissionen machen,<br />
zur Schule fahren, freihändig fahren usw.<br />
Und ohne Velo? Da lässt man die Kinder<br />
schon früher allein und mit Spielkameraden auf<br />
die Strasse ziehen. Sind diese Kinder dann trotz<br />
allem doch einmal 20, 30, 40, ja sogar 50 Jahre<br />
alt geworden, dann wissen sie nicht viel mehr<br />
wie damals darüber, wie man sich heute auf den<br />
heutigen Strassen eigentlich verhalten sollte.<br />
Und man kann's ihnen auch — praktisch — nicht<br />
und nie mehr beibringen.<br />
Hier haben nun die Basler Behörden mit<br />
.ihrem Experiment eingehakt.<br />
Zwei Männer, nur zwei, die Polizeibeamten<br />
Garnus und Steger, haben den Kopfsprung gewagt<br />
und schwimmen nun seit einem Jahr wakker<br />
und überlegt gegen den gewaltigen Strom.<br />
Unermüdlich, mit wahrer Engelsgeduld und<br />
mit einer geradezu bewundernswerten Ausdauer<br />
ziehen sie von Klasse zu Klasse, von Schulhaus<br />
zu Schulhaus. Schon in den Kleinkinderschulen<br />
fangen sie an; denn sie haben eingesehen, dass<br />
sie mit ihrem Tun überhaupt nicht früh genug<br />
anfangen können: Sie halten Lichtbildervorträge<br />
über das unerschöpfliche und doch so einfache<br />
Thema: « Wie soll ich mich auf der<br />
Strasse verhalten? »<br />
Die schweizerischen Radfahrerverbände beabsichtigten<br />
nun, in den Basler Schulen Radfahrerprüfungen<br />
durchzuführen; die Behörden<br />
aber wollten statt Verbandsmitglieder lieber<br />
ihre beiden bewährten Beamten Garnus und<br />
Steger in den Schulstuben sehen und übertrugen<br />
ihnen — zusätzlich — noch die Aufgabe, solche<br />
Velofahrerexamen zu veranstalten. Diese sind<br />
gegenwärtig in Gang und werden noch längere<br />
Zeit dauern; denn- zahlreich sind die Schulen,<br />
die Klassen und die Schulkinder in Basel. Durchschnittlich<br />
ein halbes Jahr nach dem Lichtbildervortrag<br />
kommen die Zuhörer nun theoretisch<br />
und praktisch zum Handkuss; sie erleben zum<br />
erstenmal eine Velofahrerprüfung.<br />
In ihrer diskreten, stahlgrauen Uniform erscheinen<br />
die beiden Herren im Schulzimmer.<br />
Der Leiter der Prüfung nimmt kurz Bezug auf<br />
den Lichtbildervortrag, den die Klasse gehört<br />
und gesehen hat und erklärt ihnen, dass sie, die<br />
beim Fahren auf einem Velo oben bleiben können,<br />
im Grunde genau solche Anfänger seien<br />
wie ein Autofahrer, der wisse, wie man ein Auto<br />
steuert. Die Prüfung, die sie heute zu bestehen<br />
hätten, sei jedenfalls nur ein Glied in der Kette<br />
der Bestrebungen, sie alle vor Unfall und Tod<br />
auf der Strasse zu bewahren.<br />
Nach diesen kurzen, einleitenden Worten wird<br />
den Schulkindern ein<br />
Fragebogen<br />
verteilt, den sie auszufüllen haben. Die Zungenspitze<br />
zwischen den trockenen Lippen, die getarnten<br />
Blicke nach links und rechts schweifen<br />
lassend, lassen die Prüflinge nun ihre Federn<br />
mehr oder weniger gewandt über das Papier<br />
kritzeln. Nach und nach bedecken sich die weissen<br />
Bogen mit dunklen Schriftzeichen. Und dann<br />
Stellt Herr Garnus vorn einen grossen Karton<br />
auf. Er besitzt ihrer eine ganze Reihe, und jeder<br />
zeigt sechs verschiedene und immer wieder<br />
andere Verkehrszeichen, wie sie dem «Verkehrsteilnehmer<br />
» zu Stadt und Land täglich begegnen.<br />
Ihre Bedeutung ist ebenfalls schriftlich<br />
kundzutun. Viele, allzu viele Gedankenstriche<br />
verraten aber, dass oft mehr als die Hälfte der<br />
gezeigten, landläufigen Verkehrszeichen unverstanden<br />
und von Velofahrern unerkannt auf den<br />
Blechtafeln prangen. Selbst die Zeichen « Parkverbot<br />
» und « Fahrverbot» sind vielfach unbekannt.<br />
Trotzdem wird Velo gefahren!<br />
Nach und nach händigen die Prüflinge ihre<br />
ausgefüllten Bogen dem Mann in der respektgebietenden<br />
Uniform aus, der so freundlich und<br />
gütig sein kann, dass man seinen Beruf ganz<br />
vergisst; tatsächlich gelingt es Steger und Garnus<br />
im Handumdrehen, das volle Vertrauen der<br />
Jungmannschaft jeden Alters zu gewinnen. Und<br />
das erreichen sie ganz bewusst — beinahe wie<br />
treffliche Schauspieler — dadurch, dass sie jedes<br />
einzelne Mal erneut mit voller Intensität den<br />
ganzen ehrlichen Ernst ihres Ansinnens spüren<br />
lassen. Kinder sind ein furchtbar kritisches,<br />
grausames Auditorium. Ein einziger falscher<br />
Ton, der auch nur von weitem nach gelangweilter<br />
Routine riecht — und die ganze Mühe ist<br />
umsonst!<br />
Es folgt die<br />
Fragestunde.<br />
Manchmal wird sie sehr ausgiebig genützt. Als<br />
wir dabei waren, wollte jemand wissen, wie das<br />
nun sei, wenn eine Tafel < Schleudergefahr bei<br />
nasser Fahrbahn > künde und ein Fahrzeug, bei<br />
Regen, von hinten her durch einen bimmelnden<br />
Tramwagen gehetzt werde? «Tram hin oder<br />
her — die Sicherheit geht unter allen Umständen<br />
allem anderen vor », lautete die ruhige, sichere,<br />
überzeugende Antwort, die auch offensichtlich<br />
tief einleuchtete. Man wollte auch wissen,<br />
was « Bodenrinnen », « Querrinnen » seien<br />
und was die diesbezügliche Warnungstafel für<br />
einen Sinn habe. Auch dies wurde klar und einfach<br />
erklärt; dass Nichtbeachtung dieser Warnung<br />
Schaden am Velo oder gar am teuren Auto<br />
nach sich ziehen könne, machte grossen Eindruck.<br />
Die Beantwortung der Frage nach Sinn<br />
und Zweck der Distanzpfähle vor einem Bahnübergang<br />
stiess ebenfalls auf Dankbarkeit.<br />
Im Hinblick auf die am Nachmittag folgende<br />
praktische Prüfung erklärte der Polizeibeamte<br />
Steger den Knaben nochmals, es werde dann —<br />
trotz aufgehefteten Startnummern — kein<br />
Rennen gefahren; nicht das Tempo entscheide<br />
oder interessiere auch nur; einzig auf das korrekte<br />
Fahren komme es an. Man solle immer vor<br />
Augen haben, dass man ja nie nur sich selbst,<br />
sondern immer auch die anderen auf der Strasse<br />
in Gefahr bringe. Am liebsten, fügte er bei,<br />
würde er die ganze Klasse zu einem Spitalrundgang<br />
mitnehmen* um ihnen still und schlicht die<br />
Kehrseite unrichtigen Verhaltens auf der Strasse<br />
zu zeigen. Leider sei dies nicht gut möglich.<br />
Nützlich und sehr einleuchtend aber wäre es<br />
sicherlich. Denn dort sähen sie die traurige Ergänzung<br />
zu den Lichtbildern zerschmetterter<br />
Fahrzeuge und verkrüppelter Velos, wie sie der<br />
Lichtbildervortrag seinerzeit vermittelt habe.<br />
Der Nachmittag brachte dann die mit Spannung<br />
erwartete<br />
praktische Prüfung.<br />
Einer um den andern schob sein Velo heran, erhielt<br />
die Startnummer, mit Sicherheitsnadeln an<br />
Briefe Ober allgemein interessierende Fragen werden gerne zur Veröffentlichung entgegengenommen Sie sind mögliehst<br />
kurz zu fassen und an die Redaktion der «Automobil Revue>. Breitenrainstr. 97, Bern, zu senden. Die Verwendung eines<br />
Pseudonyms ist gestattet, wenn der Redaktion Name und Adresse des Absenders bekanntgegeben werden.<br />
« Die Autosalons der Hehler »<br />
Ich bitte Sie, die Frage zu prüfen, ob es nicht<br />
angebracht wäre, zugunsten von Paul Jaray eine<br />
Sammlung zu veranstalten.<br />
Vielleicht könnten auch die beiden grossen<br />
Automobilverbände sich dahin 'verständigen,<br />
dass sie für Herrn Jaray eine Pension aussetzen.<br />
M. St.<br />
(Die Automobilvefbände könnten dies nur<br />
tun, wenn sie von ihren Mitgliedern dazu die<br />
nötigen Mittel erhalten. Eine Sammlung erscheint<br />
uns nicht angebracht, weil Jaray keine<br />
Almosen empfangen soll; wir Automobilisten<br />
stehen in seiner Schuld, weil er als Erster die<br />
Betriebskostenreduktion von der Luftwiderstandsseite<br />
her angepackt hat-<br />
Jede gute Idee zum Start einer Aktion, wie<br />
sie « Kondensator » vorgeschlagen hat, ist willkommen,<br />
mag sie von Industrie, Handel oder<br />
Automobilisten stammen. Red.)<br />
Schon seit Jähren beschäftige ich mich mit<br />
dem Problem, die Lastwagenstrasse für überholende<br />
Autos freihalten zu können. Aber immer<br />
und immer wieder bin ich auf die einfachste<br />
und nach meinem Dafürhalten die beste Lösung<br />
zurückgekommen, die ich wie folgt schildern<br />
möchte.<br />
2. Auf beiden Seiten links und rechts müssen<br />
auf den Kotflügeln des Camions Rückspiegel<br />
(nur aus Glas) montiert sein, die einen Rückblick<br />
auf 200—300 m ermöglichen.<br />
die Brust geheftet, zog zum zweiten Tisch, wo<br />
Bremsen, Glocke, Katzenauge und Kontrollschild<br />
gründlich nachgesehen und für jedes Velo ein<br />
« Zeugnis » zu den Akten ausgestellt wurde. An<br />
der Schulhaustür prangte ein kleiner Situationsplan<br />
der abzufahrenden Strecke, und dazu erhielt<br />
jeder noch einen vervielfältigten Zettel, aus<br />
welchem nochmals genau die Strecke hervorging,<br />
die zu fahren sei. Einer um den andern begaben<br />
sich die Jünglinge auf die ca. Z% km<br />
lange Reise.<br />
Gemütlich und unerkannt zogen wir ihnen<br />
im Auto entgegen, fuhren also ihre Prüfungsstrecke<br />
im umgekehrten Sinne ab. Bald begegneten<br />
wir den ersten Velofahrern — ohne Nummern.<br />
Es waren Schüler der noch wartenden<br />
Klassen, die schlau die Strecke rekognoszierten,<br />
sich alles gut einprägten, ihren Kollegen mit<br />
Startnummern Warnungen zuriefen, mit dem<br />
Finger auf « unauffällige » Kontrollposten zeigten<br />
und ihre « ernst » fahrenden Kameraden in<br />
Rudeln begleiteten, wobei meistens immer nur<br />
diejenigen, die eine Nummer auf der Brust trugen,<br />
mit gestrecktem Arm Zeichen gaben, um<br />
ihre* Absicht, die Fahrtrichtung zu ändern, bekanntzugeben.<br />
Die anderen bogen einfach ab,<br />
wie man's — leider — von Velofahrern längst<br />
gewohnt ist. Einen erwischten wir stolz freihändig<br />
auf dem Radweg rollend; er studierte aufmerksam<br />
seinen Streckenzettel, statt auf den<br />
Verkehr zu achten ...<br />
Beim Wegfahren aus dem Schulhof stiess<br />
praktisch jeder aufmerksam sein Velo über das<br />
zu kreuzende Trottoir, um erst auf der eigentlichen<br />
Strasse vorschriftsgemäss aufzusteigen.<br />
Bei der Rückkehr aber, nach « glücklich » beendeter<br />
Prüfung, fuhr manch einer rührend gedankenlos<br />
über das Trottoir in den Schulhof<br />
hinein, was allerlei Schlüsse auf alte Gewohnheiten<br />
zuliess. Im allgemeinen fuhren die Prüflinge<br />
recht anständig und korrekt. Und wenn sie<br />
es auch nur taten, weil sie sich beobachtet fühlten<br />
und « weil es drauf ankam », so mussten sie<br />
doch einmal aus eigenem Antrieb korrekt fahren.<br />
Etwas Gutes mag dabei da und dort hängen<br />
geblieben sein. Wir glauben daher nicht,<br />
dass die Prüfung sinnlos war.<br />
Wir interessierten uns sehr für das weitere<br />
Schicksal der ausgefüllten Fragebogen. Die Herren<br />
Garnus und Steger korrigieren sie sorgsam<br />
mit roter Tinte 'und geben sie hernach dem<br />
Schulrektor zurück. Dieser gibt sie an den Lehrer<br />
weiter, der sie mit den Schülern besprechen<br />
sollte. Hier ist nun<br />
der neuralgische Punkt des ganzen Experimentes.<br />
Hier, wo es wirklich darauf ankäme, versagt leider<br />
allzu oft der eingeschaltete Erwachsene. Die<br />
Zahl der Lehrer, die diese Pflicht nun wirklich<br />
erfüllen, ist noch sehr, sehr klein. Allzu viele<br />
geben den Schülern die Blätter gar nicht zurück,<br />
oder sie verteilen sie nur kommentarlos.<br />
Statt nun aber zu schäumen, freuen sich die<br />
Herren Garnus und Steger geduldig über jeden<br />
Lehrer, der doch schon mitmacht. Die beiden<br />
Beamten sehen ein, dass sie die gebotene<br />
Möglichkeit so gründlich wie möglich nützen<br />
müssen. Nach der Schule bleibt ihnen gar<br />
keine Möglichkeit mehr, den Radfahrenden zu<br />
beeinflussen. Hier, im Verband der Schule, der<br />
Klasse, steckt ihre einzige Chance. Und diese so<br />
gründlich wie nur immer möglich zu nützen, ist<br />
ihr Ziel. Je früher sie an die Jugend herankönnen,<br />
desto lieber ist es ihnen. Vom vierten<br />
Schuljahr an beginnt ihre Aufgabe wachsend<br />
schwerer und schwieriger zu werden. Seit einem<br />
Jahr aber mühen sie sich nun, einen ersten<br />
Kern, eine erste Zelle einer neuen Generation<br />
heranzubilden, die besser Bescheid weiss als fast<br />
alles, was heute auf den Strassen geht und velofährt.<br />
Und das, dünkt uns, ist des Schweisses der<br />
Edlen wehrt!<br />
rbc.<br />
BRIEFE DER LESER AN DIE A.R.<br />
Vorfahren bei Lastwagen<br />
1. Unbedingt die rechte Strassenseite einhalten;<br />
damit dies aber mit grösster Sicherheit<br />
geschehen kann, muss die Ladung sorgfältig ausgeführt<br />
und die Lenkung sowie die Vorderachse<br />
unbedingt in tadelloser Ordnung sein.<br />
3. Der vorfahrende Wagenlenker muss sich<br />
zuerst auf die rechte Strassenseite begeben und<br />
sich vergewissern, ob dey zu überholende Lastwagen<br />
nicht andern Strassenbenützern ausweichen<br />
muss. Sollte dies der Fall sein, muss der<br />
Lenker des Lastwagens unbedingt den Richtungsanzeiger<br />
nach links betätigen.<br />
Wenn diesen drei Punkten mehr nachgelebt<br />
würde, so wäre das Problem des Ueberholens<br />
seiner Lösung m. E. um einen entscheidenden<br />
Schritt nähergebracht. Ich selbst habe mit dieser<br />
Methode, wie anfangs erwähnt, die besten Erfahrungen<br />
gemacht und dafür schon von manchem<br />
vorfahrenden Automobilisten ein freundliches<br />
« Danke » zugewinkt bekommen.<br />
Ein Chauffeur mit über 20 Jahren Fahrpraxis.<br />
Gehörlose sind vorbildliche Fahrer<br />
In Ihrem geschätzten Blatt ist eine Meldung<br />
aus amerikanischer Quelle erschienen, wonach<br />
3000 taubstumme Autolenker eines USA-Staates<br />
im Laufe von neun Jahren nicht einen einzigen<br />
Unfall verursacht haben. An diese gewiss bemerkenswerte<br />
Tatsache wird der Kommentar<br />
geknüpft, dass die Taubstummen einer wesentlich<br />
« härteren » Prüfung unterzogen worden<br />
sind als Guthörende, und dass sie, wohl wegen<br />
ihres Gebrechens, ein besonders stark entwickeltes<br />
Verantwortungsgefühl besässen.<br />
Wollen Sie einem Gehörlosen erlauben, noch<br />
eine weitere Bemerkung anzuknüpfen. Aus dem<br />
erwähnten statistischen Faktum geht nicht nur<br />
die vorbildliche Haltung der taubstummen Fahrer<br />
hervor, sondern noch etwas ganz anderes und<br />
grundsätzlich viel Wichtigeres: dass nämlich für<br />
die sichere Führung eines Autos das Gehör nicht<br />
erforderlich ist. Möchte doch die Welt, und zunächst<br />
die Schweiz, endlich davon Kenntnis<br />
nehmen!<br />
Tatsächlich ist doch die gesamte Verkehrssignalisierung<br />
seit langem auf das optische Gebiet<br />
verlegt worden; das einzige akustische Instrument,<br />
die Hupe, dient zur Warnung von Fussgängern<br />
und Radfahrern. Der Unterschied zwischen<br />
gutem und schlechtem Gehör beim Autofahren<br />
(insbesondere im geschlossenen Coupe)<br />
wirkt sich in der Weise aus, dass der Guthörende<br />
dauernd die Geräusche des eigenen Wagens<br />
wahrnimmt, die dem schlecht oder nicht Hörenden<br />
teilweise oder ganz erspart bleiben. Und es<br />
ist sehr wohl möglich, dass eben diese Erleich -<br />
terung zu dem erstaunlichen amerikanischen Resultat<br />
mit beigetragen hat.<br />
Vielleicht macht man einmal Versuche, um<br />
festzustellen, ob ein guthörender Autolenker<br />
während der Fahrt Hupensignale aus Querstrassen<br />
mit Sicherheit hören und lokalisieren kann;<br />
denn das wäre doch das einzige, was er möglicherweise<br />
vor dem Taubstummen voraushaben<br />
kann. A. B.<br />
(Fahrer, die aus Querstrassen kommen, dürfen<br />
sich jedoch nur ausnahmsweise mit der Hupe<br />
ankündigen, dann nämlich, wenn die Verkehrssicherheit<br />
es erfordert. Normalerweise darf in<br />
solchen Fällen bei uns nicht gehupt, sondern es<br />
muss ohne Signal langsam und vorsichtig aus<br />
der Querstrasse ausgefahren werden. Red.)<br />
Hilfsbereitschaft, wie sie sein soll<br />
Es war auf der Gotthardstrasse. Bereits ging<br />
es gegen Abend, als wir die Passhöhe verliessen.<br />
Wir kamen von Italien und freuten uns, noch<br />
Bern zu erreichen. Kaum waren wir ein Stück<br />
gefahren, gewahrten wir auf der Strasse zwei<br />
grosse Möbelwagen, rechts parkiert; dahinter<br />
stand ein Personenwagen.<br />
Was war geschehen? Ein französischer Wagen<br />
lag bergseits im Strassengraben, -auf die<br />
Seite geneigt. Glücklicherweise waren die Insassen,<br />
ein Ehepaar, unversehrt. Mit zitternden<br />
Händen erzählte die Frau die Geschichte, derweil<br />
ihr Mann Hilfe suchte.<br />
Sie wollten den Kühler auffüllen und parkierten<br />
auf der rechten Strassenseite. Während<br />
sie das Wasser holten, mussten sie zusehen, wie<br />
sich ihr Wagen in Bewegung setzte und die<br />
Strasse rückwärts hinunterfuhr, weil er nicht<br />
durch einen Gang gesichert worden war.<br />
Das Ehepaar tat uns leid. Die beiden Lastwagen-Chauffeure<br />
und drei Herren berieten. Den<br />
Wagen von Hand aus dem Loch ziehen war für<br />
fünf Männer unmöglich, aber zehn hätten es gekonnt.<br />
Gut, jeder sollte zur Hilfe angehalten<br />
werden. Zwei Motorradfahrer waren sofort dabei.<br />
Auch der Nächste, der die Stelle passierte,<br />
erklärte, selbstverständlich gerne zu helfen,<br />
wenn er auch etwas skeptisch war. Viel blieb<br />
nicht mehr zu erhoffen, denn die Dämmerung<br />
war bereits hereingebrochen. Aber die Zuversicht<br />
der beiden Chauffeure, dass es gehen<br />
müsse, zerstreute alle Zweifel. Da nahte noch<br />
ein grosser Wagen, ein Belgier. Unser erstes<br />
« Halt > achtete er nicht und wollte durchdrängen,<br />
aber er kam nicht weit. Einer der Männer<br />
stellte sich vor ihn hin und sagte: «In der<br />
Schweiz hilft man einander. » Noch einmal frug<br />
der Belgier: « Muss man helfen? » Doch eine<br />
Antwort in saftigem Schweizerdeutsch liess ihn<br />
schnell aus seinem Wagen steigen, und zu seiner<br />
Ehre sei's gesagt: er hat dann tüchtig mit zugepackt.<br />
Neun Männer, das Kommando « Hoh-<br />
Ruck », und nach einigen Minuten stand der Renault<br />
wieder auf der Strasse, mit ein paar Beulen,<br />
aber sonst fahrtüchtig.<br />
Die Freude der Frau stand ihr hell in den<br />
Augen zu lesen. An diesem Abend zog ein jeder<br />
befriedigt weiter, die einen den Gotthard hinauf,<br />
wir andern hinunter. Wir haben uns vorgenommen,<br />
in Zukunft, wo wir auch sein mögen, unserem<br />
Nächsten zu helfen; die Freude an solcher<br />
Tat der Hilfsbereitschaft ist der schönste Lohn<br />
dafür. , Frau K.V.<br />
Ausländer als Verkehrshindernisse<br />
auf Paßstrassen<br />
In der zweiten oder dritten Linkskurve unterhalb<br />
des Belv