ImmoCompact 01/2018
Das Fachmagazin für die Immobilienwirtschaft
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Schritt wird der Kostenwert mit einer<br />
Grundsteuermesszahl multipliziert und<br />
ergibt den Grundsteuermessbetrag. Die<br />
bisherigen bundeseinheitlichen Grundsteuermesszahlen<br />
sollen jedoch durch<br />
länderspezifische Grundsteuermesszahlen<br />
ersetzt werden. Im dritten und<br />
letzten Schritt wird der Grundsteuermessbetrag<br />
mit dem Hebesatz der jeweiligen<br />
Gemeinde multipliziert. Der<br />
Hebelsatz kann individuell von jeder<br />
Gemeinde festgesetzt werden. Für<br />
Berlin beträgt der Hebesatz zum Beispiel<br />
810% und für Düsseldorf 440%.<br />
Das heißt, trotz gleicher Basiswerte<br />
muss man in Berlin 84% mehr Grundsteuer<br />
bezahlen.<br />
Praxisbeispiel<br />
W Mehrfamilienhaus Berlin, Bj.: 2<strong>01</strong>7<br />
W Grundstücksfläche: 1.000 m 2<br />
W Bodenrichtwert: 800 Euro pro m 2<br />
W Bodenwert: 800.000 Euro<br />
W Brutto-Grundfläche (BGF): 3.500 m 2<br />
W Pauschalherstellungskosten pro BGF:<br />
935 Euro pro m 2<br />
W Pauschalherstellungskosten:<br />
3.272.500 Euro<br />
W Alterswertminderung max. 70%:<br />
0 Euro<br />
W Gebäudewert: 3.272.500 Euro<br />
W Kostenwert: 4.072.500 Euro<br />
Der Einheitswert für dieses Mehrfamilienhaus<br />
mit einer Wohnfläche von 1.920<br />
m 2 beträgt rund 226.000 Euro. Der<br />
Kostenwert beträgt somit das 18-Fache,<br />
nämlich 4.072.500 Euro. Würde man<br />
ein im Jahr 1964 gebautes Haus in der<br />
gleichen Größe neu bewerten, würde<br />
sich ein Kostenwert in Höhe von<br />
1.514.000 Euro ergeben. Das heißt, der<br />
Kostenwert des Neubaus ist fast dreimal<br />
so hoch wie der des Altbaus.<br />
Bei der Ermittlung des Gebäudewerts<br />
erfolgt eine Unterscheidung nach Gebäudearten.<br />
Weiterhin ist eine Unterteilung<br />
in drei Baujahresgruppen vorgesehen.<br />
Innerhalb dieser Gruppen sind<br />
erhebliche Unterschiede erkennbar. So<br />
wird beispielsweise ein Bürogebäude<br />
mit dem Baujahr 2005 mit einem um<br />
62% höheren Wert angesetzt als ein<br />
Bürogebäude mit dem Baujahr 2004. Bei<br />
den Herstellungskosten werden innerhalb<br />
einer Baujahresgruppe keine Differenzierungen vorgenommen.<br />
So werden beispielsweise alle Mehrfamilienhäuser<br />
mit einem Baujahr vor 1996, abgesehen von der linearen<br />
Alterswertminderung, gleich bewertet. Baumängel, unterschiedliche<br />
Ausstattung oder Kernsanierungen werden nicht<br />
berücksichtigt.<br />
Auswirkung auf die Grundsteuer<br />
Im Rahmen der Neuregelung soll die Grundsteuer nicht erhöht<br />
werden. Dieses Ergebnis wird dadurch erreicht, indem<br />
man die Grundsteuermesszahlen reduziert. Die Reduzierung<br />
erfolgt im Verhältnis der Steigerung des Kostenwerts zum<br />
Einheitswert. Diese Regelung führt zwangsläufig zur Erhöhung<br />
der Grundsteuer für Neubauten und zur Kürzung der<br />
Grundsteuer für Altbauten, da die Alterswertminderung nur<br />
bei Altbauten zu berücksichtigen ist. Der Kostenwert wird<br />
zum <strong>01</strong>.<strong>01</strong>.2022 festgesetzt. Danach kann erst die Höhe der<br />
Grundsteuermesszahlen ermittelt werden. Für die Auswertungen<br />
benötigt die Verwaltung eine lange Bearbeitungszeit.<br />
Daher soll die Neufestsetzung der Grundsteuer erst ab dem<br />
Jahr 2027 erfolgen.<br />
Die Grundsteuer in Berlin für Wohngebäude beträgt durchschnittlich<br />
0,28 Euro pro m 2 pro Monat. Künftig könnte sich<br />
nach unseren Schätzungen die Grundsteuerbelastung verschieben:<br />
für Altbauten auf 0,15 Euro pro m 2 pro Monat und für<br />
Neubauten auf 0,40 Euro pro m 2 pro Monat.<br />
Fazit<br />
Für Eigentümer bietet das neue Verfahren den Vorteil, dass<br />
die Bewertung einfacher und klarer wäre. Zudem reduziert<br />
sich für Eigentümer älterer Gebäude die Grundsteuer. Eigentümer<br />
neuerer Gebäude müssten hingegen mit einer höheren<br />
Grundsteuer rechnen. Ob die Grundsteuerreform tatsächlich<br />
in dieser Form umgesetzt wird, ist momentan fraglich. Denn<br />
die Neuregelung beinhaltet teilweise willkürliche Festsetzungen.<br />
Dem BVerfG wurde unter anderem ein Gutachten von<br />
Prof Dr. Johanna Hey, Direktorin des Instituts für Steuerrecht<br />
der Universität zu Köln, im Juni 2<strong>01</strong>7 zur Reform vorgelegt, in<br />
dem die Verfassungsmäßigkeit der Reform angezweifelt wird.<br />
Daher bleibt abzuwarten, welche Hinweise das Gericht hinsichtlich<br />
der Neuregelung geben wird.<br />
W<br />
Bewertung der Neuregelung<br />
Von Hannes Wendt, Sachverständiger für<br />
Grundstücksbewertung bei Crowe Horwath Trinavis<br />
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