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Frida-viva la vida

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Zum Aufführungsrecht<br />

• Das Recht zur Aufführung erteilt der<br />

teaterver<strong>la</strong>g elgg, CH-3123 Belp<br />

Tel. + 41 (0)31 819 42 09<br />

www.theaterver<strong>la</strong>ge.ch / information@theaterver<strong>la</strong>ge.ch<br />

Montag - Freitag von 09.00 bis 11.30 Uhr & 13.30 bis 17.00 Uhr<br />

• Der Bezug der nötigen Texthefte - Anzahl Rollen plus 1 - berechtigt<br />

nicht zur Aufführung.<br />

• Es sind darüber hinaus angemessene Tantièmen zu bezahlen.<br />

• Mit dem Ver<strong>la</strong>g ist vor den Aufführungen ein Aufführungsvertrag<br />

abzuschliessen, der festhält, wo, wann, wie oft und zu welchen<br />

Bedingungen dieses Stück gespielt werden darf.<br />

• Auch die Aufführung einzelner Teile aus diesem Textheft ist<br />

tantièmenpflichtig und bedarf einer Bewilligung durch den Ver<strong>la</strong>g.<br />

• Bei eventuellen Gastspielen mit diesem Stück, hat die aufführende<br />

Spielgruppe die Tantième zu bezahlen.<br />

• Das Abschreiben oder Kopieren dieses Spieltextes - auch<br />

auszugsweise - ist nicht gestattet (dies gilt auch für<br />

Computerdateien).<br />

• Übertragungen in andere Mundarten oder von der Schriftsprache in<br />

die Mundart sind nur mit der Er<strong>la</strong>ubnis von Ver<strong>la</strong>g und Verfasser<br />

gestattet.<br />

• Dieser Text ist nach dem Urheberrechtsgesetz vom 1. Juli 1993<br />

geschützt. Widerhandlungen gegen die urheberrechtlichen<br />

Bestimmungen sind strafbar.<br />

• Für Schulen gelten besondere Bestimmungen.<br />

"Es gibt Leute, die ein Theaterstück als etwas "Gegebenes"<br />

hinnehmen, ohne zu bedenken, dass es erst in einem Hirn erdacht,<br />

von einer Hand geschrieben werden musste.“<br />

Rudolf Joho


Leopold Huber<br />

<strong>Frida</strong> - <strong>viva</strong> <strong>la</strong> <strong>vida</strong><br />

Ein Monolog<br />

Besetzung<br />

Bild<br />

mind. 1 ♀<br />

in Andeutung<br />

«die Ärzte denken ich werde sterben / unter ihren Händen /<br />

auf dem Operationstisch / sie stückeln mich zusammen /<br />

wie eine Fotomontagine.»<br />

<strong>Frida</strong> Kahlo sucht in ihrem Tagebuch sprachlich nach einem<br />

neuen Ausdruck, um ihr Sehen, ihr bildliches<br />

Fassungsvermögen schriftlich zu artikulieren. Aus dieser<br />

Haltung entwickelt sich eine literarische Ästhetik des<br />

Schauens. Um eingefahrene Denkmuster zu sprengen, spielt<br />

sie mit Wörtern, dem Zeilenfall und mit Assoziationen, die<br />

lyrisch verschlüsselt sind.<br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

«die Kunst / muss dem Bürger im Nacken sitzen / wie der<br />

Löwe dem Gaul / ich gebrauche den Surrealismus / um<br />

mich lustig zu machen / über die ernst meinenden Leute»<br />

elgger schaulust 58 / 2017


Personen<br />

<strong>Frida</strong><br />

Musik<br />

Die angegebenen Zeitpunkte für die Musikeinsätze dienen als<br />

Vorsch<strong>la</strong>g. Welche Musik zum Einsatz kommt, bleibt der Regie<br />

über<strong>la</strong>ssen. Denkbar wäre z. B. mexikanische Gitarrenmusik.<br />

Mexiko<br />

Um 1950<br />

Ort<br />

Zeit<br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 2 -


<strong>Frida</strong>- <strong>viva</strong> <strong>la</strong> <strong>vida</strong><br />

<strong>Frida</strong> Übrigens ist es nicht wahr<br />

dass man den Unfall spürt<br />

und heult<br />

mit 18 Jahren<br />

im Bus von der Schule<br />

kommt eine Strassenbahn auf uns zu<br />

zerdrückt den Bus wie eine Schachtel<br />

fährt ganz <strong>la</strong>ngsam immer weiter<br />

begräbt die Leute unter sich<br />

<strong>la</strong>utlos wie in Zeitlupe<br />

ich fliege durch die Luft<br />

die Kleider werden mir vom Leib gerissen<br />

eisern durchbohrt mich eine Griffstange<br />

wie der Torrerodegen den Stier<br />

und tritt im Unterleib wieder aus<br />

- so verlier ich meine Unschuld -<br />

Goldpulver stäubt aus einem aufgerissenen Paket<br />

über meinen blutend nackten Leib<br />

„La bai<strong>la</strong>rina, <strong>la</strong> bai<strong>la</strong>rina“ rufen die Unfallzuschauer<br />

die mich für eine Tänzerin halten<br />

im goldroten Trikot<br />

ein Mann stemmt sein Knie<br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

gegen meinen Leib und zieht<br />

die Stange aus mir heraus<br />

mein Schrei übertönt<br />

die Sirene des Krankenwagens<br />

bevor ich in Ohnmacht falle<br />

sehe ich eine Frau<br />

die kriecht aus dem Getrümmer<br />

- 3 -


<strong>Frida</strong><br />

läuft davon<br />

die Eingeweide in den Händen<br />

die Ärzte denken<br />

ich werde sterben<br />

unter ihren Händen<br />

auf dem Operationstisch<br />

sie stückeln mich zusammen<br />

wie eine Fotomontagine<br />

die Familie ist geschockt<br />

Schwester fällt in Ohnmacht<br />

Mutter bringt kein Wort heraus<br />

ein Monat <strong>la</strong>ng<br />

Vater krank und so verzweifelt<br />

an Todesnähe<br />

ist bei uns niemand gewöhnt<br />

im Hospital<br />

tanzt nachts der Tod<br />

um mein Bett<br />

neun Monate<br />

eine Schwangerschaft <strong>la</strong>ng<br />

lieg ich im Spital<br />

dreissig Brüche auf Einmeterfünfundfünfzig<br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

aber <strong>la</strong> pelona der Kahle hat mich nicht gekriegt<br />

ich falle immer auf die Füsse<br />

wie eine Katze<br />

Baum der Hoffnung<br />

bleibe stark<br />

singe ich<br />

- 4 -


<strong>Frida</strong><br />

<strong>Frida</strong>- <strong>viva</strong> <strong>la</strong> <strong>vida</strong><br />

die ersten Schritte<br />

nach dem Unfall<br />

bleibt mein Gesicht<br />

unversehrt und mein Frohsinn ungebrochen<br />

in Sachen Operationen<br />

mindestens zweiunddreissig<br />

nehme ich es mit jedem auf<br />

mit jedem Sturzpiloten<br />

eingegipst<br />

aus der Traum vom Medizinstudium<br />

im Bett liegend<br />

zur Untätigkeit verurteilt<br />

fängt <strong>Frida</strong> zu malen an<br />

das erste Selbstbildnis<br />

den schön geschwungenen Schwanenhals<br />

hab ich nicht<br />

ich male<br />

Selbstporträts 70 an der Zahl<br />

weil ich nichts sonst kenne<br />

so gut wie mich<br />

ich male<br />

weil ich so viel allein bin<br />

meine eigene Wirklichkeit<br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

ich male<br />

was mir durch den Kopf geht<br />

ohne jeden Nebengedanken<br />

irre sein<br />

was würde ich tun ohne<br />

das Absurde<br />

und die Bilderflut<br />

- 5 -


in mir<br />

egal ob man verrückt ist<br />

oder normal<br />

Hauptsache man ist gesund<br />

<strong>Frida</strong> ist nicht krank<br />

nur gebrochen<br />

körperliche und seelische Verletzungen<br />

zieren meine Bilder<br />

gemalt mit feinen Pinselstrichen<br />

gründlich keineswegs rasch<br />

mit viel Geduld<br />

gegen den Zeitgeist<br />

hat mir Vater beigebracht<br />

mit seiner deutschen Gründlichkeit<br />

im Foto<strong>la</strong>bor beim Retuschieren<br />

für Taschengeld<br />

Vater mochte mich vor meinen Schwestern<br />

„<strong>Frida</strong> ist die Intelligenteste von meinen Töchtern und<br />

mir am ähnlichsten“ sagte er<br />

die Schwestern schlugen mich dafür<br />

es ist nicht immer von Vorteil<br />

das bevorzugte Kind zu sein<br />

<strong>Frida</strong> hat im Leben zwei Unfälle<br />

zuerst überfuhr mich eine Strassenbahn<br />

dann Diego Rivera<br />

der berühmteste Maler<br />

muy distinguido pintor<br />

keiner hat mehr Wände bedeckt<br />

Malen ist ihm eine biologische Notwendigkeit<br />

wie das B<strong>la</strong>tt die Frucht dem Baum<br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 6 -


<strong>Frida</strong><br />

<strong>Frida</strong>- <strong>viva</strong> <strong>la</strong> <strong>vida</strong><br />

auf dem Hochgerüst malte er seit Monaten<br />

das Fresco Die Schöpfung<br />

er ass auf dem Gerüst<br />

was ihm seine Frau im Korb brachte<br />

er schlief auf dem Gerüst<br />

beschlief dort seine Modelle<br />

unterhielt seine Zuschauer mit erfundenen Geschichten<br />

wie er in der russischen Revolution kämpfte<br />

wie er als Diät Menschenfleisch ässe<br />

besonders Mädchenfleisch als Tortil<strong>la</strong><br />

süss und zart wie Spanferkel<br />

unbestreitbar hässlich<br />

hat er eine magische Anziehungskraft<br />

besonders auf Frauen<br />

die wie im Märchen<br />

an der monströsen Hässlichkeit des Tieres<br />

ihre Schönheit prüfen<br />

am Froschkönig auf dem Gerüst<br />

wollte ich mein Talent als Malerin testen<br />

er lobte meine Bilder<br />

ich traute dem Verführer nicht<br />

Sex sei eine Körperfunktion<br />

wie Wasser<strong>la</strong>ssen<br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

ein Händedruck sei ihm wichtiger<br />

sagte er und küsste mich<br />

seitdem ist es um mich geschehn<br />

Verliebte sind<br />

nervös und zärtlich<br />

sie zerbrechen<br />

alles<br />

ihr Herz<br />

- 7 -


ist ein Organ<br />

aus Feuer<br />

seine Frau Lupe Marin<br />

ein mit menschlicher Seele begabtes Tier<br />

mit Augen so durchsichtig und grün<br />

dass man sich wundert<br />

wie sie daraus sehen kann<br />

zertrümmerte seine Sammlung präkolumbianischer<br />

Tonp<strong>la</strong>stiken<br />

und servierte ihm eine Suppe mit den Scherben<br />

mein Vater warnte Diego<br />

„<strong>Frida</strong> ist verrückt ein Satansbraten<br />

mit hohen Arztrechnungen“<br />

Mutter war ausser sich<br />

„der Kerl ist doppelt so alt<br />

dreimal so dick<br />

ein vollgefressener Breughel<br />

zweimal verheiratet<br />

hat ungezählte Kinder<br />

ist ein Ungläubiger ein Kommunist<br />

was werden die Leute sagen<br />

die Hochzeit einer Taube mit einem Elephanten„<br />

eine Farce<br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

die Hochzeit<br />

Diego besoffen<br />

schoss mit dem Revolver<br />

Lupe Marin seine Exfrau ebenfalls betrunken<br />

riss meinen Rock hoch<br />

entblösste meine Beine<br />

von denen das linke sehr dünn ist<br />

- 8 -


<strong>Frida</strong>- <strong>viva</strong> <strong>la</strong> <strong>vida</strong><br />

seit der Kinderlähmng mit 6 Jahren<br />

„schau mal“ schreit sie zu Diego vor all den Leuten<br />

„das beste meine Schenkel hast du vergeben<br />

für diese Krüppelstecken“<br />

dafür gab ich ihr<br />

mit meinem dünnen Bein<br />

einen Tritt in ihren fetten Arsch<br />

den Cartier-Bresson neben einer Kloschüssel<br />

abgelichtet hat<br />

Diego brach noch jemandem den Finger<br />

wir begannen zu streiten<br />

ich lief schliesslich weinend weg<br />

später<br />

wurde Lupe Marin meine Freundin<br />

wie alle abgelegten Damen von Diego<br />

wir lieben K<strong>la</strong>tschgeschichten Schimpfwörter zotige<br />

Witze<br />

seit Tagen kommt Diego nicht nach Hause<br />

lässt <strong>Frida</strong> hier allein verfaulen<br />

seine Abwesenheit fällt mich an<br />

im Ticken der Uhr<br />

Alleinsein ätzt<br />

scharfe Falten<br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

in die Seele<br />

meine Freundin (Musik)<br />

komm zu mir<br />

wie damals als ich ein Kind war<br />

<strong>Frida</strong> wird bedeckt<br />

von der Sehnsucht<br />

- 9 -


<strong>Frida</strong><br />

nach der Landschaft<br />

deines Körpers<br />

die ganze Natur<br />

durchstreife ich im Flug<br />

mit meinen Fingern<br />

liebkose ich die runden Hügel<br />

meine Hände dringen ein<br />

in die schattigen Täler<br />

in das Geschlecht der Erde<br />

der Tau<br />

ist der Schweiss<br />

unermüdlichen Liebens<br />

im Leben<br />

unsere Worte<br />

sind immer bei uns geblieben<br />

nur ein Berg kennt das Innere<br />

eines anderen Berges<br />

weiss Gott in welchen Betten<br />

sich das Walross wälzt<br />

die Kröte<br />

der beste Freund<br />

der grauenhafteste Ehemann<br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

ich liess ihn nicht allein<br />

nach Amerika<br />

wo er der Kommunist<br />

ein grosses Fresco malte<br />

die Saga vom Stahl und den Maschinen<br />

in Detroit<br />

- 10-


Ford hat nicht gestört<br />

dass Diego ein Kommunistenschwein ist<br />

weil alle grossen Maler<br />

Kommunistenschweine sind<br />

wir waren untergebracht im besten Hotel<br />

das mit dem Slogan warb<br />

„Hier fühlt man sich wirklich zu Hause“<br />

was bedeutete<br />

Juden hatten keinen Zutritt<br />

wir drohten abzureisen<br />

da hoben sie das Verbot auf<br />

„Sind Sie Jude“<br />

fragte ich beim Tanzen Henry Ford<br />

der allgemein als Antisemit bekannt war<br />

obwohl ich kaum <strong>la</strong>ufen konnte<br />

liess ich mir den Fuss schienen<br />

für diesen Tanz<br />

<strong>Frida</strong>- <strong>viva</strong> <strong>la</strong> <strong>vida</strong><br />

er offerierte einen neuen Lincoln mit Chauffeur<br />

was mir peinlich war<br />

und für den kleinen Ford<br />

den er mir schenkte<br />

war <strong>Frida</strong> nicht zu haben<br />

Mrs. Rockefeller wollte für ihr Speisezimmer<br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

eine Kopie von Diegos Bild<br />

Nacht der Reichen<br />

auf dem J. D. Rockefeller, J.P. Morgan und Henry Ford<br />

Fernschreiberausdrucke von Aktienkursen<br />

fressen<br />

das Leben der Reichen ist ein einziger Sonntag<br />

Licht aus 1000 Röhren<br />

umfliesst uns<br />

- 11-


1000 violette Nächte<br />

wir sassen mitten in der Depression<br />

an reich gedeckten Tischen<br />

üppigen Ge<strong>la</strong>gen<br />

Diego im Dinner-Jackett wie ein Kapitalist<br />

juckten diese Widersprüche wenig<br />

„ein Kommunist kann gar nicht gut genug angezogen<br />

sein“<br />

meinte er<br />

die Reichen feiern ihre Partys<br />

und draussen verhungern die Armen<br />

das ist der Fortschritt<br />

in Amerika<br />

ihre beste Hervorbringung<br />

Laurel und Hardy<br />

Theater ist mir viel zu <strong>la</strong>ngweilig<br />

k<strong>la</strong>ssische Musik ein Gräuel<br />

lieber habe ich King Kong<br />

lustig und surreal<br />

oder das Chinesenviertel<br />

die haben so hübsche Kinder<br />

am liebsten hätte ich eins<br />

gestohlen<br />

über Diego<br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

bekam ich eine Ausstellung<br />

Pressekonferenz um 15 Uhr im Bett<br />

ich lutschte an einer Zuckerstange<br />

führte sie unter die Bettdecke<br />

richtete sie dort auf<br />

weidete mich an der Verlegenheit der Journalisten<br />

- 12-


<strong>Frida</strong>- <strong>viva</strong> <strong>la</strong> <strong>vida</strong><br />

Meine Antwort auf die Frage meiner Lieblingsbeschäftigung<br />

„Bumsen ein Bad nehmen und wieder bumsen“<br />

Skandal bei den Prüden und Verlogenen<br />

in Gringo<strong>la</strong>nd<br />

gibt es nur eine Religion<br />

Ehrgeiz<br />

und seine Ausflüsse<br />

nur wer was ist wird beachtet<br />

ich mag diese Grosskotze nicht<br />

sie waren hinter meinen Röcken der Tehuana Tracht<br />

her<br />

während Diego ihre Frauen künstlerisch beschlief<br />

Betty Ford sagte mir<br />

ich sei im Bett besser<br />

als mein Mann<br />

der ist wie er ist<br />

den ich liebe wie er ist<br />

wäre er anders<br />

wie sollte ich ihn lieben<br />

abgesehen davon kommt <strong>Frida</strong> ganz gut alleine<br />

zurecht<br />

nach dem Auftrag in Detroit<br />

bestellte der junge Nelson Rockefeller<br />

bei Diego ein Fresco für sein Center<br />

der gute Junge ahnte nicht<br />

mit wem er sich einge<strong>la</strong>ssen hatte<br />

Diego sollte den Kopf Lenins<br />

aus dem Fresco kratzen<br />

Diego weigerte sich<br />

Rockefeller zahlte aus<br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 13-


und liess das riesige Fresco heruntersch<strong>la</strong>gen<br />

Blutsauger<br />

<strong>Frida</strong> meine Regelblutung blieb aus<br />

die monatliche Blutspende<br />

ich hatte keinen Appetit<br />

ständigen Brechreiz<br />

Diego mit seinen ungezählten Kindern<br />

wollte kein weiteres mehr<br />

für ihn kommen Kinder erst an vierter Stelle<br />

ich schwankte ständig<br />

zwischen Abtreibung und Austragung<br />

und als ich mich entschied<br />

für das Kind<br />

hatte ich eine Fehlgeburt<br />

in einer grossen Blut<strong>la</strong>che<br />

<strong>la</strong>g ein verkümmertes Etwas<br />

das in meiner Gebärmutter zerfallen war<br />

mein gebrochener Unterleib<br />

konnte kein Kind halten<br />

ich hätte das Bett hüten sollen<br />

statt Fahrstunden zu nehmen<br />

den Schmerz besänftigt <strong>Frida</strong><br />

mit Malen<br />

Embryos Schnecken Muscheln rote Schnüre<br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

meine Malerei<br />

trägt in sich die Botschaft meines Schmerzes<br />

mein Leben<br />

vollendet die Malerei<br />

mein Kopf<br />

- 14-


<strong>Frida</strong>- <strong>viva</strong> <strong>la</strong> <strong>vida</strong><br />

ist voll unheimlich viel kleinem Spinnengetier<br />

von einer Menge<br />

Ungeziefer<br />

das Abseitige in gefährliche unheilvolle Nähe<br />

rücken<br />

was täte ich wieder ohne<br />

das Absurde und Flüchtige<br />

des Sorgenbrechers Giftzahn<br />

zwängt sich zwischen meine Zähne<br />

Alkohol<br />

war schon immer<br />

ein verlässlicher Helfer<br />

beim Versuch<br />

unglücklich zu bleiben<br />

ich hadere<br />

nicht mit dem Schicksal<br />

das blind ist<br />

ein Maulwurf<br />

gräbt unterirdisch<br />

seine Gänge<br />

ich nehme<br />

den Leidensweg<br />

so leicht wie möglich<br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

das Leiden ist<br />

ein Teil von mir selbst<br />

die Maske<br />

hat mein Gesicht ersetzt<br />

ich bin nicht<br />

<strong>Frida</strong><br />

ich bin der Mythos der Entwurf die grosse Maskerade<br />

die Ikone mit den<br />

- 15-


<strong>Frida</strong><br />

Tränen<br />

Diamanten<br />

sie schneiden<br />

mir in die Augen<br />

man sagt<br />

<strong>la</strong>ss dich von Weibertränen<br />

so wenig beeindrucken<br />

wie vom Hinken eines Hundes<br />

<strong>Frida</strong> ist vom Leben gemordet<br />

das Laufrad dreht sich noch<br />

der Hamster aber ist schon tot<br />

arbeiten, arbeiten, arbeiten<br />

ist das beste<br />

was <strong>Frida</strong> hat<br />

erstens malen zweitens malen drittens malen<br />

ich habe drei Kinder<br />

verloren<br />

die Malerei<br />

hat das kompensieren müssen<br />

die Qual der unfruchtbaren unterleibsamputierten<br />

nutzlosen milchstarren<br />

<strong>Frida</strong><br />

meine Fürsorge übertrage ich<br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

auf Diego Haustiere Hunde Affen Katzen Papageien<br />

Tauben Adler Reh<br />

meine Freundin komm (Musik)<br />

tröste mich wie damals<br />

- 16-


als ich ein Kind war<br />

noch vor kurzem<br />

es ist bloss ein paar Tage her<br />

ging ich<br />

in einer Welt von Farben<br />

alles war geheimnisvoll und schien<br />

etwas zu verbergen<br />

wie im Spiel<br />

versuchte ich es zu erkennen<br />

jetzt kenn ich alles<br />

als würde die Welt erleuchtet<br />

von einem Blitz<br />

grässlich hell<br />

so lebe ich<br />

in einem schmerzgefüllten P<strong>la</strong>neten<br />

durchsichtig wie Eis<br />

der gar nichts mehr verbirgt<br />

als hätte ich auf einmal<br />

alles erfahren<br />

mit einem Sch<strong>la</strong>g<br />

bin ich alt geworden<br />

alles ist mir heute schal und k<strong>la</strong>r<br />

es ist nichts mehr dahinter<br />

und wenn etwas dahinter wäre<br />

würde ich es sehen<br />

weil jeder Winkel brennend<br />

ausgeleuchtet ist<br />

<strong>Frida</strong>- <strong>viva</strong> <strong>la</strong> <strong>vida</strong><br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

<strong>Frida</strong><br />

O dass ich sch<strong>la</strong>fen könnte<br />

meine Freundin<br />

leg dich zu mir<br />

- 17-


die Farbe deiner Haut deiner Augen und deines Haares<br />

verändert sich<br />

mit dem Wind von Mexico<br />

Furcht ist in mir<br />

nachts<br />

wenn ich aufwache<br />

alleine<br />

steht riesig ein Schädel<br />

hinterm Fensterkreuz<br />

unaussprechlich er<br />

verbrennt uns die Lippen<br />

du schreckst mich nicht<br />

seit ich deine Hand so oft gehalten<br />

ich springe dir<br />

noch so manches Mal<br />

von der Schaufel<br />

Schwein<br />

Das Geld Rockefellers ging<br />

im Henry-Ford-Hospital drauf<br />

Diego zahlt meine horrenden Arztrechnungen<br />

nach vier Jahren Amerika<br />

war ich froh<br />

wieder in Mexico zu sein<br />

Gringoleute kann ich nicht ausstehen<br />

sie sind <strong>la</strong>ngweilig und haben Gesichter<br />

wie ungebackene F<strong>la</strong>denbrote<br />

aber <strong>Frida</strong> verkaufte die ersten Bilder<br />

200 Dol<strong>la</strong>r das Stück<br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 18-


<strong>Frida</strong><br />

<strong>Frida</strong>- <strong>viva</strong> <strong>la</strong> <strong>vida</strong><br />

an den Gangsterdarsteller Edward G. Robinson<br />

Little Cäsar<br />

Selbstporträts<br />

mit Affen<br />

die meine Kinderlosigkeit zeigen<br />

das Leben<br />

weinend fängt es an<br />

und weinend hört es auf<br />

eine Komödie<br />

unser neues Haus<br />

zweigeteilt<br />

der grössere rosa Teil für Diego<br />

der kleinere b<strong>la</strong>ue für <strong>Frida</strong><br />

verbunden durch eine Brücke<br />

wenn wir zueinander wollen<br />

um glücklich zu sein<br />

eines Tages<br />

komme ich nach Hause<br />

sehe Diego<br />

sein massiger Körper<br />

bedeckt eine Frau<br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

ganz<br />

ich schreie<br />

er wälzt sich ab<br />

unter ihm kommt das nackte Weib<br />

zum Vorschein meine Schwester Christina<br />

Hurenbock<br />

mir von der Schwelle<br />

nur eine schnelle Nummer<br />

- 19-


wie Wasser<strong>la</strong>ssen<br />

mit meiner kleinen Schwester<br />

meine Schuld<br />

ich hätte sie nie alleine <strong>la</strong>ssen dürfen<br />

in der Nähe des Verführers<br />

ich rase<br />

schneide mir die Haare ab<br />

weil er mein <strong>la</strong>nges Haar so sehr geliebt<br />

zu fressen und zu ficken<br />

mehr braucht er nicht<br />

der Fettsack<br />

um seine Wände bunt anzumalen<br />

ich flüchtete<br />

und als mein Groll verraucht war<br />

wurde mir k<strong>la</strong>r<br />

all die Unterrockgeschichten Damen Zigeunermodelle<br />

Assistentinnen<br />

sind nur Flirts<br />

wir mögen durch noch so viele Abenteuer<br />

hindurchsteuern<br />

gegen noch so viele Türen sch<strong>la</strong>gen<br />

noch so viel fluchen und schimpfen<br />

wir werden uns dennoch lieben<br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

für immer<br />

damit will ich mich zufrieden geben<br />

nichts ist fürs Leben wichtiger<br />

als die Liebe<br />

und das Lachen<br />

dass Stärke Selbstvergessenheit<br />

Leichtigkeit bedeutet<br />

- 20-


<strong>Frida</strong>- <strong>viva</strong> <strong>la</strong> <strong>vida</strong><br />

Tragödien sind dagegen<br />

völlig albern<br />

in meiner Abwesenheit<br />

hatte der deutsche Botschafter<br />

zwei gedungene Mörder geschickt<br />

weil Diego gegen den Faschismus war<br />

die Mörder schossen in sein Atelier<br />

auf jenen Stuhl<br />

in dem ich sonst immer sass<br />

und in dem nun eine Sektretärin sass<br />

die sie mit mir verwechselten<br />

meine Schwester Christina die Nutte<br />

kam mit dem Schrecken davon<br />

die Kerle schossen schlecht<br />

mich hat wieder einmal die Vorsehung<br />

gerettet<br />

Diegos Untreue<br />

empört mich<br />

nicht<br />

sondern dass er sich mit Weibern abgibt<br />

die meiner nicht ebenbürtig sind<br />

ich gehe jetzt erst recht<br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

fremde Wege<br />

jenseits seiner Person<br />

Trotzki<br />

Stalin hatte ein hohes Kopfgeld auf ihn ausgesetzt<br />

die Norweger ihm und seiner Frau Natalia<br />

das Bleiberecht entzogen<br />

wir gewährten Asyl<br />

- 21-


unser Haus<br />

umschlichen<br />

die Mörder<br />

feuerten nachts<br />

durch das Fenster eine Maschinengewehrsalve<br />

auf Trotzkis Bett<br />

aus dem er sich mit Natalia in Deckung werfen konnte<br />

wir liessen die Fenster zumauern<br />

Trotzki war ein Arbeitstier<br />

wir diskutierten viel<br />

Vater gab ihm den wohlmeinenden Rat<br />

„wenn sie ein guter Mann sind<br />

<strong>la</strong>ssen sie die Finger von der Politik<br />

die eine üble Sache ist<br />

den Charakter verdirbt“<br />

und das Trotzki<br />

dem politischen Menschen par excellence<br />

kam eine Frau in seine Nähe<br />

wurde er aufgeräumt<br />

ich übte an ihm<br />

meine Verführungskunst<br />

immer gab er mir<br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

der Oberlehrer<br />

Bücher die ich lesen sollte<br />

zwischen den Buchseiten versteckt<br />

<strong>la</strong>gen seine Liebesbriefe<br />

„<strong>Frida</strong>“, schreibt er<br />

„ich war immer meiner Frau nie untreu<br />

weder mein Herz noch meine Begierde<br />

- 22-


<strong>Frida</strong>- <strong>viva</strong> <strong>la</strong> <strong>vida</strong><br />

durchaus immer vorhanden<br />

haben die Disziplin meines arbeitsreichen Lebens<br />

gebrochen<br />

aber jetzt da ich alt bin<br />

und der Widerstand er<strong>la</strong>hmt<br />

bin ich erfüllt von Ver<strong>la</strong>ngen<br />

nach dir jetzt<br />

ist es ausgesprochen<br />

ich erwarte deine Antwort<br />

und werde sie in Liebe entgegennehmen<br />

wie sie auch immer ausfällt“<br />

meine Antwort<br />

die aztekische Zeichnung<br />

einer Kopu<strong>la</strong>tion<br />

bald<br />

war ich den Alten müde<br />

seine belehrende Art ging mir auf die Nerven seine<br />

Pedanterie<br />

er wollte mir das Rauchen verbieten<br />

seine Frau Natalia<br />

litt still vor sich hin<br />

und gab einen Wink<br />

Diego schnappte ein<br />

Trotzkis zogen aus<br />

richtig eifersüchtig kurz vor dem Überschnappen<br />

war Diego wegen einer anderen Affäre<br />

nämlich unser Hündchen<br />

brachte Diego ins Atelier<br />

einen Socken<br />

von Isamu Noguchi<br />

mit dem ich gerade im Bett <strong>la</strong>g<br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 23-


<strong>Frida</strong><br />

Bildhauer gegen Freskenmaler<br />

Ha<br />

Isamu verschwand im Orangenbaum<br />

sprang über die Mauer<br />

auf die Strasse<br />

schoss Diego hinter ihm her mit dem Revolver<br />

Routine des Alltags kehrte wieder ein<br />

ich im Haushalt eifriger denn je<br />

besorge ihm die grössten Hemden dieses P<strong>la</strong>neten<br />

so gross wie nicht für ein menschliches Wesen<br />

gemacht<br />

löse seine Schecks ein<br />

die er monate<strong>la</strong>ng liegen lässt<br />

reinige seine eingetrockneten Füllfedern<br />

bringe seine Uhr in Reparatur<br />

hänge seine Kleider auf<br />

die er achtlos zu Boden wirft<br />

gierig und streitsüchtig wie eh und je<br />

wird er noch dicker<br />

schläft in der Badewanne ein<br />

liest die Zeitung auf dem Klo<br />

ist überaus reizend zu allen hübschen Mädchen<br />

verschwindet mit mancher<br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

um ihr seine Fresken zu zeigen<br />

schnauzt mich an<br />

wenn er die Autoschlüssel nicht findet<br />

die dann auf unerklärliche Weise<br />

in seiner eigenen Jackentasche auftauchen<br />

er bekommt nicht genug Bewegung<br />

schreibt Artikel für die Zeitung<br />

- 24-


die immer einen Sturm entfachen<br />

eine Zumutung dieser Mann<br />

ich bin natürlich auch eine Zumutung<br />

wir beide<br />

zwei heilige Ungeheuer<br />

seine Abwesenheit brennt<br />

mir ein Loch<br />

in das Zimmer<br />

ich möchte mit dir sein<br />

oder nicht sein<br />

alle Tage<br />

mir ist<br />

als hätte ich mein Kind ausgesetzt<br />

du brauchst mich<br />

ich kann ohne dich nicht<br />

leben<br />

chiquito lindo<br />

jetzt<br />

da du mich verlässt<br />

liebe ich dich<br />

umso mehr<br />

er lässt mich allein<br />

<strong>Frida</strong>s Huf<br />

behaftet mit allerlei Malheur<br />

schmerzt<br />

der Alkohol<br />

soll ertränken<br />

meinen Kummer<br />

der aber hat schwimmen gelernt<br />

<strong>Frida</strong>- <strong>viva</strong> <strong>la</strong> <strong>vida</strong><br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 25-


Verletzungen<br />

machen stumpf<br />

wir haben einander nichts geschenkt<br />

Diego konnte nicht verwinden<br />

dass ich mit anderen gesch<strong>la</strong>fen hatte<br />

„ich habe keine Lust<br />

meine Zahnbürste mit jedem zu teilen“ sagt er<br />

was für ihn nur Wasser<strong>la</strong>ssen war<br />

rechnete er mir allzu hoch an<br />

und reichte die Scheidung ein<br />

nachdem ich siebentausendzweihundertdreiundachtzig<br />

Mal<br />

bereitete das Mittagessen<br />

dem Vielfrass<br />

hochtrug den blumengeschmückten Essenskorb aufs<br />

Hochgerüst<br />

Meine Freundin<br />

komm endlich du<br />

(Musik)<br />

und beschütze <strong>Frida</strong> wie damals<br />

als eine wunderbare Erinnerung<br />

wie du durch mein Leben gegangen bist<br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

und Juwelen hinter<strong>la</strong>ssen hast<br />

die ich erst aufsammeln werde<br />

wenn du gegangen bist<br />

wie das ganze geschaute Lied<br />

O dass ich sch<strong>la</strong>fen könnte<br />

zieh mir den Schmerz aus dem Rückgrat<br />

- 26-


<strong>Frida</strong><br />

die personifizierte Auflösung<br />

ich<br />

<strong>Frida</strong> <strong>la</strong> coja, pata depalo<br />

<strong>Frida</strong>- <strong>viva</strong> <strong>la</strong> <strong>vida</strong><br />

die Schmerzen fliegen<br />

trunkene Müdigkeit bedeckt mich<br />

und von daher natürlich oft<br />

Verzweiflung<br />

nicht zu beschreiben<br />

mit keinem Wort<br />

Trotz allem Lust zu leben<br />

zu malen<br />

nützlich sein<br />

wofür<br />

es gibt vier Leute<br />

die <strong>Frida</strong>s Bilder gut finden<br />

viele halten sie für verrückt<br />

und mich dazu<br />

die Surrealisten<br />

wollten mich<br />

vereinnahmen<br />

dabei malt <strong>Frida</strong> nie Träume<br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

ich male meine eigene Wirklichkeit<br />

magische Überraschung<br />

im Kleiderschrank<br />

ein Löwe statt Hemden<br />

grüngelb<br />

Wahnsinn und Geheimnis<br />

alle Gespenster tragen Kleider dieser Farben<br />

- 27-


<strong>Frida</strong><br />

oder zumindest kommt die Farbe in der Unterwäsche<br />

vor<br />

l<br />

das Blut<br />

fliesst<br />

wenn sie das Opfer getroffen haben<br />

das Wild<br />

schwarz<br />

nichts ist schwarz<br />

wirklich überhaupt nichts<br />

rötlicher Purpur<br />

aztekisch T<strong>la</strong>palli<br />

Gelb<br />

Wahnsinn Krankheit Angst<br />

dunkelgrün<br />

die Farbe von schlechten Nachrichten und guten<br />

Geschäften<br />

grün<br />

Blätter Wissenschaft Traurigkeit<br />

ganz Deutsch<strong>la</strong>nd hat das erfahren<br />

der Oberhäuptling der Surrealisten<br />

André Breton<br />

nannte mein Werk<br />

„salzig und süss<br />

beissend und weich<br />

stahlhart und zart wie ein Schmetterlingsflügel<br />

liebenswürdig wie ein schönes Lächeln<br />

tief grausam wie die Bitternis des Lebens“<br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 28-


<strong>Frida</strong>- <strong>viva</strong> <strong>la</strong> <strong>vida</strong><br />

Breton lud <strong>Frida</strong> zu einer grossen Ausstellung<br />

in Paris<br />

als ich ankam<br />

hatte diese Küchenschabe nicht mal meine Bilder<br />

aus dem Zol<strong>la</strong>ger geholt<br />

das Ganze dauernd begleitet<br />

von Streit Beleidigungen Geschimpfe Tratsch Ärger<br />

und Verstimmungen<br />

der übelsten Art<br />

Bretons Surrealisten<br />

alles Arschlöcher<br />

es herrschte ein saumässiges Durcheinander<br />

ich dachte vorher klein<br />

wir Mexicos seien die Chaoten<br />

die widerlichen Künstler der Gruppe Breton<br />

verwahrloste Erscheinungen einfach zum Kotzen<br />

gebärden sich alle so verdammt intellektuell<br />

lieber würde ich auf dem Markt von Toluca<br />

auf der Erde sitzen und Tortil<strong>la</strong>s verkaufen<br />

als irgend etwas mit diesen künstlerischen<br />

Wichtigtuern<br />

gemein zu haben<br />

stunden<strong>la</strong>ng<br />

sie sitzen in ihren Cafes<br />

wärmen ihre kostbaren Hintern<br />

schwadronieren ununterbrochen<br />

über culture art revolution alles Mögliche<br />

kommen sich wie der Herrgott selber vor<br />

träumen den grössten Blödsinn<br />

vergiften die Luft<br />

mit ihren Theorien<br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 29-


von denen jeder weiss<br />

dass die nie verwirklicht werden<br />

am nächsten Morgen<br />

haben sie nichts zu essen<br />

weil keiner arbeitet<br />

Pinselstrich für Pinselstrich<br />

weil das nicht modern ist<br />

Herrjeh mit Europa geht’s bergab<br />

zu viele Taugenichtse<br />

sind schuld am Erfolg<br />

der Hitlers und Mussolinis<br />

Max Ernst<br />

schön b<strong>la</strong>ue Augen weisses Haar interessante<br />

Hakennase<br />

gute Malerei<br />

aber als Mensch wie Trockenreis<br />

Kandinsky<br />

sehr bewegt<br />

von <strong>Frida</strong>s Bildern<br />

hob mich hoch<br />

küsste mich auf Stirn und Wangen<br />

nässte mein Gesicht<br />

mit seinen Tränen<br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

Picasso<br />

der Penibelste der Peniblen<br />

gab mir diese Schildpatt Ohrringe<br />

mit den kleinen Händen<br />

ich könne Augen malen<br />

wie sonst niemand<br />

- 30-


<strong>Frida</strong>- <strong>viva</strong> <strong>la</strong> <strong>vida</strong><br />

meinte er und lehrte mich<br />

das Kinderlied El Huerfano<br />

Marcel Duchamp<br />

fabelhafter Maler<br />

der einzige auf den man sich ver<strong>la</strong>ssen kann<br />

der sein Hirn hat<br />

dort wo es hingehört<br />

er rettete meine Ausstellung<br />

in der nur zwei Bilder <strong>Frida</strong>s hingen<br />

die anderen seien zu schockierend für die<br />

Öffentlichkeit<br />

dabei gilt es zu stören<br />

den Bequemen beim Verdauungsschläfchen<br />

Aufruhr soll sein<br />

die Kunst<br />

muss dem Bürger im Nacken sitzen<br />

wie der Löwe dem Gaul<br />

ich gebrauche den Surrealismus<br />

um mich lustig zu machen<br />

über die ernst meinenden Leute<br />

Señor Bretons Problem<br />

er nimmt sich so wahnsinnig ernst und wichtig<br />

so schnell wie möglich<br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

floh ich aus diesem elenden Paris<br />

zu allem Überdruss<br />

bekam ich Fieber Bauchkrämpfe Dünnpfiff<br />

ich fresse einen Besen<br />

wenn ich mir die ekelhaften Kolibakterien<br />

nicht bei den Bretons geholt habe<br />

unvorstellbar<br />

- 31-


<strong>Frida</strong><br />

in was für einem Dreck diese Leute leben<br />

was für Zeug die essen<br />

mein Bauch<br />

war voll von Anarchisten<br />

jeder einzelne von ihnen hatte<br />

in den Windungen meiner Därme<br />

eine Bombe gelegt<br />

die hinten detonierte<br />

Paris<br />

so ganz allein<br />

ist wie ein Tritt<br />

in die Magengrube<br />

Diego ich weiss<br />

ich sollte mich nicht so ereifern<br />

das ist nicht gut<br />

für meine Gesundheit<br />

<strong>Frida</strong>s Rückgrat ist gebrochen<br />

aber ihr Herz ist stark<br />

Diego niño mio de <strong>la</strong> gran ocultadora<br />

du hast mich aufgehoben<br />

als ich zerbrochen war<br />

du hast mich wieder ganz gemacht<br />

wohin<br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

auf dieser kleinen Welt<br />

soll ich meine Blicke richten<br />

wenn nicht auf dich<br />

du legst mich<br />

sch<strong>la</strong>fen<br />

du weckst mich<br />

- 32-


<strong>Frida</strong><br />

wieder zum Leben<br />

nichts ist vergleichbar<br />

deiner Hand<br />

nichts gleicht<br />

dem goldgrün deiner Augen<br />

du bist der Spiegel<br />

der Nacht<br />

das heftige Licht des Blitzes<br />

die Feuchtigkeit der Erde<br />

deine Achselhöhle<br />

ist meine Zuflucht<br />

ich kann nicht geniessen<br />

was schön ist<br />

ohne Wehmut<br />

wenn du nicht den Augenblick<br />

mit mir teilst<br />

du bist mir gestohlen worden<br />

und ich gehe weinend fort<br />

meine kleine Freundin (Musikfetzen)<br />

endlich aus dem vermaledeiten Paris<br />

wieder in Mexico<br />

heiraten Diego und ich ein zweites Mal<br />

das getrennte Leben<br />

ist nicht gut<br />

für uns<br />

meine Bedingungen<br />

kein Sex<br />

und finanzielle Unabhängigkeit<br />

Bedingungen<br />

<strong>Frida</strong>- <strong>viva</strong> <strong>la</strong> <strong>vida</strong><br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 33-


die ich in erster Linie an mich stellte<br />

Freundschaft ist<br />

leichter<br />

ohne Sex<br />

die Hochzeitsglocken klingen<br />

leiser<br />

angenehm vernünftig leben<br />

Loyalität und nicht Treue<br />

kannst du zu mir halten<br />

alle Tage<br />

wenn die Nacht über uns hereinbricht<br />

weil wir füreinander bestimmt sind<br />

du kamst zu mir<br />

wie ein Vogel in der Dämmerung<br />

der durch mein lichtloses Zimmer fliegt<br />

bei dem einen Fenster herein<br />

und bei dem anderen wieder hinaus<br />

in die Nacht<br />

das unsägliche Paris<br />

holte mich doch noch ein<br />

in Form von Herrn Mornard<br />

ein schlechter Liebhaber<br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

wie die meisten Franzosen<br />

überheblich und sch<strong>la</strong>mpig<br />

nur auf sich selbst bezogen<br />

ohne Hingabe ohne Versinken ohne Auflösung<br />

im anderen<br />

die glücklichsten Momente<br />

die Selbstauflösung<br />

- 34-


<strong>Frida</strong><br />

<strong>Frida</strong>- <strong>viva</strong> <strong>la</strong> <strong>vida</strong><br />

beim Malen beim Vögeln beim Kochen<br />

Herr Mornard verstand nichts von alledem<br />

er überredete mich<br />

den Kontakt herzustellen<br />

zu Trotzki zwecks Versöhnung mit Stalin<br />

das Ergebnis<br />

ich hatte Ausfluss<br />

Trotzki einen Eispickel im Kopf<br />

der Mörder Mornard entkommt<br />

der Judas<br />

nicht mit 30 Silberlingen<br />

aber mit Ideologie<br />

die schlimmer ist als Geldgier<br />

die den Mord rechtfertigt<br />

kein Mitgefühl kennt<br />

als scheinbare Komplizin<br />

wurde ich verhaftet<br />

unser Haus vom Überfallkommando verwüstet<br />

Diego versprach dem Ministerpräsidenten<br />

ein Fresco über den heldenhaften Kampf des<br />

mexikanischen Volkes<br />

gegen die Unterdrücker<br />

ich kam frei<br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

Als Lehrerin<br />

in der Malschule Esmeralda<br />

ohne eine Ahnung vom Unterrichten<br />

brachte ich meinen muchachitas alegria bei<br />

Malen ist das Herrlichste was es gibt<br />

aber auch schwer<br />

deshalb ist es notwendig<br />

- 35-


<strong>Frida</strong><br />

das Handwerk richtig zu lernen<br />

dass man sich unter Kontrolle hält<br />

es gibt auf der ganzen Welt<br />

keinen Lehrer<br />

der wirklich Kunst lehren kann<br />

völlig unmöglich<br />

<strong>Frida</strong> gibt Anregungen<br />

nehmt sie oder nicht<br />

öffnet eure Augen<br />

meine Los Fridos<br />

unsere Ehe funktioniert jetzt recht gut<br />

ein Kleinteil Streit<br />

besseres gegenseitiges Verstehen<br />

auf meiner Seite<br />

weniger<br />

unangehme Art<br />

bezüglich anderer Frauen<br />

ich habe gelernt<br />

das Leben<br />

ist wie es ist<br />

der Rest ist Illusion<br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

eigentlich könnte ich fast sagen<br />

ich sei glücklich<br />

wenn ich nicht wär<br />

von Kopf bis Fuss<br />

ein solches Wrack<br />

- 36-


<strong>Frida</strong>- <strong>viva</strong> <strong>la</strong> <strong>vida</strong><br />

wieder liegt <strong>Frida</strong><br />

neun Monate <strong>la</strong>ng<br />

bewegungslos<br />

im Stahlkorsett<br />

nach neun Operationen<br />

an der Wirbelsäule<br />

drei Monate in nahezu senkrechter Stellung<br />

mit Sandsäcken an den Füssen<br />

zur Streckung der Wirbelsäule<br />

Dr. Eloesser<br />

der ein Vermögen an mir veroperiert<br />

das Diego bezahlt<br />

meint nachdem er mich ruiniert hat<br />

die Operationen waren unnötig<br />

meiner Sucht entsprungen<br />

nach Aufmerksamkeit Zuwendung<br />

Schmerz ja Liebe<br />

um Diego fest im Griff zu haben<br />

der Gipfel an Blödsinn<br />

Operationen hätten eine sexuelle Komponente<br />

tiefes Eindringen in den Körper<br />

die unersättliche Hoffnung<br />

der nächste Arzt<br />

die nächste Diagnose<br />

die nächste Behandlung<br />

bringe endgültig das Heil<br />

die Erlösung<br />

für immer<br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

<strong>Frida</strong><br />

Malen Malen Malen<br />

Leben Leben Leben<br />

- 37-


das Pinseln fällt <strong>Frida</strong> freilich schwer<br />

wo sie den stechenden Schmerz verspürt<br />

der feine Pinselstrich weicht<br />

dem Chaos<br />

<strong>Frida</strong> braucht aber dringend Kohle<br />

hier liegt sie und vegetiert<br />

wie ein Kohlkopf vor sich hin<br />

Sekret fliesst aus meinen Wunden<br />

ich rieche wie ein toter Hund<br />

als Geliebte<br />

nicht mehr tauglich<br />

verlässt mich bald<br />

mein letztes Abenteuer<br />

der junge süsse Amerikaner<br />

aus dem bitteren Grund<br />

weil meine physische Gebrechlichkeit<br />

den körperlichen Ausdruck<br />

sexueller Liebe nicht mehr gestattet<br />

verlege ich mich ganz auf Frauen<br />

die in ihrer Phantasie viel ungezügelter sind<br />

das männliche Geschlechtsorgan<br />

ist auf eine Körperstelle beschränkt<br />

das weibliche<br />

über den ganzen Körper verteilt<br />

gestattet ganz andere Gefühlserfahrungen<br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 38-


<strong>Frida</strong>- <strong>viva</strong> <strong>la</strong> <strong>vida</strong><br />

ich halte<br />

tierische Triebhaftigkeit<br />

in mir<br />

gefangen<br />

mein starker Hunger<br />

nach engem Zusammensein<br />

fragt nicht nach<br />

dem Geschlecht<br />

Mein Huf brennt<br />

am Kinderlähmungsfuss<br />

schwarz die Zehen<br />

fallen<br />

ab<br />

man will mein Bein<br />

ab<br />

schneiden und knochensägen<br />

Sie haben mir<br />

mein Bein amputiert<br />

sie haben mich<br />

Jahre <strong>la</strong>ng gequält<br />

zeitweise habe ich fast den Verstand verloren<br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

aber meine Laune alegria<br />

darf <strong>Frida</strong> nicht verlieren<br />

Beine<br />

wozu brauche ich sie<br />

ich habe Flügel<br />

und fliege<br />

davon<br />

- 39-


<strong>Frida</strong>s ehedem weiche Haut<br />

von Narben und Einstichlöchern übersät<br />

hat kaum eine heile Stelle<br />

für einen Schuss<br />

Gott hat uns den Verstand<br />

gegeben und den Schmerz<br />

als Ausgleich die Drogen<br />

die Fruchtbarkeitsgöttin Xihuacoatl<br />

lässt mich kein Kind austragen<br />

zwingt mich aber<br />

neun Monate wegen Kinderlähmung ins Bett<br />

neun Monate wegen Busunglück ins Bett<br />

neun Monate ins Bett wegen neun Wirbelsäulen<br />

Operationen<br />

neun Monate ins Bett wegen Bein Amputation<br />

dabei kam ich nebenbei<br />

in den Genuss einer Alkoholentziehungskur<br />

Weiter malen<br />

vor der Natur kommt die Kunst<br />

wenn du kein Bild gesehen hast<br />

von einem Wald<br />

verstehst du keinen Wald<br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

was habe ich für Zeit vergeudet<br />

als ich ungebrochen war<br />

die Krankheit<br />

nötigt mir diese Intensität auf<br />

angesichts der kurzen Zeit<br />

- 40-


die noch bleibt<br />

No hay remedio<br />

ich verkaufe alles für<br />

nichts<br />

hat einen Namen<br />

es wandeln sich die Wörter<br />

hinter dem Vorhang<br />

des Wahnsinns<br />

Diego schiebt mich im Rollstuhl<br />

zu den Demonstrationen<br />

Tierra e libertad Boden und Freiheit<br />

<strong>Frida</strong> muss da einfach hin<br />

<strong>Frida</strong>- <strong>viva</strong> <strong>la</strong> <strong>vida</strong><br />

den Halunken vom CIA die Fahne mit der<br />

Friedenstaube<br />

Paz um die Lügenfratzen schwingen<br />

sie haben auf uns geschossen<br />

und mich nicht getroffen<br />

leider<br />

ich bin <strong>la</strong>nge genug gelegen<br />

verbrennt mich gut<br />

ich hoffe<br />

der Abgang ist heiter<br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

ich hoffe<br />

niemals zurückzukehren<br />

<strong>Frida</strong>s Bilder kommen<br />

über euch<br />

als ein Beitrag<br />

für die Freiheit<br />

ich möchte die Welt<br />

- 41-


verändern in eine ohne K<strong>la</strong>ssen<br />

begreifen<br />

dass ich nur ein verdammt kleiner Teil bin<br />

Esta anocheciendo en mi <strong>vida</strong><br />

die Nacht bricht<br />

über mein Leben<br />

herein<br />

<strong>Frida</strong> meine Freundin komm und (Musik)<br />

beschütze mich wie damals<br />

als ich ein Kind war<br />

mit sechs Jahren<br />

hatte ich sehr lebhaft<br />

eine Freundschaft mit einem Mädchen<br />

in meinem Zimmer<br />

hauchte ich gegen die Fensterscheiben<br />

und zeichnete mit dem Finger eine Tür hinein<br />

in meiner Vorstellung<br />

gehe ich nun aufgeregt und gespannt durch diese Tür<br />

direkt ins Innere der Erde<br />

wo die Gespielin meiner Träume auf mich wartet<br />

sie <strong>la</strong>cht unentwegt und <strong>la</strong>utlos<br />

sie tanzt schwerelos<br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

ich imitierte sie<br />

in all ihren Bewegungen<br />

und während wir gemeinsam tanzen<br />

vertraue ich ihr<br />

alle meine geheimen Sorgen und Wünsche an<br />

sie weiss von Kind an alles<br />

über mich<br />

- 42-


<strong>Frida</strong>- <strong>viva</strong> <strong>la</strong> <strong>vida</strong><br />

und komme ich<br />

nach einem solchen Ausflug<br />

wieder in mein Zimmer zurück<br />

wische ich die Tür im Fenster schnell mit den Fingern<br />

weg<br />

und in mir jubelt es vor Glück<br />

<strong>viva</strong> <strong>la</strong> <strong>vida</strong><br />

***<br />

© Teaterver<strong>la</strong>g Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 43-

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