De letscht Wunsch
De letscht Wunsch
De letscht Wunsch
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Zum Aufführungsrecht<br />
• Das Recht zur Aufführung erteilt der<br />
teaterverlag elgg, CH-3123 Belp<br />
Tel. + 41 (0)31 819 42 09<br />
www.theaterverlage.ch / information@theaterverlage.ch<br />
Montag - Freitag von 09.00 bis 11.30 Uhr & 13.30 bis 17.00 Uhr<br />
• <strong>De</strong>r Bezug der nötigen Texthefte - Anzahl Rollen plus 1 - berechtigt<br />
nicht zur Aufführung.<br />
• Es sind darüber hinaus angemessene Tantièmen zu bezahlen.<br />
• Mit dem Verlag ist vor den Aufführungen ein Aufführungsvertrag<br />
abzuschliessen, der festhält, wo, wann, wie oft und zu welchen<br />
Bedingungen dieses Stück gespielt werden darf.<br />
• Auch die Aufführung einzelner Teile aus diesem Textheft ist<br />
tantièmenpflichtig und bedarf einer Bewilligung durch den Verlag.<br />
• Bei eventuellen Gastspielen mit diesem Stück, hat die aufführende<br />
Spielgruppe die Tantième zu bezahlen.<br />
• Das Abschreiben oder Kopieren dieses Spieltextes - auch<br />
auszugsweise - ist nicht gestattet (dies gilt auch für<br />
Computerdateien).<br />
• Übertragungen in andere Mundarten oder von der Schriftsprache in<br />
die Mundart sind nur mit der Erlaubnis von Verlag und Verfasser<br />
gestattet.<br />
• Dieser Text ist nach dem Urheberrechtsgesetz vom 1. Juli 1993<br />
geschützt. Widerhandlungen gegen die urheberrechtlichen<br />
Bestimmungen sind strafbar.<br />
• Für Schulen gelten besondere Bestimmungen.<br />
"Es gibt Leute, die ein Theaterstück als etwas "Gegebenes"<br />
hinnehmen, ohne zu bedenken, dass es erst in einem Hirn erdacht,<br />
von einer Hand geschrieben werden musste.“<br />
Rudolf Joho
Adrian Meyer<br />
<strong>De</strong> <strong>letscht</strong> <strong>Wunsch</strong><br />
Es Stück Underwält<br />
Sprache Freiämterdeutsch<br />
Besetzung 4 Frauen, 9 Männer<br />
Bühne 6 Andeutungsbilder<br />
«Statt dere Luftschutzchäller z’ boue, würd mer gschyder<br />
jedem e Ballon gäh!»<br />
Friedhofgärtner Heimgartner und Zivilschutzchef Locher<br />
treffen eine aussergewöhnliche Abmachung. Sie versprechen<br />
sich gegenseitig, einander den letzten <strong>Wunsch</strong> zu erfüllen:<br />
Ein Vogelhaus soll das Grab des Gärtners schmücken, Sirenengeheul<br />
wünscht sich der Zivilschutzchef zu seiner Beerdigung.<br />
Und tatsächlich stirbt Locher während der Vorbereitung<br />
seiner letzten Zivilschutzübung. Als ob eine Beerdigung<br />
für die komplizierten Familienverhältnisse nicht schon heikel<br />
genug wäre, stehen damit den Trauernden gemeinsame<br />
Stunden im Schutzraum bevor.<br />
«Länger als e Ballon flügt, haltet mer’s i somene Chäller<br />
unde ned uus.»<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
elgger schaulust 8
Personen<br />
Otto Locher, Vorsteher des örtlichen Zivilschutzes<br />
Elsbeth Brem-Locher, seine Tochter aus erster Ehe<br />
Gregor Brem-Locher, ihr Mann<br />
Balz, deren Sohn<br />
Peter Erismann, Ottos Stiefsohn<br />
Irène, seine Tochter<br />
Alphons Gnädinger, Ottos Stellvertreter<br />
Edgar Villiger, sein Gehilfe<br />
Valo Heimgartner, Friedhofgärtner<br />
Erna, «Spinne» - Wirtin<br />
Fix Vock, Zeitungsverträger<br />
Herr Bütler, Nationalrat<br />
Frau Stierli, Putzfrau<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
Ort und Zeit<br />
Ein mittleres Dorf im Freiamt, um Allerheiligen.<br />
- 2 -
<strong>De</strong> <strong>letscht</strong> <strong>Wunsch</strong><br />
Eines haben Zivilschutz und Theater gemeinsam - die Fiktion.<br />
Schutzraumhandbuch und Bühnentext gehen von Annahmen<br />
aus.<br />
Dabei setzt der Zivilschutz auf das Reglementsgemässe, das<br />
Theater auf das Ausserordentliche. Im Kopf des Schutzraumchefs<br />
geht der Alarm los, wenn alles vorbereitet ist, im Kopf<br />
des Autors, wenn niemand damit rechnet. Verharmlosung<br />
oder Dramatisierung? Die Wirklichkeit lässt sich nicht vorwegnehmen.<br />
Es bleibt bei der Vorstellung.<br />
Aus den Gedanken zu den unterirdischen Gängen sind<br />
Gedankengänge zum Unterirdischen geworden. Ein Stück<br />
Unterwelt.<br />
Adrian Meyer<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 3 -
Szene 01<br />
Szene 02<br />
Szene 03<br />
Szene 04<br />
Szene 05<br />
Szene 06<br />
Szene 07<br />
Szene 08<br />
Szene 09<br />
Szene 10<br />
Szene 11<br />
Szene 12<br />
Szene 13<br />
Szene 14<br />
Szene 15<br />
Szene 16<br />
Szene 17<br />
Szene 18<br />
Szene 19<br />
Szenenübersicht<br />
Die verschiedenen Bilder sollten nebeneinander und<br />
nur in Andeutung aufgebaut werden, damit keine<br />
Umbaupausen entstehen.<br />
Mittagsrueh («Spinne»)<br />
<strong>De</strong> <strong>letscht</strong> <strong>Wunsch</strong> (Friedhof)<br />
Allerheilige (Ottis Stube)<br />
Ohni mee (Ottis Stube, Peter zu Hause)<br />
Chund ned i Frog («Spinne»)<br />
S <strong>letscht</strong> Mol (Peter zu Hause)<br />
Wa hesch au aa! (Hausgang Brem-Locher)<br />
D’ Abdankig (Friedhofkapelle)<br />
D’ Lektion (Schutzraum)<br />
D’ Grabred (Friedhof)<br />
Ramazzotti (Schutzraum)<br />
Z’ früeh (Schutzraum)<br />
S’ Lychemöhli («Spinne»)<br />
D’ Notration (Schutzraum)<br />
S’ Lieblingslied («Spinne»)<br />
Fratze (Vision)<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
Flüüge (Schutzraum)<br />
Fehlalarm (Schutzraum)<br />
Schulde (Friedhof)<br />
- 4 -
Erna<br />
Otto<br />
Erna<br />
Otto<br />
Erna<br />
Otto<br />
Erna<br />
Otto<br />
Erna<br />
Otto<br />
Fix<br />
Otto<br />
Fix<br />
Otto<br />
Fix<br />
1<br />
Mittagsrueh<br />
<strong>De</strong> <strong>letscht</strong> <strong>Wunsch</strong><br />
In der «Spinne». Otti sitzt in Zivilschutzmontur allein<br />
am Tisch, isst Speck und Bohnen. Erna hantiert<br />
hinter dem Buffet.<br />
Schmöckt's der, Otti?<br />
Echli fettig. Gern han-i's scho, aber ech verträge's<br />
nümm eso.<br />
Dä lohsch-es halt lo stoh.<br />
Wa-n-im Täller isch, wird gässe.<br />
Und nochhär lyhd's-der uuf.<br />
Wenn's nur de Späck wär.<br />
setzt sich zu Otti an den Tisch. Hesch sträng, gäll.<br />
Nach der Üebig magsch dä wider ässe. <strong>De</strong> Beischinke<br />
han-i bim Saxer bstellt. Aber de Hördöpfelsalot mach-i<br />
sälber.<br />
Bisch ned gschyd, für sächzg Lüüt!<br />
nimmt den halbvollen Teller vom Tisch, zwinkert Otti<br />
zu. Für dee isch-mer nüd z'vil, Otti.<br />
schmunzelnd. Aber zerscht gämmer däne Samariter d<br />
Notration, wie richtig. Die sellid nume wüsse, wi's wär.<br />
kommt herein, setzt sich zu Otti an den Tisch. E Pfiff!<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
Hesch scho Fyrobig?<br />
Wa heisst do scho? Ech ha Fyrobig, bevor ehr zum<br />
Näscht us sind.<br />
Zytige verträge, da hed doch käi Zuekunft für eine wie<br />
dee.<br />
schiebt Otti die Zeitung zu, die er mitgebracht hat. S<br />
hed no mängs käi Zuekunft.<br />
- 5 -
Otto<br />
Fix<br />
Otto<br />
Fix<br />
Erna<br />
Gnädinger<br />
Erna<br />
Gnädinger<br />
Otto<br />
Gnädinger<br />
Otto<br />
Villiger<br />
Gnädinger<br />
Villiger<br />
schaut sich die Titelseite an. Du müesstisch doch s<br />
Hirni bruuche.<br />
Ebe. Am halbisibni ben-i fertig mit de Tour. Dä han-i<br />
de ganz Tag Zyt zum studiere.<br />
Wa studiersch dä?<br />
Öb's e Zuekunft hed, zum Byspeel.<br />
stellt Fix das Kaffeeglas hin. Wenn't eso wyter<br />
schnapsisch, muesch nümm lang studiere. Sie nimmt<br />
die Zeitung, die Otti inzwischen beiseite gelegt hat.<br />
Gnädinger und Villiger treten ein. Gnädinger trägt<br />
einen Ordner und das Schutzraumhandbuch mit sich,<br />
Villiger eine Schreibunterlage. Fix verzieht sich mit<br />
seinem Kaffeeglas ans Klavier. Villiger will sich<br />
setzen. Gnädinger bleibt stehen, wirft Villiger einen<br />
strengen Blick zu, worauf dieser auch stehen bleibt.<br />
Chum Otti, s'isch halbi gsy, mer settid wider.<br />
stellt Otti eine Tasse Kaffee und ein Schnapsgläschen<br />
hin. Da'sch zum Verdaue.<br />
Verdaue chasch dä nach der Üebig.<br />
ignoriert Gnädinger. Bring no zwee Kafi, Erna. <strong>De</strong><br />
Schutzruum springt is ned devo.<br />
Villiger will sich erneut an den Tisch setzen.<br />
mit strengem Blick zu Villiger, der wieder aufspringt.<br />
Aber d Zyt! Ech ha ned frei gnoh für-n-es Kafichränzli.<br />
zieht Villiger am Ärmel auf den Stuhl. Mer chönd<br />
doch da Züg ä do obe bespräche. Bi der Erna isch-es<br />
wärmer, gäll Edgar! Ärmel<br />
mit Seitenblick zu Gnädinger. Do hesch rächt.<br />
Wägemyne, föif Minute.<br />
Übrigens, die beede-n-Abwärt lönd lo froge, wie höch<br />
dass' d Heizig sellid ystelle i däne Chäller unde.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 6 -
Gnädinger<br />
Otto<br />
Erna<br />
Gnädinger<br />
Otto<br />
Gnädinger<br />
Fix<br />
Gnädinger<br />
Villiger<br />
Gnädinger<br />
Villiger<br />
Gnädinger<br />
<strong>De</strong> <strong>letscht</strong> <strong>Wunsch</strong><br />
Säg ned immer Chäller, Villiger. S heisst Schutzruum!<br />
Im Schuelhuus sächzäh Grad und im Bürgerheim<br />
sibezäh, wäg de-n-Alte.<br />
Aber mer wänd doch nach der Üebig no di fyrlich<br />
Übergab mache und echli zämesitze. Sächzäh Grad, do<br />
gfrührsch jo y bim Aastosse, gäll, Erna!<br />
Muesch halt no e Musig aastelle. Bim Tanze hesch gly<br />
warm!<br />
verärgert. Erschtens isch da käi Chilbi, sondern e<br />
Zivilschutzüebig und zwöitens hämmer gseid «Unter<br />
erschwerten Bedingungen»!<br />
Hejo, mit Chind und Alte. Da'sch schwirig gnueg! Du<br />
chasch dä dyni Üebige wägemyne-n-emol bi Undernull<br />
durefüehre. Damol befehl ech no, und bi meer im<br />
Schuelhuus wott-ech zwänzg Grad, säg-em da,<br />
Villiger! Steht auf und geht zur Hintertür.<br />
ringt nach Atem. Und bi meer, im Schutzruum<br />
Bürgerheim: sächzäh Grad, Villiger. Schryb uuf!<br />
Wenn-ehr wänd, chum-ech eui go s Lagerfüür mache,<br />
ech be früehner i de Jungwacht gsy.<br />
Uf settig wie dee chömmer verzichte, Vock! Drückt<br />
sich di ganz Zyt mit fadeschynige Uusrede und meint,<br />
er müess no dummi Sprüch chlopfe.<br />
mit Schreiben beschäftigt. Übrigens, wäg de Figurante,<br />
die vom Samariterverein händ Müeh, eso vil<br />
Chind uufztrybe.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
Die sellid doch e Schuelklass uufbiete.<br />
Da seig ebe heikel, obligatorisch chön-mer da ned<br />
mache.<br />
aufgebracht. Pro Juventute-Marke und Schoggitaler<br />
verchaufe, da chönds. Aber wenn's um d Sicherheit<br />
gohd, wemmer s Überlääbe realitätsnöch wott üebe,<br />
sell da heikel sy! Lächerlich!<br />
- 7 -
Fix<br />
Villiger<br />
Gnädinger<br />
Fix<br />
Gnädinger<br />
Villiger<br />
Gnädinger<br />
Otto<br />
Erna<br />
Gnädinger<br />
steht auf, geht zum Buffet, nimmt eine Ketchup-<br />
Flasche vom Regal und stellt sie neben Gnädinger<br />
auf den Tisch. Mit dem chönd-ehr d Gsichter<br />
verschlaargge, dä isch's nochli realistischer. Geht dann<br />
zum Ausgang.<br />
Fräche Kärli!<br />
ruft ihm nach. Für settig wie dee chamer nume hoffe,<br />
dass-der d Schutzruumtür vor de Nase zuehauid,<br />
wenn's emol chlöpft!<br />
im Off. Und für settig wie Sii, dass ehr si nochhär<br />
nümm uufbringid!<br />
Linggsgfäderete Hirnibicker!<br />
Mit so eim wett-i im Erschtfall ned imene Chäller unde<br />
hocke.<br />
Schutzruum heisst's, Villiger!<br />
kommt von der Toilette zurück, ist mit dem Reissverschluss<br />
beschäftigt. Iez chlämmt dä Cheib scho<br />
wider!<br />
hilft. Chum, zeig, Otti.<br />
leise zu Villiger. Ned emol meh sälber aalegge chan-er<br />
sich. Und wott en Üebig kommandiere. Gottlob isch's<br />
di <strong>letscht</strong>.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 8 -
Heimgartner<br />
Otto<br />
Heimgartner<br />
Otto<br />
Heimgartner<br />
Otto<br />
Heimgartner<br />
Otto<br />
Otto<br />
Heimgartner<br />
Otto<br />
Heimgartner<br />
Otto<br />
2<br />
<strong>De</strong> <strong>letscht</strong> <strong>Wunsch</strong><br />
<strong>De</strong> <strong>letscht</strong> <strong>Wunsch</strong><br />
Auf dem Friedhof, gegen Abend. Heimgartner<br />
arbeitet an den Gräbern von Ottos verstorbenen<br />
Ehefrauen.<br />
Chunnsch spot hüt.<br />
Ech ha no z'tue gha mit der Üebig. Da'sch e<br />
Souchrampf. S'isch Zyt, dass-i höre. S god mer nümm<br />
so ring wie äscho.<br />
Mer werdid halt ä älter, Otti. Ech merke's im Rugge<br />
und i de Chneu.<br />
nickt. Ab-em nöchschte Johr müemmer's dä nochli<br />
gnüsse, bevor's-is verlochid.<br />
Für mee isch da emol käi grossi Umstellig. Ech be ufem<br />
Friedhof deheim.<br />
Und ech be-mi gwöhnt, underem Bode z'sy, vom<br />
Zivilschutz.<br />
Do muesch dä wenigstens käi gäle Helm aalegge.<br />
Und s'cha-mer niemert meh dryschnöre.<br />
Heimgartner nimmt eine Handvoll Vogelkörner aus<br />
der Jackentasche und legt auf jeden Grabstein ein<br />
Häufchen.<br />
Aha, dorum sind die Grabstei immer verschisse.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
Nume-n-im Winter. Hüt am Morge het's Ryfe gha.<br />
Schaut um sich, pfeift leise. Uf mym Grab müesst<br />
emol es Vogelhüsli stoh, mit-eme Fettring für d Meisli.<br />
Und bi myner Beerdigung müesstid d Sirene hüüle.<br />
streckt Otto die Hand hin. Abgmacht!<br />
Wa?<br />
- 9 -
Heimgartner<br />
Otto<br />
Otto<br />
Heimgartner<br />
Otto<br />
Heimgartner<br />
Otto<br />
Heimgartner<br />
Otto<br />
Heimgartner<br />
Otto<br />
Ebe, wenn's mee zerscht nimmt, luegsch Du für's<br />
Vogelhüsli, und ech für d Sirene, wenn Du vor meer<br />
muesch goh.<br />
zögert, reicht Heimgartner schliesslich die Hand.<br />
Spinnsiech!<br />
Heimgartner arbeitet weiter.<br />
Gäll, tuesch by bedne s Glych druuf; suscht chum-i<br />
wider Krach über.<br />
Hesch Bsuech a Allerheilige?<br />
Wie all Johr. <strong>De</strong> Peter am Morge und d Elsbeth am<br />
Nomittag, dass anenand verbychömid.<br />
Otto steht eine Weile vor das Grab seiner ersten, dann<br />
vor jenes seiner zweiten Frau. Heimgartner steht<br />
ebenfalls einen Moment schweigend da.<br />
Wemmer nie-n-e Frau gha hed, cha si eim spöter ä ned<br />
fehle.<br />
nach einer Weile. Also, Walo, mach dä ä öppe<br />
Fyrobig. Di Tote springid-der ned devo. Will gehen.<br />
Otti! Gäll, bisch-mer ned bös, wenn-i ned a dyni<br />
Abschlussüebig chume. Ech ha gnueg z'tue mit dene,<br />
wo endgültig under-em Bode sind.<br />
Scho rächt. Chasch jo spöter no cho, zum gmüetliche<br />
Teil. S gid Beischinke und Hördöpfelsalot vo der Erna.<br />
Wänd luege.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
Läb wohl! Ab.<br />
Heimgartner nimmt eine Handvoll Körner aus der<br />
Tasche, streut sie auf den Grabsteinrand und pfeift.<br />
- 10 -
Elsbeth<br />
Otto<br />
Elsbeth<br />
Gregor<br />
Otto<br />
Elsbeth<br />
Otto<br />
Gregor<br />
Otto<br />
Elsbeth<br />
Otto<br />
Elsbeth<br />
3<br />
Allerheilige<br />
<strong>De</strong> <strong>letscht</strong> <strong>Wunsch</strong><br />
Otti sitzt am Tisch, das Schutzraumhandbuch, verschiedene<br />
Formulare und einen Notizblock vor sich.<br />
Von draussen hört man Kirchenglocken. Die Hausglocke<br />
klingelt kurz. Otti reagiert nicht. Elsbeth,<br />
Gregor und Balz treten ein. Balz trägt ein grosses<br />
Grab-Arrangement auf den Armen.<br />
Uhu, Bappe! Meer sind's!<br />
Ech ha gmeint, ehr chiemid erscht z’mittag.<br />
<strong>De</strong> Gregor hed ebe am drüü no e Besprächig. Hoi<br />
Bappe. Sie küsst Otti auf die Stirn.<br />
beugt sich über Ottis Akten. Aha, du gisch jo di<br />
nöchscht Wuche dyni Abscheedsvorstellig. - Hesch-es<br />
im Griff?<br />
schüttelt den Kopf. Eusi Aalag gnüegt eifach de Vorschrifte<br />
nümm. Zitiert. «Die bei Filterbetrieb geförderte<br />
Luftmenge beträgt mindestens 3 Kubikmeter pro<br />
Stunde und Schutzplatz». Da bringid meer nie here.<br />
Aber Bappe! A Allerheilige studiert-mer doch ned a so<br />
Züüg ume. Ech hole-n-öppis z'trinke. Ab.<br />
schiebt seine Akten beiseite. Hesch emänd rächt.<br />
Am <strong>letscht</strong>e Samschtig hämmer bi eus di neu Aalag<br />
ygweiht. Die muesch emol go aaluege! Alles picobello,<br />
wie-nes Erschtklasshotel!<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
So.<br />
im Off. Hesch käi Passugger meh?<br />
Trinke käi Passugger! Im Chäller unde het's suure<br />
Moscht.<br />
Bi dere Chälti.<br />
- 11 -
Otto<br />
Balz<br />
Otto<br />
Balz<br />
Otto<br />
Elsbeth<br />
Otto<br />
Elsbeth<br />
Balz<br />
Otto<br />
Balz<br />
Otto<br />
Balz<br />
Gregor<br />
Elsbeth<br />
Gregor<br />
Elsbeth<br />
Otto<br />
Balz<br />
Otto<br />
Dä mach halt e Tee! Zu Balz, der immer noch mit den<br />
Blumen dasteht. Hock ä ab, Bueb! Zeigt auf das<br />
Arrangement. Isch da für mee?<br />
Nei, für de Grossmuetter ihres Grab.<br />
Da hätti's nümm bruucht.<br />
Han-i ä dänkt.<br />
zu Elsbeth, die mit Geschirr hereinkommt. S Grab<br />
isch scho gmacht.<br />
Weisch, nur öppis Chlyses. Da wird's iez wohl no<br />
möge lyde.<br />
Gregor blättert im Schutzraumhandbuch.<br />
zu Balz. Ha-di scho lang nümm gseh.<br />
Dä chlütterlet nume no a sym Töff ume.<br />
Am vor<strong>letscht</strong>e Sunntig han-i welle verbycho mit de<br />
Sugi.<br />
Wasch da für eini?<br />
Mit em Töff! Aber bisch ned deheime gsy.<br />
<strong>De</strong>et simmer uf de Zugerberg mit em Männerchor. Mer<br />
händ grad eso knapp zum Näbel uusgluegt.<br />
Nochhär ben-i a Genfersee abe bloched.<br />
Er hed s Billett sid em Auguscht.<br />
Hüt isch-er uf zwölfhundert obe.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
Wer?<br />
<strong>De</strong> Näbel.<br />
zu Balz. Letschti hätt-di chönne bruuche. Mer händ der<br />
Öpfelbaum umto. Weisch, de Boskop, wo't ami drufumekläderet<br />
bisch.<br />
steht auf, geht zum Fenster. Werum?<br />
Hed nüd meh treid. Überalteret.<br />
- 12 -
Balz<br />
Otto<br />
Gregor<br />
Otto<br />
Elsbeth<br />
Gregor<br />
Elsbeth<br />
Balz<br />
Gregor<br />
Otto<br />
Peter<br />
Balz<br />
Elsbeth<br />
Gregor<br />
Peter<br />
Elsbeth<br />
Peter<br />
Elsbeth<br />
Otto<br />
<strong>De</strong> <strong>letscht</strong> <strong>Wunsch</strong><br />
Weisch no, s'erscht Mol han-i d Öpfel vom Baum oben-abe<br />
diräkt i d Zeine-n-ie grüehrt.<br />
lacht. Jo, deet hesch-mi verruckt gmacht. Halblaut.<br />
Aber du bisch wenigschtens no verbycho. Schaut<br />
Elsbeth an.<br />
Elsbeth will erwidern, Gregor schaut sie mahnend an.<br />
So, dä wämmer dänk langsam. Die Hausglocke klingelt.<br />
Elsbeth und Gregor schauen sich fragend an.<br />
steht auf. Da wird de Peter sy.<br />
Da hämmer iez vo dynere Sitzig!<br />
Du hesch jo umsverrecke welle, dass-i mitchume!<br />
Balz, säg dä im Onkel Peter aaständig grüezi!<br />
Glychfalls!<br />
Nimm di zäme!<br />
Otto kommt mit Peter und Irène herein. Schweigen.<br />
zu Elsbeth. Darf-i vorstelle, dy Styfbrüeder Peter.<br />
Hör doch uf! Drückt Elsbeth und Gregor kurz die<br />
Hand, klopft Balz auf die Schulter. Sali Balz!<br />
Hoi Onkel Peter.<br />
zu Irène, die stehengeblieben ist. Grüess-di Irène. Hei,<br />
hesch du gwachse. Bisch e richtigi Dame worde!<br />
Also Bappe, mer gönd efängs.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
Wäg euis müend-ehr ned goh.<br />
<strong>De</strong> Gregor hed z’mittag e Sitzig.<br />
Iez, wo-mer eso gmüetlich binenand wärid.<br />
Chumm, Balz! Zu Otti. Mer essid nochhär no öppis<br />
Chlyses im Rössli, gäll Bappe.<br />
Esch rächt. Ade underdesse!<br />
Gregor, Balz und Elsbeth ab.<br />
- 13 -
Otto<br />
Peter<br />
Otto<br />
Peter<br />
Irène<br />
Otto<br />
Irène<br />
Otto<br />
Irène<br />
Otto<br />
Irène<br />
Otto<br />
Irène<br />
Otto<br />
Irène<br />
Otto<br />
Peter<br />
Otto<br />
Peter<br />
Otto<br />
Peter<br />
Schön, dass-ehr cho sind! Wänd-ehr e Tee?<br />
Hesch nüd anders?<br />
will aufstehen. Im Chäller unde het's suure Moscht.<br />
Wart!<br />
Ech hol-ne scho sälber. Ab.<br />
Ech wett echli Tee. Giesst sich stehend eine Tasse ein.<br />
betrachtet sie dabei. Hesch ghübschet, Meitli.<br />
Findsch?<br />
S dunkt-mi, glychisch längers-i meh im Rosi.<br />
Wem?<br />
Dyner Grossmuetter.<br />
Cha scho sy.<br />
Wohnsch immer no bi dyner Muetter?<br />
Näi, sid-i s KV aagfange ha, ben-i d Wuche dor bim<br />
Däddy.<br />
Luegt-er zue-der?<br />
Ech cha-mer sälber luege.<br />
Peter kommt mit Flaschen zurück, stellt diese auf den<br />
Tisch, holt Gläser.<br />
zu Peter. Ehr seigid iez schynt's z zwöite. Kümmerisch<br />
di um dyni Tochter?<br />
kommt mit zwei Gläsern zurück. Sicher meh, als du<br />
dee um mee kümmeret hesch.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
Du hesch der jo vo meer nüd lo säge. Suscht wär<br />
mängs anderscht usecho.<br />
giesst ein. Du muesch-es jo wüsse.<br />
Prost, Peter! Mer wänd ned wider afo stryte.<br />
Prost, Vater!<br />
- 14 -
Peter<br />
Elsbeth<br />
Peter<br />
Elsbeth<br />
Peter<br />
Elsbeth<br />
Peter<br />
Elsbeth<br />
Peter<br />
Elsbeth<br />
Peter<br />
Elsbeth<br />
4<br />
Ohni mee<br />
<strong>De</strong> <strong>letscht</strong> <strong>Wunsch</strong><br />
Schauplatz 1: Elsbeth steht in Ottis Stube. Sie ist<br />
schwarz gekleidet. Auf dem Tisch liegen Briefumschläge<br />
und Todesanzeigen. Schauplatz 2: Peter sitzt<br />
zuhause auf einem Küchentabourett und raucht.<br />
Elsbeth und Peter telefonieren miteinander.<br />
Ech wott nüd vo dem Plunder.<br />
Aber s' hed doch ä no War vo dyner Muetter. Vellecht<br />
hätti s Irène gern es Aadänke.<br />
Gib da Züg i d Brockestube. Mer händ do sowiso käi<br />
Platz.<br />
Überleg' der's nomol. Da'sch jo iez ned s Dringendscht.<br />
Ech lüüte-n-eigentlich wägem Lychemohl aa. Ech<br />
weiss ned, öb mer sellid is Rössli oder i d Spinne. <strong>De</strong><br />
Bappe-n-isch zwar immer bi der Erna gsy. Aber s<br />
Rössli wär echli pflägter, findsch ned au? Abgseh devo<br />
isch d Spinne z'chly. Ussert de Männerchor giengt is<br />
Säli ue. Wa meinsch du?<br />
Ohni mee.<br />
Wa seisch?<br />
Ohni mee, han-i gseid.<br />
Wa sell da heisse?<br />
Dass ech so schnell als möglich wider verreise nach de<br />
Beerdigung.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
Aber nei, da chasch ned mache, Peter. Da simmer im<br />
Vater schuldig.<br />
S' isch dy Vater gsy und dys Dorf.<br />
Wirsch doch iez no einisch über dy Schatte springe,<br />
Peter. S <strong>letscht</strong> Mol.<br />
- 15 -
Peter<br />
Elsbeth<br />
Peter<br />
Elsbeth<br />
Peter<br />
Elsbeth<br />
Peter<br />
Elsbeth<br />
Peter<br />
Elsbeth<br />
Ech mag mit dene Lüüt ned zämesitze. Ech verträge die<br />
Frogerei nümm. «Wo wohnid Si iez? Isch ihri Frau ned<br />
do? Wa machid Si brueflich?» Zum Chotze!<br />
Äh, meer isch jo ä ned vil draa glääge, aber es ghört<br />
sich eifach.<br />
Die chömid jo all vom Zmittag. Do händs am drüü ned<br />
scho wider Hunger.<br />
Es gohd doch ned ums Ässe.<br />
S gohd ä ned um euis.<br />
Da säg-i jo ä ned. Aber es isch doch e Geste de<br />
Bevölkerig gägenüber. Mer müend doch dene Lüüt<br />
öppis offeriere. Suscht heisst's no, s heig-is groue.<br />
Die chönd au ohni eus frässe und suufe.<br />
Aber es macht doch käi Gattig.<br />
<strong>De</strong> Pfarrer sell am Schluss verchünde, d Lüüt seigid<br />
nach de Beerdigung zumene Zvieri yglade. Und der<br />
Erna seisch, meer trefid-is im ängschte Familiechreis.<br />
Dä vermisst euis käi Schwanz. Voilà.<br />
Bisch und blybsch e Feigling.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 16 -
Villiger<br />
Heimgartner<br />
Villiger<br />
Heimgartner<br />
Villiger<br />
Erna<br />
Heimgartner<br />
Villiger<br />
Erna<br />
Gnädinger<br />
Villiger<br />
Gnädinger<br />
Heimgartner<br />
5<br />
Chund ned i Frog<br />
<strong>De</strong> <strong>letscht</strong> <strong>Wunsch</strong><br />
Villiger und Heimgartner sitzen in der «Spinne» am<br />
Stammtisch. Heimgartner hat die Zeitung vor sich,<br />
Villiger Zivilschutzakten. Erna hantiert hinter dem<br />
Buffet, langsamer als sonst.<br />
Hm, schloft y und verwachet eifach nümm am andere<br />
Morge.<br />
Typisch Otti.<br />
E schöne Tod.<br />
liest die Todesanzeige. «Peter Erismann und Irène».<br />
Ech ha gmeint, de Peter heig synerzyt de Name von<br />
Otti aagnoh.<br />
Jo, da'sch es Züg gsy. Am einte Tag chund der Otti i d<br />
Ywohnerkontrolle und seid, sy Stiefsohn heissi iez ä<br />
Locher, und morndes chund de Peter dethär, er heissi<br />
Erismaa wie eh und je.<br />
Da'sch nie guet gange zwüschet dene beede.<br />
Si händ halt ned s glyche Bluet gha.<br />
schaut ebenfalls in die Zeitung. Allem aa isch dä scho<br />
wider gschyde.<br />
Gar nie ghürote gsy.<br />
stürmt herein. Do bisch, Villiger. Uf de Gmeind<br />
müesst-mer schaffe! Hänk ami wenigschtens e Zädel a<br />
d Tür!<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
Mer wird jo wohl no dörfe...<br />
Herrgottsterne, da hed-is grad no gfehlt. Rysst e<br />
Gwaltsüebig vom Stapel und föif Täg vorher macht-er<br />
sich eifach usem Staub.<br />
Gedenke Mensch, dass du aus Staub bist und wieder zu<br />
Staub wirst.<br />
- 17 -
Gnädinger<br />
Erna<br />
Gnädinger<br />
Heimgartner<br />
Gnädinger<br />
Heimgartner<br />
Gnädinger<br />
Erna<br />
Gnädinger<br />
Heimgartner<br />
Villiger<br />
Gnädinger<br />
Erna<br />
Gnädinger<br />
Villiger<br />
Gnädinger<br />
Villiger<br />
Bis ruhig oder hock deet übere!<br />
Wa dörf's sy?<br />
setzt sich. En Express nature.<br />
mit Tee und Zeitung unterwegs zum Nebentisch,<br />
dreht sich um. A propos: der Otti hed sich gwünscht,<br />
dass a syner Beerdigung d Sirene hüülid.<br />
Chasch öppe höre mit dym Gschwafel. Meer händ do<br />
gschyders z'tue.<br />
hebt drei Finger zum Schwur. Nüd Gschwafel, dasch<br />
heilige-n-Ernscht, ech schwör-es!<br />
Bisch eigentlich übergschnappet, Heimgartner.<br />
stellt Gnädinger den Espresso hin. Wenn's am Otti si<br />
<strong>letscht</strong> Wille-n-isch.<br />
Meinid-ehr im Ernscht, mer chönid wägem Friedhofgärtner<br />
Heimgartner d Sirene losloh?<br />
Ned wäg meer, wägem Otti.<br />
Ech meine, wemmer d Bevölkerig vorhär würd informiere...<br />
Fang iez ä no aa, Villiger!<br />
<strong>De</strong> <strong>letscht</strong> Wille vomene Verstorbne muess-mer respektiere.<br />
Chund ned i Frog, <strong>letscht</strong>e <strong>Wunsch</strong> hin oder her! So<br />
chum iez, Villiger, mer händ käi förigi Zyt. Ech gseh<br />
nur ei Wäg für am Donnschtig: Rochade. Ech übernime<br />
d'Üebigsleitig und du my Poschte im Schutzruum<br />
Bürgerheim.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
Jo, aber...<br />
Nüd aber!<br />
Aber, da'sch doch unmöglich i dere churze Zyt!<br />
- 18 -
Gnädinger<br />
Villiger<br />
Gnädinger<br />
Villiger<br />
Gnädinger<br />
Heimgartner<br />
Gnädinger<br />
Gnädinger<br />
Fix<br />
Heimgartner<br />
Erna<br />
Heimgartner<br />
Erna<br />
Fix<br />
<strong>De</strong> <strong>letscht</strong> <strong>Wunsch</strong><br />
Im Zivilschutz isch nüd unmöglich, Villiger! Wemmer<br />
iez nonstop dureschaffid, lyhd da scho drinn. Ä mit<br />
deer.<br />
Und d Gmeind?<br />
Lohsch di lo freistelle. Die werdid au e paar Täg ohni<br />
dee uscho.<br />
Aber morn zobig chan-i ned. Dä hämmer Männerchorprob<br />
für d Beerdigung vom Otti.<br />
Die Beerdigung chasch sowiso vergässe, Villiger. Ech<br />
gohne ä ned. Öb iez deet no zwee meh umestönd. Meer<br />
bruuchid jedi frei Minute. Die Üebig muess klappe, ech<br />
wott-mi ned blamiere!<br />
Jä nei, uf der Edgar chömmer ned verzichte. Mer händ<br />
suscht scho z'wenig Tenör.<br />
Mer muess chönne Prioritäte setze. Öb eine meh oder<br />
weniger singt, ghört niemer. Aber öb e Schutzruumchef<br />
d Sach im Griff hed oder ned, spilt e Rolle. Chumm,<br />
Villiger, a d Säck!<br />
Gnädinger legt einen Zweifränkler auf den Tisch,<br />
packt seinen Ordner und geht, Villiger hinterher.<br />
Beim Ausgang prallt Gnädinger mit Fix zusammen.<br />
Chasch ned uufpasse! Linggsgfäderete Hirnibicker!<br />
Mit Villiger ab.<br />
Esch bi dem d Sirene los?<br />
Nei d Sicherig dure.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
kopfschüttelnd. Dä hed nume no eis im Chopf.<br />
Wenn't mee frogsch, dä hed nur druf gwartet, bis er cha<br />
s Regime übernäh.<br />
<strong>De</strong>r Otti hed er scho vergässe. Respäktlosi Person.<br />
Dä mag ned gwarte bis zum nöchschte Chrieg.<br />
- 19 -
Heimgartner<br />
Fix<br />
Heimgartner<br />
Fix<br />
Erna<br />
Heimgartner<br />
Fix<br />
Fix<br />
Erna<br />
vertraulich zu Fix. Los emol, Du als Sohn vom Füürwehrkommandant<br />
settisch doch wüsse, wie-mer d<br />
Sirene loslohd.<br />
Käi Ahnig. S nimmt mi ä ned wunder.<br />
Aber mee! Da findsch doch use. Du bisch doch e<br />
pfiffige Burscht! Wa wotsch trinke? Ech offeriere-der<br />
öppis.<br />
E Pfiff. Zu Ehre vom Otto Locher, ehemalige Zivilschutz-General.<br />
Settisch-di schäme!<br />
Gohd uf myni Chöschte, Erna!<br />
geht zum Klavier, beginnt eine melancholische Melodie<br />
zu spielen. Nänäi, de Locher isch ned de<br />
Schlimmscht gsy. Dä'sch is Alter immer frydlicher<br />
worde.<br />
Erna stellt ein Glas Mineralwasser aufs Klavier.<br />
unterbricht sein Klavierspiel. E Pfiff han-i gseid!<br />
Bi meer git's hüt käi Schnaps.<br />
Fix hackt den Trauermarsch in die Tasten.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 20 -
Irène<br />
Peter<br />
Irène<br />
Peter<br />
Irène<br />
Peter<br />
Irène<br />
Peter<br />
Irène<br />
Peter<br />
Irène<br />
Peter<br />
Irène<br />
Peter<br />
6<br />
S <strong>letscht</strong> Mol<br />
<strong>De</strong> <strong>letscht</strong> <strong>Wunsch</strong><br />
Peter zu Hause, sitzt auf dem Tabourett, ein Schnapsglas<br />
in der Hand. Auf dem Tischchen ein Aschenbecher<br />
und eine Cognacflasche. Irène sucht am<br />
Wäscheständer ihre Trainingskleider zusammen.<br />
Ech han-e jo chuum könnt.<br />
S isch immerhin dy Grossvater gsy.<br />
<strong>De</strong> zwöit Maa vom Grossmuetti.<br />
<strong>De</strong>er hed-er nüd z'leid to.<br />
<strong>De</strong>für hed-er dee ned i Rueh gloh.<br />
Mer muess ä chönne vergässe, Irène.<br />
Di ganz Zyt hesch uusgrüeft, er heig-der s Läbe verpfuschet,<br />
und iez wotsch a s Grab go hüüle.<br />
Verzell ned sone Seich!<br />
Esch wörkli wohr. Und ech sell als Garnitur mitcho<br />
und depressiv umehange.<br />
packt sie am Arm. Bis so guet, Irène! Meer z'lieb.<br />
S'isch s <strong>letscht</strong> Mol, dass mer deet use gönd, ech versprich-der's.<br />
Und dä d Tante Elsbeth. Imitierend. «Hei, hesch du<br />
gwachse! Bisch e richtigi Dame worde!»<br />
Mer hauid's grad wider nach de Beerdigung. Ech ha's<br />
der Elsbeth gseid. Muesch mit käim Mönsch rede.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
packt ihre Tasche, zieht die Jacke an, steht eine Weile<br />
vor Peter. Also guet, wemmer zrugg mögid uf di föifi.<br />
S Training wott-i wäg dem ned verpasse.<br />
Sächzäni nünevierzg simmer wider do. Ech ha scho<br />
nogluegt.<br />
- 21 -
Irène<br />
Peter<br />
küsst ihn auf die Stirn. Ech muess goh. Sie nimmt im<br />
Vorbeigehen die Cognacflasche vom Tisch, stellt sie<br />
unter den Wäscheständer, geht ab. Tschüss!<br />
ruft ihr kleinlaut nach. Tanz guet!<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 22 -
Gregor<br />
Elsbeth<br />
Gregor<br />
Elsbeth<br />
Gregor<br />
Elsbeth<br />
Gregor<br />
Elsbeth<br />
Gregor<br />
Elsbeth<br />
Balz<br />
Elsbeth<br />
Balz<br />
Elsbeth<br />
Balz<br />
7<br />
Wa hesch au aa!<br />
<strong>De</strong> <strong>letscht</strong> <strong>Wunsch</strong><br />
Im Hausgang der Familie Brem-Locher. Balz, in<br />
Jeans und Töffjacke, spielt gelangweilt mit dem<br />
Feuerzeug.<br />
Die Stimmen von Gregor und Elsbeth sind zu hören.<br />
Wo sind myni schwarze Schueh, Bethli?<br />
Dänk im Chäschtli!<br />
Ebe ned, deet han-i scho gluegt!<br />
Äh wa!<br />
Wenn-i säge!<br />
Wenn hesch-se s'<strong>letscht</strong> Mol aagha?<br />
Dänk bi der Ufrichti.<br />
Jessesgott, die sind no hinduss, die han-i gar nonig<br />
butzt.<br />
Jänu, uf em Friedhof werdid's einewäg wider dräckig.<br />
Chund-mer ned i Frog! Chasch doch ned wie-n-e<br />
Bouarbeiter dethercho! Sie stürmt an Balz vorbei,<br />
bleibt plötzlich stehen, dreht sich um und schaut Balz<br />
entsetzt an. Wotsch aber ned im Ernscht mit dene<br />
Hudle cho?<br />
Wieso ned?<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
Bisch ned bitroscht, Bueb!<br />
<strong>De</strong> Grossvater hed-mi nie-n-andersch gseh.<br />
Dä luegt-di iez nümm aa. Meinsch, ech well-mi schäme.<br />
Legg gfälligscht e Chittel aa!<br />
Ech ha doch gar käi Chittel. Und wenn-i eine hätt,<br />
würd'ne ned aalegge!<br />
- 23 -
Elsbeth<br />
Gregor<br />
Elsbeth<br />
Elsbeth<br />
Balz<br />
Gregor<br />
Elsbeth<br />
Gregor<br />
Balz<br />
Elsbeth<br />
Gregor<br />
Elsbeth<br />
rupft einen Mantel vom Garderobenständer, wirft ihn<br />
Balz zu, dann eine Freizeitjacke. Dä nimmsch halt im<br />
Vater sy Rägemantel! Oder die Sportjagge giecht<br />
notfalls ä no.<br />
Chömid die Schueh?<br />
Momänt, Schatz. Zu Balz. Hopp, probier da Züüg! Ab.<br />
Balz betrachtet die Kleidungsstücke und wirft sie<br />
dann verärgert zu Boden.<br />
kommt mit Gregors schmutzigen Schuhen zurück,<br />
bleibt vor den Kleiderhaufen stehen. Iez mach-mi ned<br />
wahnsinnig, Balz! Äntweder leisch du dä Rägemantel<br />
aa, oder ...<br />
Ech goh doch ned ane Fasnachtumzug. Äntweder<br />
chumi esoo, oder dä chasch-mi filme.<br />
tritt hinzu. So, gimmer iez die Schueh. Mer müend<br />
goh, suscht chömid-mer z'spot. Nimmt Elsbeth die<br />
Schuhe aus der Hand.<br />
zu Gregor, der die Schuhe anzieht. Wart! Ech wott's<br />
no schnell abrybe!<br />
Leg-di iez gschyder fertig aa! Zu Balz. Hol efängs<br />
s'Auto us de Garage.<br />
Wo hesch de Schlüssel?<br />
Gregor beginnt in seinen Taschen, dann in Mantelund<br />
Jackentaschen zu wühlen.<br />
Iez lueg emol dä Bueb aa, Gregor!<br />
sucht verzweifelt. Gopfertorisiech!<br />
Und dyni Schueh! Da hed de Bappe wörkli ned<br />
verdient!<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 24 -
Pfarrer<br />
8<br />
D'Abdankig<br />
<strong>De</strong> <strong>letscht</strong> <strong>Wunsch</strong><br />
Peter und Irène, Nationalrat Bütler, Fix, Heimgartner<br />
und Erna erwarten schon die Messe. Eilig<br />
kommen Elsbeth, Gregor und Balz dazu. Orgelmusik.<br />
<strong>De</strong>r Herr hat's gegeben, der Herr hat's genommen. Wir<br />
nehmen heute Abschied von Otto Locher-Erismann.<br />
Nach einem reich erfüllten Leben und doch allzufrüh<br />
für die Hinterbliebenen, hat der Herr über Leben und<br />
Tod unseren Mitbruder Otto zu sich heimgeholt. Otto<br />
Locher wurde 1925 als erstes Kind des Josef und der<br />
Martha Locher-Meier geboren. Zusammen mit seinem<br />
um zwei Jahre jüngeren Bruder Werner verbrachte Otto<br />
eine glückliche und wohlbehütete Kindheit. Nach der<br />
Primar- und Bezirksschule begann Otti eine kaufmännische<br />
Lehre bei der Hypotheken- und Handelsbank.<br />
Schon bald fiel er seinen Vorgesetzten durch<br />
Fleiss und Gründlichkeit auf. Mit Erfolg schloss er<br />
seine Lehre ab. <strong>De</strong>r Tod von Ottis jüngerem Bruder<br />
Werner, den eine heimtückische Krankheit dahinraffte,<br />
brachte schweres Leid in die Familie Locher-Meier.<br />
Als Rekrut und Soldat erlebte der Verstorbene das Ende<br />
des zweiten Weltkrieges. Gerne erzählte er seinem<br />
Enkel von kameradschaftlichen Erlebnissen während<br />
seiner Dienstzeit im Welschland. Nach dem Krieg zog<br />
es den jungen Kaufmann erneut in die französische<br />
Schweiz. In einer Handelsfirma in Vevey verbrachte er<br />
zwei unbeschwerte Jahre. Dort lernte er auch Verena<br />
Strebel, seine spätere Gattin, kennen. Diese arbeitete<br />
damals als Kindermädchen bei einem Vorgesetzten<br />
Ottos.<br />
1949 führte Otto Verena Strebel vor den Traualtar. Im<br />
darauffolgenden Jahr gebar sie ihm das einzige Kind<br />
Elisabeth. Nach wenigen glücklichen Ehejahren befiel<br />
Ottis Frau eine unheilbare Krankheit. Mit grosser Aufopferung<br />
pflegte Otto seine Gattin liebevoll, bis sie<br />
196l von ihrem Leiden erlöst wurde. In bewunderns-<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 25 -
Elsbeth<br />
Pfarrer<br />
Peter<br />
Pfarrer<br />
werter Art sorgte Otto fortan allein für seine Tochter,<br />
die ihm ein und alles bedeutete.<br />
Nach langen Witwerjahren heiratete Otto 1972 Rosa<br />
Erismann, ihrerseits Witwe.<br />
während der Lebenslauf verlesen wird. Dass Du<br />
wotsch hürote, da chan-i ned begryffe. Ehr chönd doch<br />
eifach eso zämewohne. Da machid hüt vil. Oder seisch,<br />
es syg dyni Hushälteri. Aber für da isch sich d'Madame<br />
dänk z guet. Die hed's doch nur uf dys Gäld abgseh,<br />
dass si sich e tüüre Chaare cha leischte und ihrem<br />
abverheite Söhnli s Internat zahle.<br />
Diese brachte den schon bald erwachsenen Sohn Peter<br />
in die Ehe. Otti stand seinem Stiefsohn mit Rat und Tat<br />
bei und war ihm ein fürsorglicher Vater. Auch Ottos<br />
zweiter Ehe waren nur wenige Jahre beschieden. 1983<br />
verlor Rosa Locher-Erismann durch einen tragischen<br />
Verkehrsunfall das Leben. Dieser erneute Schicksalsschlag<br />
machte Otto schwer zu schaffen. Seine Tochter<br />
und sein Stiefsohn umsorgten ihn jedoch liebevoll.<br />
während der Lebenslauf verlesen wird. Jojo, ech<br />
weiss. Hesch-mer s Kollegi zahlt, hesch-mer d Minerva<br />
zahlt, hesch-mer d AKAD zahlt. Da'sch no lang käi<br />
Grund, meer überall dry zschnöre. Käi Angscht, ech<br />
chume scho uuf für da Chind.<br />
Immer wieder Kraft schöpfte Otto beim Männerchor,<br />
inmitten seiner Sängerkameraden. Auch sein mehr als<br />
20-jähriger Einsatz beim örtlichen Zivilschutz, dem er<br />
in den kommenden Tagen ein letztes Mal vorgestanden<br />
hätte, brachte ihm grosse Befriedigung. Auf Ende Jahr<br />
wäre Otto Locher in Pension gegangen. Doch ein<br />
geruhsamer Lebensabend war ihm nun nicht mehr<br />
vergönnt. Möge unser Mitbruder Otto die ewige Ruhe<br />
finden. AMEN.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 26 -
Gnädinger<br />
Villiger<br />
Gnädinger<br />
Villiger<br />
Gnädinger<br />
Villiger<br />
Gnädinger<br />
Villiger<br />
Gnädinger<br />
Villiger<br />
Gnädinger<br />
9<br />
D Lektion<br />
<strong>De</strong> <strong>letscht</strong> <strong>Wunsch</strong><br />
Gnädinger und Villiger sind in einem Nebenraum des<br />
Zvilschutzkellers. Gnädinger flucht vor sich hin.<br />
Villiger kommt, mit Schülerarbeiten (Zeichnungen,<br />
Kartongebilde, Gipsrelief etc.) beladen aus dem<br />
Nebenraum.<br />
hinter Villiger. S'isch ned zum Mälde! Di ganz Zyt hed<br />
er gseid - mach du dys Züg und ech mache mys. Iez<br />
hämmer de Salot! Ab.<br />
lässt alles fallen. Ech cha da gar ned verstoh. <strong>De</strong>r Otti<br />
isch doch suscht immer sone Gründliche gsy.<br />
Item. Umejommere nützt is iez nüd. Hesch öpper<br />
gfunde zum Butze?<br />
Ech ha Müeh gha, wäg de Beerdigung. Uf di Halbidrüü<br />
sett e Frau Stierli cho.<br />
kommt mit einem Schülerstuhl aus dem Nebenraum.<br />
So, dä chasch dä grad bruuche für d Türwach.<br />
schaut auf die Uhr. Iez hed d Beerdigung aagfange.<br />
Hör emol uuf mit dere Beerdigung!<br />
Ech wär halt scho gern schnell gange.<br />
Werd iez ned sentimental, Villiger! Schlägt das<br />
Schutzraumhandbuch auf. Also, wyter im Text. Wie<br />
gseid, bi meer äne lömer eine lo stärbe und do<br />
simulierid-mer e Geburt. Hesch da Züg aagluegt?<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
E paarmol duregläse.<br />
Hock ab! Villiger setzt sich auf den viel zu niedrigen<br />
Schülerstuhl. Also. Zitiert. Kann eine hochschwangere<br />
Frau für die Niederkunft nicht rechtzeitig in eine<br />
sanitätsdienstliche Anlage eingewiesen werden, ist wie<br />
folgt vorzugehen... Gibt Villiger einen Klaps. Chumm,<br />
Villiger, schloof ned ii!<br />
- 27 -
Villiger<br />
Gnädinger<br />
Villiger<br />
Gnädinger<br />
Villiger<br />
Gnädinger<br />
Villiger<br />
Gnädinger<br />
Villiger<br />
Gnädinger<br />
zitiert weiter, halb schweizer-, halb schriftdeutsch.<br />
Die werdende Muetter vo de übrige Schutzrauminsassen<br />
abtrennen, beruhige und daran erinnern, dass<br />
die Geburt ein natürlicher Vorgang isch.<br />
Z'erscht über di vorgesetzt Stell - da wär ech - en Arzt<br />
oder e Hebamme aafordere, wenn da no möglich isch.<br />
Am Donschtig gömmer devo uus, dass mer mit Schutzmaske<br />
und Aazög no veruse cha.<br />
schaut wieder auf die Uhr, liest weiter. Erfahrene<br />
Helferinnen, zum Byspeel Müettere, beiziehen und<br />
Geburt spontan ablaufen lassen. Dä... Schaut Gnädinger<br />
fragend an.<br />
Wenn das Neugeborene nicht sofort atmen sollte,<br />
normale Atmung kündigt sich durch kräftiges Schreien<br />
an, dieses an den Füssen hochheben und e Chlaps ufs<br />
Füdle. Falls die Atmung trotzdem ausbleibt, sofort mit<br />
Mundbeatmung einsetzen. Bisch no nie binere Geburt<br />
debygsy?<br />
Momoll, aber ech cha-mi nümm so gnau erinnere.<br />
Wyter! Nabelschnuer!<br />
Sobald s Bluet i de Nabelschnuer nümm pulsiert, diese<br />
zwei Handbreiten von der Mutter...<br />
korrigiert. Vom Kind!<br />
Vom Chind mit steriler Gaze abbinde.<br />
liest im Eiltempo. Einige Zentimeter in Richtung<br />
Mutter die Abbindung wiederholen und Nabelschnur<br />
zwischen den Abschnürungen mit alkoholgereinigter<br />
Schere durchschneiden. Muesch dä für d Samariter no<br />
e Lyschte mache! Nabelschnurstumpf mit <strong>De</strong>sinfektionsmittel<br />
betupfen und verbinden. Anschliessend das<br />
Neugeborene warm einwickeln und neben die Mutter<br />
legen. S sell eini es Bäbi mitnäh!<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
Inzwischen ist Frau Stierli hereingekommen und hört<br />
Gnädinger zu.<br />
- 28 -
Gnädinger<br />
Villiger<br />
Gnädinger<br />
Stierli<br />
Gnädinger<br />
Stierli<br />
Villiger<br />
Gnädinger<br />
Villiger<br />
Gnädinger<br />
Villiger<br />
Gnädinger<br />
Gnädinger<br />
<strong>De</strong> <strong>letscht</strong> <strong>Wunsch</strong><br />
liest weiter. Hierauf die Loslösung der Nachgeburt<br />
abwarten und... Wartet auf Villigers Antwort.<br />
Und vorläufig imene Plastiksack ufbewahre.<br />
Richtig. Und dä no Familiename, Vorname und<br />
Gschlächt, Adresse vo de-n-Eltere und d Geburtszyt im<br />
Journal yträge.<br />
Und ech sell d Gotte sy?<br />
dreht sich verdutzt um. Ah, chömid Sii go butze?<br />
Schynts.<br />
geht auf sie zu. Grüezi Frau Stierli. Gottlob händ Sii<br />
sich chönne freimache!<br />
Lueg da Züg nomol aa, Villiger! Zu Frau Stierli.<br />
Z'erscht muess emol dä Grümpel do use. Ab in den<br />
Nebenraum, Frau Stierli folgt ihm.<br />
schaut nochmals auf die Uhr, zögert einen Moment<br />
und ruft dann in den Nebenraum. Ech gohne rasch go<br />
luege wäg dene Journal! Will gehen.<br />
kommt mit gebastelten Tiermasken unter dem Arm<br />
aus dem Nebenraum. Villiger! Villiger bleibt stehen.<br />
Bring grad no Karton und Filzstift, zum Beschrifte!<br />
Und säg im Räkter, wenn dä Plunder bis morn am<br />
zwölfi ned dusse seig, gheiid mer's i Kontainer.<br />
zeigt auf die Masken, lacht. Mit dene händ's s <strong>letscht</strong><br />
Johr de Gmeindrot uusgmacht. Jede-n-isch es Tier gsy<br />
und der Amme de Dompteur.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
Hau's iez! Und chum dä wider öppe!<br />
Villiger ab. Frau Stierli steht, mit einer aufgesetzten<br />
Tiermaske dicht hinter Gnädinger. Dieser dreht sich<br />
um, erschrickt.<br />
So, vorwärts iez!<br />
Frau Stierli nimmt die Maske vom Kopf und lacht<br />
schallend.<br />
- 29 -
Bütler<br />
Bütler<br />
Villiger<br />
10<br />
D Grabred<br />
Die Trauernden stehen mit geöffneten Schirmen um<br />
das Grab. Fix fehlt. Nationalrat Bütler hält die Grabrede.<br />
Heimgartner hält ihm den Schirm. Im Verlauf<br />
der Grabrede kommt Villiger unauffällig dazu.<br />
Us früehnerer Zämenarbet weiss ech, dass deer nüd<br />
zvil gsy isch, Otto. Stunde-n-um Stunde hesch du i de<br />
Schutzrüüm verbrocht. Mänge-n-Obig hed dyni Famili<br />
uf dee müesse verzichte, im Wüsse, dass du amene-nandere<br />
Ort bruucht wirsch.<br />
Inzwischen hat es zu regnen aufgehört, ein Regenschirm<br />
nach dem anderen wird geschlossen.<br />
Währed meh als zwänzg Johr hesch du en unermüedliche<br />
Iisatz gleischtet, allne Widerwärtigkeite zum<br />
Trotz. Mer dörf sech mit Rächt froge, wo de Zivilschutz<br />
hüt wär i dere Gmeind ohni dyni grossartig<br />
Ufbouarbet. Otto Locher, du hesch deer d Sicherheit vo<br />
de Zivilbevölkerig zunere Läbesufgab gmacht gha. Du<br />
hinderlohsch e grossi Lücke. <strong>De</strong> Zivilschutz verlüürt i<br />
deer e tüchtige Maa und treue Diener. Otto, meer<br />
dankid deer.<br />
<strong>De</strong>r Männerchor stimmt ein Lied an. Nach einigen<br />
Takten heult plötzlich die Sirene auf. Die Trauernden<br />
werden unruhig, der Gesang wird dünner. Villiger<br />
schaut nervös um sich. <strong>De</strong>r Männerchor verstummt.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
Da'sch en Alarm! Hält beide Hände trichterförmig vor<br />
den Mund, ruft. Alarm! Dasch e Gift-Alarm! Alle<br />
drehen sich zu Villiger. Sofort d Schirm uufspanne<br />
und de Atem aahalte!<br />
Ein Schirm nach dem andern wird wieder geöffnet.<br />
Alle – ausser Peter und Irène, die keinen Schirm<br />
haben – stehen dicht gedrängt darunter.<br />
- 30 -
Villiger<br />
Gregor<br />
Elsbeth<br />
<strong>De</strong> <strong>letscht</strong> <strong>Wunsch</strong><br />
Di Yheimische sofort y di eigne Schutzrüüm, di<br />
Usswärtige mir nach!<br />
Die Trauergemeinde löst sich panikartig auf. Bütler,<br />
Peter, Irène, Balz Gregor und Elsbeth stürmen hinter<br />
Villiger her.<br />
Zieh d Schueh-n-ab, Bethli! Bisch schneller!<br />
zieht hastig die Schuhe aus. Gregor ist indessen<br />
weitergeeilt. Wart doch, Gregor! Ab.<br />
Heimgartner bleibt als einziger zurück.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 31 -
Gnädinger<br />
Stierli<br />
Gnädinger<br />
Stierli<br />
Gnädinger<br />
Stierli<br />
Gnädinger<br />
Gnädinger<br />
Stierli<br />
Gnädinger<br />
11<br />
Ramazzotti<br />
Im Zivilschutzraum. Aus dem Radio Eros Ramazzotti.<br />
Frau Stierli wischt mit feuchtem Lappen den Boden<br />
im Aufenthaltsraum. Gnädinger misst mit Schritten<br />
den Raum aus, notiert die Masse. Zuweilen kontrolliert<br />
er Frau Stierlis Arbeit.<br />
S muess alles blitzblank suber sy, Frau Stierli. <strong>De</strong><br />
Nationalrot Bütler chund d Üebig go inspiziere.<br />
Wenn Sii meer bständig dur's Züg dure tschalpid, wird<br />
da ewig nie suuber!<br />
inzwischen einige Schritte von Frau Stierli entfernt.<br />
Was?<br />
Sii sellid ussedure laufe!<br />
Aha. Geht Richtung Nebenraum. <strong>De</strong> Villiger hed aber<br />
ä en Ewigkeit!<br />
Frau Stierli arbeitet beschwingt weiter, singt den<br />
Song mit, der eben am Radio läuft. Gnädinger kommt<br />
wieder in den Vorraum, bleibt ruckartig vor der<br />
nassen Fläche stehen, geht dann auf Zehenspitzen<br />
der Wand entlang Richtung Ausgang.<br />
Händ Sie ned welle a d Beerdigung vo dem Herr<br />
Blocher?<br />
hält balancierend inne. Locher hed-er gheisse! Käi<br />
Zyt. Ab.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
Frau Stierli windet den Lappen aus, stellt das<br />
Putzzeug beiseite und beginnt im Nebenraum Staub<br />
zu saugen.<br />
im Off. Händ-Sii do scho uufgnoh?<br />
Wa?<br />
Öb Sii do vore scho uufgnoh heigid!<br />
- 32 -
Stierli<br />
Gnädinger<br />
Stierli<br />
Gnädinger<br />
Stierli<br />
Gnädinger<br />
Stierli<br />
Gnädinger<br />
Stierli<br />
Gnädinger<br />
Gnädinger<br />
<strong>De</strong> <strong>letscht</strong> <strong>Wunsch</strong><br />
stellt den Staubsauger ab. Ganz leise ist die Sirene zu<br />
hören. Ech ha Sii ned verstande!<br />
Stellid-Sii doch emol dä Schyssradio ab. Dä macht mi<br />
ganz nervös.<br />
Ech bruuche-n-echli Musig zum Schaffe.<br />
Ech cha-mi ned konzäntriere bi dem Krach. Stellid-Sii<br />
iez dä Chaschte-n-ab!<br />
Da'sch käi Krach, da'sch der Ramazzotti!<br />
Wer befiehlt eigentlich do unde, Sii oder ech?<br />
A de Luutstärchi aa Sii.<br />
Also, ech säge-n-ihne iez zum <strong>letscht</strong>e Mol, Sii sellid<br />
de Radio abstelle.<br />
Si händ glych wyt.<br />
Da'sch e Befähl!<br />
Stierli bleibt trotzig stehen, Gnädinger schnaubend ab<br />
in den Nebenraum.<br />
Ech werde defür sorge, dass Si s'<strong>letscht</strong>mol putzt händ<br />
do unde! Aus dem Nebenraum hört man, wie Gnädinger<br />
den Radio zu Boden schmettert. Do händ-Sii Ihre<br />
Pavarotti!<br />
In diesem Moment sind beim Ausgang aufgeregte<br />
Stimmen zu hören.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 33 -
Villiger<br />
Balz<br />
Gnädinger<br />
Bütler<br />
Villiger<br />
Gnädinger<br />
Elsbeth<br />
Gregor<br />
Stierli<br />
Gnädinger<br />
Irène<br />
12<br />
Z'früeh<br />
Nacheinander stürmen Villiger, Bütler, Peter, Irène,<br />
Gregor, Elsbeth und Balz in den Schutzraum. Bütler<br />
und Gregor mit noch immer geöffneten Schirmen,<br />
Elsbeth barfuss, die Schuhe in den Händen. Alle<br />
ausser Atem.<br />
im Off. Mach vorwärts, ech wott ned vergiftet werde!<br />
im Off. Jojo!<br />
schaut die Ankömmlinge verdutzt an. Wa stellid ehr<br />
dar? Ehr sind z'früeh, d'Üebig isch erscht am<br />
Donnschtig!<br />
Allwäg z früeh! I <strong>letscht</strong>er Minute!<br />
stürmt herein, eine Dose Entgiftungspulver in der<br />
Hand. Alarm, Alphons! Hesch d Sirene ned ghört?<br />
stürmt zum Ausgang. Wa? Wo?<br />
stöhnt, setzt sich erschöpft auf eine Bank. Myni<br />
Füess, total uufgschunde!<br />
Gschyder als vergiftet!<br />
Me dunkt's, do unde gäseli's ä scho.<br />
Villiger beginnt, sich mit Entgiftungspulver zu überschütten.<br />
Die andern schnuppern in der Luft und an<br />
den Kleidern.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
vom Gang. Tatsächli! Herrgottsterne, da hed is grad no<br />
gfehlt. Kommt zurück in den Vorraum. Es verlohd<br />
niemer de Schutzruum! Sieht Villiger, der inzwischen<br />
begonnen hat, auch die andern mit Entgiftungspulver<br />
zu überschütten. Wa sell da, Villiger? Da nützt doch<br />
nüd! Da Gift hocket i de Chleider und nochhär goht's<br />
uf d Huut!<br />
stürmt zum Ausgang, prallt mit Balz zusammen. Ech<br />
wott use, löhnd mee use!<br />
- 34 -
Peter<br />
Villiger<br />
Gnädinger<br />
Villiger<br />
Gnädinger<br />
Balz<br />
Bütler<br />
Gnädinger<br />
Elsbeth<br />
Gregor<br />
Balz<br />
Gnädinger<br />
<strong>De</strong> <strong>letscht</strong> <strong>Wunsch</strong><br />
folgt ihr. Irène, bis vernünftig! Bissoguet, da nützt iez<br />
nüd!<br />
Während Irène verzweifelt an die Ausgangstür poltert,<br />
beginnen die andern, ihre Kleider auszuziehen.<br />
Frau Stierli versucht, Irène zu beruhigen.<br />
schiebt Bütler, Peter, Balz und Elsbeth unbeholfen in<br />
den Nebenraum. Gönd do übere!<br />
D Fraue linggs, d Manne rächts!<br />
hat inzwischen das Schutzraumhandbuch aufgeschlagen,<br />
zitiert laut. Die Panik ist eine vorübergehende,<br />
durch ansteckendes Entsetzen lawinenartig anwachsende,<br />
von sinnlosem und gefährlichem Fluchtdrang<br />
geprägte Massenreaktion.<br />
Jojo, da wüssid-mer. Lis gschyder, wa-mer degäge<br />
macht!<br />
Villiger liest weiter. Im Nebenraum werden Mutmassungen<br />
angestellt.<br />
Vellecht het's Gösge verjagt.<br />
Dumms Züg, eusi Chernchraftwärch sind sicher.<br />
flüstert zu Villiger. Da'sch doch de Nationalrot Bütler!<br />
Villiger liest unbeirrt weiter, Gnädinger reisst ihm<br />
das Buch aus der Hand.<br />
Oder d Pulveri!<br />
Da hätt-mer doch müesse ghöre!<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
Z Basel unde händ's ä nüd ghört.<br />
Do! Zitiert. Offen über die Angst sprechen und<br />
sprechen lassen. Mit einfachen Tätigkeiten beschäftigen<br />
oder durch Gespräch ablenken. Hol Güselsäck und<br />
Etigette, Villiger!<br />
Villiger ab.<br />
- 35 -
Bütler<br />
Stierli<br />
Gnädinger<br />
Gregor<br />
Villiger<br />
Bütler<br />
Gnädinger<br />
Villiger<br />
Bütler<br />
Gnädinger<br />
Villiger<br />
Gnädinger<br />
Villiger<br />
Gnädinger<br />
Elsbeth<br />
Balz<br />
erscheint in Unterwäsche mit umgebundener Wolldecke.<br />
Händ-ehr käi Radio? Die müesstid doch öppis<br />
duregäh.<br />
ruft vom Gang her. Dä isch kaputt! <strong>De</strong> Herr Grüninger<br />
hed e gschlisse.<br />
Gnädinger heiss-i! Entschuldigend zu Bütler. Er ischmer<br />
abegheit.<br />
erscheint ebenfalls in Unterwäsche. Und s Telifon?<br />
kommt mit Abfallsäcken und Etiketten zurück. Da<br />
wird erscht morn aagschlosse.<br />
Wa isch ä da fürne Organisation?<br />
Entschuldigung, Herr Bütler, aber mer sind zmitzt i den-Üebigsvorbereitige<br />
gsy und de Tod vom Otti<br />
Locher...<br />
Het's is s ganz Programm über de Huufe grüehrt.<br />
Da'sch doch käi Entschuldigung! Allzeit bereit! Los<br />
undernämid Sii öppis!<br />
Eh, jawohl! Villiger daher!<br />
steht neben ihm. Be jo do!<br />
Sofort pro Maa ei Güselsack und ei Etigette verteile für<br />
die vergiftete Textilie!<br />
Verstande!<br />
Uusfüehre!<br />
Villiger verteilt Abfallsäcke und Etiketten. Inzwischen<br />
ist auch Balz – in T-Shirt und Unterhosen, ein<br />
Kleiderbügel unter dem Arm – aus dem Nebenraum<br />
gekommen.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
im Unterrock, mit einer Wolldecke umwickelt, einer<br />
zweiten unter dem Arm. Jesses Bueb, wie laufsch ä<br />
ume! Wickelt die Wolldecke um Balz.<br />
verärgert. Da chan-i ä sälber!<br />
- 36 -
Gnädinger<br />
Villiger<br />
Gnädinger<br />
Villiger<br />
Gnädinger<br />
Villiger<br />
Gnädinger<br />
Gregor<br />
Gnädinger<br />
Elsbeth<br />
Gregor<br />
Gnädinger<br />
Balz<br />
Gregor<br />
<strong>De</strong> <strong>letscht</strong> <strong>Wunsch</strong><br />
Frau Stierli kommt mit Irène vom Gang her, hält sie<br />
um die Schultern. Villiger drückt Irène ebenfalls<br />
einen Sack mit einer Etikette in die Hand. Bütler,<br />
Gregor, Elsbeth und Balz sind damit beschäftigt, ihre<br />
Kleider in den Säcken zu verstauen und Etiketten zu<br />
beschriften. Peter kommt als letzter dazu und beobachtet<br />
das Treiben.<br />
Villiger, daher!<br />
Jawohl!<br />
Sofort alli Panzerdeckel bi de Notusgäng kontrolliere,<br />
Gasfilter aaschlüsse, Ventilationsaggregat i Betrieb<br />
setze, Explosionsventil und Überdruckventil kontrolliere!<br />
Verstande!<br />
Uusfüehre!<br />
schaut sich um, leise zu Gnädinger. Und wa machidmer<br />
mit dene?<br />
Jäso... Eh... Ei Maa Türwach. Zeigt auf Gregor. Sii?<br />
mit militärischem Gruss. Verstande!<br />
Drüü Maa bouid Gstell! Zeigt auf Bütler, Balz und<br />
Peter. Sii, Du und Sii dethinde.<br />
zeigt auf Peter. Dä cha-mer ned bruuche für so öppis!<br />
Peter will auf Elsbeth los.<br />
packt ihn. Pass uuf Bürschtli! Zu Gnaedinger: Dä sell<br />
Türwach mache! Handgemenge zwischen Peter und<br />
Gregor.<br />
fährt dazwischen, zu Peter. Ziehnd-si zerscht emol ihri<br />
Gifthudle-n-ab! Schubst ihn in den Nebenraum. Di<br />
andere - uusfüehre! Im Gang vore het's Dachlatte und<br />
Wärchzüüg!<br />
Für wa Gstell boue?<br />
Iez wird ned gfrogt für wa!<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 37 -
Bütler<br />
Villiger<br />
Bütler<br />
Balz<br />
Gnädinger<br />
Gregor<br />
Elsbeth<br />
Gnädinger<br />
Stierli<br />
Elsbeth<br />
Peter<br />
Irène<br />
Peter<br />
Stierli<br />
Im Zivilschutz wird gmacht!<br />
zu Balz. Pro Schutzplatz ist 0,15 Quadratmeter Ablagefläche<br />
vorzusehen.<br />
Gsehsch!<br />
Für wa?<br />
Für wa, für wa! Für... für die Säck do zum Byspeel!<br />
packt Balz am Arm. Chum iez!<br />
Gregor, Balz und Bütler mit Villiger ab.<br />
Und ech?<br />
Sii machid d Türwach bis der ander chund!<br />
zu Gnädinger. Iez wärid-mer froh um de Radio.<br />
Gnädinger will erst etwas erwidern, geht dann aber<br />
wortlos und verärgert ab.<br />
Und da am Vater synere Beerdigung. S sind eifach all<br />
devogsprunge. Ned emol s Grab händ's zuedeckt. E<br />
truurige-n-Abscheed. Geht Richtung Ausgang.<br />
ist aus dem Nebenraum gekommen, hat ihr zugehört.<br />
Schad, dass er is nümm gsehd. Die ganz Famili imene<br />
Zivilschutzchäller unde vereint. S hätt nüd Schöners<br />
gäh für-ne!<br />
Elsbeth dreht sich zu Peter, schaut ihn verächtlich an<br />
und geht dann endgültig ab.<br />
Wär ech nur ned a die verdammt Beerdigung cho!<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
Chan-ech öppis derfür? Da hätt' dehäim ä chönne<br />
passiere. Lueg mi ned eso blöd aa! Läckid-mer doch all<br />
am Arsch! Ab.<br />
<strong>De</strong> ganz Bode händ's s-mer versouet.<br />
Vom Gang hört man Geräusche von Hammer und<br />
Säge.<br />
- 38 -
Fix<br />
Heimgartner<br />
Fix<br />
Heimgartner<br />
Fix<br />
Heimgartner<br />
Fix<br />
Heimgartner<br />
Fix<br />
Heimgartner<br />
Fix<br />
Heimgartner<br />
Fix<br />
Heimgartner<br />
13<br />
S Lychemöhli<br />
<strong>De</strong> <strong>letscht</strong> <strong>Wunsch</strong><br />
In der «Spinne». Heimgartner und Fix betreten das<br />
leere Wirtshaus.<br />
haucht in die Finger. Hei, han-ech chalti Pföte!<br />
Wenn't mer ned ghulfe hättisch, wär-i morn no am<br />
Schufle.<br />
Oder verfrohre.<br />
Beide wärmen ihre Hände am Ofen.<br />
Chönntich emol my Nachfolger werde. Ändi Johr<br />
werd-i pensioniert. Aber frürsch dänk ned gern a d<br />
Finger.<br />
Da be-mi gwöhnt, vom Zytigeverträge.<br />
Bisch immer a de früsche Luft, s schnöret-der niemer<br />
dry und hesch Zyt zum Grüble.<br />
Werum ned.<br />
Isch krysesicher. Gstorbe wird immer. Früehner oder<br />
spöter chömid all under de Bode. Aber s muess eine<br />
Freud ha draa... Ech wett fasch säge, da'sch en Art e<br />
Beruefig, wie bimene Geistliche.<br />
Ech ha gmeint, es gäb öppis z Suufe.<br />
D Erna macht-si rar.<br />
Die hed sich dänk ä verchroche.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
lacht. Meinsch? Die händ enand schier über de Huufe<br />
grüehrt. S isch es Wunder, dass käne is Grab abegheit<br />
isch.<br />
ruft. Erna, mer händ Durscht!<br />
ruft ebenfalls. Erna, chasch de Beischinke bringe! Zu<br />
Fix. Da hed der Otti am liebschte gha: Beischinke und<br />
- 39 -
Fix<br />
Heimgartner<br />
Erna<br />
Fix<br />
Heimgartner<br />
Erna<br />
Heimgartner<br />
Erna<br />
Fix<br />
Heimgartner<br />
Fix<br />
Erna<br />
Fix<br />
Heimgartner<br />
Erna<br />
Heimgartner<br />
Erna<br />
Fix<br />
Hördöpfelsalot vo der Erna. Iez nimmt's-mi doch bald<br />
wunder ... Geht zur Hintertür, ruft. Erna!<br />
ist ihm gefolgt. Müxli!<br />
Ech ha s Gfühl, die hocket tatsächli im Chäller unde.<br />
Ruft. Erna!<br />
von hinten. Isch es verby?<br />
Hesch vergäbe biberet.<br />
Fehlalarm!<br />
erscheint unter der Tür, mit dem Telefonbuch in der<br />
Hand. Gottseilobunddank! Ech ha würkli gmeint, iez<br />
gieng's z Änd, wo de Villiger eso toh hed. Hejo, mer<br />
cha jo nie wüsse. Schliessli ghört-mer de Sirene ned aa,<br />
öb si's ernscht meint oder ned.<br />
Hesch du überhaupt e Luftschutzchäller?<br />
Näi, ech be im Wychäller unde ghocket.<br />
Und für wa hesch s Telifonbuech mitgnoh?<br />
Si hed dänk im Himmel efängs welle e Platz reserviere.<br />
Sid wenn händ die e Vorverchauf?<br />
Ehr chönd iez scho lache. Do inne stohd dänk, wa-mer<br />
alls mues mitnäh. Do. Liest vor. <strong>De</strong>cke oder Schlafsack,<br />
Toilettenartikel, keine Spraydosen, Klosettpapier,<br />
Kunststoff-Kehrichtsäcke.<br />
Und wo schyssisch here?<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
Dänk i d Güselsäck ie!<br />
liest weiter. Essgeschirr, Unterwäsche, Strümpfe oder<br />
Socken, Taschentücher.<br />
Wie wenn't i d Ferie gohsch.<br />
Allfällig ärztlich verordnete Medikamente, Regenschutz.<br />
Chasch höre, mer glaubid-der's.<br />
- 40 -
Heimgartner<br />
Fix<br />
Erna<br />
Fix<br />
Heimgartner<br />
Erna<br />
Fix<br />
Erna<br />
Fix<br />
Heimgartner<br />
Erna<br />
Heimgartner<br />
Fix<br />
Erna<br />
Heimgartner<br />
Fix<br />
Heimgartner<br />
Fix<br />
Heimgartner<br />
<strong>De</strong> <strong>letscht</strong> <strong>Wunsch</strong><br />
zu Erna. I dym Fall würd ech s nöchscht Mol nume-n-e<br />
Zapfeziehr mitnäh und e paar Fläsche hinderelääre. Dä<br />
merksch vo allem nüd meh.<br />
Git's iez eigentli öppis z'Suufe?<br />
legt das Telefonbuch beiseite. Ech ha alles parad<br />
gmacht vor de Beerdigung. Aber s'isch jo niemer do.<br />
Sind meer niemert?<br />
Di andere sind all devokeibet.<br />
Ech hätt im Otti e schöneri Beerdigung möge gunne.<br />
Iez hol-is dä sälber.<br />
Jä, mögid-ehr öppis?<br />
Natürli, mer händ gschaffet.<br />
Ech ha de jung Vock no nie-n-eso gseh drychneule.<br />
im Weggehen. Also. <strong>De</strong>r Uufschnitt isch sicher<br />
aagloffe underdesse.<br />
Uufschnitt?<br />
Ech ha gmeint Beischinke.<br />
D Elsbeth hed e chalti Platte bstellt, und Kalterer. Ab.<br />
Im Novämber! Wenn da der Otti wüsst.<br />
liest im Telefonbuch weiter. Pro Säugling bzw.<br />
Kleinkind: Umhängeetikette mit Name, Vorname,<br />
Geburtsdatum und Adresse, eingerichtete Säuglingstasche<br />
oder Kinderwagenoberteil, Wegwerfwindeln für<br />
eine Woche, Säuglingspflegeartikel, Schoppenflasche.<br />
Empfohlen: Persönliches Spielzeug, Beruhigungsmittel<br />
und Schmerzzäpfchen.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
schüttelt den Kopf. Isch jo e liebe Kärli gsy, der Otti.<br />
Aber punkto Zivilschutz ha-n-e nie verstande.<br />
Wenn Sii meh frogid...<br />
Du!<br />
- 41 -
Fix<br />
Wa?<br />
Heimgartner Ech heisse Valo, mit V!<br />
Fix<br />
Heimgartner<br />
Erna<br />
Fix<br />
Erna<br />
Heimgartner<br />
Sie reichen einander die Hand.<br />
Also, wenn't mee frogsch... Iez weiss i nümm, wa-n-i<br />
ha welle säge.<br />
Ech ha-di jo ä ned gfrogt.<br />
kommt mit einer grossen Fleischplatte. So!<br />
Iez besseret's.<br />
S hed no föif dehinde.<br />
Mer händ jo Zyt.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 42 -
Balz<br />
Gregor<br />
Stierli<br />
Bütler<br />
Villiger<br />
Gregor<br />
Elsbeth<br />
Villiger<br />
Gregor<br />
Villiger<br />
Bütler<br />
Balz<br />
Bütler<br />
14<br />
D Notration<br />
<strong>De</strong> <strong>letscht</strong> <strong>Wunsch</strong><br />
Im Schutzraum: Auf der Bank sitzen Elsbeth, Gregor<br />
und Frau Stierli. Balz hockt auf einem Kehrichteimer.<br />
Gegenüber sitzen Bütler und Villiger. Peter<br />
lehnt an der Ecke zum Gang. Irène hockt zusammengekauert<br />
am Boden. An der Wand steht das von<br />
Bütler und Gregor gezimmerte Gestell. Darauf liegen<br />
die etikettierten Abfallsäcke mit den Kleidern. Im<br />
Hintergrund stehen Wasserkanister.<br />
spuckt die Sojabrühe aus. Pfui Teufel! Er schmeisst<br />
den Becher in den Kehrichteimer, auf dem er gesessen<br />
hat.<br />
nippt an der Brühe. Da cha-mer wörkli ned trinke!<br />
Stellt den Becher weg.<br />
Ech ha jo gseid, da giech ned mit Boilerwasser!<br />
nimmt demonstrativ einen Schluck. Da'sch e reini<br />
Ystelligssach. Gar ned schlächt.<br />
tut es ihm gleich. Besser als nüd. Ander wärid froh<br />
drum.<br />
Si händ amel niemer gfunde, wo die Millione vo abgloffne<br />
Notratione cha bruuche.<br />
Iez machid's Tierfuetter druus.<br />
schiesst auf. Jesses, s Susi!<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
Totali Fehlplanig!<br />
Die cha ned ie!<br />
Wa heisst do Fehlplanig? 19,5 Millione Tagesportione<br />
uf 6,5 Millione Ywohner. Do chönnt die ganz Schwyz<br />
drei Täg überläbe.<br />
Und nochhär?<br />
Wa nochhär?<br />
- 43 -
Balz<br />
Bütler<br />
Peter<br />
Elsbeth<br />
Villiger<br />
Stierli<br />
Villiger<br />
Peter<br />
Gregor<br />
Bütler<br />
Bütler<br />
Elsbeth<br />
Gnädinger<br />
Villiger<br />
Gnädinger<br />
Bütler<br />
Gnädinger<br />
Wa isch nach dene drei Täg?<br />
Dä...dä...eh...<br />
Dä chasch Wulledeckene frässe.<br />
Vil trochner als die Bisquit wär säb ä ned. Settig essi<br />
suscht amig zum Abnäh.<br />
Oder ha-n-i ächt s WC-Feischter offegloh?<br />
Hed die käi Schlüssel?<br />
Da'sch myni Chatz!<br />
Wenn dobe würkli öppis passiert isch, het's die scho<br />
lang putzt.<br />
S sell doch äntli eine go luege!<br />
Jawohl, dä wüssid mer's. Wer stellt sich freiwillig zur<br />
Verfüegig?<br />
Alle schauen auf Villiger, der verloren im Raum<br />
steht. Villiger bemerkt die erwartungsvollen Blicke.<br />
Schweigen.<br />
nickt Villiger auffordernd zu. Einer für alle, Villiger!<br />
Si kännid sich do am beschte-n-uus.<br />
Villiger geht zögernd ab in den Gang.<br />
im Off. Blyb nur no chli, Villiger! Ech mache no e<br />
Halbstund.<br />
im Off. Di andere meinid, ech sell emol use go luege.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
im Off. Bisch wahnsinnig, Villiger!<br />
ruft in den Gang. Wenn er d Schutzmaske aaleid, chan-em<br />
doch nüd passiere!<br />
kommt aufgebracht in den Vorraum, schiebt den<br />
eingeschüchterten Villiger vor sich her, zu Bütler. Es<br />
gid Stoff, wo d Schutzmaske nüd nützt. Da settid Sii als<br />
Mitglied vo der eidgenössische Zivilschutzkommission<br />
eigentlich wüsse, Herr Nationalrot! Schweigen. Ech<br />
- 44 -
Balz<br />
Bütler<br />
Gnädinger<br />
Bütler<br />
Gregor<br />
Elsbeth<br />
Stierli<br />
Peter<br />
Stierli<br />
<strong>De</strong> <strong>letscht</strong> <strong>Wunsch</strong><br />
träge d Verantwortig. Und ech ha gseid, es verlohd<br />
niemer dä Schutzruum bis morn am Morge. Will<br />
gehen, entdeckt Balz, der sich inzwischen eine<br />
Zigarette angezündet hat. Do unde wird ned graucht,<br />
verdammisiech!<br />
Chund dänk ä nümm drufaa!<br />
Gnädinger reisst Balz die Zigarette aus der Hand,<br />
wirft die Zigarette in den Putzkessel, mustert die<br />
Runde, bleibt kontrollierend stehen.<br />
wird plötzlich unruhig, steht auf, nimmt seinen Abfallsack<br />
vom Gestell, nimmt Hosen und Kittel hervor,<br />
wühlt in den Taschen. Myni Wassertablette!<br />
<strong>De</strong>re het's scho drin. Zeigt auf die Wasserkanister. Ei<br />
Tablette uf zwänzg Liter.<br />
Ned die! Ech muess jede-n-Obig Tablette näh zum s<br />
Wasser löse! Wäg-em Herz! Stellt den Sack verzweifelt<br />
wieder auf das Gestell zurück, dieses klappt<br />
zusammen.<br />
triumphierend. Voilà, iez hämmer's! Ech ha jo gseid,<br />
es bruuchi e Querverstrebig. Aber nei, de Herr Nationalrot<br />
weiss alles besser.<br />
Hör doch iez uuf, Gregor; suscht hed er no e Herzattagge!<br />
Bütler versucht vergeblich, das Gestell wieder<br />
herzurichten. Statt dessen klemmt er sich einen<br />
Finger ein. Er schreit auf und lässt das Gestell endgültig<br />
fallen. Gnädinger kopfschüttelnd ab.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
eilt Bütler zu Hilfe, untersucht den Finger. Wartid-<br />
Sii, ech ha glaub es Pfläschterli i de Täsche. Ab.<br />
umkreist die Wasserkanister. Het's eigentli nume<br />
Wasser z'suufe?<br />
Ech bruuche-n-öppis zum desinfiziere!<br />
- 45 -
Villiger<br />
Gregor<br />
Peter<br />
Elsbeth<br />
Stierli<br />
Bütler<br />
Elsbeth<br />
Bütler<br />
Stierli<br />
Villiger<br />
Stierli<br />
Bütler<br />
I de Sanitätschischte het's sibezgprozäntige Alkohol.<br />
Ab.<br />
nachdenklich. Do bouet-mer eso Aalage, alles picobello,<br />
aber dass mer sälber emol i somene Bunker unde<br />
chönnt lande, überleit-mer sich gar nie.<br />
D Hauptsach, hesch Stütz gmacht demit.<br />
<strong>De</strong> Gregor hed gschaffet defür!<br />
Villiger kommt mit Watte und Alkoholflasche zurück,<br />
reicht beides Frau Stierli.<br />
tupft mit einem getränkten Wattebausch auf Bütlers<br />
Finger. So, Herr Grütli, sicher isch sicher!<br />
Aua! Ech heisse Bütler!<br />
Peter schnappt sich das Alkoholfläschchen, giesst<br />
vom Kanister Wasser in einen Becher, schüttet<br />
Alkohol dazu. Irène, die Frau Stierli beim Verbinden<br />
zugeschaut hat, bemerkt ihren Vater, geht wortlos auf<br />
ihn zu, nimmt ihm Becher und Fläschchen weg,<br />
schmeisst den Becher in den Eimer und stellt das<br />
Fläschchen wieder zurück.<br />
Vom Suufe-n-isch no käne rych worde.<br />
Irène wirft Elsbeth einen bösen Blick zu. Balz zeigt<br />
Peter sein Zigarettenpäckchen. Die beiden verschwinden<br />
in den Nebenraum.<br />
zu Frau Stierli. Danke vilmol!<br />
packt das Verbandszeug zusammen, geht ab in den<br />
Gang. Nüd z'danke.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
Ech glaube, ech ha's WC-Feischter offegloh.<br />
mit beiden Händen auf dem Rücken. Überraschig! Zu<br />
Bütler. Weli Hand wänd-si?<br />
Di rächt.<br />
- 46 -
Bütler<br />
Stierli<br />
Gregor<br />
Stierli<br />
Gregor<br />
Stierli<br />
Bütler<br />
Stierli<br />
Gregor<br />
Stierli<br />
Villiger<br />
Stierli<br />
Villiger<br />
<strong>De</strong> <strong>letscht</strong> <strong>Wunsch</strong><br />
Frau Stierli hält in der einen Hand eine Tafel Schokolade,<br />
in der andern eine Banane. Sie reicht Bütler<br />
die Schokolade.<br />
strahlt. Danke vilmol!<br />
D Banane sparid-mer für spöter. Legt sie unter die<br />
Bank.<br />
Bütler beginnt gierig, die Schokolade auszupacken.<br />
springt auf, will Bütler die Schokolade entreissen.<br />
Nänäi, da'sch ungerächt! Die Schoggi wird teilt!<br />
kommt Gregor zuvor. Die isch immer no myne! Ech be<br />
jo ned esoo. Schaut in die Runde, zählt die Anwesenden,<br />
stockt plötzlich. Ech weiss öppis Bessers!<br />
Geht ab, kommt mit Helm, Gasmaske und Plastikhandschuhen<br />
zurück. Kännid-ehr s Schoggispeeli?<br />
Wer zwee Sächser würflet, muess da Züg aalegge, und<br />
nochhär darf-er ässe, bis de nöchscht zwee Sächser<br />
hed.<br />
Mer händ jo gar käi Würfel.<br />
Zwee Eifränkler gönd au. Streckt Bütler die hohle<br />
Hand hin.<br />
nimmt seine Hose aus dem Sack, zieht das Portemonnaie<br />
hervor, gibt Frau Stierli zwei Münzen. Aber,<br />
die wott-i dä wider!<br />
Vorläufig chönd Si's sowieso ned bruuche.<br />
Und s Bsteck?<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
Hed niemer es Sackmässer?<br />
<strong>De</strong>r Alphons hed eis, da weiss-i. Ab.<br />
Also, wer macht mit?<br />
Bütler und Gregor strecken wie Schüler einen Arm in<br />
die Höhe.<br />
im Off. Ech au! Kommt mit einem Sackmesser zurück.<br />
- 47 -
Stierli<br />
Gregor<br />
Stierli<br />
Villiger<br />
Elsbeth<br />
Villiger<br />
Stierli<br />
Bütler<br />
Bütler, Gregor und Villiger stellen sich in einem<br />
Halbkreis auf, Gregor stellt den Kehrichteimer in die<br />
Mitte.<br />
reicht Villiger die Münzen. Sii fönd aa! Chopf gilt.<br />
Villiger, Bütler und Gregor werfen nacheinander die<br />
Münzen, vorerst erfolglos.<br />
Zweuimol Chopf! Häre mit dem Züüg! Stürzt sich auf<br />
Helm, Gasmaske und Handschuhe, beginnt mit dem<br />
Messer an der Schokolade zu hantieren, nimmt dabei<br />
die freie Hand zu Hilfe.<br />
Eihändig! Suscht git's e Strofminute!<br />
Zweuimol Chopf! Reisst Gregor Helm und Gasmaske<br />
vom Kopf, kleidet sich ein und beginnt, die Schokolade<br />
aus dem Papier zu schälen.<br />
Gregor und Bütler werfen weiter Münzen.<br />
Einisch, wo d Muetter scho tod gsy isch, ha-n-i a mym<br />
Geburtstag dörfe e paar Gspänli ylade. <strong>De</strong> Bappe hed<br />
extra frei gnoh. <strong>De</strong>et hämmer ä s Schoggispeeli<br />
gmacht. All händ vo dere Schoggi gässe gha, nume-nech<br />
ned. Ech ha eifach käi Sächser gwürflet. Wo all<br />
gange gsy sind, ha-n-i aafo hüüle. Do nimmt de Bappe<br />
e Kiloschoggi zum Chaschte-n-uus und seid: Die isch<br />
ganz elei für euis zwöi.<br />
hat inzwischen das erste Stück Schokolade aufgespiesst<br />
und will es in den Mund stecken. Da gohd jo<br />
gar ned mit de Schutzmaske!<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
Si müend-si halt vercheert aalegge!<br />
Villiger reisst den Helm vom Kopf, dreht die Maske<br />
und will das Stück Schokolade in den Mund stecken.<br />
Z'spoot, z'spoot! Zweuimol Chopf!<br />
Villiger gibt enttäuscht die Spielutensilien her, Bütler<br />
zieht diese eilig an. Gregor und Villiger werfen weiter<br />
- 48 -
Gregor<br />
Villiger<br />
Gregor<br />
Bütler<br />
Villiger<br />
Irène<br />
Irène<br />
<strong>De</strong> <strong>letscht</strong> <strong>Wunsch</strong><br />
Münzen. Bütler hantiert ungeschickt, nimmt<br />
heimlich die freie Hand zu Hilfe.<br />
ertappt Bütler. Bschisse, de Nationalrot hed bschisse!<br />
Er hed beed Händ bruucht, Frau Stierli!<br />
E Strofminute! <strong>De</strong> Nationalrot muess e Minute-nussetze,<br />
Frau Stierli!<br />
reisst Bütler den Helm vom Kopf. Genau!<br />
tobt unter der Maske, will Gregor den Helm wieder<br />
entreissen. Ehr händ vorher ä beed Händ bruucht; ech<br />
ha's genau gseh! Reisst die Maske vom Kopf, ringt<br />
nach Atem.<br />
und Gregor rufen gemeinsam. E Strofminute, e Strofminute!<br />
schreit. Still!<br />
Alle fahren zusammen und blicken gebannt auf<br />
Irène. Balz und Peter kommen aus dem Nebenraum,<br />
bleiben in Durchgang stehen.<br />
Eifach nume still. Geht zurück in ihre Kauerstellung,<br />
legt den Kopf in die Arme.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 49 -
Heimgartner<br />
Erna<br />
Heimgartner<br />
Erna<br />
Heimgartner<br />
Erna<br />
Heimgartner<br />
15<br />
S Lieblingslied<br />
In der «Spinne». Leere und halbleere Flaschen,<br />
Fleischplatten und Teller auf dem Tisch. Heimgartner<br />
singt aus voller Kehle: «Ich weiss ein Fass in<br />
einem tiefen Keller». Fix begleitet ihn schlecht und<br />
recht auf dem verstimmten Klavier. Erna sitzt still am<br />
Tisch.<br />
Freunde hört mich an.<br />
Bin ich einmal dran,<br />
und ihr senkt mich tief hinab,<br />
setzt mir jenes Fass,<br />
voll von edlem Nass,<br />
als meinen Grabstein auf mein Grab.<br />
Dass du eso magsch singe nachere Beerdigung.<br />
Im Otti z' Ehre. Da'sch sys Lieblingslied gsy. Singt<br />
weiter.<br />
Ich weiss ein Fass<br />
in einem tiefen Keller,<br />
gefüllt mit wunderbarem Wein,<br />
s'ist kein Burgunder und kein Muskateller,<br />
ein alter Jahrgang ist's vom Rhein.<br />
Ech brächt käi Ton use. <strong>De</strong>r Otti vergiss-i ned so<br />
schnell. Er isch-mer de liebscht gsy vo allne.<br />
Und ech?<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
Du bisch ä i der Ornig. Aber dee han-i jo no.<br />
singt weiter.<br />
Ich hab dort drunten manche Nacht gesessen<br />
und hielt im Arm ein Mädel zart und fein.<br />
Ich hab den Namen von dem Wein vergessen<br />
und den Namen von dem Mägdelein.<br />
Unterbricht. Meer wird-er ä fehle und im Männerchor<br />
au. Isch euse bescht Bass gsy, der Otti. Zu sich. Oder<br />
- 50 -
Erna<br />
Heimgartner<br />
Erna<br />
Heimgartner<br />
Fix<br />
Heimgartner<br />
Fix<br />
Heimgartner<br />
Erna<br />
Heimgartner<br />
Fix<br />
<strong>De</strong> <strong>letscht</strong> <strong>Wunsch</strong><br />
ämel de zwöitbescht. Jäno, wenn eine wott goh, dä<br />
gohd-er.<br />
Vieresächzgi, da'sch doch hüt käis Alter.<br />
Da'sch ned e Frog vom Alter. S muess eine öppis ha,<br />
wo-n-e hebt. Sid d Rosa gstorbe-n-isch, hed der Otti<br />
nümm vil Schöns gha. Ech säge-n-immer: wemmer nien-e<br />
Frau gha hed, cha si eim spöter ä ned fehle. Singt<br />
weiter.<br />
Was ich nicht vergass<br />
ist das schöne Fass<br />
mit dem wunderbaren Wein.<br />
Nehmt das Glas zur Hand,<br />
füllt es bis zum Rand<br />
und trinkt aufs Wohl vom Mägdelein.<br />
Nimmt einen tiefen Schluck und summt die Melodie<br />
weiter.<br />
Einisch, wo-n-er echli aagheiteret gsy isch, hed-er zuemer<br />
gseid: Schad, dass-i ned e paar Jöhrli jünger be,<br />
suscht würd-di uf de Stell hürote. Ech be rot worde und<br />
hinder s Buffet verschwunde.<br />
Jä, Gschmack hed-er gha, der Otti. Gäll, Fix und Vock!<br />
He?<br />
Bi de Fraue-n-isch der Otti druuscho!<br />
Weiss ech doch ned. Spielt einen Walzer.<br />
Dä hed i de dritte Klass scho s Huebers Grytli küsst.<br />
Zmitzt ufs Muul, dä cheibe Scharmör! Gibt Erna einen<br />
herzhaften Kuss auf die Wange.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
halb entsetzt, halb geschmeichelt. Seuniggel! So öppis<br />
macht mer ned amene Lychemohl.<br />
Mer sind jo under euis. Zu Fix. Chasch nüd Rassigers,<br />
Vockli?<br />
Klar!<br />
- 51 -
Erna<br />
Heimgartner<br />
Erna<br />
Heimgartner<br />
Fix beginnt einen Rock n' Roll zu spielen. Heimgartner<br />
nimmt Erna am Arm und beginnt mit ihr zu<br />
tanzen.<br />
Bisch ned gschyd, Valo. Dänk a Otti!<br />
unbeirrt. Dä hed's iez sicher ä luschtig. Dä fyret iez mit<br />
em Vreni und de Rosa fröhliches Wiedersehn uf-eme<br />
Wölkli obe und de Petrus spilt Hackbrätt dezue!<br />
kommt mehr und mehr in Schwung. Und d Maria<br />
Bassgyge!<br />
singt. Ich hab dort drunten manche Nacht gesessen und<br />
hielt im Arm ein Mädel zart und fein.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 52 -
16<br />
Fratze<br />
<strong>De</strong> <strong>letscht</strong> <strong>Wunsch</strong><br />
Irènes Schreckensvision: Alle, ausser Irène und Balz,<br />
tragen Schutzmasken, die tierartig verfremdet sind.<br />
Zwischen den beiden Jugendlichen gehen Bütler und<br />
Gregor, dann auch die übrigen - wie eine Meute<br />
wilder Tiere, die um die letzte Beute kämpfen -<br />
aufeinander los. Schliesslich wird Villiger zum Opfer,<br />
bis Gnädinger - einem Dompteur gleich - die Meute<br />
bändigt. Balz und Irène versuchen sich vergeblich,<br />
die Hände zu reichen.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 53 -
Balz<br />
Irène<br />
Balz<br />
Irène<br />
Balz<br />
Irène<br />
Balz<br />
Irène<br />
Irène<br />
Balz<br />
Irène<br />
Balz<br />
17<br />
Flüüge<br />
Im Schutzraum. Irène stürzt verstört in den<br />
Aufenthaltsraum, schaut wirr um sich, irrt eine Weile<br />
umher, lässt sich dann auf eine Bank fallen, zieht<br />
ihren Körper zusammen und vergräbt ihr Gesicht in<br />
den Armen. Nach einiger Zeit kommt Balz dazu,<br />
entdeckt Irène, geht langsam auf sie zu und legt eine<br />
Hand auf ihren Rücken. Irène fährt zusammen,<br />
verharrt einen Moment und löst dann die Spannung,<br />
ohne zurückzuschauen - als ob sie die Hand erkannt<br />
hätte.<br />
Chasch ä ned schlofe?<br />
Lang halt' ech's do unde nümme-n-us.<br />
Wenn bis morn am Morge nüd passiert, hau-i's ab. Do<br />
hinde het's e Lüftigsschacht.<br />
Und dobe wirsch vergiftet.<br />
Lieber verrecki deet obe, als i dem Loch unde. Er setzt<br />
sich auf die Bank, Rücken an Rücken zu Irène. Stille.<br />
Ech be-n-emol z Rom gsy mit mym Vater. <strong>De</strong>et het's<br />
eso Katakombe. Da sind underirdischi Gräber, wo's für<br />
di erschte Chrischte bruucht händ. E paar überenand,<br />
wie Kajüttebett.<br />
Vellecht meinid's, wenn's euis i tuusig Johr do unde<br />
findid, bi euis heig's ä dere Katakombe gäh.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
Settig mit Matratze! Stille.<br />
S gid Völker, wo's tanzid, wenn öpper gstorbe-n-isch. E<br />
ganzi Wuche lang.<br />
Muesch-der myni Muetter vorstelle! Stille.<br />
Du hesch de Grossvater gern gha, gäll?<br />
Früehner ben-ehm i de Herbschtferie amig go hälfe<br />
Öpfel abetue. Iez händ's-e-n-umtoh.<br />
- 54 -
Irène<br />
Balz<br />
Irène<br />
Balz<br />
Irène<br />
Balz<br />
Irène<br />
Otto<br />
Wär?<br />
<strong>De</strong> Boskop.<br />
<strong>De</strong> <strong>letscht</strong> <strong>Wunsch</strong><br />
Meer isch no nie-n-öpper gstorbe, wo-n-i gern gha ha.<br />
Vor zwee Wuche han-e no welle go bsueche mit em<br />
Töff. Aber er isch ned deheim gsy. Dä ben-i a<br />
Genfersee abe blochet. Sille. Sid i s Töffbillett ha, haui's<br />
jede Sunntig uf d Pischte. Ä, wenn's schiffet. Dasch<br />
wien-e Sucht. Wie tanze oder flüüge. Weisch, so miteme<br />
Hundertvierzger über d Fälder - do vergissisch<br />
alles. Stille. Ech säg-der eis: Wenn ech do je wider usechume,<br />
und's emol chlöpft - Chrieg oder e Katastrophe<br />
- dä hock-i uf my Ofe-n-ue und brause dur d Landschaft,<br />
bis-i vom Sattel gheie.<br />
Nimmsch-mi mit?<br />
Wenn't käi Schiss hesch.<br />
Sicher ned!<br />
Irène dreht sich um und setzt sich hinter Balz, wie<br />
auf den Sozius eines Motorrades. Die beiden begeben<br />
sich auf eine imaginäre Fahrt, die immer wilder wird.<br />
Schliesslich wirbeln sie durch den ganzen Raum. Im<br />
Hintergrund erscheint Ottos Schattenriss.<br />
Mängisch ha-n-i dänkt, statt dere Luftschutzchäller<br />
z'boue, würd-mer gschyder jedem e Ballon gäh, dass<br />
mer chönnt i d Luft, wenn's dunde nümm zum Läbe<br />
wär, und eifach flüüge, bis käi Gas meh hed. Länger,<br />
als e Ballon flügt, haltet mer's i somene Chäller unde ä<br />
ned uus. - Als Chind isch-es my gröscht <strong>Wunsch</strong> gsy,<br />
emol mit-eme Zeppelin z flüüge und uf euses Dorf<br />
abezluege. S <strong>letscht</strong> Johr händ's mer zum zwänzgischte<br />
Zivilschutzjubiläum e Ballonflug gschänkt. Aber ech<br />
ha de Guetschyn nien-n-yglöst. Wil-i Schiss gha ha.<br />
Wohrschynli bin-i myner Läbtig z vil under-em Bode<br />
gsy. Hauid's i d Luft, solang ehr chönd. Spöter fehltech<br />
s Courage!<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
Das Schattenbild im Hintergrund verschwindet.<br />
- 55 -
Balz<br />
Gnädinger<br />
Irène<br />
Gnädinger<br />
Balz<br />
Gnädinger<br />
Heimgartner<br />
Erna<br />
Fix<br />
Gnädinger<br />
Villiger<br />
Heimgartner<br />
Fix<br />
Gnädinger<br />
Erna<br />
18<br />
Fehlalarm<br />
Im Schutzraum. Von draussen ertönt ein dumpfes<br />
Klopfen. Balz und Irène halten inne, schauen einander<br />
an und eilen zum Ausgang.<br />
schüttelt Gnädinger, der im Gang eingeschlafen ist.<br />
He, uufwache!<br />
Villiger, daher! Kompanie in Einerkolonne. Sammlig!<br />
Es chlopfet öpper!<br />
verwirrt. Wer? Wo?<br />
Verusse!<br />
Villiger, daher! Zu Balz. Chumm, hilf-mer! Versucht,<br />
die Panzertür zu öffnen. Muesch abedrücke!<br />
Aus dem Nebenraum kommt Villiger. Im gleichen<br />
Moment kommen von draussen Erna, Heimgartner<br />
und Fix herein.<br />
im Off. Die sind tatsächlich do unde!<br />
Mer händ-ech überall gsuecht!<br />
Händ-ehr d Üebig vorverschobe?<br />
Mach dass't furtchunnsch, du hesch do unde nüd<br />
verlore!<br />
Wa isch passiert?<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
Gar nüd isch passiert.<br />
Fehlalarm!<br />
Werum mäldet-mer euis da ned?<br />
Mer händ jo ned chönne schmöcke, dass ehr do unde<br />
hockid!<br />
Bütler, Gregor, Elsbeth und Peter kommen aus dem<br />
Nebenraum.<br />
- 56 -
Bütler<br />
Gregor<br />
Elsbeth<br />
Gnädinger<br />
Elsbeth<br />
Gregor<br />
Elsbeth<br />
Bütler<br />
Gnädinger<br />
Fix<br />
Gnädinger<br />
Villiger<br />
Gnädinger<br />
Peter<br />
Gnädinger<br />
Bütler<br />
Villiger<br />
Gnädinger<br />
Gregor<br />
Peter<br />
Wa'sch los, Gnädinger?<br />
Het's nomol klöpft?<br />
Jessesgott, iez goht's z'Änd!<br />
Nur käi Panik!<br />
Wo isch euse Bueb?<br />
Balz!<br />
<strong>De</strong> <strong>letscht</strong> <strong>Wunsch</strong><br />
Balz kommt vom Gang her, hinter ihm Irène.<br />
stürzt auf Balz, umarmt ihn. Balz! Gottseidank!<br />
Ech wott iez äntli wüsse, was los isch!<br />
Beruhigid-Sii sich! Mer händ d Sach hundertprozäntig<br />
im Griff.<br />
zu Gnädinger. Si händ no d Schuehbändel off.<br />
schaut verärgert auf seine Schuhe. Da'sch myni Sach!<br />
Bückt sich, um die Schuhe zu binden.<br />
Es isch eso...<br />
Ruhig Villiger, iez red-ech! Wird offiziell. Geschter<br />
zmittag, füfzänivieredryssg Ortszyt, isch fälschlicherwys<br />
en Alarm uusglöst worde. Mer händ sofort die<br />
nötige Massnahme ergriffe und d Bevölkerig bis uf<br />
wyteres im Schutzruum yquartiert und verpflägt.<br />
Wem verzellsch da? Mer sind jo deby gsy!<br />
Rueh!<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
Mit andere Wort, s'isch nüd?<br />
Fehlalarm!<br />
Rueh!<br />
Chumm, Elsbeth, mer hauid's!<br />
So schnell als möglich zu dem Loch uus!<br />
Gregor, Elsbeth, Bütler, Peter, nach einer Weile auch<br />
Balz und Irène, schliesslich Villiger, stürzen sich auf<br />
- 57 -
Erna<br />
Heimgartner<br />
Gnädinger<br />
Erna<br />
Gnädinger<br />
Heimgartner<br />
Gnädinger<br />
Fix<br />
Erna<br />
Gnädinger<br />
Heimgartner<br />
Gnädinger<br />
Erna<br />
Gnädinger<br />
Heimgartner<br />
Gnädinger<br />
die Abfallsäcke mit den Kleidern und beginnen<br />
eiligst, sich umzuziehen. Gnädinger dreht sich hilflos<br />
um die eigene Achse.<br />
eifrig. Also, da'sch eso gsy...<br />
Ech gohne uf em Heiwäg vo der Erna am Friedhof<br />
verby und gsehne, dass im Nationalrot sys Auto immer<br />
no deet stohd.<br />
Die Wulledeckene werdid suber zämegleid!<br />
Und dä chund-er no einisch zrugg, und dä säg ech...<br />
D Wulldeckene zämelegge han-i gseid!<br />
Und dä seid si...<br />
zu Fix. Und du nimmsch da Gstell do vonenand!<br />
Goht's no! Mit verächtlicher Geste ab.<br />
Und dä säg'ech, do cha öppis ned stimme.<br />
ruft Fix nach. Da'sch e Befähl!<br />
Und dä hämmer-is uf d Suechi gmacht und underwägs<br />
de Fix aatroffe mit syne Zytige.<br />
D Fraue butzid de Ligeruum eis, d Manne s zwöi!<br />
Und dä seid die hockid sicher im Zivilschutzchäller<br />
unde.<br />
zu Erna. Schutzruum heisst's!<br />
Und schlussäntli simmer do unde glandet.<br />
Inzwischen verlassen Gregor, Elsbeth, Balz, Irène,<br />
Peter, Bütler und Villiger den Raum halb angezogen.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
Villiger, daher! Die Wulldeckene werdid suuber zämegleid,<br />
d Ligerüüm putzt, d Kanischter entleert, s Gstell<br />
vonenandgnoh, d Dachlatte entnaglet und numeriert.<br />
Villiger!<br />
Erna und Heimgartner haben sich während Gnädingers<br />
Wutausbruch entfernt.<br />
- 58 -
<strong>De</strong> <strong>letscht</strong> <strong>Wunsch</strong><br />
Stierli<br />
Gnädinger<br />
steht verschlafen im Durchgang zum Nebenraum.<br />
Wa'sch ä los, Herr Grüninger?<br />
Gnädinger!<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 59 -
Heimgartner<br />
Elsbeth<br />
Gregor<br />
Elsbeth<br />
Heimgartner<br />
Gregor<br />
Peter<br />
Elsbeth<br />
Peter<br />
19<br />
Schulde<br />
Auf dem Friedhof, im Morgengrauen.<br />
steht vor Ottis Grab. Da hätt-mer jo chönne dänke.<br />
Bisch immer echli de Tifiger gsy als ech. Luuscheib!<br />
Wer steckt meer iez s Vogelhüsli uf mys Grab, he? Da<br />
chan-i niemer anderem aavertroue. Die wördid-mi<br />
nume-n-uuslache.<br />
Elsbeth, Gregor und Balz kommen dazu, etwas<br />
hinterher Peter und Irène. Heimgartner fühlt sich<br />
ertappt und beginnt, die Blumen auf Ottis Grab zu<br />
richten. Die andern stehen eine Weile still vor dem<br />
Grab.<br />
S'isch schön gmacht, gäll. Gregor und Peter nicken.<br />
Vo wem isch ä dä gross Chranz?<br />
beugt sich über das Grab, liest. Unserem treuen<br />
Sängerkameraden Otti - Vom Männerchor.<br />
zu Heimgartner. Do händ-Si aber teuif i Sack glängt.<br />
Für der Otti isch-is nüd z'vil. S'isch schad um-ne. Meer<br />
händ-is sit de Häfelischuel könnt. Er isch immer echli<br />
de Gfitzter gsy als ech. Nume bi de Vögel han-ech<br />
besser Bscheid gwüsst. Pause.<br />
So, iez müemmer aber. Ech wott wenigschtens no<br />
tusche vor der Arbet. Geht auf Peter zu, reicht ihm die<br />
Hand. Läb wohl! S nöchscht Mol hoffentli under<br />
aagnähmere-n-Umständ.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
Meinsch, bim Testament?<br />
Chasch-es eifach ned lo sy! Nimmt Gregor am Arm.<br />
Uf Widerluege Irène! Chumm, Balz! Mit Gregor ab.<br />
geht in die andere Richtung. Ciao Balz! Bleibt stehen,<br />
schaut Irène an. Diese verweilt bei Balz. Am zwänzg<br />
ab fahrt der erscht Zug. Ab.<br />
- 60 -
Heimgartner<br />
Balz<br />
<strong>De</strong> <strong>letscht</strong> <strong>Wunsch</strong><br />
zu Balz und Irène. Chömid emol, ehr zwöi. Balz und<br />
Irène schauen einander an und gehen auf Heimgartner<br />
zu. Schulde ghörid au zum Erb. Ech ha no<br />
öppis z'guet vo euem Grossvater.<br />
Da müend-Si mit de Muetter abmache.<br />
Elsbeth von fern. Balz, wo bisch ä?<br />
Heimgartner<br />
Irène<br />
Heimgartner<br />
Balz<br />
Heimgartner<br />
Elsbeth<br />
Irène<br />
Gregor<br />
Heimgartner<br />
Irène<br />
Balz<br />
Balz will gehen. Heimgartner hält ihn am Ärmel<br />
zurück.<br />
Ned Gäld, es Verspräche! Balz und Irène schauen ihn<br />
fragend an. Ech ha-n-ehm sy <strong>letscht</strong> <strong>Wunsch</strong> erfüllt. Er<br />
hätt-mer myne müesse erfülle. Iez blybt er halt a eui<br />
hange.<br />
Wa dä?<br />
zögert. Dass uf mym Grab emol es Vogelhüsli stohd,<br />
mit-eme Fettring für d Meisli. Balz und Irène schauen<br />
einander verwundert an. Abgmacht? Streckt seine<br />
Hand hin, den Handrücken nach oben. Balz und<br />
Irène legen ihre Hände darauf.<br />
Und wa hed sich dä de Grossvater gwünscht gha?<br />
Da chan-i ned säge. Aber wenn ech ned defür gluegt<br />
hätt, hättid ehr enand wohrschynli gar nie nöcher<br />
könneglehrt.<br />
Balz! Wa machsch ä no?<br />
Eis Wort chönd-Si doch säge. Bitte!<br />
Balz, wenn't iez ned chunnsch, chasch heilaufe!<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
geheimnisvoll zu Irène. Hänk vor dy Name en «S», dä<br />
weisch-es. Mit grosser Gebärde ab.<br />
En «S»?<br />
rätselt und buchstabiert erst vor sich hin. Hejo, klar.<br />
Irène, S-i-r-e-n-e!<br />
Küsst Irène und geht mit Geheul ab. Irène bleibt<br />
verdutzt stehen.<br />
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