Auslöffeln-2003
Auslöffeln-2003
Auslöffeln-2003
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Zum Aufführungsrecht<br />
• Das Recht zur Aufführung erteilt der<br />
teaterverlag elgg, CH-3123 Belp<br />
Tel. + 41 (0)31 819 42 09<br />
www.theaterverlage.ch / information@theaterverlage.ch<br />
Montag - Freitag von 09.00 bis 11.30 Uhr & 13.30 bis 17.00 Uhr<br />
• Der Bezug der nötigen Texthefte - Anzahl Rollen plus 1 - berechtigt<br />
nicht zur Aufführung.<br />
• Es sind darüber hinaus angemessene Tantièmen zu bezahlen.<br />
• Mit dem Verlag ist vor den Aufführungen ein Aufführungsvertrag<br />
abzuschliessen, der festhält, wo, wann, wie oft und zu welchen<br />
Bedingungen dieses Stück gespielt werden darf.<br />
• Auch die Aufführung einzelner Teile aus diesem Textheft ist<br />
tantièmenpflichtig und bedarf einer Bewilligung durch den Verlag.<br />
• Bei eventuellen Gastspielen mit diesem Stück, hat die aufführende<br />
Spielgruppe die Tantième zu bezahlen.<br />
• Das Abschreiben oder Kopieren dieses Spieltextes - auch<br />
auszugsweise - ist nicht gestattet (dies gilt auch für<br />
Computerdateien).<br />
• Übertragungen in andere Mundarten oder von der Schriftsprache in<br />
die Mundart sind nur mit der Erlaubnis von Verlag und Verfasser<br />
gestattet.<br />
• Dieser Text ist nach dem Urheberrechtsgesetz vom 1. Juli 1993<br />
geschützt. Widerhandlungen gegen die urheberrechtlichen<br />
Bestimmungen sind strafbar.<br />
• Für Schulen gelten besondere Bestimmungen.<br />
"Es gibt Leute, die ein Theaterstück als etwas "Gegebenes"<br />
hinnehmen, ohne zu bedenken, dass es erst in einem Hirn erdacht,<br />
von einer Hand geschrieben werden musste.“<br />
Rudolf Joho
Gerhard Meister<br />
<strong>Auslöffeln</strong><br />
Fassung <strong>2003</strong><br />
Sprache<br />
Besetzung<br />
Bild<br />
Berndeutsch<br />
3 Frauen, 5 Männer, 2 Variabel, 1 Kind<br />
Wohnzimmer, evtl. eine Aussenszene<br />
«Dr Tisch isch deckt, ds Ässen isch parat, d Cherzli<br />
schtecke ir Turte».<br />
Der Grossvater feiert seinen 95. Geburtstag, das Festessen der<br />
Generationen Da ist der Jubilar, 1943 aktivdienstlich an der<br />
Grenze, in Begleitung einer Pflegerin. Da ist sein Sohn<br />
Werner mit seiner Frau Annelies. Da sind ihre Kinder: Der<br />
Esoteriker Hans-Ueli, der schweigende Clemens und Eveline,<br />
die sich auch während des Jahres nicht verstehen. Eveline<br />
kommt mit ihrem politisch ambitionierten Ehemann und der<br />
kleinen Sheila. Pflegerin Susanne Marti ist also die einzige<br />
Aussenstehende und damit bald einmal Katalysator einer<br />
verkappten, zuweilen grotesken Familientherapie. Nach der<br />
Vor- und Hauptspeise gibt es deshalb Ohrfeigen und<br />
ungeschminkte Bekenntnisse - bis der Grossvater schliesslich<br />
vornüber in seine Geburtstagstorte kippt.<br />
«Ig ha dirs doch gseit, sone Geburtstag lat sech la<br />
organisiere, wie alles andere o.»<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.
Die Festfamilie<br />
Marie ∞ Grossvater<br />
Susanne Marti,<br />
† Pflegerin<br />
Werner<br />
∞ Anneliese<br />
Hans-Ueli Clemens Eveline ∞ Jean-Pierre<br />
Fernsehreporterin<br />
Kameramann<br />
Hinweis<br />
Sheila<br />
Gewisse Vorgänge sollten durch eine besondere Art der<br />
Inszenierung verfremdet werden. Sie sind durch Bewegungsund<br />
Sprechweisen, Rhythmisierungen und Wiederholungen,<br />
oder durch eine besondere Bildqualität bzw. Beleuchtung<br />
hervorzuheben. Szenen, die in dieser Weise formalisiert<br />
gedacht sind, werden im vorliegenden Text durch Querstriche<br />
eingegrenzt.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 2 -
Titel<br />
Reporterin<br />
Televisionärer Prolog<br />
Ein/e Fernsehreporter/in und ein/e Kameramann/-<br />
frau erscheinen im Theaterraum, gleichzeitig<br />
erscheint das Gesicht der Reporterin auf dem<br />
Fernsehschirm in dem aufgebauten Wohnzimmer.<br />
(Wenn der Prolog als Videoband vorgefertigt wird,<br />
empfiehlt es sich, die folgende Szene mitten im<br />
vorweihnächtlichen Rummel draussen<br />
aufzunehmen.)<br />
Gueten Abe. Hie isch Partytime, und dir fraget nech<br />
alli zu rächt: Wieso göh mir am Morge usem Bett, we’s<br />
am Abe nüt zfiire git? Das isch aber nid alles. Mir hei o<br />
ä Partywettbewärb und füechtfröhlichi Nachrichte us<br />
em Ämmital - genauer us em Nesselgrabe, wo ä<br />
Mitarbeiter vor Zimmerei Ämmer und Gebrüeder bi dr<br />
Ufrichti vom nöie Velounderstand vom Dach obenache<br />
gheit isch, zmitts ine Harasse Bier iche, är het’s haut<br />
pressiert gha mit em Aschtosse, u wie heisst’s doch so<br />
richtig: «Schärbe bringe Glück, u fau’s nid, de cha me<br />
se ja wieder usen operiere». Lütet a für üse<br />
Partywettbewärb und wählet zwüsche 156 und 157,<br />
157 und 156, bzw. 157 und 156. Aber pressieret, es het<br />
nume so lang wie’s het. Ja u nachem Ämmitau gö mehr<br />
use i di witi Wäut. O geschter wieder isch in Jerusalem<br />
e richtigi Schtimmigsbombe losgange. Nid weniger aus<br />
zwänzg Lüt hei när gar nümm wöuen ufschtah, die hei<br />
genau gwüsst: ane besserei Fuer loufe sie i däm Läbe<br />
nie meh häre. Weit o dir Feschte bis zum Umgheie, de<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
lütet a. Under 157 157 157 mache mirs o no für 156<br />
156 156, aber drunder mache mirs o ir beschte<br />
Feschtschtimmig nid. Doch nid truurig si. Für die wo’s<br />
hüt nid längt, längts sicher morn, wöu o morn wird’s<br />
späteschtens bim Inachte wieder Zit si, öppis zfire. Das<br />
isch aber nid alles. Mir hei o ä Partywettbewärb u<br />
Champagnerluune a discretion u natürlich, hautet nech<br />
a öine Gläser fescht, jetz chunnt si grad u fahrt vou i:<br />
- 3 -
Susanne<br />
Reporterin<br />
Grossvater<br />
Susanne<br />
Reporterin<br />
Susanne<br />
Reporterin<br />
Susanne<br />
Grossvater<br />
Reporterin<br />
üsi Passantebefragig. Mir chöme jetz zu üsere<br />
Passantebefragig hie uf de Strasse vo üsere schöne<br />
Partystadt, denn dir alli wüsset, bim Feschte si mir die<br />
Beschte, z Feschte, das hei mer im Bluet.<br />
Die Pflegerin und der Grossvater im Rollstuhl<br />
geraten in das Blickfeld der Kamera.<br />
Bitti bätti liebe Passant,<br />
Gäll du hesch es nid pressant,<br />
Was du dänksch, das isch so wichtig,<br />
Git dr Wält ä nöii Richtig,<br />
Drum muesch em Fernseh jetze säge,<br />
Wie du das Feschte tuesch erläbe.<br />
Gät nech ke Müeh, dr Alt versteit kes Wort.<br />
So nes Fescht, säg, tuet das fäge,<br />
Oder findsch du jedes Fescht dernäbe?<br />
Wiehnachte 43. Isch das ä stränge Winter gsi,<br />
Wiehnachte 43 uf dr Engstligenalp. Aber schön isch es<br />
gsi und uf dr Wach hei mir gnue Bätziwasser gha, hä<br />
hä.<br />
Wenn ig bitte chönnt witergah, ig muess dr Alt<br />
pünktlich am achti abliefere.<br />
Dir sit gar nid ä Nätti,<br />
Sit nid nätt zu öiem Ätti.<br />
Mini Grosseltere si scho lang tot.<br />
Bis jetz het doch no jede,<br />
Chum tot ufhöre rede,<br />
Ganz anders öie Ätti,<br />
Wo nümme ds Säge hätti,<br />
Het üs lut vom Chriege gredt:<br />
We das jedi Liiche wet!<br />
Exgüse, ig bi pressiert, es isch scho fasch halbi achti, ig<br />
mues schaffe.<br />
Marie, was söll das?<br />
Dr Stress isch ä Qual, doch dir heit d Wahl. Wählet<br />
157 157 157, üse Partywettbewärb.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 4 -
Grossvater<br />
Susanne<br />
Reporterin<br />
Hans-Ueli<br />
Titel<br />
zwischen Kamera und Hinterbühne. Dumms Züg, das<br />
si doch kener richtig Wintere meh. 43 uf dr<br />
Engstligenalp, da hei mir no gfrore. Und när ir<br />
Furkafeschtig, was hei mir gfeschtet ir Furkafeschtig<br />
und gfrore a d Ohre. Hustenfall.<br />
klopft ihm auf den Rücken. Wenn ig nid pünktlech am<br />
halbi zähni cha tube, de dräi i düre.<br />
spricht Clemens an.<br />
Bitti bätti liebe Passant,<br />
Gäll du hesch es nid pressant,<br />
Was du dänksch das isch so wichtig,<br />
Git der Wält ä nöii Richitg,<br />
Drum muesch em Fernseh jetzä säge,<br />
Wie du Feschter tuesch erläbe.<br />
Reporterin wiederholt das Versli, Clemens drückt ihr<br />
derweil eine Pistole an die Schläfe. Aba du bisch so<br />
unerchannt charmant, so galant, das isch aber nid alles,<br />
mir hei o no ä Partywettbewärb uf Nummer 157 157<br />
157 und härzerfrüschendi Nachrichte. Zum Bispiel het<br />
dr Schwizer Spitzechoch Arnold Speck ä spritzige<br />
Drink kreiert, wo sogar dr gröscht Partymuffu i<br />
nullkommaplötzlich in ä Hecht im Partyteich…<br />
Clemens geht weiter.<br />
Nei, schalt doch jetz nid um,<br />
Vom Switche wärde d Finger chrumm,<br />
Äh was tuet da Giel o dumm,<br />
Sigs drum.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
Cha ner irgendwo ga frässe<br />
het dr Mönsch aus rundherum vergässe<br />
D Ränze fö sech afa fülle,<br />
Wird’s eim schlächt, so git’s ja Pille.<br />
Das isch ja sehr interessant, so technisch und när o<br />
wieder ds Opferlamm, wo mir a Ostere dra dänke, was<br />
ja äs Gschänk isch für d Mönsche, aber die christliche<br />
Rite schöpfe ja alli us em archaische Mythos.<br />
- 5 -
Reporterin<br />
Ds Fernseh wotts jetz wage,<br />
Ä Familie zbefrage.<br />
Hans-Ueli drängt sich zwischen Reporterin und den<br />
Kameramann ins Bild. Nei, irgendwo isch es doch<br />
sehr technisch, was är sich da uf siner Schultere glade<br />
het. Aber wieso nid d Technik ds Hilf näh, für id<br />
Geimnis vom Sy und Wärde besser chönne idsdringe?<br />
Reporterin schiebt ihren Kopf wieder in die Grossaufnahme.<br />
D Kamera het se scho entdeckt,<br />
Partyqueen mit ihrem Sekt,<br />
I däm Sekt, wär hät das dänkt,<br />
Het sie ihre Partyprinz ertränkt.<br />
Der Kampf um die Bildfläche geht weiter.<br />
Hans-Ueli Also, jetz müesst dir mir scho no säge, was är da uf de<br />
Schultere treit, süsch stimmts für mi nümme.<br />
Reporterin Das isch ä Kamera, mir si vom Fernseh und du<br />
verschwindisch jetze.<br />
Hans-Ueli Es optisches Grät also, sowit han ig o scho kombiniert,<br />
aber bim Zwäck han ig plötzlech Müeh übercho.<br />
Reporterin faucht ihn an. Das isch aber nid alles, mir hei o ä<br />
Partywettbewärb…<br />
Hans-Ueli küsst sie auf die Stirn. Häb o du di Fride hütt Abe.<br />
Reporterin Eues Fernseh uf de Strasse vo dere schöne Partystadt.<br />
Jean-Pierre und Eveline mit Sheila nähern sich der<br />
Kamera, sie streiten.<br />
Eveline Hör uf mit dim blöde «Schatzi».<br />
Jean-Pierre Ja, ja und wenn ig nüt säge, de ischs dir o längwilig.<br />
Eveline Ig säge dir, no eis Wort, när längts ändgültig.<br />
Jean-Pierre Scho ir Ornig.<br />
Eveline Nüt isch ir Ornig.<br />
Jean-Pierre Wohär chunt di schlächt Luune, Schatzi?<br />
Eveline Jean-Pierre!<br />
Reporterin zu Sheila.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 6 -
Sheila<br />
Jean-Pierre<br />
Eveline<br />
Jean-Pierre<br />
Reporterin<br />
Jean-Pierre<br />
Eveline<br />
Jean-Pierre<br />
Reporterin<br />
Titel<br />
Äh du härzigs Partychind,<br />
Gäu du seisch mer jetze gschwind,<br />
Oder sägs doch bitte schnäller,<br />
Süsch verbringsch d Nacht im Chäller…<br />
Was wott die Frou?<br />
Darf ig frage, was das hie söll?<br />
Tscheggsch es nid, di si vom Fernseh, hopp stell jetz<br />
dini Fädere.<br />
Natürlech sind die vom Fernseh, sie hei ja ä Kamera<br />
derbi. Zur Reporterin. Exgüse, isch das live? Also<br />
guet, we me so zum ene fröhleche Zämmesi zämme<br />
chunnt, das isch ja nid exakt dr Zytpunkt, für über<br />
Politik z rede, aber wenn dir mi druf asprächet, es isch<br />
ja mittlerwile es offnigs Gheimnis, dass ig kandidiere<br />
für üsi Partei, äh…<br />
Lustig wie nä Morgefick,<br />
Isch di höchi Politik,<br />
Ganz truurig ischs dergäge,<br />
Bi Hagel, Schnee und Räge,<br />
Mit däm Familieläbe.<br />
Äbe, ds Familieläbe, ig läbe das o sälber. Familiewärte<br />
si ä feschte Bestandteil vo üsem Parteiprogramm, und<br />
ig als Inhaber vore glückleche Familie und vore<br />
florierende Awaltspraxis…<br />
dazwischen. …wo sech uf Scheidige spezialisiert het…<br />
…weiss natürlech, vo was ig rede.<br />
Jetz wetti wüsse vo dr Frou,<br />
Ässet dir Crevette rou,<br />
U schlöt dr nech dr Ranze vou,<br />
Bis das dr Mage explodiert?<br />
Chiems so wit, de wärs passiert,<br />
Dr Lichewage alarmiert,<br />
Dir im Sarg abtransportiert,<br />
Und ds Grab mit Nidle garniert.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 7 -
Eveline<br />
Jean-Pierre<br />
Reporterin<br />
Jean-Pierre<br />
Jean-Pierre<br />
Eveline<br />
Jean-Pierre<br />
Eveline<br />
Jean-Pierre<br />
Eveline<br />
Jean-Pierre<br />
Eveline<br />
Jean-Pierre<br />
Reporterin<br />
Auso äs isch ja ender äs Familiefescht, wo mir<br />
ungerwägs si häre. Ig fröie mi immer uf die Träffe, wil<br />
me gseht sich ja so sälte, gäll Jean-Pierre.<br />
Äh, ja. Ig bi froh, dass ig minere politische Gsinnig,<br />
dere ig mit mire Kandidatur für die nächschti<br />
entscheidendi Wahl Usdruck verleihe, Usdruck<br />
verleihe cha. Settigi Träffe si füre Zämehalt i üsere<br />
Gsellschaft nid nume wichtig, sondern sehr wichtig…<br />
Ds Fernseh dankt und wünscht viel Glück,<br />
Und chunnt o scho zum nächschte Stück,<br />
Üse Wettbewärb chunnt dra,<br />
Lütet ungeniert üs a.<br />
Uf wiederluege mitenand, merci viel mal.<br />
Souglatt, dass mir dene Fritze vom Fernseh übere Wäg<br />
gloffe si, das isch beschti Gratiswärbig. Weisch<br />
Schatzi, bi de Medie muesch blitzschnäll schalte.<br />
Gits o Scheidigsawält, wo weniger höische als du?<br />
Scheide, o no grad. Wott sech ds Frölein la scheide. A<br />
mini Kandidatur dänksch wieder nid. Du, isch das vori<br />
nid eine vo dine gschtörte Brüeder gsi?<br />
Was isch jetz scho wider los?<br />
Vori, bi de Type mit dr Kamera, das isch doch es<br />
Mitglied gsi vo dire debile Familie.<br />
Jean-Pierre, du chasch vo mire Familie dänke, was du<br />
wosch, das isch mir afe schiisseglich, aber bitte nid hie<br />
und nid hüt Abe. Was meinsch eigentlech, was du<br />
bisch?<br />
Was chan ig derfür, dass dini Brüedere spinne, dini<br />
Mueter suuft und di Vater ä Schlappschwanz isch?<br />
Jean-Pierre!<br />
Scho ir Ordnig, die merke ja nid emal, wenn ig sie<br />
verarsche.<br />
Wer nid ma feschte, isch dernäbe, ohni Fescht<br />
bruchsch o nid zläbe. Machet mit bis üsem<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 8 -
Titel<br />
Partywettwärb. Wählet es ungrads Mal 156 oder wieso<br />
nid grad 157. Hie isch Party u därum geit’s jetz witer<br />
mit dr nächschte Nachricht, wo ne richtige Ufschteuer<br />
isch, chum isch da Veloungerschtang nämlich<br />
ufgschteut gsi da flügt är vom Dach, zmitts i ds Bier,<br />
ganz nach em Motto: «Vom Dach ins Bier, das rat ich<br />
dir». Lütet a für üse Partywettbewärb…<br />
Das eben gezeigte Programm würde wieder von vorne<br />
beginnen. Doch…<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 9 -
Anneliese<br />
Werner<br />
Anneliese<br />
Werner<br />
Anneliese<br />
Werner<br />
Anneliese<br />
Werner<br />
Anneliese<br />
Familiärer Hauptakt<br />
…Werner schaltet den Fernseher ab und<br />
verschwindet ins Off.<br />
nimmt am Tisch Platz, trinkt Whisky. Du Werner,<br />
weisch no, isch dr Clemens eigentlech scho id Schuel<br />
gange, won er d Cherzli vo sim Geburtstagschueche<br />
gässe het? Dr Clemens het soviel gässe, was het dä<br />
immer für ne Hunger gha. Und när het er d Cherzli uf<br />
em Chueche afa ässe, und wo mir derzue si cho, isch es<br />
scho z spät gsi, da het er di Cherze scho aui verschlückt<br />
gha. Weisch no, wien er het Fröid gha, won er us dr<br />
Narkose isch erwachet, und mir alli um sis Spitalbett si<br />
gstande und «Hoch soll er leben» hei gsunge?<br />
Was isch?<br />
Und dr Hans-Ueli, wie het dä albe protestiert, we mer<br />
hei gseit, so jetz geisch i ds Bett, du hesch de nächscht<br />
Jahr wieder Geburtstag: «Ig wott ds ganz Jahr<br />
Geburtstag!» het är gseit und isch ganz truurig worde.<br />
Hesch öppis gseit?<br />
Hoffentlech isch em Jean-Pierre ds Menü rächt. Es isch<br />
so schwirig, ihm’s rächt z’mache. Also a dr Vorspiis<br />
chan er nüt ussetze, aber öb de die Fischcrème zu Brate<br />
und Härdöpfelstock passt. Was meinsch, Werner?<br />
Werner!<br />
Was hesch gseit?<br />
Nüt, ig säge ja nie öppis. Nimmt einen Schluck,<br />
Werner schüttet den Schnaps in die Flasche zurück,<br />
entfernt sich mit der Flasche. Werner! Anneliese steht<br />
auf, sie umarmen sich.<br />
Was isch, was hesch?<br />
Weisch, mängisch mache mir üser Buebe eifach Sorge.<br />
Dr Clemens het geng so ne lääre Blick und dr Hans-<br />
Ueli redt so fantastischs Züüg. Ig weiss eifach nid, was<br />
i irne Chöpf vorgeit.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 10-
Titel<br />
Werner Es isch doch alls ir Ordnig. Mir hei doch alls rächt<br />
gmacht. So ne Geburtstag isch doch ke Grund für<br />
närvös z’wärde. Das lat sech doch la organisiere, wie<br />
alles andere o. Und es isch doch alles tipptopp<br />
organisiert. Dr Tisch isch deckt, ds Ässe isch parat u d<br />
Chärzli stecke ir Turte. Werner bemerkt, dass<br />
Anneliese mit zittriger Hand Crème schöpfen will, er<br />
nimmt ihr den Löffel aus der Hand. Wart doch jetz.<br />
Er gibt Anneliese eine Tablette.<br />
Werner Es isch doch alles, wis sött si. Dr Tisch isch deckt, ds<br />
Ässe isch parat, d Turten isch parat... Hei mer gnue<br />
Wy? Du hesch doch d Chärzli uf Turte da?<br />
Anneliese Ja, aber 95 hei nid Platz gha.<br />
Werner Är merkt’s ja glich nümm. Uf wenn hesch ne bschtelt?<br />
Anneliese Uf di halbi Achti. Sie hei gseit, sie nähme ihn ä Stund<br />
vorhär usem Pflegeprogramm, tüe dr Katheter ernöiere,<br />
d Batterie uswächsle und ds Hörgrät justiere. De sött er<br />
drü Stund funktioniere. Ig weiss würklech nid, für was<br />
dass es no die Frou Marti als Begleitig bruucht. Die<br />
Pflegerin, das isch doch Gältverschwändig.<br />
Werner Mir heis doch immer so gmacht. Es längt doch, we du<br />
für ds Ässe muesch luege. Was üs dr Grossvater<br />
choschtet, das chöi mir üs schliesslech leischte.<br />
Usserdäm si die Schwöschtere immer sehr nätt und<br />
fründlich. Zum Bischpil die vom 90. Geburtstag. Wie<br />
het sie jetz scho wieder gheisse? Denkt nach. Brigitt!<br />
Anneliese Du meinsch d Frou Schneider. Das Mau chunnt de en<br />
anderi, d Frou Marti.<br />
Werner Hesch se scho mal gseh?<br />
Anneliese Nei, wieso? Es klingelt. Gang, leg di fertig a.<br />
Anneliese im Off. Grüessech, Frou Marti.<br />
Susanne Guete Abe, Frou Marthaler.<br />
Anneliese Dir sit ja ganz pünktlech. Sie betreten die Bühne.<br />
Werner Guete Abe.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 11-
Susanne<br />
Werner<br />
Susanne<br />
Werner<br />
Susanne<br />
Werner<br />
Susanne<br />
Werner<br />
Susanne<br />
Anneliese<br />
Grossvater<br />
Anneliese<br />
Grüessech, Herr Marthaler. Nickt zum Grossvater. Wo<br />
chunnt er häre?<br />
Stellet ne doch grad hie häre. Letschts mau han ig<br />
eifach chönne Brigitt säge, geit das bi euch o?<br />
Ig heisse Susanne, aber für euch bin ig bitte d Frou<br />
Marti.<br />
Ja, natürlech, aber mir wei doch nid so förmlech si,<br />
schliesslech sölls ä schöne Abe wärde.<br />
Für mi isch es Arbeitszyt und das wirds o blibe. Es isch<br />
sowieso scho too much, dass ig hüt muess schaffe.<br />
Darf ig euch öppis z’trinke abiete?<br />
Nei, das heisst, mou doch, es Passugger.<br />
Passugger? Mir hei Valser-Wasser.<br />
Scho rächt.<br />
sehr laut zum Grossvater. Grossätti, kennsch mi no?<br />
Mir si geschter übere Friedhof gange. Mir hei dr Marie<br />
no äs Blüemli häregstellt. Versteisch, mir hei em Marie<br />
no äs Blüemli uf ds Grab gstellt. Ja, richtig, när hei mir<br />
no Haldimanns troffe. Di si ufem Grab gsi vom Fritz.<br />
Dä kennsch doch, dr Haldimann Fritz. Dä isch doch o<br />
ne Siebner so wie du. Sit dir nid no zäme im Militär gsi<br />
dr Fritz und du? Weisch dr Fritz, wo ne Ghirntumor het<br />
gha. Das isch ja scho lang här, sider. Versteisch<br />
Grossätti, mir hei em Marie äs Blüemli uf ds Grab<br />
gstellt.<br />
Ja, ja. Dumms Züügs. Das si doch kener richtig<br />
Wintere meh. Alls lö si la kaputt gah, und niemer ma<br />
me schaffe. Ds Marie, die het no möge schaffe. Ja, ds<br />
Marie isch ä Rächti gsi, schaffe het sie möge und<br />
choche. Aber hüt, alls dumms Züg.<br />
Auftritt Clemens.<br />
Clemens, wie geits dir? Du bisch ja immer no so<br />
mager.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 12-
Werner<br />
Susanne<br />
Werner<br />
Susanne<br />
Werner<br />
Susanne<br />
Grossvater<br />
Werner<br />
Jean-Pierre<br />
Eveline<br />
Anneliese<br />
Titel<br />
Tschou Clemens, mir si gar nid sicher gsi, ob du<br />
chömsch. Das isch d Frou Marti, sie luegt zum Vater.<br />
zu Clemens, gehaucht. Hallo. Clemens ignoriert sie.<br />
Nimmsch es Bierli? Clemens nickt. Die andere chöme<br />
sicher o gli. Heit dir dr Wäg guet gfunde, Frou Marti?<br />
Ja, ja kes Problem.<br />
Es isch ja sicher no so ne interessanti Arbeit im<br />
Pflegheim mit all dene alte Lüt. Da chöit dir ja ganz<br />
euem wibleche Instinkt nachegah, ig meine mit all dene<br />
alte Lüt. Gfallts em Vater im Heim? Es muess ihm ja<br />
gfalle, wenn me so guet luegt zu ihm. Gäll, Vater, das<br />
gfallt dir mit dr Frou Marti. Und gsund gseht er us.<br />
zu Clemens. Das dä no läbt, ghört zu de sibe<br />
Wältwunder. Aber das Jahr isch er es paar Mal nach<br />
dranne gsi. Ig gloube, ds Gält für si Geburtstag z’fire<br />
hei die zum letschte Mal usgäh.<br />
Ja, ds Marie. Alls dumms Züüg. Im 44 si üs d<br />
Rosstechine am Bode agfrore, me het sech im Schlaf<br />
nid emal me chönne dräie. Und dr Housi, das Chalb,<br />
het gmeint, de chönme wenigstens so richtig fuule tue<br />
im Schlaf. Isch das es Chalb gsi, dr Housi, er het<br />
gmeint, de heig sich zmingscht ds Schnäbi still, wenns<br />
sowieso nüt z’tüe het. Alls dumms Züüg.<br />
Es klingelt. Jean-Pierre, Eveline und Sheila treten<br />
ein und werden im Off von Anneliese und Werner<br />
empfangen. Lautes Begrüssungs-Stimmengewirr, am<br />
Tisch Schweigen.<br />
Guete Abe, schön euch ds gseh. Grüess di Jean-Pierre,<br />
wie geits dir? Sheila, seisch am Grossvater o sälü. Wie<br />
sie gwachse isch…<br />
Tschou Werner. So, bisch in Form? Es schmöckt ja<br />
scho wieder abrönnt us dr Chuchi use…<br />
Tschou Mueti, wie geits dir, tschou Vati…<br />
Mir chöi grad ässe, dr Hans-Ueli fählt no, süsch simer<br />
itz alli…<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 13-
Jean-Pierre<br />
Werner<br />
Eveline<br />
Jean-Pierre<br />
Werner<br />
Eveline<br />
Jean-Pierre<br />
Werner<br />
Jean-Pierre<br />
Eveline<br />
Jean-Pierre<br />
Anneliese<br />
Jean-Pierre<br />
Anneliese<br />
Eveline<br />
Jean-Pierre<br />
Anneliese<br />
Anneliese<br />
Die Gruppe betritt den Bühnenraum.<br />
Tschou Grossätti. Zu Susanne. Grüessech Frölein, heit<br />
dir scho z’trinke übercho? Wieso het ds Frölein nume<br />
Mineralwasser?<br />
Sie het das dänk so wölle, Jean-Pierre.<br />
Tschou Grossvati. Grüessech, dir sit sicher d Frou<br />
Marti.<br />
Grüess di Clemens. Lueg Werner, ig ha dir da no es<br />
Chischtli Wy mitbracht.<br />
Merci viel mal, das wär würklech nid nötig gsi.<br />
Tschou Clemens.<br />
Sheila, du chasch dert bim Mammi hocke.<br />
Jean-Pierre, wosch es Bier?<br />
Weisch was Werner, bring mir doch es Bier.<br />
Ah ja übrigens wäg de Gschänk, mir hei üs a d<br />
Abmachig ghalte und nüt mitbracht. Dr Jean-Pierre het<br />
no es Chischtli Wy mitbracht, da hei ja aui öppis dervo,<br />
aber süsch hei mir nüt.<br />
Das isch nid dr Red wärt.<br />
Also guet, aber süsch nüt. Är merkt’s ja glich nümm. U<br />
mir wei ja eifach zäme si und ‘s schön ha, das isch ja<br />
eh d Houptsach.<br />
Hie gsehts ja o no us wie immer. Und d Feschtafele<br />
heit dir o wider eis-A härechlepft.<br />
Ja, dr Werner.<br />
Ja, stellet nech vor. D Sheila het geschter protestiert,<br />
üse Ässtisch sigi ds chlin, bi Grossätti und Grossmüeti,<br />
das sigi no ä richtige Tisch, gsesch Sheila, jetz hesch di<br />
Tisch.<br />
Du, Anneliese, hesch mir no en Äschebächer?<br />
Sofort. Hans-Ueli steht plötzlich auf der Bühne.<br />
Hans-Ueli, grüess di. Wo chunnsch de du här?<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 14-
Hans-Ueli<br />
Eveline<br />
Hans-Ueli<br />
Werner<br />
Hans-Ueli<br />
Jean-Pierre<br />
Hans-Ueli<br />
Werner<br />
Hans-Ueli<br />
Anneliese<br />
Hans-Ueli<br />
Jean-Pierre<br />
Eveline<br />
Anneliese<br />
Werner<br />
Titel<br />
Es isch alles richtig, wie’s isch. Hüt het mi Wäg zu<br />
euch eifach über d Chuchi müesse füehre.<br />
Tschou Hans-Ueli.<br />
Tschou Eveline.<br />
Tschou Hans-Ueli.<br />
Tschou Werner.<br />
Wo ds Bier isch, weis er no, trotz Eso-Trip…<br />
unterbricht ihn. Tschou Jean-Pierre.<br />
Hans-Ueli, nimmsch o es Bier?<br />
Nei, merci.<br />
Ja jetz, wo dr Hans-Ueli da isch…<br />
Die Gäste haben am Tisch Platz genommen. Links<br />
Grossvater, dann Susanne Marti, Clemens, Jean-<br />
Pierre, Eveline und Sheila. Rechts aussen schliesslich<br />
Hans-Ueli.<br />
Ig bi nid dr Hans-Ueli, Hans-Ueli, so han ig früecher<br />
mal gheisse.<br />
Ig gloube, dä het sini Bier scho vorhär gha.<br />
Mueti und Vati hei rächt. Jetz wo mir alli zäme si,<br />
chöimer doch afa.<br />
Richtig, d Vorspiis steit scho parat. Äs näme doch alli<br />
Wy, dr Werner schänkt i.<br />
Bedienungs-Choreographie: Anneliese schöpft<br />
Fischcrème, Werner schenkt Wein in die Gläser,<br />
wobei beide immer zuerst den Namen derjenigen<br />
Person aussprechen, die sie bedienen. Werner<br />
beginnt links bei Susanne Marti, Anneliese rechts bei<br />
Hans-Ueli, in der Mitte kreuzen sie sich.<br />
Schliesslich setzt sich Werner an das linke, Anneliese<br />
an das rechteTischende.<br />
Ä Guete mitenand.<br />
Choreographiertes <strong>Auslöffeln</strong>: Die Gruppe löffelt bis<br />
Clemens die Crème ausspeit.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 15-
Jean-Pierre<br />
Anneliese<br />
Eveline<br />
Hans-Ueli<br />
Werner<br />
Susanne<br />
Werner<br />
Eveline<br />
Anneliese<br />
Werner<br />
Grossvater<br />
Anneliese<br />
Grossvater<br />
Dir sit ja schon no originell, mit em Dessert azfah.<br />
Aber was isch das für ne Crème? Exgüse, aber mi<br />
dünkt, die schmöckt nach Fisch.<br />
Jean-Pierre, das isch doch Fisch und kes Dessert.<br />
Pürierti Forälle und Crevettli, das isch doch öppis<br />
Bsunders, ig ha mi äxtra erkundiget.∗<br />
Me lehrt nie us, gäll Jean-Pierre. Ig has uf jede Fall<br />
gärn und d Sheila o.<br />
Ä Fisch, wo si Gstalt so vollständig ibüesst het, isch<br />
das no ä Fisch? Er zaubert einen ganzen Fisch aus<br />
der Crème hervor. Form und Gstalt, Sy und Wärde!<br />
zu Susanne, die nach dem ersten Bissen den Löffel<br />
weggelegt hat. Heit dir scho gnue gha, Frou Marti?<br />
Ja, merci.<br />
Wüsst dir, zum Houptgang gits de öppis Rächts.<br />
Gopf, ig find es ömu guet, we ds Mueti öppis Nöis<br />
usprobiert. Dir sit sälber tschuld, we dir nid uf ä<br />
Gschmack chömet.<br />
Aber es söttes doch alli gärn ha. So nes Familiefäscht,<br />
das isch immer so kompliziert.<br />
Äh, dumms Züg. Was jammerisch die ganzi Zyt. Es<br />
isch doch alles, wies sött si. Mir hocke alli zäme, u dr<br />
Ätti het sech schtiu. Anneliese trinkt Wein. Mir hei ja<br />
no gar nid agstosse. Sie prosten einander zu, mitten<br />
hinein dröhnt der Grossvater.<br />
Äh, dumms Züg, was bruche ig Brot, wen ig Wurscht<br />
ha, het är zum Kadi gseit. Dr ganz Tag het er Würscht<br />
gfrässe.<br />
De chan ig ja jetz abruume…<br />
Isch das es Chalb gsi, dr Housi. Würscht si guet für d<br />
Wurscht, het er gseit, und wo ihm dr Kadi het Brot<br />
abote, het er nume gseit: Was bruche ig Brot, wenn ig<br />
Wurscht ha und öppe no e Schluck Bätziwasser.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 16-
Titel<br />
Jean-Pierre Da han igs mit em Grossvater. Würscht würd ig nid<br />
emal im Chrieg ässe. Ig isse nüt, wo ne Sou düregfurzet<br />
het. Lacht, klopft dem Grossvater auf die Schulter,<br />
Grossvater bricht ebenfalls kurz in Lachen aus.<br />
Grossvater traurig. Ja, ds Marie. Jean-Pierre zündet sich eine<br />
Zigarette an.<br />
Eveline Chasch mit em Rouche nid bis nach em Ässe warte?<br />
Jean-Pierre Anneliese, bringsch no de Äschebächer?<br />
Anneliese Sofort.<br />
Eveline holt den Aschenbecher. Scho guet, Mueti.<br />
Jean-Pierre Dr Ätti het doch sit 50 Jahr ä Hick i sire<br />
Aktivdienschtplatte. Wie haltet dir das nume us<br />
Schwöschter?<br />
Susanne Redet dir mit mir?<br />
Jean-Pierre Ja dänk öppe scho, Schwöschter.<br />
Susanne Ig bi nid Schwöschter, sondern Pflegerin. Usserdäm<br />
heisse ig o für euch Frou Marti.<br />
Jean-Pierre Also, Frou Marti, de säget mir doch mal, was gfallt<br />
euch a euem Bruef?<br />
Susanne Ig weiss nid, es isch halt mi Bruef.<br />
Jean-Pierre Und was gfallt euch nid?<br />
Susanne Ig weiss nid. Zum Bispil di unregelmässige<br />
Arbeitszyte.<br />
Jean-Pierre Da muess dr Fründ öppe mängisch warte, he. Ig kenne<br />
das guet, ig bi o mal ledig gsi.<br />
Eveline Jean-Pierre, merksch eigentlech nid, dass sie gar nid<br />
mit dir ma rede?<br />
Jean-Pierre Oder heit dir öppe gar ke Fründ? Das chan ig mir gar<br />
nid vorstelle, so schön wie dir sit.<br />
Eveline Jean-Pierre, bis so guet.<br />
Jean-Pierre Was isch eigentlech los? Ig sueche ds Gspräch,<br />
integriere mi und bi erscht no nätt. Oder bin ig öppe<br />
nid nätt, Frou Marti?<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 17-
Werner<br />
Füre Houptgang näme mir Rote.<br />
Anneliese steht auf und fängt an, den Hauptgang aufzutragen.<br />
Und d Sheila darf d Cherze azünde uf dr<br />
Geburtstagsturte.<br />
Eveline Hesch ghört Sheila, du darfsch d Cherze azünde.<br />
Sheila Wo si d Gschänk?<br />
Eveline Das han ig dir doch scho hundert Mal gseit, Gschänk<br />
überchunnt dä, wo Geburtstag het.<br />
Sheila Ig wott Gschänk, Gschänk, Gschänk.<br />
Eveline Sheila, du zündisch doch gärn d Cherze a.<br />
Jean-Pierre Dr Papi zündet o gärn Cherze a, chumm Sheila. Jean-<br />
Pierre und Sheila zünden Kerzen auf der<br />
Geburtstagstorte an, die neben dem Grossvater auf<br />
einem Tischchen steht.<br />
Susanne zu Clemens. Was machsch eigentlech du, wenn nid<br />
grad hie muesch hocke? Clemens blickt sie kurz an.<br />
Du redsch nid grad viel.<br />
Hans-Ueli Si Energiefluss isch chrank. Das gseht meh doch uf ä<br />
erscht Blick. Läbe wie siis isch nüt wärt, dunkels<br />
Karma. We dir euch mit emene wertvolle Karma weit<br />
underhalte, so redet mit mir.<br />
Susanne wendet sich ab. Zu sich. So nes Arschloch.<br />
Grossvater Ds Marie, wo isch eigentlech ds Marie?<br />
Anneliese Ässe, trinke, Cherzli azünde, me chunnt gar nid zum<br />
Rede. Eveline verzell doch, wie du so läbsch.<br />
Eveline Eh mol, usgezeichnet. D Sheila isch gsund und wachst<br />
prächtig, und süsch, doch. Ja richtig, dr Jean-Pierre<br />
kandidiert für d Wahle.<br />
Werner Für weli Partei?<br />
Eveline Für weli Partei kandidiersch scho wieder, Jean-Pierre?<br />
Jean-Pierre Da näh mir de ds beschte Angebot.<br />
Eveline Und ja, d Sheila isch ja sit letscht Herbst ir Schuel. Es<br />
gfallt ihre guet und d Lehrerin isch zfriede mit ihre. Sie<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 18-
Jean-Pierre<br />
Anneliese<br />
Werner<br />
Hans-Ueli<br />
Jean-Pierre<br />
Anneliese<br />
Werner<br />
Anneliese<br />
Jean-Pierre<br />
Werner<br />
Anneliese<br />
Eveline<br />
Werner<br />
Anneliese<br />
Werner<br />
Jean-Pierre<br />
Titel<br />
macht würklech voll mit ir Schuel, da klappt also<br />
würklech alles bestens. Ja, und jetz geit sie ja o no i d<br />
Flötestund. Sie het Fröid ar Musig, und viellech tuet sie<br />
üs de no öppis vorflötle, gäll Sheila.<br />
Jetz rede sie scho wider vo dr Schuel.<br />
Hei alli?<br />
Also i däm Fall wünsche ig allne ä Guete.<br />
Die Cherze. Jedi Flamme het ires eigete Läbe. Setzet<br />
euch dr Begägnig mit däm Liecht us, wärdet ä Teil vo<br />
däm Liecht. Liecht. Am Afang isch es fischter gsi. Bi<br />
de Hopi-Indianer het dr gross schwarz Vogel mit sine<br />
wite Schwinge ds Land bedeckt. Ds Afrika si Wolke vo<br />
galoppierende Gnus dr Grund gsi für die primordiali<br />
Finsternis. Und us dere Finsternis isch ds Liecht<br />
bländend usebroche. Die unschiinbare Cherzli hei gnue<br />
Chraft, für üs mit dr grosse Ganz-Zyt vo de erschte<br />
Tage z’verbinde.<br />
äfft Hans-Ueli nach. «Wolke vo galoppierende Gnus.»<br />
So aui zäme a eim Tisch, was git’s Schöners?<br />
Hei no aui Wi?<br />
S hei no aui Wi, Werner. U wie schön am Ätti siner<br />
Cherze brönne.<br />
Gäll, d Sheila und dr Papi hei das prima gmacht.<br />
Süsch eifach mäude, äs het gnue.<br />
Es isch eifach z schön, viel z schön und d Sheila, mis<br />
Grosschind, isch ä richtige Härzchäfer.<br />
Schneebärgers, bi üs ir Wohnig näbedran, die kennet<br />
dir doch o?<br />
Ig ha sie einisch gseh jäte im Garte.<br />
Das isch doch das glückleche junge Paar.<br />
Sie isch no so ne Hübschi, also ig meine, ig weiss, wär<br />
du meinsch.<br />
Ja, vo usse gsehts scho guet us.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 19-
Eveline<br />
Jean-Pierre<br />
Eveline<br />
Jean-Pierre<br />
Eveline<br />
Werner<br />
Anneliese<br />
Eveline<br />
Anneliese<br />
Jean-Pierre<br />
Eveline<br />
Anneliese<br />
Grossvater<br />
Jean-Pierre<br />
Anneliese<br />
Jean-Pierre<br />
Eveline<br />
Anneliese<br />
Sie het ihn verlah. Wäg emene Bouarbeiter, emene<br />
Jugoslaw. Bi dr Fassaderenovation heig är immer so<br />
sehnsüchtig und mit emene truurige Blick dür ds<br />
Chuchifänschter inegluegt. Ja wüsst dir, de verzellt sie<br />
mir o no alles, jedes Detail. Wie d Adere uf sim Bizeps<br />
so erotisch agschwulle sigi, wo är mit sim<br />
Schlagbohrer Löcher i d Wand bohrt heig. Da sigs um<br />
se gscheh. Derbi hei sie doch es Chind, so ne<br />
Schlampe.<br />
Und ihre Ma het es Gschleipf mit dr Sekretärin.<br />
Was luegen ig da no Fernseh, we sich d Souereie vor dr<br />
eigete Hustür abspiele.<br />
Beziehigswis uf em Bougrüst. Du tuesch ja ganz<br />
ufgregt wäge däm.<br />
Me cha doch nid eifach alles häregheie.<br />
Wieso nid? Ig begrife das no, me seit doch, me söll<br />
sine Gfüehl nachegäh, süsch wärd me chrank.<br />
Nei, aber exgüse, stell dir vor, we d Eveline däm Jugo<br />
bim Bohre zuegluegt hätti.<br />
Är het würklech schöni Arme gha, da het d<br />
Schneebärgere scho rächt, und so ne truurige Blick.<br />
Eveline, was verzellsch du da?<br />
Die seit no ganz anders Züüg. Vori het sie sech vo mir<br />
wölle la scheide.<br />
Jean-Pierre, nimm di zäme.<br />
Gäll Eveline, das stimmt nid.<br />
Dumms Züüg, das si kener richtig Wintere meh, und d<br />
Serviertöchter si o nüm zum Aaluege.<br />
Natürlech stimmts.<br />
Aber wieso de?<br />
Ä dummi Luune, nüt Erwähnenswärts.<br />
Ig ha mi Grund gha, mi guet Grund.<br />
Säg scho, das nüt Schlimms passiert isch.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 20-
Titel<br />
Eveline Es isch nüt Schlimms passiert.<br />
Jean-Pierre Es Sprüchli längt, und scho isch sie uf dr Palme.<br />
Anneliese Es Sprüchli?<br />
Eveline Mueti, säg doch. Wie machsch es du, das dr<br />
Härdöpfelstock gäng so sämig usechunnt? Weisch, ig<br />
kenne drum die alte Rezäpt nümme.<br />
Werner Ig schänke mal Wy nache. Zu Hans-Ueli. Nimmsch no<br />
Wy?<br />
Hans-Ueli Schänk i, ig gspüre Spannige und nideri Energie.<br />
Anneliese nachdem sie das Glas hingestreckt und Werner es<br />
nur halb gefüllt hat. Mach voll.<br />
Werner zu Clemens. Du nimmsch sicher no Wy. Frou Marti,<br />
nämet dir o no Wy?<br />
Susanne Ja, ja schänket nume i.<br />
Werner zum Grossvater. Vater.<br />
Grossvater «Alarm, Alarm» het dr Housi gmöget, das Chalb, und<br />
het dr ganz Schlag gweckt mit sim «Alarm, Alarm».<br />
Das isch 42 gsi, da hei d Schwabe wölle cho, aber mir<br />
si parat gsi. «Alarm, Alarm», mir isch ds Bätziwasser<br />
usgloffe.<br />
Susanne Schissdräck, er het sich dr Katheter usgrisse, het öpper<br />
öppis zum tröchne?<br />
Hans-Ueli Rueh, ig bitte um Rueh. Löt nech doch nid so la gah.<br />
Gät nech doch Müeh, wenigstens für füf Minute ä<br />
höcheri Bewusstsyns-Stufe z’erreiche. Nume so chan<br />
ig euch öppis mitteile, was mi witer Wäg betrifft.<br />
Jean-Pierre Hei jetz alli Wy? Süsch numt ig o no echli.<br />
Werner Exgüse, Jean-Pierre, ganz vergässe. Dr Hans-Ueli het<br />
rächt. Was rede mir vo Scheidige. Was rede mir vo<br />
Sache, wo üs nüt agöh. Mir hocke hie zäme, u fire am<br />
Ätti si 95. Geburtstag. Mir si ä aständigi Familie. Alli<br />
hei Wy, alli hei z’Ässe, alles isch tipp-topp.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 21-
Eveline<br />
Anneliese<br />
Werner<br />
Susanne<br />
Jean-Pierre<br />
Eveline<br />
Jean-Pierre<br />
Eveline<br />
Jean-Pierre<br />
Eveline<br />
Grossvater<br />
Jean-Pierre<br />
Anneliese<br />
Werner<br />
Hör doch uf mit dim «tipp-topp». Du spinnsch ja, wenn<br />
du meinsch, i dere Familie sigi alles tipp-topp. Vo de<br />
Aghüratete ganz z’schwige. «Tipp-topp», so ne Chabis.<br />
Nimm di zäme!<br />
Dr Brate isch würklech guet, dä het jetz o d Frou Marti<br />
gärn. Gället, das heit dir gärn, Frou Marti?<br />
Es isch tipp-topp, danke.<br />
Exgüse, aber d Eveline het öppis gseit, wo nid ganz<br />
korrekt isch.<br />
äfft ihn nach. «…öppis, wo nid ganz korrekt isch»?<br />
Ja, du hesch gseit «Vater, du spinnsch». Aber äs si d<br />
Brüeder, wo spinne.<br />
Jean-Pierre!<br />
D Brüedere spinne, d Mueter suuft und dr Vater isch ä<br />
Schlappschwanz, so isch es korrekt.<br />
Jean-Pierre! Sie gibt ihm eine Ohrfeige. Ig hasse di.<br />
Susanne lacht, dann essen alle, mit Ausnahme des<br />
meditierenden Hans-Ueli.<br />
Ja, ja, so ne Brombeeri-Sturm, dä möchts jetz öppe no<br />
verlide und nes Gafé und öppis Brönnts zum Verdoue.<br />
Lied-Choreographie: Der Grossvater beginnt zu<br />
singen, die andern setzen im Refrain leise-zischend<br />
ein:<br />
Äs wott es Froueli z’Märit gah, wott dr Ma deheime la,<br />
tra la la la…<br />
Los Hans du muesch deheime blibe…., muesch de<br />
Hühener d Eier griffe…<br />
Im Ofe si sächs grossi Chüeche…, muesch mer ou zu<br />
dene luege…<br />
Dir sit ja plötzlech alli so still, isch euch dr<br />
Gsprächsstoff usgange?<br />
Jean-Pierre, mängisch weiss me nid, was säge.<br />
Bsunders a Familiefeschter.<br />
Es git hie inne nume eine, wo nid weiss, was er seit.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 22-
Titel<br />
Eveline Jean-Pierre, du entschuldigsch di jetze bi Mueter und<br />
Vater und när isch die Sach erlediget, und mir fyre hie<br />
dä Geburtstag, basta.<br />
Jean-Pierre So, Frou Marti, wie gfallt euch die gmüetlichi<br />
Familiefyr?<br />
Susanne Mini Kolleginne wärde sich totlache, wenn ig das<br />
verzelle.<br />
Eveline Jean-Pierre, du entschuldigsch di jetz und zwar sofort,<br />
es längt ändgültig. Und dir, Frou Marti, was machet dir<br />
eigentlech hie? Wieso chömet dir als<br />
Chrankeschwöschter so ufdonneret derhär und machet<br />
d Manne verruckt? Zu Anneliese. Ig weiss gar nid, für<br />
was dass es no die Pflegerin brucht.<br />
Anneliese Ja, ig has em Werner o scho gseit. Aber er het gmeint,<br />
mir heig es doch letscht Mau o so gmacht, u es längi,<br />
wenn ig mi um ds Ässe müess kümmere.<br />
Eveline Die Pflegerin, das isch doch Gäldverschwändig.<br />
Werner Was dr Grossvater choschtet, das chöi mir üs leischte.<br />
Es isch hie alles tipp-topp, versteisch Eveline, alles<br />
isch hie tipp-topp organisiert. Wieso la ig mir das<br />
überhoupt la biete? Ha, dr Jean-Pierre het rächt. Ig bi ä<br />
Schlappschwanz. Nume ä Schlappschwanz macht so<br />
öppis überhoupt mit.<br />
Eveline Vater!<br />
Anneliese gleichzeitig. Werner!<br />
Werner Nume ä Schlappschwanz ertreit ä settige<br />
Schwigersohn. Nume ä Schlappschwanz secklet jede<br />
Tag uf d Bank, für dert Gäld z’zelle, wo ihm nid ghört.<br />
Und jetz hacke no alli uf dr Frou Marti ume, als öb sie<br />
öppis derfür chönnt, dass sie so schön isch. Ja, Frou<br />
Marti, ig muess euch scho dr ganz Abe aluege.<br />
Eveline Vater!<br />
Anneliese gleichzeitig. Werner!<br />
Werner Dir sit eso schön, und ig weiss gar nid, wie säge, so<br />
härzlech, warm und dernäbe so sälbstbewusst, ä<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 23-
Anneliese<br />
Werner<br />
Susanne<br />
Jean-Pierre<br />
Susanne<br />
Eveline<br />
Hans-Ueli<br />
Grossvater<br />
Eveline<br />
Hans-Ueli<br />
richtigi Prinzässin. Dir sit vil schöner als die<br />
Schwöschter vom letschte Mau. Ig weiss scho gar nüm,<br />
wie die het gheisse. Es isch o ganz glich, wie die<br />
gheisse het. Wenn ig euch aluege, de vergisse ig d<br />
Näme vo allne andere Froue.<br />
Werner!<br />
Ig weiss, dir dänket jetz, ig heig z’vil trunke oder ig sig<br />
ä sentimentale Laferi. Aber es isch mir ärnscht. Dir heit<br />
mi verzouberet. Das han ig euch jetz eifach müesse<br />
säge, Frou Marti.<br />
Ig heisse Susanne. Wenns euch rächt isch, chöit dir<br />
Susanne zu mir säge.<br />
Wenn dir grad am Duzismache sit, ig bi dr Jean-Pierre.<br />
Und ig d Frou Marti, capito.<br />
zur Mutter, die weint. Hör uf gränne. Du muesch doch<br />
jetz nid gränne. Zu den anderen. Bitte, näht euch<br />
zäme, mir blamiere üs ja vor üs sälber. Mir si doch alli<br />
erwachse.<br />
Dir sit alli so längwilig, so flach, so banal. Ig weiss gar<br />
nid, was ig hie no söll…<br />
«Es stinkt, stärnesiech, stinkt das hie inne», het dr Fritz<br />
grüeft. Mit hei alli dr Ranze voll gha mit Ziebelesuppe<br />
und hei alli gfurzet wie d Tüfle. Und wäsche het me<br />
sech ja o nid chönne uf dr Engstligenalp. De hets äbe<br />
gstunke. Und dr Housi, das Chalb, het gmöget: «Das<br />
isch doch schisseglich, wenn’s stinkt. Houptsach, mir<br />
hei warm, wenns dusse chalt isch. Sölls doch stinke.<br />
Furzet doch, nume hü. Es isch scho mänge erfrore, aber<br />
no kene erstunke.»<br />
dazwischen. Frou Marti, stellet dr Grossvater ab.<br />
Stellet dr Grossvater ab. Für das wärdet dir schliesslech<br />
zahlt. Stellet ne ändlech ab.<br />
Ig weiss nid, was ig hie no söll. Ig bi sowieso nume no<br />
cho, für mi ändgültig z’verabschide und euch mini<br />
Abschiedsbotschaft z’übergäh… Steht auf.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 24-
Eveline<br />
Hans-Ueli<br />
Eveline<br />
Anneliese<br />
Eveline<br />
Werner<br />
Anneliese<br />
Werner<br />
Grossvater<br />
Jean-Pierre<br />
Eveline<br />
Sheila<br />
Eveline<br />
Hans-Ueli<br />
Titel<br />
drückt ihn auf den Stuhl zurück. Du badisch das hie<br />
gfälligscht genau so us, wie alli andere o.<br />
Eveline!<br />
Hans-Ueli!<br />
Choreographiertes Namens-Ping-Pong: Das im<br />
ganzen Text häufig als Stilmittel verwendete<br />
Ausrufen der Vornamen wird an dieser Stelle auf die<br />
Spitze getrieben. Wie Tischtennisbälle fliegen die<br />
Namen über den Tisch, werden zurückgespielt,<br />
geschluckt oder fallen zu Boden.<br />
Heit dir alli no z’Ässe? Clemens, du issisch ja gar nüt.<br />
Sie holt die Schnapsflasche auf den Tisch. Dr Jean-<br />
Pierre isch es Ekel, aber er het rächt. Ig wüsst gar nid,<br />
wie igs anders prestierti. Ig wüsst gar nid, wie ig euch<br />
würd ushalte ohni es Glas zwüschdüre. Ässet und<br />
trinket!<br />
Mueter, hör uf mit däm Schnaps. Ig chas nüm aluege.<br />
La se doch. Was nützt jetz das, wenn sie hüt<br />
usnahmswis nid trinkt.<br />
Ja, nät euch use. Ässet, de mingerets.<br />
Für d Geburtstagsturte isch es äuä no ds früech, dir sit<br />
ja no alli am Ässe.<br />
nimmt Susanne an der Hand. Chumm Marie, mir göh<br />
hei.<br />
Ja, de näme mir no chli use vo dere War, damit de<br />
morn d Sunne schint und ‘s nid blitzt und donneret.<br />
Sheila-Schätzi, wosch o no chli?<br />
Ig mues ga gagle.<br />
Was, uf ds WC muesch? De gang doch sälber.<br />
Ig weiss nid, weli böse Energie mi dermit hei wölle<br />
bestrafe, dass ig i die Familie inegebore worde bi. Aber<br />
jetz isch es zum Glück ändgültig verbi dermit. Ig bi<br />
nüm dr Hans-Ueli, o wenn dir mir alli mit stumpfer<br />
Hartnäckigkeit Hans-Ueli säget.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 25-
Anneliese<br />
Hans-Ueli<br />
Susanne<br />
Jean-Pierre<br />
Eveline<br />
Hans-Ueli<br />
Grossvater<br />
Werner<br />
Susanne<br />
Jean-Pierre<br />
Susanne<br />
Werner<br />
Eveline<br />
Grossvater<br />
Susanne<br />
Hans-Ueli, was verzellsch. Du bisch doch üse Hans-<br />
Ueli. Wär wetsch de süsch si?<br />
Dr einzig Mönsch a däm Tisch, wo no öppis cha<br />
begriffe, isch d Frou Marti. Leider isch sie no vo<br />
dunkle Fatalitäte beiflusst, aber ig ha ke anderi Wahl<br />
gha, und ha mi darum entschlosse, mini<br />
Abschidsbotschaft ihre azvertroue.<br />
Was red dä da?<br />
Jetz scharret no ä Dritte vor em gliche Loch, ha ha.<br />
Jean-Pierre, halt dini grusigi Schnure!<br />
Mi Brief ligt under euem Täller, Frou Marti! Susanne<br />
zieht unter ihrem Teller ein goldenes Blatt hervor.<br />
Alarm, Alarm, RAK-Rohr-Agriff! Schlachtgeräusch<br />
mit Maschinengewehr und Bombendetonationen,<br />
evtl. Stroboskop-Einsatz. Ah, Vollträffer! Sani, Sani,<br />
ig verrecke! Greift sich ans Herz, röchelt.<br />
Vater, was isch los?<br />
Schissdräck, o das no.<br />
Was het er?<br />
Er hets doch gseit. Alarm het er, Vollträffer het er,<br />
bäng het er. Zu Werner und Jean-Pierre. Los du hesch<br />
hie, und du hesch a de Bei.<br />
zu Jean-Pierre, weil Grossvaters Kopf auf dem Tisch<br />
festklemmt. Du brichsch ihm ja ds Gnick!<br />
drängt Jean-Pierre weg. Für nüt bisch z’bruche. La mi<br />
häre! Sie kippen den Grossvater so, dass ihm Susanne<br />
eine Spritze in den Hintern geben kann.<br />
Ig mues stärbe. Marie, ig chumme zu dir.<br />
Es isch besser, wenn ig nächschtens mal gah mit ihm.<br />
Dür so ne Afall entladetet sich Batterie schnäller, der<br />
Katheter isch scho wider verrütscht und ig bi irgendwie<br />
o scho ganz müed.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 26-
Titel<br />
Werner Frou Marti, ig meine, Susanne, blibet doch no echli. Es<br />
git ja no Geburtstagsturte u dr Wy isch o no nid<br />
ustrunke.<br />
Eveline Hesch nid ghört. D Batterie si lär. Dr Grossvater muess<br />
zrügg ids Heim, süsch stirbt er üs no vom Tisch wäg.<br />
Jean-Pierre Frou Marti, mi würds o freue, wenn dir no chli würdet<br />
blibe, o wenn dir mi so schlächt behandlet.<br />
Susanne Also guet, no uf es Glesli Wy. Dr Alt het schliesslech<br />
scho viel überläbt, und einisch schlat jedem sis letschte<br />
Stündli, gäll Ätti.<br />
Hans-Ueli Danke, dass dir blibet. Bitte näht jetz mini<br />
Abschiedsbotschaft, damit mir dä Lokus ändgültig chöi<br />
verla. Jean-Pierre nimmt Hans-Uelis Brief, liest und<br />
lacht. Dr Brief isch für d Frou Marti, Jean-Pierre.<br />
Dann immer lauter und eindringlicher, während<br />
Jean-Pierre liest. Jean-Pierre, dr Brief isch für d Frou<br />
Marti! Jean-Pierre, gib mir dr Brief!<br />
Jean-Pierre Nei, das isch ja dr Höhepunkt vom hütige Abe! «Nach<br />
zahlreichen Rückführungs-Settings werde ich nun an<br />
den Heiligen Stätten von Bolimkapumir, Beklipalimor»<br />
- oder so öppis - «darüber meditieren, was dies für<br />
mich bedeutet. Der Flug ist gebucht, Susanne, folge<br />
mir auf dem höheren Weg, der auch aus deiner Aura<br />
spricht».<br />
Eveline Gib ihm dr Brief.<br />
Jean-Pierre Da nimm ne doch. Hans-Ueli stürzt sich auf Jean-<br />
Pierre, schlägt ihn zusammen. Jean-Pierre blutet.<br />
Hans-Ueli Ig ha drigschlage, ig bi gwalttätig, was han ig gmacht?<br />
Hans-Ueli beginnt zu lachen, einige stimmen in sein<br />
Lachen ein. Ig muess gah, Susanne chömet mit mir.<br />
Eveline reisst ihn von Susanne los. Hans-Ueli, nimm Platz,<br />
chumm. Hans-Ueli, gib Rueh. Sie ohrfeigt ihn.<br />
Jean-Pierre La dä Spinner doch la gah, wenn er wott gah.<br />
Eveline Hesch öppis gseit?<br />
Jean-Pierre La dä Spinner doch la gah, wenn er wott gah.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 27-
Eveline<br />
Jean-Pierre<br />
Eveline<br />
Jean-Pierre<br />
Eveline<br />
Jean-Pierre<br />
Eveline<br />
Jean-Pierre<br />
Eveline<br />
Jean-Pierre<br />
Anneliese<br />
Werner<br />
Anneliese<br />
Werner<br />
Jean-Pierre<br />
Eveline<br />
Jean-Pierre<br />
Fahr du doch ändlech ab! Ig ha ändgültig gnue vo dir.<br />
Du chotzisch mi a. Was du hüt abe hesch bote, isch<br />
under jedem Hund. Aber ig muess säge, du bisch nid us<br />
dr Rolle gheit. Genau so ne Chotzbrocke han ig ghürate<br />
und zu mir i ds Bett glah, so grusig. Wenn sie wider uf<br />
em Bougrüscht si, de pfiffe ig mir dr erstbescht<br />
Arbeiter ine. Dä isch im Bett sicher weniger brutal als<br />
du.<br />
Du weisch nümm, was du seisch.<br />
Ig weiss genau, was ig säge. Äs isch us, Jean-Pierre. Ig<br />
la mi la scheide. Scho nächscht Wuche.<br />
Was wosch de mache ohni mi?<br />
Äntlech wieder frei si.<br />
Und mis Awaltsbüro, mi Kandidatur?<br />
Jean-Pierre, du bisch es Chind. Und jetz näme mir däm<br />
Chind alli sini Spilzüg wäg, und nächhär isch es ganz<br />
truurig und verlasse, gäll?<br />
Eveline, gopferdami nomal, das isch ke Witz meh.<br />
So witzig wie jetz grad han igs scho lang nüm gfunde.<br />
Eveline, huäre Siech!<br />
Brutal im Bett, was cha me sich bessers wünsche? Das<br />
isch doch besser, als wenn überhoupt nüt isch, so dass<br />
me nid emal meh weiss, wie me zu sine drü Chind isch<br />
cho.<br />
Susanne, lachet nid.<br />
Brutal, das han ig mir mis Läbe lang gwünscht.<br />
Was hie passiert, isch alles gar nid wahr. Mir hocke<br />
binenand und fyre am Ätti si Geburtstag. Das isch<br />
alles, eifach echli binenang si. Eveline, d Sheila het<br />
doch es Flötestückli vorbereitet für si Urgrossvater.<br />
Dir chöit doch das arme Chind jetz nid la flötle, das<br />
isch ja pervers.<br />
Sheila, tue flötle, hopp.<br />
Wie geisch du mit üsem Chind um.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 28-
Eveline<br />
Hans-Ueli<br />
Anneliese<br />
Hans-Ueli<br />
Anneliese<br />
Hans-Ueli<br />
Grossvater<br />
Eveline<br />
Jean-Pierre<br />
Eveline<br />
Anneliese<br />
Eveline<br />
Titel<br />
D Sheila isch mis Chind. Du bisch höchstens der<br />
Chindsvater und o über das liess sech no stritte.<br />
Ig schmöcke Thymian. Wie dr Tou uf de Blätter glänzt.<br />
D Sunne isch ä grossi, roti Schibe und überschwemmt<br />
mit ihrem Liecht dr Himmel. Und wit obe, ganz wit<br />
obe, lueget di wisse Vögel. Ig ghöre ä Bach rusche. Si<br />
Melodie tuet mir wohl. A däm Bach stöh Zypresse. Dür<br />
die stricht dr Wind, mir isches, als gieng er dür<br />
Orgelpfife. Und dr Himmel vermischt sich mit em<br />
Wasser, und d Musig wird eis mit de Farbe vo däm<br />
Morge, ganz wit wäg, ganz wit wäg vo allem.<br />
berührt ihn. Hans-Ueli, hesch es luschtig?<br />
Wer bin ig?<br />
Du bisch üse Hans-Ueli und fiirisch hie mit üs am Ätti<br />
si füfenünzigscht.<br />
lacht. Das hani befürchtet. Ig bi dr Hans-Ueli und bi<br />
hie mit öich am Fire.<br />
leise. Dumms Züüg, das si doch kener richtige Wintere<br />
meh.<br />
D Sheila het es Flötestückli vorbereitet. Sie het sich<br />
furchtbar gfröit uf dä Abe.<br />
Chumm mir göh hei. Das wird mir alles z’viel, ig halte<br />
das nümme us.<br />
Für ds Flötestück und dr witer Verlouf vo däm Abe<br />
isch d Awäseheit vom muetmassleche Chindsvater<br />
absolut nid erforderlech. Tschüss Jean-Pierre!<br />
Ja, gibs ihm, däm ufblasene Sack. Mach ne fertig,<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
vertschalp ihm sis Schnäggehüsli. Z’Bode mit ihm.<br />
Bisch du würklech brutal im Bett? Zeig, hesch Haar uf<br />
dr Bruscht? Sie geht zu ihm. Ah, ä richtige Gorilla!<br />
Werner zwingt sie auf ihren Platz zurück und<br />
versucht ihr erfolglos eine Tablette zu geben. Werner,<br />
Wy häre! Werner geht in die Küche.<br />
So Sheila, jetz aber hopp, gflötlet wie dr Tüfel. Sheila<br />
bläst ohne Ton in die Flöte.<br />
- 29-
Grossvater<br />
Werner<br />
Eveline<br />
Grossvater<br />
Clemens<br />
laut. Liefere nid lafere.<br />
kommt mit einer Kiste Wein und einem Messer, stellt<br />
die Torte vor den Grossvater hin, bläst die Kerzen<br />
aus. Ig ha dänkt, me chönnt se de mau verschnide. De<br />
isch de när alles gfrässe.<br />
Flötle hani gseit, Sheila, tue jetz flötle. Sheila spielt<br />
auf ihrer Blockflöte, falsch wie der Teufel.<br />
sehr laut. Gopferdami nomal, hört das wohl uf mit däm<br />
gottverdammte Lärm? Ufhöre jetz, sofort, das git ä<br />
Rapport, ä Rapport, verstande? Das isch hie ke<br />
Chindergarte, sondern dr Ärnschtfall, verstande? Drü<br />
Tag Scharfe git das, verstande?<br />
Kompagnie halt! Ischtah! Usrichte! Linksum!<br />
Einerkolonne! Abmarsch! Rueh dert hinde…<br />
Flaschen-Tanz: Mit jedem Befehl des Grossvaters<br />
reicht Werner eine Flasche aus der Kiste an die am<br />
Tisch Sitzenden weiter. Die Flaschen wandern von<br />
einer Person zur nächsten, bis vor allen eine volle<br />
Flasche Wein steht.<br />
klopft an eine Flasche, erhebt sich und gibt seiner<br />
Sprachlosigkeit wortgewaltig Ausdruck. Grossvater<br />
und Werner schlafen während der folgenden Rede<br />
ein. Sehr schön. Vielen herzlichen Dank. Es ist mir<br />
eine Freude und eine Ehre, mich hier in dieser<br />
festlichen Runde zu einem Toast aufgefordert zu sehen,<br />
wiewohl ich nicht blind bin für die Tatsache, dass es<br />
eine von nicht ganz unheiklen Verunreinigungen nicht<br />
ganz freie Verpflichtung bedeutet, den Wunsch nach<br />
einer kleinen Tischrede im Kreise hochgeliebter<br />
Menschen an sich herangetragen zu wissen. Zu meinem<br />
grossen Glück haben meine Vorrednerinnen und<br />
Vorredner mit ihren Toasts die Spur aber schon<br />
gezogen und mich um die Bürde erleichtert, die ein<br />
Entscheid darüber, auf welchem thematischen Terrain<br />
und mittels welcher stilistischer Mittel ich mein Wort<br />
erheben soll, allemal bedeutet. Hans-Ueli hat uns seine<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 30-
Titel<br />
Botschaft übergeben, von Jean-Pierre wissen wir, dass<br />
er kandidiert, von Eveline, dass sie sich scheiden lässt,<br />
von Vater, dass er Frau Marti liebt, von Frau Marti,<br />
dass sie sich gut amüsiert, von Mutter, dass sie säuft<br />
und es im Bett gerne brutal hat.<br />
Ich möchte hier an die Offenheit und den persönlichen<br />
Ton von Hans-Ueli, Jean-Pierre, Eveline, Vater, Frau<br />
Marti und Mutter, der sich in ihren in bekenntnishafter<br />
Manier schimmernden Worten, deren Klang uns einen<br />
schwebenden Augenblick lang tief in uns<br />
hineinhorchen liess, so offenherzig manifestierte,<br />
mutig anschliessen und auch mein Seelenkästlein eine<br />
Spalte breit öffne. Und was findet sich darin? Worte.<br />
Viel Ungesagtes. Seit zwanzig Jahren hätte ich<br />
dringend etwas zu sagen. Oft kitzelten mir die Wörter<br />
auf der Zunge, formten die Lippen schon eine Silbe,<br />
dann hiess es wieder «Ä Guete». Und ich ass, bemerkte<br />
meinen Riesenhunger, leerte den Teller, schöpfte nach<br />
und vergass, was ich sagen wollte. Das Essen legte sich<br />
schwer auf meinen Magen, drückte mich auf den Stuhl<br />
und mir wurde schlecht, weil etwas nicht gesagt war.<br />
Was aber war dies? Manchmal rumpelten Worte durch<br />
meinen Leib, die waren wie Äxte, die einen Wald<br />
umlegen. Sie arbeiteten sich hoch aus dem<br />
Magendschungel und rodeten die Speiseröhre, sie<br />
kappten das Gaumensegel, schabten den Belag von der<br />
Zunge, hangelten über den Kiefer, schlugen ihre<br />
Schneide in zartes Lippenfleisch: Ä Guete, zum Wohl,<br />
Prost. Clemens schiesst mit der Pistole auf Vater und<br />
Mutter - ohne sichtbare Wirkung allerdings.<br />
Werner im Schlaf. Susanne, jetzt git’s de grad d<br />
Geburtstagsturte.<br />
Grossvater ergreift im Schlaf die Hand von Susanne. Hesch ghört<br />
Marie, es het no Turte.<br />
Clemens setzt seine Rede fort. Meine lieben Freundinnen und<br />
Freunde, damit habe ich meine kleine Tischrede in<br />
einer Zeit, die weder Würze, so hoffe ich, noch Kürze<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 31-
Hans-Ueli<br />
Grossvater<br />
Eveline<br />
Susanne<br />
Clemens<br />
Jean-Pierre<br />
Anneliese<br />
Werner<br />
Susanne<br />
Susanne<br />
Jean-Pierre<br />
Clemens<br />
Eveline<br />
vermissen liess, schon ihrem Schluss zugeführt und<br />
erhebe also mein Glas auf unsere kleine, feine<br />
Festgesellschaft. Prosit.<br />
Trink-Choreographie: Clemens nimmt die Flasche,<br />
trinkt einen Schluck. Alle anderen ebenfalls.<br />
Anneliese beginnt, „Zum Geburtstag viel Glück“ zu<br />
singen, die anderen stimmen ein. Nach dem Lied<br />
sitzen alle gelöst und zufrieden auf ihren Stühlen:<br />
Ig bi Gott.<br />
A d Wand stelle.<br />
Ig mache, was ig wott.<br />
Clemens, du bisch geil.<br />
Vielen Dank.<br />
Ig cha alles.<br />
Ig wott Sex.<br />
Läcket mi alli am Arsch.<br />
Der Grossvater kippt ganz leise aus seinem Schlaf<br />
vornüber in die Geburtstagstorte.<br />
fühlt nach seinem Puls. Er isch tot.<br />
Nach einem Moment absoluter Stille fängt Susanne<br />
an zu lachen. Die anderen setzen ein, dann beginnt<br />
Susanne nach der Melodie von «Äs wott es Froueli<br />
z’Märit gah» zu singen:<br />
Är isch nümm vo dere Wält… a wäm verdien ig jetzt<br />
mis Geld, tra la la la… Die Anwesenden setzen im<br />
Refrain ein, reihum erfinden alle eine Strophe zum<br />
Lied, zum Beispiel…<br />
Der Ätti isch jetz ändlech gstorbe… für das wei mir der<br />
Herrgott lobe…<br />
Dr Ätti üses Trampeltier... ‘s hei alli ghofft, dass er<br />
krepier...<br />
Das Feschte hett ihm gäng guet gfaue… drum hett ers<br />
jetz i Turte ghoue…<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 32-
Werner<br />
Anneliese<br />
Susanne<br />
Titel<br />
Em Ätti warte schöni Zyte… für geng im Grab a<br />
Maries Syte…<br />
Fertig ischs mit Ättis Gstürm… wird alles gfrässe vo<br />
de Würm…<br />
Im Chrieg isch är ar Gränze gschtange… jetz isch är<br />
ändlech witer gange…<br />
Die obigen Sätze («Ich bin Gott» etc.) werden von den<br />
Personen im Abgehen und verbunden mit einer<br />
kurzen Verbeugung wiederholt, nur Werner und<br />
Anneliese bleiben auf der Bühne zurück.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 33-
Werner<br />
Anneliese<br />
Werner<br />
Anneliese<br />
Werner<br />
Anneliese<br />
Werner<br />
Anneliese<br />
Werner<br />
Anneliese<br />
Werner<br />
Anneliese<br />
Werner<br />
Anneliese<br />
Werner<br />
Anneliese<br />
Ehelicher Epilog<br />
Was hesch?<br />
Ig weiss nid, irgendwie bin ig so ire komische Stimmig.<br />
Aber wieso de, es isch doch ä schöne Abe gsi.<br />
Ja, schön isch es gsi.<br />
Gäll, ig ha dirs doch gseit. So ne Geburtstag lat sech la<br />
organisiere, wie alles andere o.<br />
Alli a eim Tisch, das gits süsch nume a Beärdigunge.<br />
Richtig, tipp-topp isch alles usecho. Ds Ässe isch rächt<br />
gsi, vom Wy hets gnue gha, u Geburtstagsturte het me<br />
o abe brunge.<br />
U dr Ätti het irgendwie sicher o sini Fröid gha.<br />
Het dir d Frou Marti ä Izahligsschin dagla füre<br />
Grossvater?<br />
Nei, sie het gmeint, es chömm de uf d Monetsrächnig<br />
druf, minus die hütigi Mahlzyt, plus dr zuesätzlech<br />
Batterieverbruch.<br />
Aber het nid d Schwöschter vo letscht Mau, wie het sie<br />
scho nume gheisse, richtig Brigitt…<br />
Du meinsch d Frou Schneider.<br />
Äh, isch ja o glich, wie die gheisse het. Was stürmen ig<br />
gäng vo dene Schwöschtere. Er küsst sie im Aufstehen<br />
und geht ins Off.<br />
Weisch no, wie mer aube mit de Chline si ga schlittle?<br />
Mir hei für jedes ä Schlitte mitgno und da hei sie thront<br />
uf dene Schlitte wie chlini Chönige, chugelrund<br />
verpackt. Und dr Hans-Ueli het chum under sire<br />
Chappe füre gseh.<br />
Was isch?<br />
Dr Hans-Ueli het sech d Chappe geng eso tief i ds<br />
Gsicht zoge, dass er ganz schreg drunder füre blinzlet<br />
het. Und när hei sie sich gägesitig wölle ihänke und als<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
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Werner<br />
Anneliese<br />
Werner<br />
Titel<br />
Schlitteschlange abefahre. Und du hesch gmeint, das<br />
göngi scho, dr Hang sig flach, da chönni nüt passiere.<br />
Hesch öppis gseit?<br />
Und es isch o alles guet gange. Und sie hei Fröid gha<br />
und hei glachet. Und am Abe hei sie Hunger gha und<br />
hei sich ufs Ässe gstürzt. Isch das aube schön gsi.<br />
Schad, dass mir kes Foto hei. Wieso hei mir eigentlech<br />
nie ä Fotoapparat mitgno, Werner? Das hät doch nid vil<br />
ztüe gäh, ä Fotoapparat… Werner? Werner!<br />
Was hesch gseit?<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
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