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Unter einer Decke

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Zum Aufführungsrecht<br />

• Das Recht zur Aufführung erteilt der<br />

teaterverlag elgg, CH-3123 Belp<br />

Tel. + 41 (0)31 819 42 09<br />

www.theaterverlage.ch / information@theaterverlage.ch<br />

Montag - Freitag von 09.00 bis 11.30 Uhr & 13.30 bis 17.00 Uhr<br />

• Der Bezug der nötigen Texthefte - Anzahl Rollen plus 1 - berechtigt<br />

nicht zur Aufführung.<br />

• Es sind darüber hinaus angemessene Tantièmen zu bezahlen.<br />

• Mit dem Verlag ist vor den Aufführungen ein Aufführungsvertrag<br />

abzuschliessen, der festhält, wo, wann, wie oft und zu welchen<br />

Bedingungen dieses Stück gespielt werden darf.<br />

• Auch die Aufführung einzelner Teile aus diesem Textheft ist<br />

tantièmenpflichtig und bedarf <strong>einer</strong> Bewilligung durch den Verlag.<br />

• Bei eventuellen Gastspielen mit diesem Stück, hat die aufführende<br />

Spielgruppe die Tantième zu bezahlen.<br />

• Das Abschreiben oder Kopieren dieses Spieltextes - auch<br />

auszugsweise - ist nicht gestattet (dies gilt auch für<br />

Computerdateien).<br />

• Übertragungen in andere Mundarten oder von der Schriftsprache in<br />

die Mundart sind nur mit der Erlaubnis von Verlag und Verfasser<br />

gestattet.<br />

• Dieser Text ist nach dem Urheberrechtsgesetz vom 1. Juli 1993<br />

geschützt. Widerhandlungen gegen die urheberrechtlichen<br />

Bestimmungen sind strafbar.<br />

• Für Schulen gelten besondere Bestimmungen.<br />

"Es gibt Leute, die ein Theaterstück als etwas "Gegebenes"<br />

hinnehmen, ohne zu bedenken, dass es erst in einem Hirn erdacht,<br />

von <strong>einer</strong> Hand geschrieben werden musste.“<br />

Rudolf Joho


Hansueli Schürer<br />

<strong>Unter</strong> <strong>einer</strong> <strong>Decke</strong><br />

Ein Kriminalstück<br />

Besetzung<br />

Bilder<br />

4 Frauen / 5 Männer + Statisten<br />

Wohn-/Arbeitszimmer / Polizeiposten / Saal in<br />

einem Restaurant<br />

«Deinetwegen habe ich beide verloren.»<br />

Die Polizei verdächtigt den Schriftsteller Paul Sorg des<br />

(Serien-)Mordes an seinen häufig wechselnden, exotischen<br />

Dienstmädchen. Bei ihren Ermittlungen geraten die Polizisten<br />

in den Sog s<strong>einer</strong> jüngsten Roman-Geschichte und landen<br />

schliesslich unter s<strong>einer</strong> Bettdecke. Die Grenzen zwischen<br />

Realität und Fiktion beginnen sich allmählich zu verwischen.<br />

«Leichen sind doch nicht ansteckend.»<br />

© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

elgger schaulust 31


Personen<br />

Paul Sorg<br />

Schriftsteller<br />

Hasret<br />

Dienstmädchen<br />

Luisa<br />

Dienstmädchen<br />

Von Mond<br />

Polizeipräsident<br />

Vreni Läderach<br />

Polizeisekretärin<br />

Petra Süsskind / Magda Kommissarin Mordkommission /<br />

Dienstmädchen<br />

Kari<br />

Fridolin Sachs<br />

Jean Rey<br />

Statisten<br />

Ort<br />

In <strong>einer</strong> Kleinstadt.<br />

Kommissar Mordkommission<br />

Werber<br />

Vater von Paul Sorg<br />

Zuhörer Lesung, Träger<br />

© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 2 -


<strong>Unter</strong> <strong>einer</strong> <strong>Decke</strong><br />

1. Akt<br />

1. Bild<br />

Wohn-/Arbeitszimmer von Paul Sorg<br />

Es ist Nacht. Paul Sorg hört DIE Leitmelodie, wenn<br />

möglich spielt er die Melodie auf dem Klavier, sonst<br />

ab Schallplatte auf altertümlichem Plattenspieler. Er<br />

trägt ein Kostüm s<strong>einer</strong> Mutter aus den 50-iger<br />

Jahren und eine blonde Perücke. Paul Sorgs Gesicht<br />

bleibt undeutlich im Schatten. Nach einiger Zeit<br />

schleicht sich das Dienstmädchen Hasret im<br />

traditionellen Dienstmädchen-Outfit in den Raum,<br />

vom Spiel unwiderstehlich angezogen. Sie kauert sich<br />

vor ihm auf den Boden und klammert sich an ihn.<br />

Paul Verschwinde!<br />

Hasret Ich will, dass du mich endlich anschaust. Kämpft mit<br />

Tränen.<br />

Paul Ich sehe nichts, wenn du dich so eng an mich<br />

klammerst.<br />

Hasret Du hast mich noch nie angeschaut.<br />

Paul würgt sie.<br />

Hasret Du tust mir weh.<br />

Paul Mach endlich Platz!.<br />

Hasret weint. Ich brauche dich.<br />

Paul Komm mir jetzt nicht auf diese Tour! Deinetwegen<br />

habe ich beide verloren. Steht auf, zieht sie hoch. Du<br />

kehrst jetzt gefälligst dorthin zurück, wo du<br />

hergekommen bist. Würgt sie stärker.<br />

Hasret Was machst du mit mir?<br />

Paul Verstehst du noch immer nicht? Ich muss alles<br />

...ungeschehen machen. Würgt sie immer fester.<br />

Hasret gibt wimmernd das Signal zum „Rollen-<br />

Spielabbruch“. Stopp! So war es nicht abgemacht. Ich<br />

bin es doch, Hasret.<br />

© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 3 -


Paul<br />

Das kann jede sagen.<br />

Paul würgt sie stärker, langsam gehen sie zu Boden,<br />

sie auf seinem Schoss. Anschliessend legt er sie auf<br />

den Boden, kämmt sie sorgfältig, schliesst ihr die<br />

Augen und trägt sie hinaus; einige Momente später<br />

kehrt er zurück. Er zieht Mutters Kleid und Perücke<br />

aus und beginnt halbnackt am PC zu arbeiten. Er<br />

bleibt im Halbdunkel, den Rücken gegen das<br />

Publikum gewandt, und schreibt leidenschaftlich in<br />

den PC. Der Text wird aus dem Off ab Band<br />

abgespielt:<br />

„Max Gros war alarmiert, als er sah, wie sie<br />

nacheinander zum einsam gelegenen, blühenden<br />

Apfelbaum auf der Wiese spazierten. Er verschob seine<br />

morgendliche Schreib-Séance, ging ihnen nach und<br />

beobachtete aus sicherer Distanz, wie sich die beiden<br />

lachend und einander liebkosend unterhielten. Seine<br />

Anspannung wich <strong>einer</strong> traurigen Leere und dem ihm<br />

vertrauten Gefühl des Ausgeschlossenseins. Wie<br />

einsam fühlte er sich schon als kl<strong>einer</strong> Junge, wenn er<br />

im Keller den Ratten Gesellschaft leisten musste zur<br />

Strafe, weil er Mutters Lieblingskatze getötet hatte,<br />

während sie sich beim Klavierspiel in ihre Trauer<br />

einschloss. Er würgte die Ratten zu Tode, ohne sich<br />

Rechenschaft darüber abzulegen, warum. Er konnte<br />

sich aus dieser Einsamkeit nur befreien, wenn er sich<br />

dem Gefühl hingab, etwas Besonderes zu sein, ein<br />

Weltverbesserer oder wenigstens ein Schriftsteller.<br />

Selbstmitleid überkam ihn. Wie konnten sie ihn nur so<br />

© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

betrügen! Er legte sich auf den kargen Boden und hatte<br />

nur noch einen Wunsch, im Boden zu versinken und<br />

nie mehr zu erwachen. Er begann zu träumen und fand<br />

sich wieder auf <strong>einer</strong> Wiese. Die Äste des<br />

Apfelbaumes mit all den herrlichen Äpfeln und grünen<br />

Blättern säuselten im Winde. Die Sonne schien<br />

angenehm warm.“<br />

- 4 -


<strong>Unter</strong> <strong>einer</strong> <strong>Decke</strong><br />

Filmeinblendung:<br />

Eva greift nach einem herrlichen Apfel. Adam hält<br />

sie davon ab.<br />

Nach kurzem Black: Paul hat sich inzwischen einen<br />

Morgenrock übergezogen.<br />

Paul erwacht am PC aus seinem Traum, schreit<br />

aufgewühlt. Hasret!<br />

Luisa kommt im Morgenrock. Ich bin Luisa. Hasret ist fort.<br />

Paul Fort?<br />

Luisa Sie haben bei Ihrer Internet-Agentur ein neues<br />

Mädchen bestellt.<br />

Paul Eben war sie noch da. Hat mir Wein gebracht. Trinkt.<br />

Köstlich, gutes Bouquet.<br />

Luisa lacht. Den habe ich Ihnen gestern Abend serviert, Herr<br />

Sorg, wissen Sie nicht mehr, Sie haben mich...<br />

Paul Gewürgt?<br />

Luisa lacht. Wo denken Sie hin, Herr Sorg, Sie haben mich<br />

gekniffen.<br />

Paul Wo?<br />

Luisa dreht ihm ihren Hintern zu, hebt den kurzen Rock.<br />

Hier, Herr Sorg.<br />

Paul Entschuldige.<br />

Luisa Wenn Sie mich kneifen, spüre ich, dass ich noch lebe.<br />

Paul Noch lebe... Wie lange schon?<br />

Luisa 19 Jahre.<br />

Paul Ich meinte wie lange du hier bist.<br />

Luisa Drei Tage.<br />

Paul Und ich habe dich immer für Hasret gehalten.<br />

Luisa lacht. Dabei sehen wir uns kaum ähnlich, wo sie doch<br />

Türkin war.<br />

Paul erschrocken. War?<br />

Luisa Ich meine ja nur, wo sie doch nicht mehr hier ist.<br />

© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 5 -


Paul<br />

Luisa<br />

Paul<br />

Luisa<br />

Paul<br />

Paul<br />

Luisa<br />

Paul<br />

Luisa<br />

Paul<br />

Ich vermisse es... sie.<br />

Sie können ja eine Vermisstenanzeige aufgeben.<br />

schroff. Das habe ich schon getan. Wie immer. Und ich<br />

habe dich also eingestellt?<br />

Erinnern Sie sich denn nicht? Sie sagten, Sie seien<br />

froh, dass ich Brasilianerin bin. Das hätten Sie noch nie<br />

gehabt.<br />

Du bist hübsch. Und sprichst gut deutsch.<br />

Ich hoffe, ich werde dich ein Weilchen ertragen. Kurze<br />

Pause. Worauf wartest du noch?<br />

Sie brauchen mich nicht mehr?<br />

Liebst du Musik?<br />

Was für eine Frage. Ich studiere Gesang und Tanz.<br />

Warte bis ich dir zum Tanz aufspiele.<br />

Er versinkt in sich, trinkt, raucht, macht sich Notizen,<br />

Luisa geht unschlüssig ab. Die Bühne verdunkelt sich<br />

langsam.<br />

© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 6 -


<strong>Unter</strong> <strong>einer</strong> <strong>Decke</strong><br />

Vreni<br />

Von Mond<br />

Vreni<br />

Von Mond<br />

Petra<br />

Von Mond<br />

Kari<br />

Vreni<br />

2. Bild<br />

Polizeiposten<br />

Auf dem Polizeiposten herrscht träge Stimmung. Die<br />

Kommissarin Petra Süsskind hat einen Aktenberg vor<br />

sich und liest während der ganzen Szene darin, unruhig<br />

Zigaretten rauchend. Ihr Kollege Kari arbeitet,<br />

genüsslich Süssigkeiten und Chips essend, angestrengt<br />

am Computer. Die gute Seele Vreni Läderach<br />

kocht und serviert Kaffee. Zum Kaffee wird auch der<br />

Polizeichef Von Mond gerufen, er kommt aus seinem<br />

mit <strong>einer</strong> Glaswand abgetrennten Büro und<br />

beansprucht sofort den ganzen Raum. Während des<br />

Kaffees wird zum kleinen Schwatz weiter gearbeitet.<br />

Immer wieder läutet das Telefon und kommen Faxe.<br />

Chef! Kaffee.<br />

kommt mit Akten in den Händen. Bin schon da.<br />

Trinkt stehend, baut sich immer stehend oder auf den<br />

Schreibtisch sitzend vor s<strong>einer</strong> Ansprechperson auf.<br />

Vorzüglicher Kaffee, Frau Läderach. Was würden wir<br />

nur machen ohne Sie.<br />

Danke, Chef.<br />

Es ist ruhig in letzter Zeit. Umso besser. Endlich Zeit<br />

für die Büroarbeit. Ganz im Sinne der Weisungen der<br />

neuen Frau <strong>Unter</strong>suchungsrichterin. Frau Dr. jur. Leib<br />

und Gut, frisch ab Uni, haha.<br />

Es ist also ruhig geworden bei uns, Chef?<br />

Ich meine ja nur...<br />

auf PC weisend. Einigen Herrschaften wird es in der<br />

Tat schon bald zu ruhig, und zwar 24 Stunden am Tag.<br />

Umbringen sollte man diese... Wie in Amerika. Die<br />

wissen halt noch... ich sage immer, Strafe, wem Strafe<br />

gebührt. Wenn sie dann nur nicht meinen Jakobli Gott<br />

hab ihn selig belästigen, wo er doch jetzt seine<br />

wohlverdiente Ruhe geniesst.<br />

© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 7 -


Von Mond<br />

Kari<br />

Petra<br />

Von Mond<br />

zu Kari. Du kommst also voran, Kari?<br />

zärtlich PC streichelnd, schmatzend. Natalie sei Dank.<br />

Denen wird der Appetit bald vergehen.<br />

Mir ist er längst vergangen.<br />

Wie läuft’s bei Ihnen, Petra?<br />

Petra Es ist zum Kotzen. Und das hier, direkt vor unseren<br />

Augen. Und niemand sieht hin.<br />

Von Mond Wenn Sie Hilfe brauchen, meine Tür ist immer offen.<br />

Petra Danke Chef! Ich schaffe das schon!<br />

Von Mond Ich gebe Ihnen noch eine letzte Frist. Dann will ich den<br />

Bericht auf meinem Schreibtisch. Sonst wird sich Frau<br />

Dr. Leib und Gut einschalten.<br />

Petra Damit sich korrupter Filz schützend über den Fall legt.<br />

Nein danke!<br />

Von Mond Da ist doch noch etwas. Unser berühmter Schriftsteller<br />

Herr ...<br />

Vreni Sorg?<br />

Von Mond hat doch neulich schon wieder eine Vermisstenanzeige<br />

aufgegeben..<br />

Kari Und! Seit wann befassen wir uns mit<br />

Vermisstenanzeigen?<br />

Petra liest aus Akten von Von Mond. Ihm ist bereits das<br />

zweite Dienstmädchen abhanden gekommen.<br />

Kari Auch Schriftsteller brauchen Nahrung..<br />

Vreni Kari!<br />

Von Mond Und niemand weiss etwas über den Verbleib von...<br />

Ach! Schaut Foto an. Dieses niedliche Mädchen..<br />

Petra Hasret... aus der Türkei.<br />

Von Mond Jetzt soll er eine Brasilianerin..<br />

Kari Also Geschmack scheint er zu haben.<br />

Von Mond Was ich sagen wollte: Es gibt Gerüchte. Es ist schon<br />

mysteriös, wie sie einfach so in der Versenkung<br />

verschwinden.<br />

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Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 8 -


Kari<br />

Petra<br />

Von Mond<br />

Kari<br />

Von Mond<br />

Petra<br />

Von Mond<br />

Vreni<br />

Von Mond<br />

Vreni<br />

Von Mond<br />

Vreni<br />

Von Mond<br />

Petra<br />

Vreni<br />

<strong>Unter</strong> <strong>einer</strong> <strong>Decke</strong><br />

Warum sollte er selber eine Vermisstenanzeige<br />

aufgeben, wenn er selber... Handbewegung.<br />

Vielleicht weil er sie vermisst.<br />

Wer kümmert sich darum?<br />

Natalie und ich. Wir knöpfen uns heute noch die<br />

Brasilianerin vor, und wenn es sein muss, den grossen<br />

Schriftsteller persönlich.<br />

Mir wäre lieber, Sie, Petra, würden sich etwas<br />

umhören, diskret, versteht sich, Herr Sorg ist das<br />

Aushängeschild unserer Stadt, und ein guter<br />

Steuerzahler, wir wollen ihn nicht verärgern.<br />

Verstehe, Sie wollen Frau Leib und Gut nicht<br />

verärgern.<br />

zu Vreni. Sie sind doch Präsidentin der Lesegesellschaft.<br />

Wie meinen Sie das?<br />

Findet nicht demnächst wieder eine Lesung mit Sorg<br />

statt?<br />

Warum?<br />

Ich meine ja nur.<br />

errötet. Herr Sorg hat in unserer Lesegesellschaft am<br />

nächsten Freitag-Abend eine Lesung. Ausweichend.<br />

Wollen Sie noch einen Kaffee?<br />

Könnte Frau Süsskind Sie da nicht begleiten?<br />

unwillig von den Akten aufschauend, in die sie<br />

vertieft ist. Mal schauen, Vreni. Zu Kari. Und du<br />

© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

kannst ja einmal Natalie fragen, woher er die Mädchen<br />

bestellt? Wahrscheinlich über eine Agentur. Die<br />

müssten sich doch auch wundern. Zu Vreni. Wenn ich<br />

am Freitag nicht kommen kann, sperren Sie Augen und<br />

Ohren auf.<br />

verlegen. Oh. Ich...? Als Kriminell... äch Kriminalbeamtin...<br />

- 9 -


Vreni<br />

Paul<br />

Paul<br />

- 10-<br />

3. Bild<br />

Lesung im Frohsinn<br />

Die Lesung der Lesegesellschaft findet im Säli des<br />

Restaurant Frohsinn statt; an einem kleinen Tisch<br />

mit <strong>einer</strong> Karaffe mit Wasser und einem Glas sitzt<br />

Paul Sorg.<br />

Auf der Bühne vor dem Vorhang. Vreni Läderach<br />

steht neben ihm. Petra Süsskind sitzt im Publikum.<br />

Vreni Läderach hält eine kurze Begrüssungsansprache.<br />

mitten in Begrüssung. ... Ich freue mich, dass der<br />

Autor uns heute aus seinem neuen Roman „Sündenfall“<br />

vorlesen wird, der an der diesjährigen Buchmesse<br />

herauskommen wird. Er ist darin seinem Grundthema<br />

treu geblieben: Der Suche nach Wahrheit. Mit s<strong>einer</strong><br />

Lesung aus seinem noch unveröffentlichten Manuskript<br />

macht er uns zu Komplizen. Wir begleiten seinen<br />

Romanhelden auf der Suche nach s<strong>einer</strong> Wahrheit.<br />

Danke. Pause. „Eva ist unwiderstehlich in Bann<br />

gezogen von den herrlichen Äpfeln. Adam hält sie<br />

aufgebracht zurück. Die Versuchung, nach dem Apfel<br />

zu greifen, überfällt Eva übermächtig. Auf einmal spürt<br />

sie den sanften Druck <strong>einer</strong> Schlange, die über ihre<br />

Schenkel den ganzen Körper hinauf gleitet. Langsam<br />

umwickelt sie ihren Hals und zischt ihr ins Ohr: Beiss<br />

in den Apfel der Erkenntnis!“<br />

Filmeinblendung:<br />

Adam verwandelt sich in einen etwas älteren Mann<br />

und Eva in eine Frau aus den 50-iger Jahren<br />

(gleiches Kostüm wie 1. Szene). Die Schlange<br />

verwandelt sich in einen Liebhaber, der Eva verführt.<br />

Adam schaut weg.<br />

Applaus von Vreni, Petra, Fridolin Sachs und<br />

weiteren Statisten.<br />

Ich danke Ihnen.<br />

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Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.


Vreni<br />

Sachs<br />

Süsskind<br />

Sachs<br />

Süsskind<br />

Sachs<br />

Süsskind<br />

Sachs<br />

Süsskind<br />

<strong>Unter</strong> <strong>einer</strong> <strong>Decke</strong><br />

gerührt, übergibt ihm Blumen, Küsschen. Ganz, ganz<br />

herzlichen Dank Herr Sorg.. Ich finde keine Worte...<br />

das ..ist wirklich eine andere Dimension. Meine Damen<br />

und Herren, wir treffen uns im Foyer zum Apéro.<br />

Apéro mit Vreni, Sachs, Süsskind, Paul und ev.<br />

Statisten aus dem Publikum. Paul Sorg bleibt allein.<br />

Tongeräusche von einem Apéro. Paul beobachtet die<br />

Leute, insbesondere Petra Süsskind, die in s<strong>einer</strong><br />

unmittelbaren Nähe von einem Mann, der sich als<br />

Fridolin Sachs vorstellt, angemacht wird. Vreni<br />

versucht erfolglos seine Aufmerksamkeit zu<br />

gewinnen. Er wartet auf Luisa.<br />

Sind Sie jetzt auch noch Literaturkritikerin, hahaha?<br />

Das gefällt mir, eine Kommissarin der<br />

Sonderkommission als Literaturliebhaberin.<br />

Sie kennen mich?<br />

anzüglich. Wie man Promis kennt: Aus der Zeitung.<br />

Die Literatur könnte ich eigentlich weglassen. Stösst<br />

mit ihr an. Auf alles Schöne im Leben. Fridolin.<br />

Süsskind.<br />

Frau Süsskind. Überreicht ihr seine Karte. Wissen Sie,<br />

ich bin ein schlichter Mann der Werbung, die hohe<br />

Literatur ist nicht wirklich mein Gebiet. Anderseits, wo<br />

liegt denn der <strong>Unter</strong>schied zwischen Literatur und<br />

Werbung? Beide kitzeln...<br />

unterbricht. Es hat mich gefreut. Schaut auf Karte<br />

und steckt diese achtlos weg. Herr Sachs.<br />

Ich sehe, das wird ein interessantes Gespräch, Frau<br />

Süsskind, Sie sind wirklich eine sehr kluge Frau.<br />

Übrigens, Kompliment, Sie sehen bezaubernd aus. As<br />

Petra Süsskind abweisend schweigt. Jedenfalls müssen<br />

wir das alles noch vertiefen. Vielleicht darf ich Sie<br />

nachher noch zu einem kleinen Souper einladen?<br />

schweigt.<br />

© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 11-


Sachs<br />

Süsskind<br />

Sachs<br />

Süsskind<br />

Sagen Sie, ich habe den Schluss der Lesung nicht ganz<br />

verstanden. Ist die Erkenntnis nicht das Bekenntnis zur<br />

Schlange in uns?<br />

laut für Sorg, der sofort zum Notizbuch greift. Jeder<br />

sieht es auf seine Weise. Sie sind es gewohnt, über den<br />

Zaun zu weiden, stimmt’s, Dominik?<br />

geschmeichelt. Ich werde das Buch jedenfalls kaufen<br />

müssen. In diesem Moment erscheint die äusserst<br />

attraktive Luisa und Sachs starrt sie mit geiferndem<br />

Mund an.<br />

zu sich. Glück gehabt.<br />

Die Gespräche verstummen. Luisa geht auf Paul Sorg<br />

zu und dieser folgt ihr. Die beiden gehen ab, eine erst<br />

stumme und dann aufgeregte Zuhörerschaft<br />

zurücklassend.<br />

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Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 12-


<strong>Unter</strong> <strong>einer</strong> <strong>Decke</strong><br />

Luisa<br />

Paul<br />

Luisa<br />

Paul<br />

Luisa<br />

Paul<br />

Luisa<br />

Paul<br />

Luisa<br />

Paul<br />

Luisa<br />

Paul<br />

4. Bild<br />

Wohn-/Arbeitszimmer von Paul Sorg<br />

Es ist Nacht. Gleiche Situation wie 1. Bild; hier mit<br />

umgekehrten Rollen: Paul Sorg spielt am Klavier,<br />

jetzt in der Rolle des Kindes. Er würgt Luisa, die jetzt<br />

für seine Mutter steht (gleiches Kostüm und Perücke<br />

wie Paul im 1. Bild), als diese zu ihm kommt. Er<br />

klammert sich an sie.<br />

Verschwinde.<br />

Ich will, dass du mich endlich anschaust. Kämpft mit<br />

Tränen.<br />

Ich sehe nichts, wenn du dich so eng an mich<br />

klammerst.<br />

Du hast mich noch nie angeschaut. Klammert.<br />

Du tust mir weh.<br />

Ich brauche dich.<br />

Deinetwegen habe ich beide verloren.<br />

Komm mir jetzt nicht auf diese Tour! Damit kannst du<br />

mich nicht mehr erpressen. Würgt sie.<br />

Was hast du vor?<br />

würgt sie stärker. Verstehst du noch immer nicht? Ich<br />

muss dich... wieder lebendig machen. Damit du mich<br />

endlich siehst.<br />

gibt wimmernd Signal zum Rollen-Spielabbruch.<br />

Stopp! So war es nicht abgemacht. Ich bin es doch,<br />

Luisa.<br />

würgt sie. Das kann jede sagen.<br />

Paul zieht sie eng an sich, bis sie langsam zu Boden<br />

gehen, sie auf seinem Schoss. Er kämmt sie, trägt sie<br />

vor die Tür und kehrt allein zurück (alles genau<br />

gleich wie im 1. Bild mit Hasret).<br />

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Kein Aufführungsrecht.<br />

- 13-


5. Bild<br />

Polizeiposten<br />

Der Polizeichef Von Mond leitet eine Sitzung mit<br />

Petra Süsskind, Kari und Vreni Läderach.<br />

Von Mond Offen gestanden, bin ich etwas beunruhigt. Diese<br />

Brasilianerin ...<br />

Kari ... Luisa.<br />

Von Mond Luisa ist das ...<br />

Petra ... das dritte ...<br />

Von Mond ... dritte Mädchen, das sich in letzter Zeit in Luft<br />

aufgelöst hat.<br />

Kari Oder im Erdboden verschwindet.<br />

Von Mond Was willst du damit sagen?<br />

Kari Nichts, Chef.<br />

Petra Wenn du nichts zu sagen hast, Kari, sagst du besser für<br />

einmal nichts, verstehst du mich?<br />

Von Mond Ich frage mich tatsächlich langsam, ob wir nicht<br />

vielleicht doch etwas tun sollten.<br />

Petra Sie meinen, ob ich etwas tun soll, Chef?<br />

Von Mond Sie waren doch inzwischen an dieser Lesung. Was<br />

hatten Sie für einen Eindruck?<br />

Petra Ich war sehr beeindruckt.<br />

Vreni Und ich erst. Ein Mensch mit solchem Tiefgang, und<br />

wie er liest, jedenfalls ist mir ganz heiss geworden.<br />

Entschuldige, Jakobli.<br />

Kari Natalie und ich sind inzwischen nicht ganz untätig<br />

gewesen. Wir haben seine Spur gewittert.<br />

Von Mond Weiter.<br />

Kari Sowohl Luisa wie Hasret sind von der Internet-Agentur<br />

„Sexy Help“ vermittelt worden. Er musste zum voraus<br />

bezahlen mit s<strong>einer</strong> Kreditkarte. Damit war die Sache<br />

für die Agentur erledigt.<br />

© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 14-


Vreni<br />

Kari<br />

Petra<br />

Kari<br />

Petra<br />

Kari<br />

Petra<br />

Kari<br />

Vreni<br />

Kari<br />

Von Mond<br />

Kari<br />

Von Mond<br />

Petra<br />

Von Mond<br />

Petra<br />

Vreni<br />

Von Mond<br />

Petra<br />

Mehr wissen sie nicht?<br />

So ist es.<br />

Das ist nicht viel.<br />

<strong>Unter</strong> <strong>einer</strong> <strong>Decke</strong><br />

Ausser dass er bereits ein neues Dienstmädchen-<br />

Callgirl bestellt hat. Diesmal ausdrücklich ein blondes.<br />

OK. Ich bewerbe mich bei ihm. Sag der Agentur Sexy<br />

Help sofort, dass sie nicht mehr liefern dürfen, wir<br />

übernehmen das.<br />

Das hat Natalie bereits getan.<br />

Genial.<br />

Danke. Das erste Kompliment, das ich von dir bekomme.<br />

Darauf habe ich sieben Jahre warten müssen.<br />

Ich habe zwar mehr an Vreni als Sexy Help gedacht.<br />

Mich hat niemand gefragt.<br />

immer noch zu Petra. Du und Dienstmädchen...<br />

Mich auch nicht. Ich wollte schon lange intervenieren.<br />

...Da kann unsere Vreni gleich eine verdeckte<br />

Ermittlung machen als Mafia-Boss.<br />

streng. Verdeckte Ermittlungen sind verboten gemäss<br />

Paragraph ...<br />

1778 Ziff. 6 StGB.<br />

... 6 StGB.<br />

Nur für ein paar Tage, Chef, um ihn schön diskret aus<br />

der Nähe zu beschnuppern.<br />

aufgebracht. ... ihn beschnuppern? Das ist viel zu<br />

gefährlich.<br />

Wir müssen uns ans Gesetz von oben halten.<br />

Ausserdem hat Vreni recht. Es ist es zu gefährlich.<br />

Ich bin gross genug, um auf mich aufzupassen, Chef.<br />

Stellen Sie sich lieber die Szene vor, die Ihnen Frau<br />

Leib und Gut machen wird, wenn wir untätig<br />

zuschauen, wie Mädchen um Mädchen spurlos<br />

verschwinden.<br />

© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 15-


Kari<br />

Petra<br />

Von Mond<br />

Vreni<br />

Kari<br />

Von Mond<br />

Petra<br />

Vreni<br />

Petra<br />

Vreni<br />

Von Mond<br />

Vreni<br />

Von Mond<br />

Petra<br />

Von Mond<br />

zu Natalie. Heute verschwindet niemand mehr ohne bei<br />

uns Spuren zu hinterlassen.<br />

Oder wollen Sie bei ihr einen Hausdurchsuchungsbefehl<br />

beantragen?<br />

Keine Chance, ohne Leiche.<br />

Vielleicht könnte doch ich ihn beschnuppern als<br />

Präsidentin der Lesegesellschaft.<br />

Und wenn er Vreni umbringt, haben wir einen Beweis<br />

und eine Leiche. Denn Vreni wird sich nicht einmal als<br />

Leiche in Luft auflösen.<br />

OK Petra. Ich stelle Sie für drei Tage frei. Aber zuerst<br />

will ich Ihren Bericht.<br />

Danke Chef. Der Bericht liegt seit vorgestern Abend<br />

auf Ihrem Schreibtisch.<br />

Nein.<br />

Was sagen Sie?<br />

Gehen Sie nicht.<br />

Kari recherchiert das Leben von Paul Sorg und Frau<br />

Läderach nimmt sein Werk unter die Lupe. Und ich<br />

halte hier die Stellung.<br />

ärgerlich. Dann wird wenigstens hier sicher nichts<br />

passieren. Als Kari und Petra das Lachen nicht<br />

unterdrücken können. Die heutigen Jungen verstehen<br />

absichtlich immer alles falsch. Sehnsüchtig,<br />

abgewandt. Heute müsste man jung sein!<br />

setzt sich eine Aktenhülle spitz auf den Kopf und zieht<br />

© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

seinen Mantel wie einen Rock über. Wenn es nötig<br />

wird, Petra, löse ich Sie nach drei Tagen ab als thailändisches<br />

Dienstmädchen. Er stöckelt dienstbeflissen<br />

herum und spricht fremdländische Wortfetzen in<br />

hohen Tönen piepsend wie ein Vogel.<br />

grob dazwischen fahrend. Aufhören!<br />

verlegen. Ihren Bericht. Ich werde ihn sofort<br />

verschlingen.<br />

- 16-


<strong>Unter</strong> <strong>einer</strong> <strong>Decke</strong><br />

6 . Bild<br />

Wohn-/Arbeitszimmer von Paul Sorg<br />

Morgendämmerung nach durchgearbeiteter Nacht.<br />

Paul Sorg arbeitet zu lauter Musik am PC. Er hat<br />

offensichtlich viel getrunken. Ein Gewitter zieht auf.<br />

Er fürchtet sich. Blitze erhellen den Raum und<br />

treiben Paul in zunehmender Erregung herum. Er<br />

beginnt u.a. im Klavierkasten nach s<strong>einer</strong> Mutter zu<br />

suchen und zu schreien.<br />

Paul Mama. Mama. Mutter..<br />

Paul flüchtet sich schreiend zur Türe, reisst diese auf<br />

- und steht zu seinem riesigen Schrecken vor der mit<br />

<strong>einer</strong> blonden Perücke als strenges Dienstmädchen<br />

hergerichteten Petra Süsskind.<br />

Petra Herr Sorg, mein lieber Schwan, was haben Sie...?!<br />

Paul immer noch panisch. Kommen Sie mich holen?<br />

Petra Nun mal langsam, Herr Sorg. Für wen halten Sie mich?<br />

Paul Sie sind meine Erlösung ...<br />

Petra Ich bin Magda, Ihr Dienstmädchen. Paul zuckt<br />

zusammen. Sie brauchen keine Angst vor mir zu<br />

haben. Meine Agentur hat mir Ihre Annonce<br />

weitergeleitet und mich genau instruiert über Ihre<br />

Vorlieben. Am besten fangen wir gleich an.<br />

Petra zieht Paul ins Zimmer zurück, setzt ihn auf den<br />

Sessel, drückt ihm eine herumliegende Weinflasche<br />

in die Hand und beginnt aufzuräumen.<br />

Petra Trinken Sie und stören Sie mich nicht bei der Arbeit.<br />

Meine Vorgängerin hatte offensichtlich keine Augen<br />

im Kopf. Das kann ja heiter werden.<br />

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Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 17-


Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

2. Akt<br />

1. Bild<br />

Wohn-/Arbeitszimmer von Paul Sorg<br />

Paul schreibt am PC und wird von Petra als Magda,<br />

die tüchtig den Boden aufnimmt und abstaubt,<br />

absichtlich genervt. Petra ist unsicher über seine<br />

Erwartungen und versucht gleichzeitig die Rolle des<br />

Callgirls wie diejenige des Dienstmädchens zu<br />

erfüllen.<br />

Dieser Teppich! Mein lieber Schwan.<br />

schweigt.<br />

Soll ich saugen oder zuerst klopfen?<br />

Gehst du immer so zur Sache?<br />

schüttelt den Teppich aus. Meine Lieblingsdisziplin ist<br />

das Waschen. Mit Magdas Stärke wird die Wäsche<br />

steifer. Schnuppert in die Luft. Was ist das eigentlich<br />

für ein süsslich-bitterer Geruch in diesem Haus?<br />

Ich habe mich daran gewöhnt.<br />

Ich sage immer, eine schmutzige Umgebung ist die<br />

Quelle von schmutzigen Gedanken.<br />

Ich lebe gut damit.<br />

Ihre Umgebung hoffentlich auch.<br />

Das wirst du früh genug feststellen.<br />

Ich werde Ihre Dichtung neu beleben.<br />

Du trägst einen extrem langen Rock.<br />

Gefällt er Ihnen? Unsicher. Wir werden uns nach der<br />

Arbeit sicher etwas vergnügen.<br />

In diesem Haus gibt es kein Vergnügen. Hat dich die<br />

Agentur nicht instruiert?<br />

schweigt verlegen.<br />

zweifelnd. Du heisst doch Magda?<br />

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Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 18-


<strong>Unter</strong> <strong>einer</strong> <strong>Decke</strong><br />

Petra So haben mich meine Eltern getauft. Meine<br />

Vorgängerin, wie hiess sie noch?<br />

Paul Sie heisst immer noch Luisa.<br />

Petra Hat Luisa eigentlich nie geputzt?<br />

Paul Ob sie geputzt hat, ist mir egal. Sie hat Ihren Auftrag<br />

jedenfalls erledigt.<br />

Petra Und warum haben Sie sie gefeuert?<br />

Paul Wollen Sie eine ehrliche Antwort?<br />

Petra Wie Sie wollen, Herr Sorg.<br />

Paul Sie ruht im Keller, mit all den andern.<br />

Petra Herr Sorg! Das gehört sich nicht. Stellt den<br />

Staubsauger an.<br />

Paul explodiert. Raus!<br />

Petra nach längerem Saugen stellt sie den Staubsauger<br />

wieder ab. Immer mit der Ruhe. Ich gehe ja schon. Hat<br />

es Ratten im Keller?<br />

Paul Verschwinde endlich. Oder ich rufe die Polizei.<br />

In diesem Moment klingelt Petras Handy, sie nimmt<br />

es und geht ab. Die Putzsachen nimmt sie mit.<br />

Petra bim Hinausgehen. Hallo... Mutter...<br />

Die Bühne verdunkelt sich, Paul zündet auf seinem<br />

Tisch eine Kerze an. Mitten im Schreiben zückt er<br />

eine Spielpistole und schiesst in die Luft. Magda<br />

kommt aufgeregt auf die Bühne gerannt. Paul sitzt<br />

ruhig am PC.<br />

Paul Du schon wieder? Wegen des Essens musst du dich<br />

doch nicht so beeilen.<br />

Petra Ich hörte einen Schuss.<br />

Paul Die einzige, die hier einen Schuss hat, bist du. Aber<br />

vielleicht kannst du Gedanken hören. In meinem Text<br />

ist eben ein Schuss gefallen!<br />

Petra Entschuldigen Sie. Das ist mir noch nie passiert.<br />

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Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 19-


Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Bist du krank? Aber bitte stirb du mir nicht noch vor<br />

dem Essen. Ich hab nämlich Hunger!<br />

Entschuldigen Sie. Das Essen ist bald bereit. Ab.<br />

ruft ihr nach. Ich muss rasch nach unten, du findest<br />

mich im Keller.<br />

rufend. Im Keller? Was machen Sie dort?<br />

Ich recherchiere. Kommst du mit?<br />

Petra Ich sag immer ...<br />

Paul<br />

Petra<br />

... mein lieber Schwan, geht das wieder los. Da sind<br />

mir selbst die Ratten im Keller lieber. Schlägt laut<br />

krachend Türe zu.<br />

kommt zurück und öffnet Kellertüre, hin und<br />

hergerissen bleibt sie stehen und schliesst die Tür<br />

wieder.<br />

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Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 20-


<strong>Unter</strong> <strong>einer</strong> <strong>Decke</strong><br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

2. Bild<br />

Wohn-/Arbeitszimmer von Paul Sorg<br />

Petra telefoniert mit dem Handy, halb im Off.<br />

Gleichzeitig sinniert Paul am PC vor sich hin. Sie<br />

sind abwechselnd im Licht.<br />

am Handy. Ja Chef.. Nein, er hat mich nicht erkannt.<br />

Er ist ein komischer Kauz und spricht dauernd von<br />

seinen Leichen im Keller... Natürlich hab ich<br />

nachgeschaut, da ist nichts. Er ist nicht so blöd, ...und<br />

wenn schon... Leichen sind doch nicht ansteckend, kein<br />

Grund zur Panik... Sie können mir vertrauen... Mir wird<br />

nichts passieren, wie oft muss ich das noch sagen... Ja<br />

ich weiss, höchstens drei Tage... Das wird genügen.<br />

Ab.<br />

Selbstgespräch, während er am PC arbeitet. Die Frau<br />

Kommissarin höchstpersönlich in meinem Haus.<br />

Magda! Talent als Schauspielerin, alle Achtung. Also<br />

lassen wir das Schauspiel beginnen. Was sich wohl<br />

unter d<strong>einer</strong> Perücke verbirgt? Ein gutes Theaterstück<br />

geht schliesslich unter die Haut... und ich kann deine<br />

ehrliche Haut kaum erwarten.. Wie weit wirst du dich<br />

gehen lassen in d<strong>einer</strong> Besessenheit, mich zu<br />

überführen? Aber zuerst amüsieren wir uns noch ein<br />

bisschen mit Magda. Jetzt kommt mein Vergnügen.<br />

steckt Kopf durch die Türe. Wo darf ich Ihnen den<br />

Kaffee servieren?<br />

Du kommst wie gerufen. Nimmst du den Kaffee mit<br />

mir?<br />

Hier? Holt Kaffee, Sorg holt einen zweiten Stuhl für<br />

sie.<br />

Erzähl mir von d<strong>einer</strong> Mutter.<br />

Da gibt es nicht viel zu erzählen.<br />

Das wenige gibt sicher genügend Stoff ab für einen<br />

Kaffeeklatsch.<br />

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Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 21-


Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Sie hat mich aufgezogen...<br />

Das machen Mütter so.<br />

...und sich aufgeopfert.<br />

Das machen Mütter so.<br />

Ich glaube, sie war etwas einsam..<br />

Sind wir das nicht alle? Hast du auch einen Vater?<br />

schweigt.<br />

Verstehe. Das machen Väter so.<br />

Er wollte, dass ich wie er Ärztin werde und später in<br />

s<strong>einer</strong> Praxis arbeite. Theatralisch. Ich habe ihn<br />

enttäuscht und bin in die Fremde gegangen.<br />

Du bist nicht in der Fremde, du bist bei mir.<br />

Au milieu du monde... ich weiss das schon zu schätzen,<br />

Herr Sorg.<br />

nach längerem Schweigen. Mein Vater hat den<br />

Liebhaber m<strong>einer</strong> Mutter zum Krüppel geschossen. Die<br />

einzige Erwartung m<strong>einer</strong> Mutter an mich war, dass ich<br />

sie in ihrer Trauer nicht stören durfte.<br />

Nein, das ist ja... Das wusste ich nicht. Deshalb sind<br />

Sie Schriftsteller geworden?<br />

Vielleicht. Was sollte ich sonst werden? Ich wollte mir<br />

die Welt neu erfinden.<br />

Und? Ist es Ihnen gelungen?<br />

Ich lebe davon.<br />

Und die Welt?<br />

So wie sich die Dinge entwickeln, kann sie vor die<br />

Hunde gehen, muss aber nicht.<br />

Das interessiert mich. Sagen Sie mir, wovon hängt das<br />

ab, Herr Sorg?<br />

Wenn ich dich eines Tages als Leiche serviert<br />

bekomme...<br />

Nur über meine Leiche, Herr Sorg.<br />

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Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 22-


Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

<strong>Unter</strong> <strong>einer</strong> <strong>Decke</strong><br />

...ist deine Welt vor die Hunde gegangen. Wenn dann<br />

die schöne Kommissarin, der ich kürzlich an <strong>einer</strong><br />

Lesung begegnet bin, vor der Türe steht und deine<br />

Leiche sucht, und mich mit ihren Reizen und ihrem<br />

Scharfsinn fängt, bis ich in ihrer Falle zapple, ist meine<br />

Welt vor die Hunde gegangen. Es könnte aber auch<br />

sein, dass sie in der Falle meines nächsten Romans<br />

zappeln wird, der in meinem Computer entsteht: Wo<br />

sind die beiden Dienstmädchen geblieben? Das ist doch<br />

die Frage, die interessiert, nicht wahr, Magda?<br />

In welche Falle könnte sie tappen?<br />

schmunzelt zweideutig.<br />

mit Überzeugung. Das wird ihr nicht passieren. Dazu<br />

ist sie viel zu professionell.<br />

Was macht dich nur so sicher, meine liebe Magda.<br />

Vergiss nicht, Prominenz ist sexy. Ausserdem kennst<br />

du sie nicht, die Einsamkeit der Kommissarin, abends,<br />

wenn sie sich nicht mehr mit ihrer Arbeit ablenken<br />

kann.<br />

Kann ich Ihnen noch etwas servieren?<br />

Hol mir bitte im Keller einen alten französischen Wein,<br />

Jahrgang 1956.<br />

1956? Ab.<br />

zu sich selbst. Ihr Liebhaber war Franzose. Ich spiele<br />

uns später auf dem Klavier ein kleines Lied zum „vin<br />

en dansant“, wie sie das nannte.<br />

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Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 23-


3. Bild<br />

Polizeiposten<br />

Polizeichef Von Mond, Kari und Vreni Läderach im<br />

Gespräch, während Kari schmatzend am PC und in<br />

einem Stoss von Akten recherchiert, Vreni Läderach<br />

aufgeregt hinter einem Stapel Bücher sitzt und lange<br />

Zeit vergeblich etwas sagen will. Von Mond erwartet<br />

in seinem Büro nervös einen Anruf und bearbeitet<br />

mit Feile und Zähnen seine Fingernägel. Alle trinken<br />

Kaffee.<br />

Von Mond durch die offene Zwischentüre. Warum ruft sie nicht<br />

an? Ich soll ihr vertrauen, aber sie ruft nicht an. Diese<br />

penetrante Eigenwilligkeit, jawohl! Ehrlich gesagt<br />

mach ich mir etwas Sorgen um Petra. Was meint sie<br />

nur, wenn sie sagt, dass Leichen nicht ansteckend sind?<br />

Kari Sie vermuten eine verschlüsselte Botschaft?<br />

Vreni Wenn ich etwas sagen darf...<br />

Von Mond Ja, allerdings. Petra redet nicht einfach so drauflos. Sie<br />

nicht.<br />

Vreni lesend. Der Ärmste... In seinem Jugendroman<br />

„Bekenntnisse eines..<br />

Von Mond Warten Sie. Zuerst muss ich mir klar werden, was Petra<br />

mir sagen will. „Vertrauen Sie mir, Leichen sind nicht<br />

ansteckend.“ Es muss mit der Todesursache zu tun<br />

haben. Zu Vreni. Holen Sie mir bitte einen Kaffee. Ich<br />

muss meine Hirnzellen auf Trab bringen. Aber wie soll<br />

ich etwas machen, wenn Sie mir keine Ergebnisse<br />

liefern?!<br />

Kari sich am essen verschluckend. Chef. Hören Sie: Der<br />

Vater von Herrn Sorg hat den Liebhaber s<strong>einer</strong> Mutter,<br />

Jean Rey, einen Klavierspieler, zum Krüppel<br />

geschossen.<br />

Von Mond Warum sagen Sie das nicht früher?<br />

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Kein Aufführungsrecht.<br />

- 24-


Vreni<br />

Von Mond<br />

Vreni<br />

Von Mond<br />

Vreni<br />

Von Mond<br />

Kari<br />

Von Mond<br />

Vreni<br />

Von Mond<br />

Vreni<br />

Von Mond<br />

Kari<br />

Von Mond<br />

<strong>Unter</strong> <strong>einer</strong> <strong>Decke</strong><br />

entschlossen. Und in den „Bekenntnissen eines<br />

Taugenichts“ schreibt er...<br />

Fakten, Vreni, nicht Literatur sind jetzt gefragt.<br />

Sie haben mich höchstpersönlich beauftragt! ...schreibt<br />

er also, wie die Mutter ihren Sohn von ihrer Trauer<br />

ausgesperrt hat. Er trägt den biblischen Namen Saulus.<br />

So weit können wir jetzt wirklich nicht zurückgehen.<br />

Sonst leistet Petra längst den Engeln Gesellschaft, bis<br />

Sie endlich in der Gegenwart sind.<br />

Ihr Liebhaber war auch Musiker. Eigenartig. Wie im<br />

richtigen Leben. Immer wenn sie zum Andenken an ihn<br />

sein Lieblingsstück gespielt hat, ist ihr Saulus zu<br />

Füssen gelegen, bis sie ihn bemerkt und in den Keller<br />

gesperrt hat... Dort hat er Ratten getötet und später ihre<br />

Lieblingskatzen, um ihre Aufmerksamkeit zu erringen.<br />

Da haben wir es! Mit einem Anflug von Ironie. Und<br />

jetzt tötet er Dienstmädchen, stellvertretend für seine<br />

Mutter. Welch passendes Motiv.<br />

Vergessen wir nicht ganz, dass es Literatur ist. Auch<br />

wenn es Parallelen gibt. Vor allem dürfen wir Petra<br />

nicht vergessen.<br />

empört. Seine Mutter hat ihn also in den Keller<br />

gesperrt... Wie konnte sie nur so unsensibel...<br />

streng. Sie können von Glück reden, das Petra nicht<br />

hier ist. Sie würde Sie geziemend zurechtweisen, an<br />

allem der Mutter die Schuld zuzuweisen.<br />

Vreni, reden Sie nicht so viel und lesen Sie einfach<br />

weiter, wir müssen für einmal schneller sein als das<br />

wirkliche Leben.<br />

Wie Sie wünschen, Chef! Ab.<br />

Und Sie, Kari, suchen den Krüppel, wie hiess er noch?<br />

Jean Rey.<br />

... und laden ihn vor, aber rasch. Vielleicht kann er uns<br />

weiterhelfen. Es geht doch... auch ohne Petra. Aber<br />

warum ruft sie nicht an?<br />

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Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 25-


Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

- 26-<br />

4. Bild<br />

Wohn-/Arbeitszimmer von Paul Sorg<br />

Paul spielt zum „vin en dansant“ auf. Petra (als<br />

Magd) kommt mit der Weinflasche und zwei Gläsern<br />

und wartet. Das Klavierspiel (Leitmelodie)<br />

verselbständigt sich., sie stossen an und tanzen<br />

zusammen. Paul fährt Magda übers Haar, über das<br />

Gesicht und legt die Hände um ihren Hals, drückt<br />

zuerst zaghaft und dann stärker, sie windet sich<br />

lachend und etwas erschrocken. Plötzlich hört die<br />

Musik auf und sie lösen sich voneinander, er bedankt<br />

sich durch eine leichte Verbeugung für den Tanz. Sie<br />

bleiben stehen.<br />

Du hast dich gar nicht gewehrt.<br />

Hätte Ihnen das mehr Kick gegeben? Ich weiss nicht...<br />

diese Melodie... sie ist voller Lebensfreude und stimmt<br />

mich doch so traurig.<br />

ironisch imitierend. Mein lieber Schwan. Was hast du?<br />

Nichts. Ich mache hier nur meinen Job und darf mich<br />

nicht so gehen lassen. Entschuldigen Sie, Herr Sorg.<br />

Setzen Sie sich wieder, ich schenke Ihnen noch ein<br />

Glas Wein ein.<br />

setzt sich in einen Sessel, Petra schenkt ihm ein Glas<br />

ein. Setz dich zu mir... und mach deinen Job. Erzähl<br />

mir von deinem Vater.<br />

Lieber nicht.<br />

Petra<br />

Paul Das gehört auch zu deinem Job bei einem<br />

Schriftsteller. Du musst mich mit Stoffen für meine<br />

Geschichten füttern.<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

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Kein Aufführungsrecht.<br />

Mein Vater würde mich umbringen...<br />

Lass das meine Sorge sein.<br />

Er hat meine Berufswahl nie akzeptiert.<br />

Nicht jede mit einem Abitur in der Tasche wird<br />

Dienstmädchen.


Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

<strong>Unter</strong> <strong>einer</strong> <strong>Decke</strong><br />

Woher wissen Sie das?<br />

Wie sonst hättest du Ärztin werden sollen? Hast du<br />

Geschwister?<br />

Ich hatte einen Bruder. Er ist bei der Geburt gestorben.<br />

Meine Mutter ist nie darüber hinweg gekommen.<br />

Und jetzt macht sie sich Sorgen um dich... und hat<br />

Angst vor dem älteren Herrn...<br />

Woher wissen Sie...?<br />

Ich stelle es mir vor.<br />

Sie glaubt, dass ich... eine Schwäche...<br />

Du gestehst dir selber aber keine Schwächen zu,<br />

stimmt’s?<br />

Vielleicht haben Sie Recht. In m<strong>einer</strong> Stellung kann ich<br />

mir keine Schwächen leisten.<br />

Ich beneide dich, Magda.<br />

Sie? Mich?<br />

Ich hätte auch gern Vater und Mutter gehabt, die etwas<br />

von mir erwarteten. Ich musste sie dazu zwingen...<br />

Zwingen?<br />

schweigt.<br />

Ihr Vater hat den Liebhaber Ihrer Mutter zum Krüppel<br />

geschossen... Haben Sie gesagt?<br />

schroff, kalt. Und was hab ich sonst noch alles<br />

gesagt?! Was du dir nicht alles einbildest in deinem<br />

kleinen Spatzenhirn. In Tat und Wahrheit weiss ich<br />

nicht einmal mit Sicherheit, welcher der beiden mein<br />

biologischer Vater ist. Biologischer Vater! Sozialer<br />

Vater! Und? Was spielt denn das für eine Rolle! Es ist<br />

doch schön, zwei Väter zu haben, geniessen Sie es,<br />

sagte meine Therapeutin. Nein, du irrst dich, Magda,<br />

wenn du mir ein Problem andichten willst, wo keines<br />

ist. Meine Mutter war eine schöne, intelligente und<br />

charmante Frau. Ihr Mann und, so glaubte ich<br />

jedenfalls damals, mein Vater, hat sie geliebt und er hat<br />

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Kein Aufführungsrecht.<br />

- 27-


Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

mich geliebt. Wir hatten immer viele Gäste im Haus.<br />

Ihr Liebhaber war Musiker und hat zum Tanz<br />

aufgespielt, „vin en dansant“ nannte sie die kleinen<br />

Gesellschaften. Mein Vater hat alles für uns getan.<br />

Nein Magda, ich muss dich enttäuschen, ich hatte eine<br />

äusserst glückliche Jugend.<br />

Und es gab keinen Mordversuch?<br />

Du bist nicht zufällig von der Polizei?<br />

zuckt zusammen.<br />

Nein, Natürlich gab es keinen Mordversuch. Wo denkst<br />

du hin. Das gehört ins Reich d<strong>einer</strong> Wunschträume. Ich<br />

soll das also auch gesagt haben in <strong>einer</strong> schwachen<br />

Stunde? Im Gegensatz zu Dir habe ich nämlich viele<br />

schwache Stunden. Ausser wenn ich trinke. Ich saufe<br />

mich stark. Mein Vater, der mich aufgezogen hat, ist<br />

ganz simpel vor ein paar Jahren an Krebs gestorben,<br />

und meine Mutter träumt im Pflegeheim von ihrem<br />

früheren Glanz. Sie hat fast alles losgelassen, ausser<br />

ihre Erinnerungen an die guten alten Zeiten. Kein<br />

Grund so enttäuscht zu gucken, es ist wirklich alles<br />

ganz normal.<br />

Normal? Und wo ist der Klavierspieler geblieben?<br />

Jean... Ich habe ihn nur noch einmal gesehen, seither.<br />

In Tokyo.<br />

In Tokyo... Es ist schwierig, Sie zu verstehen, wenn Sie<br />

mir jedesmal eine neue Geschichte auftischen. Warum<br />

zweifeln Sie daran, dass nicht Ihr sogenannter sozialer<br />

Vater Ihr leiblicher Vater ist, sondern eben dieser<br />

Klavierspieler?<br />

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Kein Aufführungsrecht.<br />

Paul Warum? Warum? Warum? Schnüfflerin! Du<br />

schnüffelst lieber im fremden Dreck herum als in<br />

deinem eigenen.<br />

Petra Und die Dienstmädchen... Beisst sich auf den Mund.<br />

Paul Du lässt nicht locker. Du hättest Kommissarin werden<br />

sollen. Lena Odental lässt grüssen. Schluss jetzt. Wir<br />

- 28-


Petra<br />

Paul<br />

<strong>Unter</strong> <strong>einer</strong> <strong>Decke</strong><br />

haben schon viel zu viel geredet. Reisst ihr die<br />

Perücke vom Kopf. Ende der Vorstellung, Magda! Die<br />

Wahrheit und nichts als die Wahrheit. Besonders wenn<br />

sie so schön und gefährlich ist! Willkommen, Frau<br />

Süsskind. Die Titel-Heldin in meinem neuem Roman.<br />

Mit Doppelbesetzung.<br />

Doppelbesetzung?<br />

Verfolgerin und Opfer in <strong>einer</strong> Person! Oder Retterin<br />

meinetwegen, nenn es wie du willst.<br />

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Kein Aufführungsrecht.<br />

- 29-


Von Mond<br />

Jean Rey<br />

Von Mond<br />

Jean Rey<br />

Von Mond<br />

Jean Rey<br />

Kari<br />

Jean Rey<br />

Von Mond<br />

Jean Rey<br />

Kari<br />

Vreni<br />

Von Mond<br />

Jean Rey<br />

- 30-<br />

5. Bild<br />

Polizeiposten<br />

Von Mond und Kari verhören den früheren<br />

Liebhaber der Mutter von Paul Sorg, Jean Rey, einen<br />

alten verkrüppelten Mann.<br />

Sie haben verstanden, um was es geht, Herr Rey? Wir<br />

verdächtigen Paul Sorg des Mordes an mindestens zwei<br />

s<strong>einer</strong> Dienstmädchen.<br />

mit französischem Akzent. Ich bin alt und ein Krüppel,<br />

aber nicht blöd, Herr Polizeipräsident.<br />

Sagen Sie einfach Von Mond.<br />

Jean.<br />

Unsere beste Kraft für solche Fälle, Frau Petra<br />

Süsskind, ist im Moment als verdeckte Ermittlerin in<br />

seinen Diensten. Sagen Sie...<br />

...kein Wort...<br />

...ohne einen Anwalt?<br />

...ohne ein Bier und eine gute Zigarre. Der Raum hier<br />

ist, entschuldigen Sie, Von Mond, etwas ungemütlich.<br />

schreit. Vreni, ein Bier und eine Zigarre.<br />

Vreni, zwei oder drei Biere und eine Schachtel<br />

Zigarren. Entschuldigen Sie, in meinem Alter muss<br />

man an die Vorsorge denken.<br />

...und Sandwiches.<br />

Stimme aus dem Hintergrund. Ich lese. Ausserdem<br />

bin ich nicht Ihre Serviererin.<br />

Von Mond blickt Kari an, der steht auf und geht ab.<br />

Wir nehmen unser Gespräch auf Band auf für das<br />

Protokoll. Das ist Ihnen doch recht, Jean? Stellt das<br />

Gerät und Mikrofon auf den Tisch.<br />

Bin ich so wichtig für Sie? Vraiment, das hätte ich<br />

Päuli gar nicht zugetraut, dem Kleinen, dass er mal<br />

etwas in die Tat umsetzt. Bis jetzt hat er sich seine<br />

© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.


<strong>Unter</strong> <strong>einer</strong> <strong>Decke</strong><br />

Geschichten nur ausgedacht, und das ist doch kein<br />

Verbrechen, oder? Nimmt das Mikrofon. Es erinnert<br />

mich an meine früheren Bühnenauftritte. Beklopft das<br />

Mikrofon, macht einige Töne und beginnt plötzlich<br />

die Melodie, die Paul immer gespielt hat, zu pfeifen,<br />

und den Rhythmus auf den Tisch zu klopfen. Von<br />

Mond hört fasziniert zu und nimmt die Melodie<br />

instinktiv auf Band auf.<br />

Während des Spiels kommt Kari mit Bier, Zigarren<br />

und Sandwiches zurück. Dem Chef und sich stellt er<br />

ausserdem ein Glas Wasser hin. Nach dem Spiel ist<br />

Rey sichtlich gerührt.<br />

Kari Genial.<br />

Jean Rey Das war das Lied... Ich habe das Lied aus einem<br />

besonderen Anlass Noelle...<br />

Von Mond Wer ist...?<br />

Jean Rey Seine Mutter. ...vorgespielt, als er unbemerkt<br />

hereingekommen sein musste.<br />

Kari Herr Sorg senior?<br />

Jean Rey Er muss gehört haben, wie Noelle mir sagte, dass sie...<br />

Von Mond ...Sie liebt?<br />

Jean Rey Das wusste er. Das wussten alle. Nein, dass sie von mir<br />

schwanger war. Ich sass am Klavier und spielte ihr als<br />

Antwort diese Melodie, die ich aus meinem<br />

unendlichen Glücksgefühl heraus improvisiert habe.<br />

Plötzlich schoss er auf mich. Was übrig geblieben ist,<br />

sitzt vor Ihnen.<br />

Kari Und Paul Sorg? Weiss er, dass Sie sein Vater sind?<br />

Jean Rey trinkt und raucht, ehe er antwortet. Lange Zeit wusste<br />

er es nicht. Ich habe geschwiegen und jahrzehntelang<br />

nichts mehr von Noelle und Päuli gehört. Heute weiss<br />

ich, dass ihm seine Mutter nie die Wahrheit gesagt hat.<br />

Leider können Sie sie nicht mehr fragen.<br />

Kari Lebt sie nicht mehr?<br />

© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 31-


Jean Rey<br />

Von Mond<br />

Vreni<br />

Von Mond<br />

Jean Rey<br />

Kari<br />

Jean Rey<br />

Vreni<br />

Von Mond<br />

Vreni<br />

Von Mond<br />

Vreni<br />

Von Mond<br />

Sie wird für 10’000 Franken monatlich versorgt.<br />

Alzheimer, wissen Sie.<br />

Wieso haben Sie gesagt, heute wüssten Sie, dass ihm<br />

seine Mutter nie die Wahrheit gesagt hat?<br />

Vreni platzt herein und kämpft vor Aufregung mit<br />

den Worten.<br />

Herr Von Mond! Ein SMS von Petra Süsskind... Paul<br />

Sorg hat sie enttarnt.<br />

Verbinden Sie mich sofort mit ihr! Vreni ab, zu Jean<br />

Rey. Erzählen Sie bitte weiter.<br />

Wo waren wir stehen geblieben?<br />

Sie haben gesagt, dass Paul Sorg damals noch nicht<br />

wusste, dass Sie sein Vater sind.<br />

Ja. Richtig. Ich war über ein Jahr lang im Krankenhaus<br />

und danach hatte ich nie mehr Kontakt aufgenommen<br />

zur Familie Sorg.<br />

In diesem Moment platzt Vreni mit dem Mobiltelefon<br />

herein.<br />

Die Combox sagt, dass der Teilnehmer im Moment<br />

nicht gestört werden will.<br />

Ich auch nicht.<br />

Sie können ihr eine Nachricht auf die Combox<br />

sprechen.<br />

ins Telefon. Sie sind per sofort vom Fall abgezogen.<br />

Wer? Ich?<br />

spricht auf Petras Combox. Entschuldigen Sie Petra,<br />

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Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

Vreni bringt hier alles durcheinander. Sie verlassen<br />

jetzt sofort das Haus und verfügen sich ins Präsidium.<br />

In <strong>einer</strong> Stunde eröffne ich unsere Strategiesitzung.<br />

Drückt auf Taste und legt Telefon auf den Tisch,<br />

stolz. So! Es geht doch nichts über eine souveräne<br />

Führung, gerade in schwierigen Situationen. Zu Vreni.<br />

Was machen Sie noch hier? Sie schmeissen jetzt die<br />

Bücher in eine grosse Kiste.<br />

- 32-


Jean Rey<br />

Kari<br />

Jean Rey<br />

Kari<br />

Jean Rey<br />

Von Mond<br />

Jean Rey<br />

<strong>Unter</strong> <strong>einer</strong> <strong>Decke</strong><br />

Seither friste ich mein Dasein als Barpianist in aller<br />

Welt, mal Tokyo, mal New York, mal Berlin Jeden<br />

Abend spiele ich einmal dieses Lied, und spüre das<br />

Glücksgefühl wieder, das ich damals hatte. Eines<br />

Abends in Tokyo klopfte mir nach dem Lied ein Mann<br />

auf die Schultern... Es war Päuli. Ich erzählte ihm alles.<br />

Wir sassen dann den ganzen Abend zusammen in<br />

dieser Bar und tranken, rauchten - und schwiegen.<br />

Wann war das?<br />

Das weiss ich noch genau. Immerhin war es ein<br />

wichtiger Abend in meinem Leben, den ersten Abend<br />

mit meinem Sohn... er war damals schon über fünfzig<br />

Jahre alt. Es war letztes Jahr, am 7. Mai.<br />

am Bildschirm. Bingo. Am 10. Mai im vergangenen<br />

Jahr ist sein erstes Dienstmädchen verschwunden. .<br />

Eine Japanerin. Ihre Name ist Sunshine.<br />

Alle schweigen. Kari füllt sich mit Sandwiches, Rey<br />

trinkt und raucht, Von Mond schluckt süchtig die<br />

Tabletten, die ihm Vreni bringt. Vreni setzt sich mit<br />

einem Buch in die Runde und liest. Nach einiger Zeit.<br />

Die Melodie ist der Schlüssel zu s<strong>einer</strong> Seele – und<br />

vielleicht zu diesem Drama. Konfrontieren Sie ihn mit<br />

ihr, und er wird Ihnen seine Geschichte wie unter<br />

Hypnose erzählen. Trinkt das Bier aus, schafft<br />

peinlich genau Ordnung auf dem Tisch, steckt die<br />

restlichen Zigarren ein. Kann ich jetzt gehen?<br />

Wohin?<br />

Zu meinem Sohn.<br />

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Kein Aufführungsrecht.<br />

- 33-


Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

6. Bild<br />

Wohn-/Arbeitszimmer von Paul Sorg<br />

Es ist Nacht. Petra sitzt an Pauls PC und liest;<br />

zwischendurch gibt sie Zeichen von Überraschung,<br />

Abscheu oder Erschrecken von sich. Paul tigert<br />

gleichzeitig im hinteren Teil des Raumes herum. Er<br />

schleicht hinaus und kehrt nach einiger Zeit mit<br />

Dessous und einem Handy wieder zurück. Er liest<br />

SMS und lacht triumphierend auf, dann schnüffelt er<br />

an den Dessous, lässt die Klaviermusik spielen,<br />

streichelt die Wäsche zärtlich und immer<br />

leidenschaftlicher, bis er sie frustriert zerknüllt.<br />

Schliesslich begibt er sich, die Dessous hinter dem<br />

Rücken verborgen, zum PC, wo Petra immer noch<br />

liest. Paul trinkt während des Gesprächs regelmässig.<br />

Sie sind also geblieben?<br />

Wieso nicht? Die Arbeit – oder soll ich jetzt sagen, das<br />

Vergnügen - fängt doch erst an. Als Paul schweigt,<br />

liest sie ab PC. Luisa ist tot. Ich sehe ihr bleiches<br />

Gesicht vor mir, ihren beinahe zärtlichen Blick, den sie<br />

mir sterbend schenkt.<br />

Sie haben sie rasch gefunden.<br />

Erwürgt. Durch die Hand des Schriftstellers.<br />

Durch die Hand des Romanhelden.<br />

Durch Ihre Phantasie jedenfalls. Als Paul schweigt. Sie<br />

wollen nicht, dass Ihre Literatur gegen Sie verwendet<br />

wird?<br />

Ich habe auch etwas gefunden. Legt die Dessous auf<br />

den Tisch.<br />

Was soll das?<br />

Etwas, das meine Phantasie anregt. Ziehen Sie sie an.<br />

Wenn das zu Ihrer Dienstausrüstung gehört, zur<br />

Überführung alter Lustmörder, ist jetzt der Moment<br />

gekommen.<br />

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Kein Aufführungsrecht.<br />

- 34-


Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Zuerst die Wahrheit.<br />

Welche Wahrheit?<br />

Ihre Wahrheit.<br />

<strong>Unter</strong> <strong>einer</strong> <strong>Decke</strong><br />

Und wenn meine Wahrheit tödlich ist, Petra?<br />

Das gehört zum Berufsrisiko. Dafür werde ich bezahlt.<br />

Du bist mutig, alle Achtung. Und warum bist du noch<br />

hier?<br />

Vielleicht, weil Petra dich kennen lernen will. Jetzt, wo<br />

du Magda fristlos verabschiedet hast. Wie all die<br />

andern.<br />

Petra muss mich überführen.<br />

Das gehört zu deinem Risiko. Mein Leben gegen deine<br />

Freiheit. Ist das nicht ein ausgewogener Spieleinsatz?<br />

Wenn du mich überführst, verlierst du mich an den<br />

Staatsanwalt. Ich glaube kaum, dass du mich vor<br />

Gericht wirklich kennen lernen wirst.<br />

Auch dafür werde ich bezahlt.<br />

Trotzdem ist mir Petra lieber als Magda.<br />

Zu meinem Erstaunen war mir ganz wohl in der Haut<br />

von Magda. Sie ist, entschuldige, sie war so klar in<br />

ihrem Kampf gegen dein Chaos.<br />

Magda imitierend. Mein lieber Schwan!<br />

Das sagt meine Mutter immer. Sie ist Deutsche. Magda<br />

ist ein Teil von mir. Ich hoffe, du wirst Petra ein<br />

bisschen mögen?<br />

Abgesehen von deinem beruflichen Ehrgeiz und<br />

deinem Magda-Putzteufel kenne ich dich ja noch gar<br />

nicht.<br />

Bitte, tu dir keinen Zwang an..<br />

Ich fürchte, dass du deine Arbeit mehr magst als mir<br />

lieb sein kann.<br />

Und deine Opfer, magst du sie? Hast du eine<br />

Beziehung zu ihnen, zu mir, nachdem du mich...<br />

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- 35-


Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Du hältst mich immer noch für einen Mörder. Wie<br />

konnte ich das nur vergessen? Vielleicht inszeniere ich<br />

mein Leben und meine Ritualmorde nur in m<strong>einer</strong><br />

Phantasie? Mir ist zwar nicht immer klar, was realer<br />

ist, meine Phantasien oder das sogenannte wirkliche<br />

Leben. Aus der Sicht der Opfer würde das natürlich<br />

anders aussehen.<br />

Seltsam.<br />

Was?<br />

Es scheint mein Schicksal zu sein, immer wieder das<br />

Opfer von älteren Männern zu werden.<br />

Bis heute hast du sie immerhin heil überstanden.<br />

Profitier ruhig von ihren Erfahrungen. Amüsierst du<br />

dich wenigstens mit ihnen?<br />

Nie für lange. Die meisten haben ihre Ansprüche an<br />

sich selbst im Laufe der Zeit verloren. Und versuchen,<br />

ihre Leere zu füllen mit der Illusion, die sie sich von<br />

mir machen.<br />

Und der Dichter?<br />

Der treibt sich 24 Stunden am Tag in seinem Haus<br />

herum, getrieben von seinen Ansprüchen. Und doch<br />

hinkst du ihnen, wie mir scheint, immer einen Schritt<br />

hinterher. Ich kenne das zur Genüge. Vielleicht ist es<br />

gerade das, was mir an dir gefällt? Als du mir von der<br />

Trauer d<strong>einer</strong> Mutter erzählt hast...<br />

schroff, kalt. Lass Mutter aus dem Spiel.<br />

Entschuldige. Du warst nie verheiratet?<br />

Kommt jetzt die Anamnese? Warum eigentlich nicht.<br />

Zweimal.<br />

Und?<br />

Wo sind die Leichen geblieben, meinst du? Das erste<br />

Mal hab ich einem andern Mann Platz gemacht.<br />

Im Platz machen hattest du ja Übung, seit du als Kind...<br />

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- 36-


Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

<strong>Unter</strong> <strong>einer</strong> <strong>Decke</strong><br />

unterbricht sie schroff. Das zweite Mal... Aber das<br />

steht alles in meinen Büchern.<br />

Mich wirst du nicht so leicht los.<br />

Schliess deine Augen.<br />

schliesst die Augen und blinzelt.<br />

Betrügerin! Du kannst mir vertrauen.<br />

Ich soll dir vertrauen?<br />

Leg dich hier auf den Tisch. Petra legt sich zögernd<br />

auf den Tisch, er verbindet ihr die Augen.<br />

Und jetzt?<br />

Was fühlst du?<br />

Ich sehe dich zum ersten Mal ganz klar.<br />

Und was siehst du?<br />

Du wartest auf deine Rettung.<br />

Und wirst du mich retten?<br />

Das hängt von dir ab.<br />

Und was verlangst du von deinen Opfern? Dass sie<br />

dich lieben und bewundern?<br />

Wer ist hier das Opfer?<br />

Soll ich dir jetzt vorlesen?<br />

ohne Überzeugung. Wie du willst, Paul.<br />

liest, sofort Filmeinblendung.<br />

Ein kl<strong>einer</strong> Junge rennt über die Blumenwiese direkt<br />

auf die schmusenden Eva (Mutter) und die Schlange<br />

(Liebhaber) zu. Im Hintergrund beobachtet Adam<br />

(Vater) erstarrt das Geschehen. Er zieht den Revolver<br />

und schiesst den sich schützend vor Eva und das Kind<br />

stellenden Liebhaber zum Krüppel. Eva stürzt sich<br />

auf ihn, nimmt ihm die Pistole weg und erschiesst<br />

ihn. Der Liebhaber humpelt zu ihr und nimmt ihr die<br />

Pistole ab. Er drückt ihr das Kind in den Arm und<br />

geht mit erhobenen Händen der Polizei entgegen.<br />

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- 37-


Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Ihr Liebhaber nahm die Schuld am Mord an ihrem<br />

Gatten auf sich und büsste mit <strong>einer</strong> siebenjährigen<br />

Gefängnisstrafe ihr Verbrechen. Seither leben wir mit<br />

dieser Lüge.<br />

Ich habe alle deine Bücher gelesen. Ich kenne deine<br />

Trauer und deinen Schmerz.<br />

Mein Erfolgsgeheimnis. Ich wühle in der Trauer<br />

m<strong>einer</strong> Leserinnen und rühre sie mit ihrem eigenen<br />

Psycho-Müll! Ich bringe sie dazu, mit dem Täter<br />

Mitleid zu empfinden, und lasse dennoch die<br />

Gerechtigkeit siegen. Das scheint viele Leserinnen zu<br />

trösten... Immer trunkener. Mein literarischer Beitrag<br />

an die Versöhnung und Toleranz im irdischen Chaos.<br />

Ordnung schaffen. Auch ich habe meine Magda-<br />

Anteile, siehst du. Aggressiv, trinkend. Aber du sollst<br />

mich jetzt besser kennen lernen! Und mich vor allem<br />

nicht dauernd mit m<strong>einer</strong> Literatur verwechseln.<br />

Weshalb liest du mir daraus vor, wenn...?<br />

Vielleicht, um dich zu verführen? Zieht sie grob an<br />

sich und küsst sie.<br />

erwidert den Kuss nach anfänglichem Widerstand.<br />

Zuerst die Dessous. Ich gebe dir im Gegenzug den<br />

ersten Finger <strong>einer</strong> m<strong>einer</strong> Leichen... Betrunken,<br />

begeistert. Du bist schön, intelligent, mutig, zielstrebig.<br />

Ich habe kein Stelleninserat verlangt.<br />

Du bist die perfekte Heldin meines neuen Romans.<br />

Ich hab vorhin die Zusammenfassung gelesen. „Tod<br />

der schönen Kommissarin“.<br />

Und? Nimmt es dir den Kick, wenn du im Voraus<br />

weißt, was dich erwartet? Alle meine Geschichten<br />

enden mit dem Tod. Wenn du willst, ändern wir den<br />

Titel. Verführerisch. Was hältst du davon: „<strong>Unter</strong><br />

<strong>einer</strong> <strong>Decke</strong>“?<br />

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- 38-


<strong>Unter</strong> <strong>einer</strong> <strong>Decke</strong><br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

spielt verführerisch mit den Dessous. Keine Bange.<br />

Das Wissen um die eigene Vergänglichkeit erhöht den<br />

Kick gewaltig!<br />

Schönheit ist unvergänglich.<br />

Noch <strong>einer</strong> mit dieser Illusion.<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Lichtwechsel. Beide liegen ermattet auf dem Boden.<br />

mit gespielter Enttäuschung kokettierend. Es ist ja gar<br />

nichts passiert.<br />

Geduld, Petra. Ich kann nicht einfach so auf Befehl...<br />

ausserdem haben mich deine Erwartungen gelähmt.<br />

Vielleicht kann ich wirklich nur Dienstmädchen ins<br />

Jenseits befördern.<br />

Dann muss ich mich wieder in Magda verwandeln,<br />

damit du Petra erwürgen kannst?<br />

trunken-wirr-durcheinander. Ich weiss nicht, ob es<br />

mit Magda funktioniert. Sie ist so penetrant deutsch.<br />

Ich hätte lieber ein verspieltes, freches, französisches<br />

Dienstmädchen. Keine Angst, ich lauf dir nicht davon.<br />

Ich kann meine vier Wände längst nicht mehr<br />

verlassen. Kein Mord ohne Vorspiel. Wir haben ja<br />

noch viel Zeit.<br />

abgewandt, Blick auf die Uhr. Für den Anfang war es<br />

ganz gut. Aber ich will mehr... von dir. Fürs erste<br />

begnüge ich mich noch mit dem versprochenen Finger<br />

<strong>einer</strong> d<strong>einer</strong> Leichen.<br />

steckt ihr seinen Finger in den Mund.<br />

Mein Appetit nach mehr Leiche steigt gefährlich.<br />

Petra geht zum PC und lässt die Leit-Melodie laufen.<br />

Paul erstarrt.<br />

Woher hast du...?<br />

Kari, mein Kollege, hat sie mir überspielt. Ihn scharf<br />

beobachtend. Beruhige dich. Es wird alles gut.<br />

Woher...?<br />

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- 39-


Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

ihn in den Arm nehmend wie er vormals die<br />

Dienstmädchen. Von deinem Vater.<br />

Von Jean?<br />

Mein Chef hat ihn einvernommen.<br />

Einvernommen?!<br />

Er kommt dich besuchen. Nennt er dich immer noch<br />

Päuli?<br />

Ich hab ihn nur einmal getroffen.<br />

Jetzt haben wir keine Geheimnisse mehr voreinander,<br />

nicht wahr?<br />

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- 40-


<strong>Unter</strong> <strong>einer</strong> <strong>Decke</strong><br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

3. Akt<br />

1. Bild<br />

Ganze Bühne als Schlafraum mit dem PC auf einem<br />

Tisch.<br />

Paul und Petra schlafen nebeneinander unter <strong>einer</strong><br />

riesigen, überdimensionalen (Bett-)<strong>Decke</strong>, welche<br />

fast über die ganze Bühne reicht. Nur ihre Köpfe<br />

schauen hervor. Paul beginnt sich unruhig zu wälzen.<br />

Was hast du?<br />

Ich muss dir ein Geständnis machen.<br />

Muss das sein? Lass uns noch ein wenig schlafen.<br />

Ausserdem ist es eh zu spät für dein Geständnis.<br />

Wendet sich ab.<br />

taucht teilweise unter der <strong>Decke</strong> auf. Weißt du, die<br />

Dienstmädchen... sind keine wirklichen Dienstmädchen,<br />

sondern...<br />

...das weiss ich doch. Sonst wäre ich doch nicht als<br />

Magda zu dir gekommen. Ich verstehe bloss nicht,<br />

warum du zweimal eine Vermisstenanzeige aufgegeben<br />

hast?<br />

Weil ich sie eben vermisse. Danach. In m<strong>einer</strong> Trance.<br />

Die Anzeigen gehören zum Spiel.<br />

kriecht unter der <strong>Decke</strong> zum Hintergrund der Bühne,<br />

und umhüllt sich damit tänzerisch in <strong>einer</strong><br />

musikalisch begleiteten Showeinlage. Zeig mir was du<br />

in d<strong>einer</strong> Trance mit ihnen machst.<br />

zieht wütend an der <strong>Decke</strong>, aus der sie unter vielen<br />

Drehungen ausgewickelt wird bis sie im T-shirt und<br />

Slips vor ihm steht und setzt sie vor die Tür.<br />

kehrt zurück. Du bringst sie also nicht um?<br />

Spinnst du! Ich bringe doch keine Mädchen um.<br />

Kannst du mir irgend einen vernünftigen Grund, ein<br />

Motiv, wie Ihr das nennt, sagen, weshalb ich sie<br />

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- 41-


Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

umbringen sollte? Nein, tut mir leid, ich gestehe<br />

endgültig und zum letzten Mal, dass ich kein Mörder<br />

bin.<br />

Damit muss ich jetzt wohl leben?<br />

Du musst deinen Mörder anderswo suchen. Ironisch.<br />

Wenn du willst, helfe ich dir dabei.<br />

Vielleicht stimmt es ja doch... Kari hat mir gemeldet,<br />

dass Luisa gestern auf dem Polizeiposten eine<br />

Strafanzeige gemacht hat gegen eine ältere Frau, die sie<br />

angeblich zwingen wollte mir ihr zu gehen. Für ihren<br />

Mann, der nicht mehr aufstehen könne. Sie konnte ihr<br />

mit letzter Not entweichen.<br />

Wo soll das passiert sein?<br />

Hier. Sie sei bewusstlos vor deinem Haus gelegen.<br />

Ich kann mir schon vorstellen, wer das sein könnte. Ich<br />

habe eine geheime Verehrerin, die seit dem plötzlichen<br />

Ableben ihres Mannes ihr Auge auf mich geworfen hat.<br />

Schrecklich... Es tut mir leid, Petra, du hast dich<br />

umsonst bemüht.<br />

Du musst mich wirklich nicht umbringen, wenn du<br />

keine Lust hast. Ich wollte dir nur helfen.<br />

schroff, kalt. Ich brauch deine Hilfe nicht. Du bist die<br />

einzige wirkliche Schlampe in diesem Haus.<br />

Verschwinde!<br />

Ich bin nicht die, für die du mich hältst. Ihr Handy<br />

klingelt, ohne dass sie es abnimmt. Ausserdem<br />

kommen sie heute alle hierher. Mein Chef, Kari, Vreni.<br />

Luisa haben sie auch bestellt. Mein Chef will einen<br />

Augenschein mit Rekonstruktion am Tatort machen<br />

und nachstellen, wie Luisa damals vor die Türe gesetzt<br />

worden ist.<br />

ausser sich. Wann siehst du endlich ein, dass ich eine<br />

Nummer zu gross bin für euch bin? Würgt sie, sie<br />

verschwinden beide unter der <strong>Decke</strong>, Bewegungen<br />

eines Kampfes, zuletzt bleibt Petra unter der <strong>Decke</strong><br />

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Kein Aufführungsrecht.<br />

- 42-


<strong>Unter</strong> <strong>einer</strong> <strong>Decke</strong><br />

liegen. Wortfetzen während des Kampfes.<br />

Verschwinde. Ich will nicht, dass du mich anschaust.<br />

Mach endlich Platz. Ich brauche dich nicht. Komm mir<br />

jetzt nicht auf diese Tour. Ich muss alles ungeschehen<br />

machen. Schreit immer lauter, bis Ruhe einkehrt und<br />

die Körper unter der <strong>Decke</strong> sich nicht mehr bewegen.<br />

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- 43-


Paul<br />

Jean Rey<br />

Paul<br />

Jean Rey<br />

Paul<br />

Jean Rey<br />

Paul<br />

Von Mond<br />

Paul<br />

Von Mond<br />

Petra<br />

Paul<br />

2. Bild<br />

Jean Rey erscheint in der Tür und bleibt erschrocken<br />

stehen. Nach einiger Zeit kriecht Paul unter der<br />

<strong>Decke</strong> hervor und sieht seinen Vater.<br />

Jean?!<br />

Päuli. Entschuldige, die Tür war offen.<br />

Willst du mir auch helfen?<br />

auf Petras still liegenden Körper unter der <strong>Decke</strong><br />

zeigend. Lebt sie noch?<br />

Seltsam. Alle halten mich für einen Mörder.<br />

Bist du denn kein Mörder, Päuli? Er zieht die <strong>Decke</strong><br />

zur Seite und kümmert sich um Petra, genau gleich<br />

wie Paul in den ersten Akten um die sich tot<br />

stellenden „Dienstmädchen“.<br />

erträgt den Anblick nicht und schlägt ihm mit seinem<br />

Roman-Manuskript über den Kopf; Jean geht neben<br />

der bewusstlosen Petra zu Boden.<br />

Die Sirenen eines Polizeiautos ertönen. Wenig später<br />

stürmen Von Mond, Kari und Vreni Läderach das<br />

Zimmer. Von Mond und Kari mit gezückter Pistole.<br />

Paul nimmt Petra wie eine Geisel in den Griff. Jean<br />

Rey bleibt unbemerkt unter der <strong>Decke</strong> liegen. Vreni<br />

schnappt sich das Manuskript und setzt sich lesend<br />

halb unter der <strong>Decke</strong> in eine Ecke.<br />

bedroht Paul mit Waffe, schreit hysterisch. Lass sie<br />

sofort los.<br />

Stören Sie uns nicht. Wir sind gerade kurz vor dem<br />

Höhepunkt. Würgt, Petra stöhnt.<br />

Loslassen oder ich schiesse.<br />

Nicht schiessen, Chef. Es ist nicht so, wie Sie meinen.<br />

zu Petra. Komm, verschwinden wir.<br />

Sie verschwinden unter der <strong>Decke</strong>, Von Mond hetzt<br />

ihnen nach, plötzlich kracht ein Schuss und die<br />

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Kein Aufführungsrecht.<br />

- 44-


<strong>Unter</strong> <strong>einer</strong> <strong>Decke</strong><br />

<strong>Decke</strong> „verfärbt“ sich rot. Die andern verschwinden<br />

auch unter der <strong>Decke</strong> und ein wildes Durcheinander<br />

entsteht, man hört Von Mond wimmern.<br />

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Kein Aufführungsrecht.<br />

- 45-


Luisa<br />

Sachs/Statist<br />

Paul<br />

Luisa<br />

Paul<br />

Luisa<br />

Paul<br />

Paul<br />

3. Bild<br />

Luisa in schwarzem Lederanzug. wird von Fridolin<br />

Sachs und einem Statisten auf <strong>einer</strong> Sänfte<br />

hereingetragen. Vreni erschrickt und verbirgt sich<br />

unter der <strong>Decke</strong>.<br />

Hola. Steigt ab und geht in den Raum. Zu den beiden<br />

Trägern. Ihr wartet da!<br />

Jawohl, Signora Luisa.<br />

kriecht unter dem Tuch hervor und starrt sie an.<br />

Wie ich sehe, platzen wir gerade mitten in Ihre SM-<br />

Party. Mit neuem Programm. Wie Sie wollen. Der<br />

Kunde ist König. Solange er cash bezahlt. Schaut<br />

unter die <strong>Decke</strong>.. Shit! Das ist gegen die Spielregeln.<br />

Da liegt <strong>einer</strong> mit einem angeschossenen Bein, eine<br />

Frau ist bewusstlos und <strong>einer</strong> frisst sich schamlos zu<br />

Tode. Mit der da mit dem dicken Schmöcker hatte ich<br />

bereits das Vergnügen. Ein alter Krüppel pennt seinen<br />

Rausch aus. Die halbe Stadt! Da haben Sie tief in die<br />

Tasche gegriffen, Sorg.<br />

Auf Kosten der Steuerzahler. Eine staatlich subventionierte<br />

Inszenierung. Das kommt heutzutage nur<br />

noch in den besten Häusern vor! <strong>Unter</strong> m<strong>einer</strong> Bettdecke<br />

liegt die vollständig versammelte Mordkommission<br />

dieser ehrwürdigen Stadt auf der Suche<br />

nach ihrem Mörder. Der alte Penner ist mein Vater.<br />

Und wie geht es jetzt weiter? Bringen Sie heute mich<br />

um, oder soll ich Sie?<br />

Zuerst müssen wir den Polizeichef samt Anhang vor<br />

die Tür setzen. Soll er seinen Augenschein haben und<br />

die Rekonstruktion der Tat am eigenen Leib spüren.<br />

Schnapp ihn und verpasst ihm ein ordentliches<br />

Erziehungsprogramm.<br />

Luisa gibt ihren Begleitern einen Wink.<br />

Warte noch.<br />

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Kein Aufführungsrecht.<br />

- 46-


Luisa<br />

Paul<br />

Luisa<br />

Paul<br />

Petra<br />

Luisa<br />

Paul<br />

Vreni<br />

Paul<br />

Vreni<br />

Luisa<br />

Sachs/Statist<br />

Von Mond<br />

Luisa<br />

Von Mond<br />

<strong>Unter</strong> <strong>einer</strong> <strong>Decke</strong><br />

Auf einen Wink von Luisa kehren die Männer auf<br />

ihre Plätze zurück. Kari schleicht sich an den<br />

Computer auf Pauls Arbeitstisch.<br />

Und was machen wir mit Ihrem Vater?<br />

Der hat ein Leben lang gesoffen und gepennt, da<br />

kommt es auf ein paar Minuten mehr oder weniger<br />

nicht an.<br />

auf Vreni deutend. Nehmen Sie sich in Acht vor der<br />

Graumaus dort. Stille Wasser gründen tief.<br />

Sie ist meine Chronistin. Holt mir zuerst die<br />

Kommissarin ins Leben zurück. Passt auf, sie ist etwas<br />

geschwächt.<br />

Auf einen Wink von Luisa holen ihre Männer die<br />

schwankende Petra unter der <strong>Decke</strong> hervor.<br />

Mein Chef hat sich selber ins Bein geschossen.<br />

Immer dasselbe. Die Typen können einfach nicht<br />

warten.<br />

mit Blick auf den fressenden Kari am Computer. Dein<br />

Kollege sucht die Wahrheit auch in meinem PC.<br />

taucht unter der <strong>Decke</strong> auf mit dem Manuskript.<br />

zu Vreni. Wie geht die Geschichte weiter? Lesen Sie<br />

endlich!<br />

mit Blick auf Manuskript. Achtung. Von Mond ist<br />

immer noch bewaffnet.<br />

zu ihren Trägern. Holt ihn.<br />

Jawohl, Signora Luisa.<br />

Die <strong>Decke</strong> zieht sich zu einem riesigen Klumpen<br />

zusammen und daraus windet sich mit grösster<br />

Anstrengung und unter starken Schmerzen Von<br />

Mond, an den Armen gestützt von den Männern.<br />

Zuerst erblickt er Luisa.<br />

Schön dass du unserer Vorladung Folge leistest.<br />

Warum nicht, zur Abwechslung.<br />

Wo ist dieser verfluchte...<br />

© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 47-


Paul<br />

Von Mond<br />

Petra<br />

Kari<br />

Paul<br />

Von Mond<br />

Luisa<br />

Von Mond<br />

Luisa<br />

Von Mond<br />

Luisa<br />

sitzt inzwischen auf dem Boden, die beinahe<br />

bewusstlose Petra auf seinem Schoss wie früher die<br />

Dienstmädchen. Sobald sie sich etwas erholt hat,<br />

entzieht sie sich ihm. Mörder ohne Leiche... der<br />

einzige, der hier herum ballert, sind Sie, Herr<br />

Präsident. Haben Sie überhaupt einen Durchsuchungsbefehl?<br />

Sie haben meine Bettstatt ganz schön in<br />

Unordnung gebracht.<br />

Gehen wir. Was machen Sie überhaupt noch hier, Frau<br />

Süsskind? Sie sind längst vom Fall suspendiert.<br />

W<strong>einer</strong>lich. Ihr müsst mir helfen.<br />

schwach. Ich sammle Beweise.<br />

beeindruckt. Unglaublich. Alles was hier gerade<br />

abgelaufen ist, steht in seinem PC. Da muss Natalie<br />

viel lernen.<br />

Deshalb kommt die Polizei immer zu spät. Ich habe<br />

gehört, ihr wollt einen Augenschein nehmen mit<br />

Tatrekonstruktion?<br />

Genug für heute, Frau Süsskind! Wir gehen.<br />

Halt Von Mond! Sie haben hier viel Schaden<br />

angerichtet und mir ins Handwerk gepfuscht. Und zwar<br />

illegal.<br />

Illegal?<br />

zuckersüss. Fürs Illegale bin ich doch zuständig, Herr<br />

Polizeipräsident. Ohne Durchsuchungsbefehl haben Sie<br />

mein heutiges date mit Sorg platzen lassen. Das hat<br />

seinen Preis. Schliesslich verdiene ich als Musikerin<br />

nicht so besonders. Ich bin auf diesen kleinen<br />

Nebenerwerb angewiesen. Grob. Vergiss das nie<br />

wieder, du Polizistensau!<br />

Soll das eine Erpressung sein? Vor der versammelten<br />

Sonderkommission. Sie haben Nerven, Signora Luisa...<br />

Ich bin hier nicht deine Signora Luise. Erst musst du<br />

bezahlen. Wieder zuckersüss. Ich nenne es<br />

ausgleichende Gerechtigkeit.<br />

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- 48-


Von Mond<br />

Jean Rey<br />

Kari<br />

Jean Rey<br />

Vreni<br />

Paul<br />

Vreni<br />

Von Mond<br />

Vreni<br />

Paul<br />

Von Mond<br />

Luisa<br />

<strong>Unter</strong> <strong>einer</strong> <strong>Decke</strong><br />

Wie viel?<br />

Jean Rey taucht unter der <strong>Decke</strong> hervor.<br />

Guten Abend... oder meinetwegen Morgen allerseits.<br />

Entschuldige, mein Sohn, ich hab wieder einmal den<br />

Höhepunkt verschlafen. Aber ihr scheint euch ja auch<br />

ohne mich prächtig zu amüsieren.<br />

Ich habe Hunger.<br />

Komm mit mir in meine Bar, ich spiele zum „vin en<br />

dansant“ auf und du isst eine riesige Portion. Beide ab.<br />

Herr Sorg, wann machen wir wieder eine Lesung?<br />

Das ist lieb, Vreni, aber zuerst brauche ich jemanden,<br />

der meine Diktate tippt.<br />

begeistert. Das kann ich doch machen.<br />

Das kommt überhaupt nicht in Frage. Sie tippen das<br />

Protokoll über diesen tragischen Unfall.<br />

Ausserdem wollte ich Ihnen schon lange sagen, dass<br />

ich kündige, Chef. Aber ich komme ja nie zu Wort. Ich<br />

hab so was von genug von diesen langweiligen<br />

Protokollen. Bei Herrn Sorg wartet die hohe Literatur<br />

auf mich.<br />

Du bist auf der Stelle engagiert. Wirf die Störenfriede<br />

endlich raus und servier uns einen anständigen<br />

Tropfen, und dann wird getippt bis zum bitteren Ende.<br />

Und wer hilft mir? Ich kann kaum mehr stehen.<br />

zu den Trägern. Wir gehen! Zu Von Mond. Du<br />

kommst mit.<br />

Luisa geht mit ihren beiden Männern und Von Mond<br />

als zusätzlichem Träger ab wie sie gekommen ist.<br />

Paul und Vreni bleiben vermeintlich allein zurück,<br />

scharf beobachtet von der verborgenen Petra.<br />

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- 49-


4. Bild<br />

Vreni kehrt mit dem Wein zurück, schenkt Paul ein<br />

und setzt sich startbereit an den PC. Dieser trinkt,<br />

beugt sich über Vreni und legt seine Hände um ihren<br />

Hals.<br />

Paul Der Text ist schon geschrieben. Wir müssen ihn nur<br />

noch vollziehen. Lies vor, Vreni!<br />

Vreni Spiel zum Text. Als alle gegangen waren, liess der<br />

Schriftsteller die zwar naive, aber bauernschlaue<br />

Sekretärin Trudi Hohl am PC Platz nehmen, um ihr den<br />

Text zu diktieren. Als ob der Text nicht längst<br />

geschrieben wäre. Er drückte ihr seine schwitzenden<br />

Hände immer fester um den Hals, Trudi jubelte<br />

innerlich. Jetzt erstmals im Herbst ihres Lebens hatte<br />

sie endlich das lang ersehnte Gefühl, dass ihr die<br />

Literatur, der sie sich zwar immer schon verpflichtet<br />

fühlte, wirklich unter die Haut ging. Ihre Stimme<br />

versagte unter dem Druck der Hände, sie bekam<br />

Atemnot, ach, sie wäre auch gerne eine Schriftstellerin<br />

geworden, um so auf Männer einzuwirken wie Paul<br />

Sorg jetzt auf sie einwirkte mit diesem ihr schon<br />

gefährlich nahe gehenden Text. Gerade bevor sie das<br />

Bewusstsein verlor, spürte sie, wie der Druck der<br />

Hände nachliess, weil die Kommissarin Petra Süsskind<br />

plötzlich hinter Sorg stand und ihm eine Pistole in den<br />

Rücken drückte.<br />

Petra ist langsam unter der <strong>Decke</strong> hervor gekrochen, mit<br />

Pistole und Handschellen in den Händen. Jetzt hab<br />

ich dich endlich.<br />

Paul Petra, bist du eifersüchtig auf meine neue<br />

Mitarbeiterin? Dreht sich um und sieht die Waffe.<br />

Gehören Waffen und Handschellen immer noch zu<br />

unserem Programm? Eigentlich glaubte ich, dass wir<br />

das hinter uns haben.<br />

Petra Vreni, Sie kommen mit mir.<br />

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Kein Aufführungsrecht.<br />

- 50-


Vreni<br />

Paul<br />

Petra<br />

Paul<br />

Petra<br />

<strong>Unter</strong> <strong>einer</strong> <strong>Decke</strong><br />

Ich halte hier die Stellung. Wir können Herrn Sorg jetzt<br />

nicht allein lassen. Machen Sie sich keine Sorgen um<br />

mich, Frau Süsskind. Sie nimmt die Handschellen, die<br />

Petra achtlos auf die Seite legt, unbemerkt-verstohlen<br />

auf und verbirgt sie. Herr Sorg und ich bringen jetzt<br />

zusammen die Geschichte auf die Reihe bis zum Ende,<br />

nicht wahr, Herr Sorg?<br />

Klar Vreni, wir sind bereits auf bestem Weg. Zu Petra.<br />

Wenn du zurückkehrst, Frau Kommissarin, wirst du<br />

das fertige Produkt hier vorfinden.<br />

Macht meinetwegen was ihr wollt. Aber nimm dich in<br />

Acht, Paul. Ich werde zurückkehren, darauf kannst du<br />

Gift nehmen. Wenn wir die andern Mädchen nicht<br />

finden und die DNA positiv sind, dann sei Gott dir<br />

gnädig. Du wirst keine mehr so wie mich...<br />

Du wolltest selber...<br />

geht ab, letzte Worte aus dem Off. Sag mir nicht, was<br />

ich wollte. Es ist wirklich am besten, wenn du deine<br />

Lügengeschichten zwischen zwei Buchdeckel klemmst.<br />

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- 51-


Paul<br />

Vreni<br />

Paul<br />

Vreni<br />

Paul<br />

Vreni<br />

Paul<br />

Vreni<br />

5. Bild<br />

Endlich sind sie alle fort. Ich bin so viel Aufregung<br />

nicht mehr gewohnt. Tanzen Sie mit mir, Vreni?<br />

Gerne Paul. Frau Süsskind wird sich wieder beruhigen.<br />

Aber ich bin nicht so naiv, wie Sie geschrieben haben.<br />

Ausserdem bin ich noch lange nicht im Herbst meines<br />

Lebens.<br />

Literatur, Vreni. Nichts als Broterwerb. Nehmen Sie es<br />

nicht so persönlich.<br />

Er legt Musik (übergehend in die Leitmelodie) auf.<br />

Sie tanzen und Paul fährt Vreni mit der Hand übers<br />

Gesicht, über den Hals.<br />

Ist das Liebe, Paul? Mir wird schon wieder so heiss<br />

und eng, mein Herz rast, und ich kriege keine Luft<br />

mehr. Einige Sekunden später zieht Vreni eine<br />

Spraydose aus ihrem Kleid und sprüht ihm in die<br />

Augen, Paul fällt aufschreiend auf den Boden, Vreni<br />

fesselt ihn mit den Handschellen an den Tisch mit<br />

dem PC und stellt die Musik ab. Aber ich verliere<br />

deswegen nicht gleich den Verstand. Nein mein Lieber,<br />

mit mir können Sie das nicht machen. Ich bin nicht so<br />

dumm wie Sie meinen. Zum Glück habe ich weniger<br />

lang die Schulbank gedrückt als Frau Süsskind, die<br />

Ärmste! Ich habe vorhin den Text im PC geändert. Ich<br />

bin jetzt Willensvollstreckerin! Und zwar vollstrecke<br />

ich hier und jetzt und für alle Ewigkeit meinen Willen.<br />

Gleich wird Ihnen auch noch das Hören vergehen.<br />

Frau Läderach, warten Sie.<br />

Ich hab ein Leben lang gewartet.<br />

Sie haben zuviel in meinen Büchern gelesen.<br />

Und viel gelernt. Sunshine und Hasret hab ich beide<br />

vor ihrer Haustüre geschnappt und zu mir gelockt,<br />

unter dem Vorwand, dass mein Jakob auf sie warte.<br />

Nur Luisa ist mir entwischt.<br />

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Kein Aufführungsrecht.<br />

- 52-


Paul<br />

Vreni<br />

Paul<br />

Vreni<br />

Paul<br />

Vreni<br />

Paul<br />

Vreni<br />

Paul<br />

Vreni<br />

Paul<br />

Vreni<br />

Paul<br />

Vreni<br />

Haben Sie ihn auch umgebracht?<br />

<strong>Unter</strong> <strong>einer</strong> <strong>Decke</strong><br />

Er wollte nie, dass ich Präsidentin der Lesegesellschaft<br />

werde und abends immer Ihre Bücher lese. So musste<br />

ich halt warten, bis er gestorben ist.<br />

Und wie haben Sie die Mädchen...?<br />

Mit dem Föhn.<br />

Praktisch. Und wie haben Sie sie entsorgt?<br />

Sie können fragen. Mit Schwefelsäure natürlich. Es<br />

zischt und dampft und schwefelt, und weg sind sie.<br />

Und warum all diese Mühe?<br />

Sie sind wirklich kein besonders sensibler Mensch,<br />

Paul. Ausser in Ihren Büchern. Wo ich sie doch ein<br />

Leben lang bewundert und geliebt habe. Ich konnte<br />

einfach all diese Mädchen nicht länger ertragen in<br />

Ihrem Haus. Und ich habe gehofft, dass Sie mich eines<br />

Tages sehen..<br />

Luisa hat sie gesehen. Das genügt. Was haben Sie vor<br />

mit mir, Vreni?<br />

Sind Sie wirklich so blöd oder tun Sie nur so? Dass Sie<br />

auch noch mit Frau Süsskind...<br />

Petra! Das ist doch bloss ein Spiel! Lassen Sie Petra<br />

meine Sorge sein.<br />

Genug geredet! Bei den letzten Worten packt sie den<br />

Computer und hält diesen über Pauls Kopf. Jetzt<br />

werden Sie für immer und ewig mit ihrem Werk<br />

fusioniert. Ein schöner Tod für einen Schriftsteller,<br />

nicht wahr? Stellt den Computer wieder auf den<br />

Boden. Entschuldigen Sie. Ich habe Sie gar nicht<br />

gefragt, ob Sie noch einen letzten Wunsch haben?<br />

Sie wissen doch so gut wie ich, dass ich Sie, Vreni,<br />

nicht töten wollte. Im Gegenteil, so wahr ich hier liege,<br />

schwöre ich Ihnen, dass Sie in meinem Roman<br />

ursprünglich gar nicht vorgesehen waren.<br />

Ist es denn das zu fassen. Er begreift es nicht. Genau<br />

deshalb müssen Sie jetzt sterben.<br />

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Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

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Paul<br />

Vreni<br />

Paul<br />

Vreni<br />

Vreni<br />

Paul<br />

Vreni<br />

Paul<br />

Vreni<br />

Paul<br />

Vreni<br />

Paul<br />

Vreni<br />

Erst als Luisa Sie erkannt hatte, als sie auf dem<br />

Polizeiposten Strafanzeige gegen Unbekannt erstattete,<br />

haben wir beschlossen, Sie ein wenig zu erschrecken.<br />

Dieses Luder.<br />

Genau. Und jetzt versöhnen wir beide uns wieder.<br />

Lassen Sie bitte das Klavierstück weiter spielen<br />

Genial Päulchen. Unser Liebeslied. Kunst und Liebe<br />

bis zum letzten Atemzug.<br />

Vreni stellt das Band an, die Leitmelodie läuft und<br />

Vreni geht zurück zu Paul Sorg.<br />

verführerisch. Herrlich! Summt/pfeift enthusiastisch<br />

mit und hebt wieder den Computer in die Luft.<br />

Haben Sie denn gar keine Skrupel?<br />

Warum sollte ich? Ich habe alles aus ihren Büchern<br />

gelernt.<br />

Sie haben mehr herausgelesen, als drin steht!<br />

Das gehört zum Berufsrisiko eines Schriftstellers.<br />

Dafür werden Sie doch bezahlt.<br />

Ich weigere mich, mit meinem Leben dafür zu<br />

bezahlen, dass Sie meine Bücher nicht verstanden<br />

haben. Nach längerer Pause. Wie wollen Sie da<br />

wieder rauskommen, Vreni, wenn Sie mich<br />

umbringen?<br />

lässt Computer nochmals sinken. Lieber, mein Anwalt<br />

hat gesagt, niemand wird mir einen Mord zutrauen, wo<br />

doch alle Sie für den Mörder halten. Ihr Ableben wird<br />

als Betriebsunfall bei Ihrem SM-Spielchen mit Luisa in<br />

die Stadtgeschichte eingehen.<br />

Sie waren schon beim Anwalt?!<br />

Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste, besonders in<br />

unserem Métier. Jetzt ist aber endgültig Schluss. Hebt<br />

den Computer in die Luft. Der Computer ist schwer,<br />

mit allem, was Sie ein Leben lang geschrieben haben.<br />

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Kein Aufführungsrecht.<br />

- 54-


Paul<br />

Vreni<br />

Paul<br />

Vreni<br />

<strong>Unter</strong> <strong>einer</strong> <strong>Decke</strong><br />

Stopp Vreni! Brechen wir das Spiel ab. Sie haben Ihre<br />

Rolle wunderbar gespielt und bekommen die doppelte<br />

Gage.<br />

Für mich ist das kein Spiel. Das ist nichts als die für<br />

Sie vielleicht etwas unangenehme Realität, Herr Sorg.<br />

letztes Aufbäumen. Ich gehöre aber nicht in deine<br />

Altjumpfer-Realität, verdammt noch mal.<br />

Dafür wirst du in der Hölle braten, du arrogantes<br />

Arschloch, wer glaubst du denn, wer du bist?<br />

Vreni lässt den Computer gleichzeitig mit dem<br />

Vorhang (Black) auf Paul Sorg fallen.<br />

Ende.<br />

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Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

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