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akzent – DAS GRÖSSTE LIFESTYLE- & VERANSTALTUNGSMAGAZIN VOM BODENSEE BIS OBERSCHWABEN
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SEERAUM<br />
2<br />
In solchen Medien sieht man schön, wie man<br />
sich „hyggelig“ einrichtet, und das kann man<br />
fast überall – oder kommt es dabei auch auf<br />
die Architektur an? Wie sehen Häuser aus, die<br />
schon von außen die „Hygge“ zeigen? Ist die<br />
Gemütlichkeit überhaupt eine Frage von Formen<br />
und Materialien?<br />
Beton oder Holz<br />
Mit einer kleinen Umfrage kann man leicht<br />
feststellen, dass etwa 97 Prozent der Befragten<br />
Häuser aus Holz für „hyggeliger“ halten<br />
als Betonhäuser. „Holz isch heimelig“,<br />
sagt das Schweizer Holzhandwerk, und ein<br />
Schreinerbetrieb aus dem Raum Basel hat sich<br />
die Website „holz-isch-heimelig.ch“ gesichert.<br />
Aber so einfach ist es nicht, wie der Blick in<br />
die einen und die anderen Häuser zeigt. Auch<br />
in der vielzitierten „Beton-Schuhschachtel“<br />
kann man sich so einrichten, dass sich nicht<br />
nur die Bewohner, sondern auch die Gäste<br />
wohlfühlen. Und auch ein ständig bewohntes<br />
Holzhaus kann aussehen, als ob die Familie<br />
für zwei Monate verreist wäre. Gerade beim<br />
Beton gilt der Werbespruch der Betonindustrie:<br />
„Es kommt darauf an, was man daraus<br />
macht.“<br />
Mauern oder Fenster<br />
Es gibt unter Architekten eine Theorie, nach<br />
der man die Menschen (d.h. die zukünftigen<br />
Bewohner der Häuser) einteilen könnte in<br />
„Höhlenmenschen“ und „Zeltmenschen“ – die<br />
einen bräuchten Häuser, die mit soliden Wänden<br />
und wenig Fenstern Geborgenheit vermitteln,<br />
die anderen bräuchten Häuser, die durch<br />
Leichtbau und große Fenster das Gefühl von<br />
Freiheit vermitteln. Das ist sehr vereinfacht,<br />
aber es zeigt, dass die Bedürfnisse nach Behaglichkeit<br />
sehr unterschiedlich sein können.<br />
Höhlen oder Baumstämme<br />
Was man aus Beton auch machen kann, zeigen<br />
die Erdhöhlenhäuser, auf die sich der<br />
Schweizer Architekt Peter Vetsch seit den<br />
70er-Jahren spezialisiert hat. Es sind Spritzbetonkonstruktionen,<br />
der Beton wird also<br />
auf beliebig geformte Netzkonstruktionen<br />
gespritzt, sodass höhlenartige Räume entstehen,<br />
die tatsächlich einen ganz „kuscheligen“<br />
Eindruck machen. Davon stehen einige auch<br />
in der Ostschweiz, z. B. das Haus Gander in<br />
Hüttwilen 1 , weitere in Thal-Altenrhein und<br />
in Amden. Das sind vielleicht die idealen Häuser<br />
für die „Höhlenmenschen“, aber sie sind<br />
nur für eine kleine Minderheit geeignet, da<br />
sie als höchstens zweistöckige Häuser überdurchschnittlich<br />
viel Grundfläche brauchen<br />
und erst recht nicht für den Wohnungsbau<br />
geeignet sind.<br />
Das „typisch dänische“ Haus gibt es nicht,<br />
aber wer weiter nach Norden (oder viel weiter<br />
nach Nordwesten) geht, kommt in die<br />
Länder der Blockhäuser, die von außen so<br />
aussehen, dass man gerne mal reinschaut.<br />
Die dicken Stämme sind ja fast so stabil wie<br />
massive Betonhäuser, aber viel „heimeliger“<br />
(siehe oben). Auf beiden Seiten des Sees haben<br />
sich Holzbaufirmen auf diese Bauweise<br />
spezialisiert, und vor allem in der Schweiz mit<br />
ihren sehr kubischen Neubauten in den Einfamilienhaussiedlungen<br />
fallen sie auf, wie hier<br />
in Landschlacht 2 . Eine architektonische Bereicherung<br />
der Architekturlandschaft sind sie<br />
nicht, aber sicher „hyggelig“. Die Blockhäuser<br />
sind ebenso wie die Erdhäuser nicht dazu geeignet,<br />
die Wohnungsprobleme in dichtbesiedelten<br />
Gebieten zu lösen, deshalb werden wir<br />
dieses Thema demnächst wieder aufgreifen.<br />
www.hygge-magazin.de<br />
Vetsch Architektur, www.erdhaus.ch<br />
Koster Blockhaus-Bau, Ennetaach,<br />
www.block-hausbau.ch<br />
TEXT & FOTO: PATRICK BRAUNS<br />
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