22.04.2018 Aufrufe

Altlandkreis Ausgabe Mai/Juni 2018 - Das Magazin für den westlichen Pfaffenwinkel

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Die Geschichte von „Asyl im Oberland“<br />

Einzigartige Anlaufstelle<br />

<strong>für</strong> Flüchtlingshelfer<br />

Weilheim | Als im Jahr 2015 die große<br />

Flüchtlingswelle nach Deutschland<br />

überschwappte, war Pfarrer<br />

Jost Herrmann einer der ersten, der<br />

ehrenamtliche Flüchtlingshelfer<br />

koordinierte. Und er hatte eine Vision:<br />

Unterstützer im ganzen Weilheim-Schongauer<br />

Landkreis unter<br />

dem Namen „Asyl im Oberland“<br />

zu vernetzen. Seit 2016 darf er sich<br />

gemeinsam mit Susanne Seeling<br />

hauptamtlich um diese Aufgabe<br />

kümmern. Mit Hilfe von Caritas<br />

Weilheim, Herzogsägmühle, Diakonie<br />

Oberland, dem Landratsamt<br />

Weilheim-Schongau sowie Geldern<br />

des Freistaats Bayern wur<strong>den</strong> diese<br />

zwei Stellen geschaffen – eine bayernweit<br />

einzigartige Konstellation.<br />

Herrmann und Seeling verstehen<br />

sich als Fürsprecher, Unterstützer<br />

und Ansprechpartner aller 28 Helferkreise<br />

im Landkreis Weilheim-<br />

Schongau. Sie klären auf, trösten<br />

und vermitteln zwischen Ämtern<br />

und Flüchtlingen, zwischen Asylhelfern<br />

und Flüchtlingen, zwischen<br />

Flüchtlingen und Flüchtlingen,<br />

zwischen der Bevölkerung und<br />

Flüchtlingen. Ihr Zuständigkeitsbereich<br />

erstreckt sich von Penzberg<br />

bis Ingenried, von Pähl bis Steinga<strong>den</strong>.<br />

Ein klassisches Beispiel<br />

aus dem Alltag: Anwohner einer<br />

Flüchtlingsunterkunft beschweren<br />

sich darüber, dass afrikanische<br />

Flüchtlinge oft laut im Garten mit<br />

dem Handy telefonieren, was viele<br />

Einheimische auf Dauer nervt.<br />

Jost Herrmann ist in solchen Fällen<br />

bestrebt, Verständnis <strong>für</strong>einander<br />

zu entwickeln. Einerseits versucht<br />

er <strong>den</strong> Anwohnern klarzumachen,<br />

28 | altlandkreis<br />

dass Afrikaner eine andere Mentalität<br />

haben. „Lautstärke ist in vielen<br />

Kulturen kein Problem. Man redet<br />

einfach lauter miteinander. Auch<br />

am Telefon.“ Darüber hinaus sei<br />

die Telefonverbindung in die Heimat<br />

oft sehr schlecht. Andererseits<br />

erklärt Herrmann <strong>den</strong> Geflüchteten<br />

die Mentalität der Deutschen. Viele<br />

wollten nach Feierabend schlichtweg<br />

ihre Ruhe haben, was es zu<br />

respektieren gilt.<br />

Auslandserfahrung<br />

in Afrika<br />

Jost Herrmann, 53, war vor seiner<br />

hauptamtlichen Tätigkeit bei<br />

Asyl im Oberland neun Jahre lang<br />

evangelischer Pfarrer in Weilheim,<br />

engagierte sich davor viele Jahre in<br />

Afrika, „wo ich sehr viel gesehen<br />

und erlebt habe“. Wie kaum ein<br />

Zweiter kennt er die deutsche und<br />

afrikanische Kultur, kann sich gleichermaßen<br />

gut hineinversetzten in<br />

die Sorgen der hierher geflüchteten<br />

Eritreer, Afghanen und Syrer, aber<br />

auch in die der Weilheimer, Schongauer,<br />

Penzberger, die sich plötzlich<br />

auseinandersetzen müssen mit<br />

wildfrem<strong>den</strong> Menschen, die so anders<br />

aussehen, so anders sprechen,<br />

so anders ticken. „<strong>Das</strong> ist natürlich<br />

eine große Herausforderung“, sagt<br />

Jost Herrmann, der bis heute damit<br />

zu kämpfen hat, dass die Arbeit<br />

von Asyl im Oberland in großen<br />

Teilen der Bevölkerung falsch<br />

wahrgenommen wird. „Wir sind<br />

nicht die Lobbyisten der Flüchtlinge“,<br />

betont er ausdrücklich. Herr-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!