LOGISTIK express Fachzeitschrift | 2017 Journal 1
Wirtschaft, Handel, E-Commerce, Intralogistik, Industrie 4.0, Digitalisierung, Transportlogistik, Job Karriere
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Strecke verbringt, wirkt in dem System<br />
wie ein zusätzlicher Kostentreiber. Besonders<br />
im Güterverkehr können durch<br />
störungsbedingte Wartezeiten gravierende<br />
Folgen entstehen. Nicht selten<br />
kommt es vor, dass aufgrund der<br />
Vorfahrtsregel für Personenzüge bereits<br />
kleinste Verzögerungen im Minutenbereich<br />
mehrtägige Standzeiten<br />
und kostenschwere Regressansprüche<br />
nach sich ziehen. Im Service-Konzept<br />
von Siemens spielt deshalb nicht nur die<br />
Planbarkeit von Werkstattaufenthalten,<br />
sondern auch die verlässliche Ausfallprognostik<br />
eine zentrale Rolle.<br />
„Unser Konzept zielt darauf ab, dem<br />
Bahnbetreiber mitzuteilen, wann genau<br />
ein bestimmtes Bauteil ausgetauscht<br />
werden muss ”, sagt Johannes Emmelheinz,<br />
der bei Siemens Mobility für das<br />
komplette Dienstleistungsspektrum rund<br />
um den Schienenverkehr verantwortlich<br />
ist. „Wir wollen, dass unsere Kunden die<br />
Wartung einplanen können, bevor ein<br />
Zug mit 2.000 Fahrgästen auf der Strecke<br />
stehen bleiben muss.“<br />
Von Schwellenwerten zu Musterdaten<br />
Zwischen 70 und 80 Prozent der im Siemens<br />
Mobility Data Services Center<br />
(MDS) Tag für Tag auflaufenden Daten<br />
geht auf die Messung bestimmter<br />
Schwellenwerte bei den Zügen zurück.<br />
Das kann die durchschnittliche Fahrgeschwindigkeit<br />
eines Zuges sein oder<br />
aber sein typisches Bremsverhalten.<br />
Auch andere Messwerte wie die Temperatur<br />
der Achslager und der Transformatoren,<br />
der Zustand von Hydraulikölen<br />
oder die Vibrationen der Drehgestelle<br />
kommen in den komplexen Rechenmodellen<br />
der von Siemens engagierten<br />
Data Scientists zum Tragen. Die von den<br />
Onboard-Units der Schienenfahrzeuge<br />
zur Verfügung gestellten Daten<br />
werden in das Münchener Datenlabor<br />
über hochgradig abgesicherte Mobilfunkverbindungen<br />
übertragen.<br />
netz im Bereich von unter einer Minute<br />
liegen, heutzutage gar nicht mehr<br />
möglich, ein funktionierendes Verkehrsangebot<br />
aufrechtzuerhalten, sagt Emmelheinz,<br />
der Siemens-Manager.<br />
Die wichtigste Aufgabe der Datenspezialisten<br />
im MDS besteht darin, aus den<br />
Diagnosedaten Muster abzulesen. Muster,<br />
mit denen sich zum Beispiel voraussagen<br />
lässt, unter welchen Umständen<br />
ein Getriebe, ein elektrischer Türantrieb<br />
oder ein Radsatz ausfallen werden<br />
und wann der Verschleiß oder spontane<br />
Fehlermeldungen ein Eingreifen<br />
erfordern. Durch maschinelles Lernen<br />
werden die Prognosesysteme ständig<br />
weiterentwickelt. Das Ergebnis ist ein<br />
System, das für eine Lokomotiv- oder<br />
Zugfamilie automatisch vorhersagt,<br />
wann eine Instandhaltung unvermeidbar<br />
ist.<br />
Die Siemens-Data Scientists orientieren<br />
sich bei ihrer Arbeit jedoch nicht nur<br />
an Standardgrößen wie der Geschwindigkeit,<br />
dem Bremsverhalten oder dem<br />
Kilometerstand. Auch externe Daten<br />
fließen in die Berechnungen ein,<br />
beispielsweise die Beschaffenheit der<br />
Schienen, die Funktionalität der Weichen,<br />
die Taktung der Züge oder auch<br />
die äußeren Witterungseinflüsse. „Für<br />
die Zukunft des Mobility-Geschäfts sind<br />
Fahrzeuge allein nicht entscheidend“,<br />
betont Gerhard Kreß, Leiter der rund<br />
20-köpfigen Mannschaft des MDS. „Es<br />
geht für unsere Kunden um die Lebensdauerkosten<br />
der Fahrzeuge und ihren effizienten<br />
Einsatz. Das gelingt nur mithilfe<br />
SIEMENS MOBILITY SETZT KONZEPT IM<br />
SCHIENENVERKEHR ERFOLGREICH UM<br />
Die blitzschnelle Übermittlung ist dabei<br />
Pflicht. Denn ohne die Echtzeit-Analyse<br />
der Betriebsdaten sei es angesichts von<br />
Taktzeiten, die im Münchener U-Bahnder<br />
gebündelten Daten der Fahrzeuge,<br />
der Infrastruktur und des Betriebs.“<br />
Terabyte an Daten<br />
Eines der wichtigsten Themen besteht<br />
für Kreß im Handling der riesigen und<br />
immer größer werdenden Datenberge.<br />
In einer Lok aus der Vectron-Baureihe<br />
von Siemens sind mehr als 260 Sensoren<br />
verbaut. Alle Züge der dreistelligen<br />
Vectron-Flotte zusammengenommen<br />
laufen in dem cloudbasierten Datenanalyse-System<br />
Monat für Monat Datenmengen<br />
von rund einem Terabyte<br />
zusammen. Nur durch eine strategische<br />
Big-Data-Allianz mit dem Datenbankenspezialisten<br />
Teradata werden die<br />
Data Scientists von Siemens Mobility unter<br />
diesen Voraussetzungen in die Lage<br />
versetzt, die für die Auswertungen und<br />
Prognose erforderlichen Daten in Echtzeit<br />
zusammenzuführen.<br />
Das Siemens Mobility Data Services<br />
Center in München-Allach hat aktuell<br />
bereits rund 500 Züge unterschiedlicher<br />
Siemens-Baureihen permanent<br />
im Blick und wirbt damit, durch die<br />
Zuhilfenahme künstlicher Intelligenz<br />
heute schon Verfügbarkeiten von 99<br />
Prozent und mehr zu gewährleisten.<br />
Ob sich mittelfristig deshalb auch eine<br />
vermehrte Nachfrage durch die Betreiber<br />
firmenfremder Fahrzeuge ergeben<br />
wird? Das wird sich angesichts des<br />
stark international geprägten Kontexts<br />
von Bahnverkehren - darüber hinaus<br />
aber auch mit den vielen noch offenen<br />
Fragen rund das Thema Datensicherheit<br />
- wohl erst noch weisen. (WAL)