LE-4-2016
LOGISTIK express Fachzeitschrift
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JOB + KARRIERE<br />
Viel zu tun für den Personen- und Güterverkehr<br />
(im Verkehrsbereich)<br />
Die Logistikbranche hat – mal von der Intralogistik<br />
abgesehen – derzeit wenig zu lachen.<br />
Das liegt nicht nur am internationalen Wettbewerb,<br />
der seit dem EU-Beitritt Österreichs stark<br />
zugenommen hat. Auch Umweltauflagen<br />
machen den Frächtern das Leben schwer.<br />
Die Euro-Klassifizierung der LKW legt den Fokus<br />
auf die Verbesserung der Abgaswerte. 1993<br />
wurde die Euro 1 Klasse für Erstzulassungen<br />
eingeführt, mit 2015 sind wir bei Euro 6 angelangt.<br />
„In den 90er Jahren stieg das Umweltbewusstsein<br />
und damit auch die Notwendigkeit<br />
für technologische Veränderungen für<br />
Abgas- und Partikelreduktionen. Hinzu kamen<br />
erste Fahrverbote“, erinnert sich Kummer.<br />
Die Umrüstung der Fuhrparks auf immer<br />
neuere Fahrzeugklassen ist mit hohen Investitionskosten<br />
verbunden. Hödlmayr: „Wir spielen<br />
hier mit unserem modernen Fuhrpark eine<br />
Vorreiterrolle in Europa. Leider kann man das<br />
von ausländischen Mitbewerbern, die durch<br />
unser Land fahren, nicht immer behaupten.<br />
Der Güterverkehr wird immer als Buhmann<br />
und Hauptverursacher der Treibhausgase<br />
hingestellt, dabei entspricht das nicht der<br />
Wahrheit.“ Tatsächlich zeigt der Klimaschutzbericht<br />
2015 des Umweltbundesamtes,<br />
dass im Jahr 2013 die Sektoren Energie und<br />
Industrie mit 45,6 Prozent der Emissionen fast die<br />
Hälfte aller Treibhausgase verursacht haben.<br />
Der Verkehr – allerdings Personen und Güter<br />
zusammen – landete mit 28 Prozent auf Platz 2,<br />
Gebäude (10,5 Prozent) und Landwirtschaft<br />
(9,7 Prozent) lagen fast gleichauf dahinter.<br />
Wahr ist hingegen, dass der Verkehrsbereich<br />
im Vergleich mit 1990 die höchsten Zuwächse<br />
bei den Emissionen erfahren musste. Bei stagnierenden<br />
Wachstumsraten hat in der Branche<br />
der Verdrängungswettbewerb längst voll eingesetzt.<br />
Hödlmayr: „Wir müssen diese Tatsache<br />
akzeptieren, und überlegen, wie wir in Zukunft<br />
mit den Mitbewerbern kooperieren können.<br />
Durch die Digitalisierung und den damit verbundenen<br />
einfachen Informationsaustausch<br />
ist eine viel bessere Planung möglich, so kann<br />
man durch individuelle Vernetzung Leerstrecken<br />
vermeiden.“<br />
Sexy werden für den Nachwuchs<br />
Ein Thema bereitet Hödlmayr derzeit besonders<br />
Kopfzerbrechen: der Nachwuchs.<br />
„Der Fahrerjob ist momentan zu unattraktiv, es<br />
gibt 30 Prozent weniger LKW-Schein-Neulinge<br />
als früher. Um heute einen LKW zu lenken,<br />
braucht man angesichts der vielen lokalen<br />
und temporären Fahrverbote und Regelungen<br />
fast schon einen akademischen Abschluss“,<br />
ärgert er sich. Weiterer Kritikpunkt: die Ausbildung.<br />
„In Zukunft sind die Lenker nur noch wie<br />
Piloten in einem Cockpit, die administrative<br />
Tätigkeiten übernehmen und vielleicht im Gefahrenfall<br />
eingreifen. Das beste Beispiel dafür<br />
ist das Platooning. Doch das wird in der Ausbildung<br />
noch überhaupt nicht berücksichtigt.<br />
Hier herrscht dringend Handlungsbedarf“, ist<br />
er überzeugt. Bereits seit 2007 forscht Kapsch<br />
an der Platooning-Technologie, bei der ähnlich<br />
einem Güterzug das erste Fahrzeug gesteuert<br />
wird, während die anderen LKW via<br />
WLAN-Verbindung automatisiert folgen und<br />
den Windschatten nutzen. Das erhöht laut<br />
ersten Tests nicht nur die Sicherheit, es senkt<br />
auch den Treibstoffverbrauch. Im Idealfall<br />
werden erste Platoons bereits 2020 auf den<br />
Straßen unterwegs sein.<br />
Lassen wir uns überraschen<br />
Auch wenn es am Anfang Widerstände zu<br />
überwinden galt, hat die moderne Logistik<br />
einen fulminanten Siegeszug hingelegt. Vernetzung<br />
und Echtzeit-Informationsaustausch<br />
über die gesamte Lieferkette hinweg sind bereits<br />
Wirklichkeit geworden. Der Verdrängungswettbewerb<br />
im Frachtverkehr, der mit der<br />
EU-Osterweiterung 2003 eingesetzt hat, wird<br />
sich in Zukunft noch verschärfen und kann<br />
auch prominente Opfer fordern. Etliche Unternehmer<br />
halten sich nur durch Ausflaggen<br />
und ausländische Töchter über Wasser.<br />
Der (notwendige!) Umweltschutz verlangt,<br />
dass mehr trimodale Lösungen gefunden und<br />
umgesetzt werden. Denn auch wenn die Zustellung<br />
von Paketen mit Drohnen und Fahrrädern<br />
zunimmt, den LKW wird so schnell nichts<br />
zur Gänze ersetzen können. Aber wer weiß,<br />
vielleicht kommt es ja auch ganz anders? Henry<br />
Ford hat es einst treffend formuliert: „Wenn<br />
ich die Menschen gefragt hätte, was sie<br />
wollen, hätten sie gesagt schnellere Pferde."<br />
Vielleicht erwarten uns in Zukunft ja noch ganz<br />
andere Überraschungen. Wir werden bestimmt<br />
darüber berichten. (AG)<br />
56 LOGISTIK EXPRESS 4/<strong>2016</strong>