13.05.2018 Aufrufe

Ostbayern-Kurier_Mai2018_SUED_web

Die Monatszeitung für Stadt und Landkreis Regensburg

Die Monatszeitung für Stadt und Landkreis Regensburg

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

www.ostbayern-kurier.de Stadt Regensburg<br />

9<br />

Schmaus mit Geschmäckle im Marinaforum<br />

Der wegen Bestechung vorbestrafte Baulöwe Thomas Dietlmeier eröffnete das Marinaforum mit Festessen<br />

Regensburg. Der wegen<br />

Bestechung des Oberbürgermeisters<br />

vorbestrafte<br />

Baulöwe Thomas Dietlmeier<br />

lud zum inoffiziellen<br />

Eröffnungsabend mit Festschmaus<br />

ins Marinaforum.<br />

Es kamen Bürgermeister,<br />

Stadträte und Spitzenleute<br />

der Verwaltung<br />

inklusive des Antikorruptionsbeauftragten.<br />

Auch<br />

Hans Schaidinger ließ es<br />

sich schmecken. Nur der<br />

Gastgeber fehlte und wurde<br />

tunlichst nicht erwähnt.<br />

„Sex Bomb, sex bomb – you’re<br />

my sex bomb“ wummert die<br />

Big Band Convention <strong>Ostbayern</strong><br />

von der Bühne, während<br />

Bürgermeister Jürgen<br />

Huber mit seiner Tanzpartnerin<br />

sichtlich gut gelaunt über<br />

die verwaiste Tanzfläche<br />

im fast leeren großen Saal<br />

des Marinaforums schwoft.<br />

Nicht, dass nichts los wäre<br />

hier. Es ist kurz vor 23 Uhr,<br />

schon seit fast fünf Stunden<br />

wird getafelt und gefeiert.<br />

Doch gerade ist das Gros<br />

der knapp 200 geladenen<br />

Gäste unterwegs und lässt<br />

sich durch das neue Veranstaltungszentrum<br />

am Alten<br />

Schlachthof führen.<br />

Verspäteter Festtagsbraten<br />

Der Toskanische Festtagsbraten<br />

konnte wegen des<br />

längeren „Get Together“ im<br />

Foyer und einiger Reden erst<br />

etwas verspätet serviert werden,<br />

und bevor das edel angerichtete<br />

Nachspeisen-Buffet<br />

im „Kleinen Forum“ eröffnet<br />

wird, haben Forumsleiter<br />

Klaus Blobner und seine<br />

Chefin Sabine Thiele von<br />

der Regensburg Tourismus<br />

GmbH (RTG) zu einer kleinen<br />

Führung durch das „nachhaltigste<br />

Veranstaltungszentrum<br />

Bayerns“ gebeten.<br />

Möbel aus Altholz, Plastikabfällen<br />

und Lumpen, eine<br />

restaurierte Secondhand-<br />

Theke auf der einen,<br />

modernste Technik in den<br />

Sälen, aber auch in den Toiletten<br />

– die im Waschbecken<br />

integrierten Handtrockner<br />

entdeckt nicht jeder sofort –<br />

auf der anderen Seite. Diese<br />

Mischung aus Alt und Neu<br />

macht für Thiele ein wesentliches<br />

Charakteristikum<br />

des Marinaforums aus: ein<br />

altehrwürdiges Gebäude,<br />

Viele Politiker, Verwaltungschefs und Journalisten ließen<br />

sich Feier und Festmahl nicht entgehen.<br />

in dem früher Rinder und<br />

Schweine unter der historischen<br />

Zollingerdecke über<br />

Betonboden zur Schlachtbank<br />

getrieben und heute die<br />

Gäste über das edle Stäbchenparkett<br />

aus deutscher<br />

Eiche in Schiffsbodenoptik<br />

zum Buffet geleitet werden.<br />

Esoterischer Humbug<br />

Daneben bietet die RTG mit<br />

der „Green Score Card“ ein<br />

„Bewertungs- und Messtool“<br />

für „nachhaltiges Handeln“.<br />

Durch sämtliche Leitungen<br />

im Marinaforum vom Trinkhahn<br />

bis zur Klospülung<br />

läuft „selbst erzeugtes Granderwasser“,<br />

ein esoterischer<br />

Humbug aus Österreich, der<br />

aber durchaus ein gewisses<br />

Publikum anziehen dürfte.<br />

Dass das Ganze einiges gekostet<br />

hat, ist bekannt. 2011<br />

hat die Stadt Regensburg<br />

das Schlachthof-Areal – rund<br />

sieben Hektar – samt der<br />

Hallen für den bislang nicht<br />

bestätigten Preis von 2,6<br />

Millionen Euro verramscht.<br />

Anschließend hat man über<br />

die 100-prozentige Tochter<br />

RTG den Innenausbau des<br />

Marinaforums für 8,125 Millionen<br />

Euro und die Technik<br />

für eine Million finanziert und<br />

mietet es jetzt 25 Jahre lang<br />

für 300.000 Euro jährlich<br />

zurück.<br />

Doch das ist heute mal egal,<br />

denn erstens ist das Gebäude<br />

unbestreitbar schön<br />

geraten, wirkt in dem Steampunk-Outfit<br />

cool. Und zweitens<br />

gebe es gute Argumente,<br />

das oben beschriebene Finanzierungsmodell<br />

zu wählen,<br />

sagt Thiele. „Es selbst zu<br />

sanieren, wäre teurer gekommen<br />

– und wer weiß, ob man<br />

in 25 Jahren noch etwas mit<br />

dem Kobel anfangen kann“,<br />

schiebt sie etwas flapsig<br />

nach.<br />

Eingeladen zu dem Abend<br />

mit Festbankett hat der wegen<br />

Bestechung des Oberbürgermeisters<br />

und Vorteilsgewährung<br />

vorbestrafte<br />

Bauträger Thomas Dietlmeier.<br />

Im März hat er einen<br />

entsprechenden Strafbefehl<br />

mit einem Jahr Haft auf Bewährung<br />

plus sechsstelliger<br />

Geldstrafe akzeptiert. Er ist<br />

Eigentümer und Bauherr<br />

des Marinaforums, dessen<br />

Vertragskonstrukt offenbar<br />

immer noch die Ermittlungsbehörden<br />

beschäftigt. Doch<br />

Dietlmeier, der als Kronzeuge<br />

der Staatsanwaltschaft in der<br />

weit verzweigten Korruptionsaffäre<br />

gilt, ist heute nicht da,<br />

er wird auch nicht erwähnt.<br />

Dafür erscheinen sämtliche<br />

Vorstände des „Immobilien<br />

Zentrum Regensburg“ (IZ),<br />

aus dessen Führungsriege<br />

sich Dietlmeier vor einigen<br />

Monaten verabschiedet hat,<br />

und stoßen im Foyer mit<br />

Stadträten, Führungsleuten<br />

der Verwaltung und Landtagsabgeordneten<br />

an. Das<br />

Marinaforum ging bereits<br />

Anfang 2016 vom IZ in Dietlmeiers<br />

Eigentum über. Doch<br />

heute interessieren diese<br />

verworrenen Vertrags- und<br />

Eigentumskonstrukte nicht,<br />

wenngleich ein Stadtrat<br />

witzelt: „Wenn jetzt einer<br />

von denen verhaftet werden<br />

würde, wären wenigstens<br />

Kameras da.“<br />

Bei ihrer Festrede am<br />

späteren Abend bedankt<br />

sich Bürgermeisterin Maltz-<br />

Schwarzfischer „ganz<br />

herzlich“ beim IZ und<br />

dessen neuem Vorstandsvorsitzenden<br />

Reinhard<br />

Griebl, der – das ergibt<br />

eine Nachfrage bei Stadt<br />

und RTG – neben seiner<br />

Geschäftsführerschaft bei<br />

rund 30 IZ-Töchtern nun<br />

auch noch als Dietlmeiers<br />

„Generalbevollmächtigter“<br />

beim Marinaforum fungiert.<br />

Gäste mit Rang und Namen<br />

Auch Alt-Oberbürgermeister<br />

Hans Schaidinger, der sich –<br />

im Gegensatz zum gleichfalls<br />

geladenen, aber nicht<br />

erschienenen Norbert Hartl –<br />

Mahl und Feierlichkeit nicht<br />

entgehen lässt, muss seine<br />

Vorspeise kurz unterbrechen,<br />

um dem Dank der Bürgermeisterin<br />

zu lauschen,<br />

dafür, dass er „das Projekt<br />

(Marinaforum) eingefädelt“<br />

habe. Schließlich habe man<br />

allenthalben „Erleichterung<br />

gespürt“, nachdem der<br />

Beschluss für dieses „kleine<br />

RKK“ 2013 gefallen war.<br />

Zu den Gästen an den festlich<br />

gedeckten Tischen gehören<br />

Stadträte von CSU,<br />

SPD, Grünen und CSB, Vertreter<br />

städtischer Tochtergesellschaften<br />

und führende<br />

Köpfe der Regensburger Stadtverwaltung<br />

inklusive des<br />

Antikorruptionsbeauftragten<br />

Thomas Fischer. Heute ist<br />

man unter sich und klopft<br />

einander auf die Schulter.<br />

Am darauffolgenden Freitag<br />

wurde das Marinaforum für<br />

drei Tage zum „furiosen“<br />

Steampunk-Spektakel für<br />

die Öffentlichkeit geöffnet,<br />

dem MZ und Wochenblatt<br />

wortgleich einen „Hauch von<br />

‚In 80 Tagen um die Welt’“<br />

bescheinigten. Dank wohl<br />

gewählter Bands, Künstler<br />

und Design wird das Festival<br />

gut angenommen, vor allem –<br />

Motto und Bands geschuldet<br />

– von jüngeren Besuchern.<br />

Auf Dauer wird das im oberen<br />

Preissegment angesiedelte<br />

Marinaforum aber wohl<br />

eher dem zahlungskräftigen<br />

Publikum vorbehalten bleiben.<br />

Zwar gewährt die RTG<br />

gemeinnützigen, ortsansässigen<br />

Vereinen einen Rabatt<br />

von 50 Prozent auf die nackte<br />

Miete der Säle, allerdings<br />

unter der Auflage, dass keinerlei<br />

Eintrittsgelder verlangt<br />

werden dürfen. Da heißt es<br />

wohl, woanders schwofen.<br />

Stefan Aigner<br />

Im Foyer trafen sich die Gäste zu einem „Get Together“.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!