Restaurator im Handwerk – Ausgabe 4/2011 - Kramp & Kramp
Restaurator im Handwerk – Ausgabe 4/2011 - Kramp & Kramp
Restaurator im Handwerk – Ausgabe 4/2011 - Kramp & Kramp
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Die Besonderheit fast jedes Gebäudes dieser Region<br />
entlang der Weser ist es, dass Sandstein in der Regel<br />
präsent ist. Schaut man sich alte Fotos an, so sind die<br />
Dachlandschaften in Sandstein ± trotz der Schwarz-<br />
Weiß-Fotografie ± sehr eindrucksvoll. Tonziegel wurden<br />
so gut wie gar nicht verwendet. Wie Ulrich Müller in<br />
Heft 1/<strong>2011</strong> dieser Zeitschrift zum Thema Sollingsandstein<br />
geschrieben hat, ist die Beschaffung von Sandsteinen<br />
für die Eindeckung heute aufwendig, da diese Steine<br />
nicht mehr gehauen werden. Die Dächer der gesamten<br />
Gebäude der hier behandelten Hofanlage unterlagen einem<br />
dramatischen Sanierungsstau. Die Sandsteinplatten<br />
selber sind selten kaputt, lediglich die Befestigung leidet.<br />
Ist erst einmal ein Stein abgängig, so entsteht ein Dominoeffekt,<br />
und das Korrodieren der Nägel geht <strong>im</strong>mer<br />
schneller. Es bleibt nur noch, das Gebäude weiträumig<br />
abzuriegeln, damit kein Mensch Schaden n<strong>im</strong>mt, da die<br />
Steine oft mit einer erheblichen Geschwindigkeit abstürzen.<br />
Ein interessantes Detail dieser Schleifmühle befindet<br />
sich auf der westlichen Seite des Mittelbaues. Da hier<br />
Ständer für einen der vier Schleifkränze versetzt werden<br />
mussten, ist die Wand des Obergeschosses mittels<br />
Zahnbalken abgefangen worden. Wegen der extremen<br />
Sorgfalt in der Ausführung und dem starken Aufbau<br />
dieser Konstruktion wird auch vermutet, dass dort große<br />
Gewichte angehängt werden sollten.<br />
Vermutlich durch die erheblichen Erschütterungen<br />
und Bewegungen be<strong>im</strong> Schleifvorgang, die unterschiedlichen<br />
Gründungen der Punktfundamente, aber auch<br />
durch vorgefundene Unterspülungen gab es starke Setzungen<br />
<strong>im</strong> mittleren Bereich des Gebäudes, so dass der<br />
First und die Deckenbalken auffällig durchhängen. Auf<br />
die Begradigung dieses Erscheinungsbildes wurde bewusst<br />
verzichtet. Die Umbauten des Fußbodens wurden<br />
so vorgenommen, dass die Lage der Schleifkränze und<br />
einer Wasserrinne ablesbar sind. Die wenig geschädigten<br />
Gussfenster wurden überarbeitet und innenseitig mit<br />
Vorsatzfenstern aufgewertet.<br />
Vorbereitungen und Umsetzung<br />
Zunächst war es wichtig, die ebenfalls erworbenen Arbeiterreihenhäuser<br />
wieder bewohnbar zu machen und<br />
die erste Einnahmequelle mit einem neu gegründeten<br />
Z<strong>im</strong>mereikollektiv durch Umbauarbeiten zu fördern.<br />
Parallel wurden ein Architekt für die Schleifmühle<br />
hinzugezogen und die ersten Fördergelder beantragt.<br />
Die Mühlentechnik wurde von Mühlenspezialisten untersucht<br />
und schriftlich und zeichnerisch festgehalten<br />
(Rüdiger Hagen, Historische Mühlen und ihre Technik,<br />
2002).<br />
Für den Kulturbereich gibt es einen gemeinnützigen<br />
Verein (Kaleidoskop e.V.). Mit sehr viel Eigeninitiative,<br />
aber auch Fördergeldern der Deutschen Stiftung Denkmalschutz,<br />
der EU, der Sparkassenstiftung, der Denkmalpflege<br />
des Landes Niedersachsen sowie etlichen<br />
anderen Unterstützern ist nach sechsjährigen Umbauarbeiten<br />
2008 die Kulturmühle eröffnet worden.<br />
Mittlerweile gibt es in den Arbeiterreihenhäusern die<br />
Möglichkeit, in einem Gästehaus zu übernachten.<br />
<strong>Restaurator</strong> <strong>im</strong> <strong>Handwerk</strong> <strong>–</strong> <strong>Ausgabe</strong> 4/<strong>2011</strong> 29<br />
Querbau mit<br />
abgängiger<br />
alter Gaube<br />
Reparatur der<br />
Kehlsituation<br />
Heutiger Veranstaltungsraum<br />
und Übernahmezustand<br />
1998