22.05.2018 Aufrufe

pm 0945 JUN 2018

Sommerausgabe des pfalz-magazins. Zeitfenster Juni bis einschließlich August 2018

Sommerausgabe des pfalz-magazins. Zeitfenster Juni bis einschließlich August 2018

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Kulinarisches<br />

Essig<br />

Pestdoktor im 16. Jahrhundert<br />

(siehe Text)<br />

Grafik: Thomas Steinmetz; Foto: ©Doktorenhof<br />

— ein Elixier für Körper und Geist<br />

Essig ist eines der ältesten Kulturgüter, die der Mensch kennt. Im alten China galt der Essigkrug als Symbol des Lebens.<br />

Auch wird dort Essig als „der beste Freund“ von Heilkräutern bezeichnet. Sogar als Mittel gegen schlechte Laune wurde<br />

er eingesetzt, da er appetitanregend wirkt und „Lust auf mehr“ machte. Vielleicht daher der Spruch „sauer macht lustig!“<br />

Die Hochkulturen des Altertums – Ägypter, Perser, Römer,<br />

Griechen und Babylonier – stellten bereits Essig her. Essig ist<br />

keine Erfindung des Menschen, denn eigentlich war es die<br />

Natur selbst, denn es ist ein ganz natürlicher Prozess, dass süßes Obst<br />

sich nach eine gewissen Zeit zersetzt und Mithilfe von Hefezellen vergoren<br />

wird und sich Essigbakterien bilden. Schon im Altertum war<br />

Essig, aus sauer gewordenen Fruchtsäften mit Wasser gemischt, als<br />

kühlendes Getränk geschätzt. Auch zur Konservierung wurde Essig<br />

verwendet, so legte man die Jagdbeute in Dattelessig.<br />

Die medizinische Anwendung von Essig bei Atemwegserkrankungen<br />

und Verdauungsbeschwerden ist schon durch Hippokrates überliefert.<br />

L.J.M. Columella, der bedeutendste Ackerbauschriftsteller des<br />

ersten nachchristlichen Jahrhunderts, berichtet in seinem Werk „De<br />

re rustica“ sehr ausführlich über die Möglichkeiten, Essig herzustellen.<br />

Seine Ausgangsstoffe waren Wein, Feigen und Gerste.<br />

Im Mittelalter galt insbesondere Kräuteressig als Heilmittel. Hildegard<br />

von Bingen, Nostradamus und Florenz von Venningen berichten<br />

in ihren Schriften über die Wirkungsweise und Verwendung der<br />

im acetum sanum extrahierten Heilpflanzen. Vorwiegend zur Desinfektion<br />

wurde damals der menschliche Körper verschiedensten Einreibungen<br />

mit Essig unterzogen. Auch Sebastian Kneipp, Pfarrer und<br />

Naturheilkundiger im aus dem 19. Jahrhundert, empfahl seinen Patienten<br />

Waschungen mit Essig. Essig durchdringt innerhalb von wenigen<br />

Minuten die Hautschichten und gelangt somit schnell in den Blutkreislauf.<br />

Von dort wirkt er auf das Gewebe, die Organe, die endokrinen<br />

Drüsen sowie auf den gesamten Organismus.<br />

Aus dem 16. Jahrhundert stammen die Überlieferungen, dass sich die<br />

Menschen mittels dem Essig, welcher in den Räumen verdunstet wurde,<br />

vor den Pestbakterien und andern Erregern schützten. Bekannt<br />

sind aus der Geschichte die schnabelartigen Masken, welche die Pestärzte<br />

trugen und in denen sich ein in Essig getränktes Tuch befand<br />

(siehe Grafik oben). Dies sollte so die Übertragung der Pestbakterien<br />

verhindern. Behälter und Geräte, die in der Medizin Verwendung<br />

fanden, wurden mit Essig gereinigt.<br />

Ab dem 16. Jahrhundert wurden die ersten Steuern auf Produkte mit<br />

oder aus Essig erhoben. Heute wird für Gebrauchsessig der ermäßigten<br />

Steuersatz von 7% erhoben, während Aperitif- oder Digestif-Essige<br />

mit dem erhöhten Steuersatz berechnet werden.<br />

80

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!