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blu Juni 2018

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FILM<br />

Warum?<br />

Oscar Wilde wurde wegen seiner Homosexualität<br />

ins Gefängnis gesteckt, ging<br />

für die letzten drei Jahre seines Lebens<br />

nach Frankreich und wurde von der<br />

Gesellschaft als schreckliches Monster<br />

gebrandmarkt. Wann immer Menschen<br />

ihm auf der Straße begegneten, zogen<br />

sie hektisch ihre Kinder an sich. Es ist<br />

unglaublich, wie er behandelt wurde!<br />

Aber in seinem Umgang damit liegen<br />

auch die Anfänge der Schwulenbewegung!<br />

Die Idee zu „The Happy Prince“<br />

hatten Sie schon vor vielen<br />

Jahren ...<br />

Wenn ich ehrlich bin, weiß ich gar nicht,<br />

ob ich mir in all der Zeit wirklich sicher<br />

war, dass diese Idee irgendwann in die<br />

Realität umgesetzt werden könnte. Ein<br />

bisschen fühlte ich mich wie Don Quixote.<br />

Immer dachte ich, auf der anderen<br />

Seite des Berges könnte der Schlüssel<br />

zum Erfolg liegen, aber immer, wenn<br />

ich dort endlich ankam, war da nichts.<br />

Trotzdem konnte ich einfach nicht aufgeben.<br />

Jedes Mal, wenn ich kurz davor<br />

war, passierte doch wieder etwas, das<br />

mich wieder hoffen ließ. Nur damit dann<br />

doch wieder eine Hiobsbotschaft kam.<br />

Was passierte denn zum Beispiel?<br />

Am Anfang sah es eigentlich richtig<br />

gut aus. Ich schrieb das Drehbuch und<br />

schickte es an Scott Rudin, der ohne<br />

Frage einer der besten Produzenten der<br />

Welt ist. Er rief am nächsten Tag an, um<br />

mir zu sagen, wie begeistert er sei. Für<br />

mich einer der glücklichsten Momente<br />

überhaupt! Doch noch einen Tag später<br />

war er wieder am Telefon: Statt meiner<br />

wollte er lieber Philip Seymour Hoffman<br />

als Oscar Wilde sehen. Innerhalb von<br />

zwei Tagen also war ich erst im siebten<br />

Himmel und wurde dann von meinem<br />

eigenen Film gefeuert. So ähnlich ging<br />

es dann immer weiter. Im Filmbereich<br />

das Geld für Independent-Produktionen<br />

zu beschaffen ist heutzutage echt eine<br />

Qual und man muss unglaublich penetrant<br />

sein, wenn man es schaffen will.<br />

Warum haben Sie sich das jahrelange<br />

Hin und Her überhaupt<br />

angetan?<br />

Aus Verzweiflung, könnte man wohl<br />

sagen. Ich wurde immer älter und meine<br />

Schauspielkarriere löste sich zusehends<br />

in ihre Bestandteile auf. Irgendwann<br />

hatte ich das Gefühl, dass Wilde endgültig<br />

Besitz von meinem Leben ergriffen<br />

hatte. So als würde ich nicht mehr<br />

existieren, wenn dieses Projekt nicht<br />

Wirklichkeit würde. Aufgeben kam also<br />

tatsächlich nicht infrage. Und am Ende<br />

war es den langen Kampf wert, denn als<br />

es dann nach zehn Jahren doch endlich<br />

so weit war, gab es wirklich keinen<br />

Aspekt dieses Films mehr, den ich nicht<br />

in- und auswendig kannte.<br />

Wenn’s in der Karriere plötzlich<br />

nicht mehr so richtig läuft, ist das<br />

sicher nicht einfach, oder?<br />

Es ist natürlich fürchterlich! Denn<br />

selbstverständlich ist man kein bisschen<br />

darauf vorbereitet. Wenn man im Leben<br />

so etwas wie Erfolg erreicht, dann denkt<br />

man irgendwie immer, dass sich daran<br />

nichts ändern wird. Man kann sich nicht<br />

vorstellen, dass die guten Zeiten mal zu<br />

Ende gehen. Im Rückblick war ich wirklich<br />

nicht vorsichtig genug, keine Frage.<br />

Wie meinen Sie das?<br />

Ich war zu entspannt, was den Erfolg<br />

anging. Wenn man im Showgeschäft Karriere<br />

machen will, darf man nie zu entspannt<br />

sein. Das Showgeschäft ist wie<br />

ein Fluss, der immer wieder von einem<br />

wegfließen kann.<br />

Wie kommt es eigentlich, dass jemand<br />

mit Ihrem Talent für Selbstdarstellung<br />

und freche Sprüche<br />

eigentlich nicht auf Twitter und Co.<br />

zu finden ist?<br />

Ist einfach nicht mein Ding. Ich melde<br />

mich schon genug zu Wort. Und so toll<br />

es ist, dass heutzutage jeder an seinem<br />

Telefon eine Kamera hat und überall Fotos<br />

machen kann, muss ich mich an diesem<br />

Irrsinn nicht beteiligen. Diese Sucht,<br />

ständig Selfies von sich zu machen, finde<br />

ich ehrlich gesagt grauenvoll.<br />

Da kommt eben die Eitelkeit ins<br />

Spiel. Die kennen Sie doch sicher<br />

auch ...<br />

Und wie das eitel ist, dieser Selfie-Wahn.<br />

Und ja, ich war auch mal eitel. Sehr sogar.<br />

Aber heute bin ich es nicht mehr so sehr.<br />

Zumindest brauche ich kein Foto von mir<br />

vor dem Tadsch Mahal.<br />

Moment mal ... Sie sind nicht mehr<br />

eitel?<br />

Ich habe nicht gesagt: gar nicht mehr. Aber<br />

meine schlimmen Jahre diesbezüglich sind<br />

vorbei. Als ich jung war, war ich ein unglaublich<br />

eitler Gockel, wenn es um mein<br />

Aussehen ging. Was ja bekanntlich immer<br />

das erste Zeichen dafür ist, dass man eben<br />

nicht selbstbewusst ist und in sich ruht.<br />

*Interview: Jonathan Fink

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