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FILM<br />
Warum?<br />
Oscar Wilde wurde wegen seiner Homosexualität<br />
ins Gefängnis gesteckt, ging<br />
für die letzten drei Jahre seines Lebens<br />
nach Frankreich und wurde von der<br />
Gesellschaft als schreckliches Monster<br />
gebrandmarkt. Wann immer Menschen<br />
ihm auf der Straße begegneten, zogen<br />
sie hektisch ihre Kinder an sich. Es ist<br />
unglaublich, wie er behandelt wurde!<br />
Aber in seinem Umgang damit liegen<br />
auch die Anfänge der Schwulenbewegung!<br />
Die Idee zu „The Happy Prince“<br />
hatten Sie schon vor vielen<br />
Jahren ...<br />
Wenn ich ehrlich bin, weiß ich gar nicht,<br />
ob ich mir in all der Zeit wirklich sicher<br />
war, dass diese Idee irgendwann in die<br />
Realität umgesetzt werden könnte. Ein<br />
bisschen fühlte ich mich wie Don Quixote.<br />
Immer dachte ich, auf der anderen<br />
Seite des Berges könnte der Schlüssel<br />
zum Erfolg liegen, aber immer, wenn<br />
ich dort endlich ankam, war da nichts.<br />
Trotzdem konnte ich einfach nicht aufgeben.<br />
Jedes Mal, wenn ich kurz davor<br />
war, passierte doch wieder etwas, das<br />
mich wieder hoffen ließ. Nur damit dann<br />
doch wieder eine Hiobsbotschaft kam.<br />
Was passierte denn zum Beispiel?<br />
Am Anfang sah es eigentlich richtig<br />
gut aus. Ich schrieb das Drehbuch und<br />
schickte es an Scott Rudin, der ohne<br />
Frage einer der besten Produzenten der<br />
Welt ist. Er rief am nächsten Tag an, um<br />
mir zu sagen, wie begeistert er sei. Für<br />
mich einer der glücklichsten Momente<br />
überhaupt! Doch noch einen Tag später<br />
war er wieder am Telefon: Statt meiner<br />
wollte er lieber Philip Seymour Hoffman<br />
als Oscar Wilde sehen. Innerhalb von<br />
zwei Tagen also war ich erst im siebten<br />
Himmel und wurde dann von meinem<br />
eigenen Film gefeuert. So ähnlich ging<br />
es dann immer weiter. Im Filmbereich<br />
das Geld für Independent-Produktionen<br />
zu beschaffen ist heutzutage echt eine<br />
Qual und man muss unglaublich penetrant<br />
sein, wenn man es schaffen will.<br />
Warum haben Sie sich das jahrelange<br />
Hin und Her überhaupt<br />
angetan?<br />
Aus Verzweiflung, könnte man wohl<br />
sagen. Ich wurde immer älter und meine<br />
Schauspielkarriere löste sich zusehends<br />
in ihre Bestandteile auf. Irgendwann<br />
hatte ich das Gefühl, dass Wilde endgültig<br />
Besitz von meinem Leben ergriffen<br />
hatte. So als würde ich nicht mehr<br />
existieren, wenn dieses Projekt nicht<br />
Wirklichkeit würde. Aufgeben kam also<br />
tatsächlich nicht infrage. Und am Ende<br />
war es den langen Kampf wert, denn als<br />
es dann nach zehn Jahren doch endlich<br />
so weit war, gab es wirklich keinen<br />
Aspekt dieses Films mehr, den ich nicht<br />
in- und auswendig kannte.<br />
Wenn’s in der Karriere plötzlich<br />
nicht mehr so richtig läuft, ist das<br />
sicher nicht einfach, oder?<br />
Es ist natürlich fürchterlich! Denn<br />
selbstverständlich ist man kein bisschen<br />
darauf vorbereitet. Wenn man im Leben<br />
so etwas wie Erfolg erreicht, dann denkt<br />
man irgendwie immer, dass sich daran<br />
nichts ändern wird. Man kann sich nicht<br />
vorstellen, dass die guten Zeiten mal zu<br />
Ende gehen. Im Rückblick war ich wirklich<br />
nicht vorsichtig genug, keine Frage.<br />
Wie meinen Sie das?<br />
Ich war zu entspannt, was den Erfolg<br />
anging. Wenn man im Showgeschäft Karriere<br />
machen will, darf man nie zu entspannt<br />
sein. Das Showgeschäft ist wie<br />
ein Fluss, der immer wieder von einem<br />
wegfließen kann.<br />
Wie kommt es eigentlich, dass jemand<br />
mit Ihrem Talent für Selbstdarstellung<br />
und freche Sprüche<br />
eigentlich nicht auf Twitter und Co.<br />
zu finden ist?<br />
Ist einfach nicht mein Ding. Ich melde<br />
mich schon genug zu Wort. Und so toll<br />
es ist, dass heutzutage jeder an seinem<br />
Telefon eine Kamera hat und überall Fotos<br />
machen kann, muss ich mich an diesem<br />
Irrsinn nicht beteiligen. Diese Sucht,<br />
ständig Selfies von sich zu machen, finde<br />
ich ehrlich gesagt grauenvoll.<br />
Da kommt eben die Eitelkeit ins<br />
Spiel. Die kennen Sie doch sicher<br />
auch ...<br />
Und wie das eitel ist, dieser Selfie-Wahn.<br />
Und ja, ich war auch mal eitel. Sehr sogar.<br />
Aber heute bin ich es nicht mehr so sehr.<br />
Zumindest brauche ich kein Foto von mir<br />
vor dem Tadsch Mahal.<br />
Moment mal ... Sie sind nicht mehr<br />
eitel?<br />
Ich habe nicht gesagt: gar nicht mehr. Aber<br />
meine schlimmen Jahre diesbezüglich sind<br />
vorbei. Als ich jung war, war ich ein unglaublich<br />
eitler Gockel, wenn es um mein<br />
Aussehen ging. Was ja bekanntlich immer<br />
das erste Zeichen dafür ist, dass man eben<br />
nicht selbstbewusst ist und in sich ruht.<br />
*Interview: Jonathan Fink