Sächsischer Landtag - Der Sächsische Landtag
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<strong><strong>Sächsische</strong>r</strong> <strong>Landtag</strong> 5. Wahlperiode – 55. Sitzung 9. Mai 2012<br />
In der Stellungnahme der Staatsregierung auf den Antrag<br />
der Fraktion DIE LINKE, Drucksache 5/3058 „Programm<br />
Stadtumbau Ost – Fortsetzung eines Erfolgsprogramms<br />
im Freistaat Sachsen sichern!“ vom 18. April 2011 berichtet<br />
der Innenminister – vermutlich wahrheitsgemäß – auf<br />
die Bitte, darzustellen, ob die Staatsregierung am Langfristziel<br />
aus dem Koalitionsvertrag 2004 zum Rückbau<br />
von insgesamt 250 000 Wohnungen bis zum Jahr 2016<br />
festhielte – ich zitiere –:<br />
„Die Staatsregierung hält aufgrund der Bevölkerungsentwicklung<br />
den Rückbau von 250 000 Wohneinheiten für<br />
geboten. Die erforderlichen Finanzhilfen für den Rückbau<br />
von Wohngebäuden werden durch den Freistaat Sachsen<br />
bereitgestellt. Die Finanzhilfen werden jedoch von den<br />
Eigentümern derzeit nur beschränkt in Anspruch genommen.“<br />
Die SAB stellt im Wohnungsbaumonitoring fest, dass die<br />
zur Verfügung stehenden Mittel nur für den Rückbau von<br />
50 000 Wohnungen reichen und dieses Ziel somit für den<br />
avisierten Horizont nicht mehr realisierbar ist.<br />
Bevor Sie von der vor Jahresfrist bestätigten Zielzahl von<br />
250 000 Wohnungen zum Rückbau abrücken, sollten Sie<br />
zunächst belastbar und nachvollziehbar abrechnen, wie<br />
sich der Rückbau entwickelt hat und welches Ziel zur<br />
Fortschreibung des Rückbauprozesses aufgrund der<br />
Bevölkerungsentwicklung und der Nachfrageentwicklung<br />
bis 2020 oder 2025 gelten soll. Zudem wäre es nicht nur<br />
interessant, sondern für das Verständnis der weiteren<br />
Entwicklung von Bedeutung zu erfahren, warum der<br />
Rückbau sich verlangsamt hat, warum die Leistungsfähigkeit<br />
im Stadtumbauprozess rückläufig ist, welche<br />
Wohnungsunternehmen den Stadtumbauprozess im<br />
Wesentlichen getragen haben und welche Schlussfolgerungen<br />
Sie aus den hinter uns liegenden zehn Jahren<br />
Stadtumbau Ost in Sachsen für die kommenden Jahre<br />
ziehen, vor allem in Verquickung mit den von Ihnen<br />
beschrieben künftigen Herausforderungen Klimawandel<br />
und demografischer Wandel, ziehen. – Leider Fehlanzeige!<br />
Sehr geehrter Herr Staatsminister! Anstatt sich einzugestehen,<br />
dass das Langfristziel bis 2015 oder 2016 nicht<br />
erreichbar ist, hört sich die Botschaft der 150 000 Wohnungen<br />
als Rückbaupotenzial gleich viel freundlicher an.<br />
Das ist nur bei einer positiven Entwicklung des demografischen<br />
Wandels so anzunehmen; denn die 5. Regionalisierte<br />
Bevölkerungsprognose kennt auch ein Worst-Case-<br />
Szenario.<br />
Offenbar hat diese Staatsregierung ein unüberbrückbar<br />
schlechtes Verhältnis zu solchen großen Zielzahlen. <strong>Der</strong><br />
eine, der Chef, hat große Schwierigkeiten, die Zielzahl<br />
70 000 sachgerecht zu unterfüttern, und der andere, der<br />
Innenminister, kommt mit der Revision seiner Zielzahl<br />
gar nicht erst zu Rande. Welche dieser großen Zahlen darf<br />
es denn nun sein, Herr Minister? Aber bitte, sich nicht<br />
etwa eine Zahl wünschen! <strong>Der</strong> Leerstand ist dort, wo er<br />
real ist, gut sichtbar. Dieser lässt sich also nicht mit einem<br />
flotten Zauberspruch hinforthexen, sondern nur durch<br />
5495<br />
Ehrlichkeit und klare Analyse erfassen und mit tatsächlich<br />
brauchbaren Konzepten und Förderprogrammen aus der<br />
Welt schaffen.<br />
Lassen Sie sich von mir kurz entführen, Herr Staatsminister,<br />
und machen doch bitte einmal kurz die Augen zu.<br />
(Heiterkeit bei den LINKEN und den GRÜNEN)<br />
Offen gestanden: <strong>Der</strong> Gebrauch des unlandschen Abakus<br />
will wirklich gelernt sein und übt sich keinesfalls in der<br />
ministeriellen Probierstube. Während es Meister Unland<br />
schier geräuschlos vermag, allerlei Überraschungseier für<br />
die vorwahl- oder wahljährlichen Osterbeglückungen der<br />
Gefolgschaft in manch kleinerer oder größerer Mulde des<br />
undurchdringlichen Haushaltsdickichts zu verstecken,<br />
(Zuruf des Abg. Jürgen Gansel, NPD)<br />
kommt der Innenminister beim Versuch, seine Zielzahl<br />
von 250 000 abgerissenen Leerstandswohnungen in<br />
Sachsen mittels dieses Abakus verschwinden zu lassen<br />
oder vergessen zu machen, ins Straucheln und klemmt<br />
sich gar schmerzlich die Finger dabei. – Autsch, und<br />
Augen wieder auf!<br />
Sehr geehrter Herr Staatsminister! Lassen Sie sich von<br />
mir in mitfühlender Solidarität ob der eingeklemmten<br />
Finger trösten und Ihnen einen Rat mit auf den Weg zur<br />
nächsten Rechenübungsstunde geben: Glauben Sie mir,<br />
wir, die Fraktion DIE LINKE, haben durchaus Erfahrungen<br />
mit historischen Irrtümern. Sie einzugestehen fällt<br />
zunächst schwer, aber danach fühlen Sie sich wesentlich<br />
besser.<br />
(Beifall bei den LINKEN –<br />
Zuruf des Abg. Jürgen Gansel, NPD)<br />
Nachdem nun schon die erste Leerstandswelle nicht<br />
beseitigt wurde, droht bereits die zweite. Auch diese<br />
Feststellung findet in Ihrer Fachregierungserklärung nicht<br />
statt, aber sie ist real und wirkt sich direkt auf die Anforderungen<br />
bei der weiteren Ausgestaltung des Stadtumbaus<br />
Ost aus.<br />
Mit unserem Entschließungsantrag – der hoffentlich jetzt<br />
verteilt wird – wollen wir Ihnen, sehr geehrter Herr<br />
Staatsminister, behilflich sein, diese Lücke der Erkenntnis<br />
zu schließen und den Schritt in die Zukunft dafür zu<br />
gehen. Sachsen soll für die schrumpfenden Regionen<br />
eigene und geeignete Programme entwickeln, um vor<br />
allem dieser zweiten Leerstandswelle erfolgreich begegnen<br />
zu können.<br />
<strong>Der</strong> Mangel Nummer drei: Herr Staatsminister, Sie stellen<br />
doch allen Ernstes in der Regierungserklärung fest – ich<br />
zitiere –: "Eins vorweg: Bei den Verhandlungen mit dem<br />
Bund ist an mehreren Stellen alles noch im Fluss."<br />
Was zum Henker soll denn der geneigte Zuhörer damit<br />
anfangen? Sie selbst haben am 20. Februar 2012 die<br />
Verwaltungsvereinbarung für die Bund-Länder-Programme<br />
der Städtebauförderung unterschrieben. Mit der<br />
Unterschrift des rheinland-pfälzischen Amtskollegen am<br />
4. April 2012 ist diese in Kraft. In Ihrer Erklärung heute