Sächsischer Landtag - Der Sächsische Landtag
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<strong><strong>Sächsische</strong>r</strong> <strong>Landtag</strong> 5. Wahlperiode – 55. Sitzung 9. Mai 2012<br />
wohnsiedlungen erst einmal nur den Forschungsbedarf<br />
beschreibt. Es ist eben auch – übersetzt in die Politik –<br />
eine wirkliche Leistung dieser Fachregierungserklärung.<br />
Sie honoriert nicht nur – völlig zu Recht – die 20-jährige<br />
erfolgreiche Stadtentwicklung im Freistaat Sachsen.<br />
Vielmehr verweist sie auch darauf, dass noch ein gewaltiges<br />
Stück – möglicherweise eine sich verkomplizierende<br />
Aufgabe – vor uns liegt. Dafür gebührt Markus Ulbig ein<br />
herzlicher Dank.<br />
(Beifall bei der CDU)<br />
Die Aufbauleistung wurde gewürdigt. Vieles liegt aber<br />
noch vor uns. Wo stehen wir heute? <strong>Der</strong> Suburbanisierungsprozess,<br />
von dem die Städte besonders bis Ende der<br />
Neunzigerjahre betroffen waren, scheint überwunden. Wir<br />
können eine Stabilisierung der zentralen Orte im zentralörtlichen<br />
System konstatieren. Eine Stabilisierung bedeutet<br />
jedoch kein Wachstum. Im besten Fall ist es eine<br />
funktionale Stabilität.<br />
Es ist bei allen Redebeiträgen deutlich geworden, dass die<br />
nächsten Jahre – zehn, 20 oder auch mehr – vom demografischen<br />
Wandel geprägt sein werden. Wir müssen<br />
durch die Ziele, die wir uns gemeinsam setzen, wichtige<br />
Weichenstellungen im Bereich der Klima- und Energiepolitik<br />
vornehmen.<br />
Auf die noch weiterhin notwendigen Abrisszahlen im<br />
Bereich der Wohnungen wurde bereits hingewiesen.<br />
Allerdings wird sich dieser Abriss verkomplizieren. Wenn<br />
wir heute durch die Städte fahren, sehen wir, dass der<br />
Leerstand sich nicht unbedingt auf Stadtteile konzentriert.<br />
Vielmehr sind auch bestimmte Bereiche der Gebäude<br />
betroffen. Ich denke an Erdgeschosswohnungen, die in<br />
einigen Städten nicht mehr vermietet werden können.<br />
Man muss ebenso festhalten, dass sich unsere Städte in<br />
Sachsen sehr differenziert entwickeln. Es gibt dabei<br />
zahlreiche regionale Unterschiede, aber auch Unterscheidungen<br />
in den verschiedenen Größenklassen der Städte.<br />
Die Städte Leipzig und Dresden entwickeln sich anders<br />
als die Städte Wurzen, Leisnig und Colditz. Die Kleinstädte<br />
und insbesondere die sächsischen Mittelstädte im<br />
eher ländlich geprägten Raum sind von Schrumpfungsprozessen<br />
in besonderem Maße betroffen.<br />
<strong>Der</strong> Stadtumbau und -rückbau ist wesentlich schwieriger<br />
planbar und umsetzbar als das Wachstum in Formen zu<br />
gießen. Es gibt kein Lehrbuch dafür, wie wir vorgehen<br />
sollen. Insbesondere die sächsischen Kommunen und wir<br />
im <strong>Sächsische</strong>n <strong>Landtag</strong> sind dabei, so ein Lehrbuch<br />
gerade zu schreiben.<br />
Ich komme nun zu dem, was Frau Köpping erwähnte. Es<br />
ging um folgendes Thema, welches auch am Umweltforschungszentrum<br />
entwickelt wurde: das Label „SHRINK<br />
SMART“ oder „schlau schrumpfen“. In anderen Debatten<br />
wird häufig auch über die Qualität des Schrumpfens<br />
gesprochen. Natürlich ist das richtig. Wir müssen auf der<br />
einen Seite in der Debatte verstärkt betonen, dass es auch<br />
Möglichkeiten und Chancen des Schrumpfens gibt. Auf<br />
der anderen Seite überwiegen auch deutlich die damit<br />
5507<br />
einhergehenden Verwerfungen, die auch in unseren<br />
Städten sichtbar werden.<br />
Es ist für mich persönlich schon ein qualitativer Unterschied,<br />
wenn ein Gründerzeithaus in einer Stadt nicht<br />
mehr zu halten ist und dort eine Grünfläche entsteht. Das<br />
kann man in bestimmten Bereichen machen. Dort ist es<br />
sicherlich auch sinnvoll. Für Gründerzeitquartiere in der<br />
Stadt ist es insgesamt keine Lösung.<br />
1. Vizepräsidentin Andrea Dombois: Gestatten Sie eine<br />
Zwischenfrage?<br />
Oliver Fritzsche, CDU: Ja.<br />
Petra Köpping, SPD: Mich würde einfach interessieren,<br />
Herr Fritzsche – wenn Sie sagen, das oder das geht alles<br />
nicht –: Was geht denn?<br />
Oliver Fritzsche, CDU: Ich glaube, ich habe nicht<br />
gesagt, was alles nicht geht, sondern ich möchte deutlich<br />
dafür plädieren, dass wir auf der kommunalen Ebene<br />
wirklich Mut haben, Dinge auszuprobieren. Ganz verschiedene<br />
Lösungen können das sein. Ich glaube, wir sind<br />
im Moment noch in dem Stadium, wo wir Fragen stellen,<br />
(Jürgen Gansel, NPD: Warum soll man Fragen<br />
stellen, wenn man keine Antworten hat?)<br />
wie wir damit umgehen können. Wenn wir nach Sachsen-<br />
Anhalt schauen, so hat die dortige Internationale Bauhausausstellung<br />
deutlich gemacht, dass man keine hundertprozentigen<br />
Antworten präsentieren kann. Sie hat<br />
nach meinem Dafürhalten vielmehr ein Plädoyer dafür<br />
gehalten, Dinge auszuprobieren. Ich denke, dabei sind die<br />
sächsischen Kommunen mit ganz unterschiedlichen<br />
Projekten auf einem guten Weg.<br />
(Beifall bei der CDU und der FDP)<br />
Wie sieht denn eine typische Problemlage aktuell im<br />
Freistaat Sachsen aus? Wir haben die historisch gewachsene<br />
und in ihrem Kern mittelalterlich geprägte Kleinstadt,<br />
die über eine zumindest im Umfeld des Marktplatzes<br />
weitgehend sanierte Innenstadt verfügt. Ich könnte<br />
hier zum Beispiel Wurzen nennen, wo wir am Marktplatz<br />
das Gefühl einer bestimmten Urbanität empfinden können.<br />
Die angrenzenden Gründerzeitquartiere sind hingegen<br />
nur teilweise saniert und von hohen Leerständen<br />
gekennzeichnet.<br />
Wir müssen uns die Frage stellen, was mit Häusern<br />
passieren kann, die städtebaulich wertvoll sind, für die<br />
sich aber in den letzten 20 Jahren eben kein Weg gefunden<br />
hat. Es scheint dort für Teile keine Nutzung in Sicht<br />
zu sein. Bei einem im Moment erzielbaren Mietpreis von<br />
4,30 Euro oder 4,50 Euro pro Quadratmeter und vor dem<br />
Hintergrund einer perspektivisch schwieriger werdenden<br />
Einkommenssituation bei der kommenden Rentnergeneration<br />
muss man festhalten, dass es Schwierigkeiten bei der<br />
marktgerechten Sanierung gibt. Von einer energetischen<br />
Sanierung zu sprechen wird in diesem Bereich noch<br />
schwieriger. Wir müssen dort nach pragmatischen Lösun-