blu Juli 2018
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KUNST<br />
INTERVIEW<br />
STEFANO<br />
LABATE<br />
Ein Meister<br />
des Queeren<br />
Durch Facebook stießen wir auf<br />
seine sinnlichen Bilder, die den<br />
Mann so ehrlich inszenieren, wie man<br />
es dank besch*ssener Instagram-Filter<br />
schmerzlich vermisst. Hier ist unser<br />
Interview mit dem Künstler.<br />
Wann hast du deine Leidenschaft für<br />
die Fotografie entdeckt?<br />
Ehrlich gesagt habe ich mich das auch oft<br />
schon gefragt, ohne auf eine Antwort zu<br />
kommen! Man kann sagen, dass ich meine<br />
Interessen niemals zeitlich eingeordnet habe.<br />
Ich bin ein Eklektiker, der schon immer ein<br />
starkes Interesse an Kunst und generell an<br />
Bildsprache gehabt hat und dieses Interesse<br />
in den letzten fünf Jahren stetig weiterentwickelt<br />
und ausgebaut hat – und zwar mit<br />
der Fotografie als wichtigstem Kommunikationswerkzeug<br />
meiner Seele. Ich kann<br />
mit Sicherheit behaupten, dass ich ohne<br />
die Fotografie niemals den richtigen Weg<br />
gefunden, geschweige denn die Eier gehabt<br />
hätte, mir meine eigene Identität vor Augen<br />
zu führen. Ich hätte stattdessen sicherlich<br />
einen Nervenzusammenbruch bekommen.<br />
Du scheinst dich auf queere Männer zu<br />
konzentrieren …<br />
Meine Fotoprojekte fokussieren sich in der<br />
Regel auf eine kontinuierliche Recherche<br />
experimenteller und im Trend liegender<br />
Bildsprache, die dem<br />
Heute in ständiger<br />
sozialer Evolution verbunden<br />
ist.<br />
Meine Vision und Produktion<br />
zeigen die Sprache der<br />
Fotografie durch ein persönliches<br />
Empfinden des Körpers und der postmodernen<br />
Menschheit, die sich in einer „Krise“<br />
befindet, in der Formen, Konzepte, Werte<br />
und soziales Erbe umdefiniert werden, um<br />
dem Betrachter eine neue Art zu vermitteln,<br />
seine postmoderne Existenz zu sehen.<br />
Ein weiterer großer Teil deiner Kunst<br />
ist die Modefotografie. Was waren<br />
dabei bisher deine größten Projekte?<br />
Wenn du mit „größtes Projekt“ das meinst,<br />
was mich am meisten befriedigt hat (und<br />
für mich für Modefotografie im Jahre <strong>2018</strong><br />
steht), dann ist es das letzte, das ich in<br />
Berlin realisiert habe, als ich für einen sehr<br />
coolen Modedesigner ein Grunge-Glam-<br />
Rock-Outfit-Shooting umsetzte.<br />
Wer hat dich am meisten beeinflusst?<br />
Gute Frage. Es gibt viele Faktoren, die mich<br />
beeinflusst haben und mein Leben als<br />
Fotograf immer noch beeinflussen. Ohne<br />
jetzt in schlimme Klischees verfallen zu<br />
wollen: Ohne all das, was ich in meinem<br />
Leben mitgemacht habe, angefangen bei<br />
dem sozialen Erbe, das ich jeden Tag mit<br />
mir herumtrage (Freunde oder sogenannte<br />
Freunde, Traumata<br />
und andere Lebenserlebnisse,<br />
Probleme<br />
und Familienangelegenheiten),<br />
würde ich heute<br />
sicher etwas völlig anderes<br />
machen. Wahrscheinlich etwas<br />
weniger psychologisch Herausforderndes,<br />
aber man kann daraus ablesen, dass die<br />
Fotografie und das Leben für mich zwei<br />
untrennbar miteinander verbundene Dinge<br />
sind.<br />
Abgesehen davon hat mir das Studium von<br />
Fotografen wie Nan Goldin, Jürgen Teller<br />
und Wolfgang Tillmans (und vielen anderen)<br />
dabei geholfen zu verstehen, was die Basis<br />
postgegenwärtiger Fotografie ist, und es<br />
inspiriert meine Arbeit und meine Vision<br />
ständig.<br />
Warum bist du nach Deutschland<br />
gezogen?<br />
Meine Liebe zur Stadt Berlin, aus historischer<br />
und künstlerischer Sicht, und die<br />
zahlreichen Subkulturen machten mir die<br />
Entscheidung leicht hierherzuziehen. Ich<br />
habe einfach den Sprung ins Ungewisse<br />
gewagt und versuche, in dieser verrückten<br />
Stadt künstlerisch zu wachsen.<br />
*Interview: Michael Rädel und<br />
Andreas Müller<br />
www.labatestefano.com