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Frank Cadogan Cowper<br />
Eitelkeit, 1907, 57,1 x 38,1 cm, Öl/Leinwand<br />
Royal Academy of Arts, London © Royal Academy of<br />
Arts, London | Foto: John Hammond<br />
ihm die letzte Einsicht in den Gesamtzusammenhang<br />
des Lebens verwehrt bleibt. Werke<br />
von Künstlern wie Carl Gustav Carus (1789–<br />
1869), Georg Friedrich Kersting (1785–<br />
1847) oder Nam June Paik (1932–2006)<br />
vergegenwärtigen Fausts vergebliche Suche<br />
nach höchster Erkenntnis und seine daraus<br />
resultierende Melancholie. Zugleich reflektieren<br />
sie die heillosen Folgen eines wissenschaftlichen<br />
Strebens, das keine Grenzen<br />
akzeptiert. Um das Scheitern vergessen zu<br />
können, geht Faust den Pakt mit Mephisto<br />
ein, lässt sich verjüngen und in eine Welt<br />
des Rausches entführen. Als junger Edelmann<br />
umwirbt er die Bürgerstochter Margarete,<br />
die in den unzähligen Figurenporträts<br />
des 19. Jahrhunderts immer wieder als unschuldige<br />
und fromme Jungfrau dargestellt<br />
worden ist. Bereits um 1850 formierte sich<br />
eine regelrechte Gretchen-Ikonographie,<br />
die nach und nach auch in die Populärkultur<br />
einging, wie die Ausstellung unter anderem<br />
anhand von 150 Postkarten aus dem frühen<br />
20. Jahrhundert veranschaulicht. Von<br />
der Liebesbeziehung zwischen Faust und<br />
Gretchen haben sich Maler und Bildhauer<br />
aus ganz Europa inspirieren lassen. Auf ein<br />
besonderes Interesse stießen dabei immer<br />
wieder die Verführung Gretchens mit Hilfe<br />
kostbarer Juwelen sowie der erste Kuss<br />
zwischen ihr und Faust. Der Augenblick, in<br />
dem Gretchen den Schmuck entdeckt, ist im<br />
19. Jahrhundert vielfach als Schlüsselszene<br />
aufgegriffen worden: nicht nur von prominenten<br />
Malern, sondern auch von Komponisten<br />
wie Charles Gounod, in dessen<br />
›Faust‹-Oper (Uraufführung 1859 in Paris)<br />
die sogenannte Juwelen-Arie zu den musikdramatischen<br />
Höhepunkten zählt. Binnen<br />
weniger Jahre eroberte die Oper die Bühnen<br />
der Welt und popularisierte die Liebesgeschichte<br />
zwischen Faust und Gretchen. Die<br />
von Franz Schubert (1797–1828) bis Hugo<br />
Wolf (1860–1903) reichende Musikliteratur<br />
zum ›Faust‹ wird in einem weiteren Kapitel<br />
beleuchtet. Im Anschluss illustrieren Werke<br />
unter anderem von Eugène Delacroix, Gabriel<br />
von Max (1840–1915) und Julia Margaret<br />
Cameron (1815–1879) die dramatischen<br />
Begebenheiten um Margarete in der Folge<br />
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